Übersichtsarbeiten - OUP 02/2020

Mittelfristige Ergebnisse der Regeneration artikulärer Knorpeldefekte mittels zellfreier Kollagenmatrix
(ChondroFiller Liquid)

Jörg Jerosch, Patrick Joseph

Zusammenfassung:

Im Zeitraum von November 2015 bis März 2019 wurden insgesamt 64 Patienten (50 Kniegelenke,
14 Sprunggelenke) mit ChondroFiller Liquid behandelt. Die Indikation zur Anwendung bestand bei
lokal begrenzten Knorpelschäden des Knie- und Sprunggelenks mit einer Defektgröße von bis zu 12 cm² (Mittelwert 2,58 ± 2,34 cm²). Vorausgesetzt wurde ein intakter Umgebungsknorpel mit stabiler, an das Defektareal angrenzender Randschulter; insbesondere durfte auch keine höhergradige Läsion der korrespondierenden Gelenkfläche im Sinne einer „kissing lesion“ vorliegen.

Das Patientenkollektiv zeigte ein Durchschnittsalter von 46,17 ± 11,20 a mit 24 Frauen und
40 Männern. Der Body Mass Index war im Mittelwert 28,72 ± 5,04 kg/m².

Der IKDC Score am Knie verbesserte sich im Mittelwert von präoperativ 47,62 ± 17,28 auf
59,28 ± 19,57 in der Kontrolle nach 6 m. Nach 12 m lag der IKDC Score bei 67,31 ± 22,18 und
nach 36 m bei 80,00 ± 14,37.

Die Auswertung des SF-36 am OSG ergab eine Verbesserung der körperlichen Funktionsfähigkeit
von 58,57 ± 26,27 präoperativ auf 75,66 ± 19,89 nach 6 m, 75,71 ± 23,88 nach 12 m und auf 85,00 ± 14,14 nach 36 m.

Schlüsselwörter:
Knorpeldefekt, Knie, OSG, ChondroFiller, mittelfristige Ergebnisse

Zitierweise:
Jerosch J, Joseph P: Mittelfristige Ergebnisse der Regeneration artikulärer Knorpeldefekte
mittels zellfreier Kollagenmatrix (ChondroFiller LiquidTM). OUP 2020; 9: 109–115
DOI 10.3238/oup.2019.0109–0115

Summary: The treatment and reparation of articular cartilage lesions presents a challenging therapeutic problem in orthopedic surgery and is still a topic of debate. Despite the improvement of methods and techniques such as matrix assisted autologous chondrocyte transplantation there are some disadvantages considering donor site morbidity and the necessity of a two-step approach.

The use of a cell free collagen type 1 scaffold in a one-step procedure appears to be an interesting alternative although long time results and RCTs are missing yet. The purpose of this prospective clinical study was to evaluate the use of such a cell free scaffold (ChondroFiller) in cartilage defects of the ankle and knee joint and present mid-term results.

Material and method: 64 patients with focal cartilage defects were treated with ChondroFiller Liquid (50 knee joints, 14 ankle joints) and included in this prospective study. The mean defect size was 2.58 ± 2.34 cm². We performed clinical evaluation after 6, 12 and 36 m using patient reported outcome measures as the IKDC-Score (International Knee Documentation Committee Score), SF-36, FADI (Foot Ankle Disability Index), FAOS (Foot and Ankle Outcome Score). The mean follow-up was 12 m.

Results: The IKDC Score improved from 47.62 ± 17.28 preoperatively to 59.28 ± 19.57 after 6 m. After 12 m it was 67.31 ± 22.18 and at the 36-months-follow the IKDC score was measured at 80.00 ± 14.37.

Conclusion: The use of this cell free collagen type 1 scaffold proves to be a safe therapeutical option in the treatment of focal cartilage defects. Patient reported outcome measures show a significant increase of joint function and return to activities of daily living. Clinical results appear to be comparable to other cell-free and cell-based therapeutic strategies for cartilage repair.

Keywords: cartilage repair, knee, ankle, cell free, ChondroFiller, mid-term results

Citation: Jerosch J, Joseph P: Midterm Results after cell free collagen matrix (ChondroFiller LiquidTM).
OUP 2020; 9: 109–115 DOI 10.3238/oup.2019.0109–0115

Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin des Johanna-Etienne-Krankenhauses Neuss

Einleitung

In der letzten Dekade wurden zahlreiche unterschiedliche Methoden zur Behandlung des isolierten Knorpelschadens beschrieben. In klinischen und tierexperimentellen Studien konnte gezeigt werden, dass eine frühzeitige operative Therapie konservativen Maßnahmen überlegen ist [6, 27].

Knorpelschäden können in akut traumatologische sowie chronisch degenerative Veränderungen klassifiziert werden. Weiter sind lokale, eng umschriebene Läsionen von disseminierten Läsionen zu differenzieren [14, 23]. Das Ausmaß und die Tiefe von Knorpelschäden werden üblicherweise in der ICRS-Klassifikation erfasst. Die Einteilung erfolgt entweder anhand von Kernspin-Bildern oder im Rahmen der operativen Intervention [36]. Optimal für eine knorpelchirurgische Maßnahme sind fokale schmerzhafte Schäden bei Patienten unter dem 40. Lebensjahr [2, 4].

In der Regel kann man davon ausgehen, dass lokalisierte Knorpelschäden im weiteren natürlichen Verlauf einem Progress unterliegen, auch wenn diese noch kleiner sind, so dass später knorpelreparative Maßnahmen notwendig werden [4, 23].

Wir haben seit 2014 klinische Erfahrungen mit einer zellfreien Kollagenmatrix (ChondroFiller Liquid). Das Material wird mit einer Spritze in den Knorpeldefekt appliziert und härtet zu einem Gel aus. Das Gel dient als Platzhalter für Stammzellen, welche aus dem umgebenden Gewebe einwandern sollen und in der Matrix zu Chondrozyten differenzieren. Zelleinwanderung in Kollagenmatrices konnte in vivo und in vitro gezeigt werden [19]. Die Fähigkeit von Kollagenmatrices, die Proliferation und Proteoglykansynthese in vitro zu fördern, konnte ebenfalls nachgewiesen werden [34]. Im Tiermodell konnte auch die Bildung von Gelenkknorpel nachgewiesen werden [12]. Wir haben unsere Erfahrungen mit dieser Matrix aus den Jahren 2014 und 2015 in einer retrospektiven Studie zusammengefasst [3]. In der vorliegenden Arbeit wollen wir die Ergebnisse einer prospektiven Studie über 64 Patienten mit dem Produkt ChondroFiller Liquid vorstellen.

Material und Methoden

Im Zeitraum von November 2015 bis März 2019 wurden insgesamt 64 Patienten (50 Kniegelenke, 14 Sprunggelenke) mit ChondroFiller Liquid behandelt. Der durchschnittliche Nachuntersuchungszeitraum betrug 12 m.

Die Indikation zur Anwendung bestand bei lokal begrenzten Knorpelschäden des Knie- und Sprunggelenks mit einer Defektgröße von bis zu 12 cm² (Mittelwert 2,58 ± 2,34 cm²). Vorausgesetzt wurde ein intakter Umgebungsknorpel mit stabiler, an das Defektareal angrenzender Randschulter; insbesondere durfte auch keine höhergradige Läsion der korrespondierenden Gelenkfläche im Sinne einer „kissing lesion“ vorliegen.

Das Patientenkollektiv zeigte ein Durchschnittsalter von 46,17 ± 11,20 a mit 24 Frauen und 40 Männern. Der Body Mass Index war im Mittelwert 28,72 ± 5,04 kg/m².

Das Mindestalter zur Studienteilnahme betrug 18 Jahre, eine weitere Altersbeschränkung bestand nicht. Weitere Ausschlusskriterien zur Studienteilnahme waren Arthrofibrose, fortgeschrittene generalisierte Osteoarthrose, entzündliche Gelenkerkrankungen, chronische Infektionserkrankungen, Tumorleiden, Gicht und andere metabolische Gelenkerkrankungen, Autoimmunerkrankungen, Borreliose, Schwangerschaft, Suchterkrankungen sowie reduzierte Compliance. Eine operative Vorbehandlung des zugrunde liegenden Knorpeldefekts konnte bei 24,6 % der Patienten verzeichnet werden.

Der operative Eingriff erfolgte in Allgemein- oder Spinalanästhesie sowie bei liegender Blutsperre. Alle Eingriffe wurden primär arthroskopisch begonnen und in der Regel auch vollständig durchgeführt. In einigen Fällen, in denen kein direkter Zugang mittels Applikatorspritze zur Defektzone möglich war (z.B. retropatellar), war eine Mini-Arthrotomie erforderlich. Die durchschnittliche OP-Dauer betrug 36,26 ± 14,46 min. Auf weitere knorpelchirurgische Maßnahmen (z.B. Mikrofrakturierung) verzichteten wir bewusst.

Zunächst erfolgte eine diagnostische Arthroskopie mit sorgfältiger Befunderhebung und ggf. primärer Behandlung von Begleitpathologien (z.B. Meniskusläsionen). Im weiteren Verlauf wurde die Indikation zur knorpelregenerativen Therapie kritisch überprüft und die korrekte Indikationsstellung in Abhängigkeit des Lokalbefundes gesichert. Anschließend erfolgten vorbereitende Maßnahmen vor Applikation des ChondroFiller Liquid. Nach Abtragen instabiler Knorpelareale und Herstellung einer stabilen Randschulter, wurde nach Ablassen der Spülflüssigkeit auf eine CO2 -Arthroskopie konvertiert. Ein sorgfältiges Trockenlegen des Defektareals ist für das Auftragen und Anhaften des ChondroFiller Liquid von großer Bedeutung und wurde entsprechend gründlich durchgeführt. Das zuvor in der Applikatorspritze aufgewärmte ChondroFiller Liquid (15 min, ca. 33 °C), konnte dann sukzessive in den Knorpeldefekt eingefüllt werden. Nach Abwarten der Aushärtungsphase (theoretisch ca. 5 min; aufgrund des kühlenden Effektes des CO2 durchaus auch einmal 15 min) dokumentierten wir die korrekte Defektauffüllung vor Beenden des operativen Eingriffs (Abb. 1a-b).

Postoperativ wurde das operierte Bein in einer Gipsschiene für 48 h in Neutralposition ruhiggestellt und eine relative Bettruhe für diesen Zeitraum verordnet. Die weitere Nachbehandlung richtete sich nach der Knorpeldefektlokalisation, beinhaltete jedoch in jedem Fall eine primäre Teilbelastung an Unterarmgehstützen mit etwa 20 kg für einen Zeitraum von 6 Wochen. Bei Defekten in der Hauptbelastungszone erfolgte nach 48 h die vollständige Freigabe für Bewegungsübungen. Eine Unloader-Orthese (medial oder lateral) wurde angepasst. Bei Anwendung von ChondroFiller Liquid am Sprunggelenk erfolgte die Versorgung mit einem Aircast-Walker.

Bei retropatellaren Defekten war ein sukzessiver Übergang in die axiale Vollbelastung nach 1–2 Wochen möglich, bei allen anderen Defektlokalisationen wurde eine Teilbelastung für 6 Wochen empfohlen. Eine Bewegungslimitierung bei retropatellaren Defekten im Sinne einer eingeschränkten Flexion (2 Wochen 30°, 2 Wochen 60°, 2 Wochen 90°) gehörte darüber hinaus zum postoperativen Standard.

Nach Erreichen der Vollbelastung konnte auch der Wiederbeginn mit sportlichen Belastungen (z.B. Radfahren, Schwimmen) neben einem vorsichtigen Muskelaufbau angestrebt werden. Sprung-, Lauf- und Kontaktsportarten wurden nach 1 a erlaubt.

Im Rahmen der Studie wurden Daten präoperativ sowie im postoperativen Verlauf nach 6, 12 und 36 m erhoben. Zu allen Untersuchungszeitpunkten kamen für das Kniegelenk der IKDC-Score (International Knee Documentation Committee) sowie der SF-36 (Fragebogen zum Gesundheitszustand) zur Anwendung. Für das Sprunggelenk wurde zu allen Untersuchungszeitpunkten der Foot Ankle Disability Index (FADI) Score sowie der Foot and Ankle Outcome Score (FAOS) neben dem SF-36 ermittelt.

Ergebnisse

Die Lokalisation der Knorpelschäden am Kniegelenk verteilte sich im untersuchten Patientenkollektiv auf verschiedene Gelenkkompartimente (8 x Trochlea, 7 x laterale Femurkondyle, 12 x retropatellar, 22 x mediale Femurkondyle, 3 x laterales Tibiaplateau). Am Sprunggelenk fanden sich im Bereich der posterioren talaren Gelenkfläche 1 an der lateralen Talusschulter 4 und an der medialen Talusschulter 9 Knorpelläsionen.

Bisher konnten nach 6 m 32 m, nach 12 m, 16 m sowie nach 36 m
5 Patienten in die Datenerhebung und -auswertung einbezogen werden. 5 Patienten schieden nach Folgeoperationen mit endoprothetischem (Teil-) Gelenkersatz oder Umstellungsosteotomie aus der Studie aus. 3 Patienten baten um einen vollständigen Ausschluss aus der Studie aus persönlichen Gründen. 3 weitere konnten für Folgeuntersuchungen nicht mehr erreicht werden.

83 % der Patienten zeigten sich nach 6 m zufrieden mit dem Ergebnis der Operation und gaben an, diese erneut durchführen zu lassen. Unerwünschte Nebenwirkungen oder direkt operationsassoziierte Komplikationen traten nicht auf. Eine Beschwerdeverschlechterung im Vergleich zum präoperativen Status gab keiner der Patienten an.

IKDC

Der IKDC Score verbesserte sich im Mittelwert von präoperativ 47,62 ± 17,28 auf 59,28 ± 19,57 in der Kontrolle nach 6 m. Nach 12 m lag der IKDC Score bei 67,31 ± 22,18 und nach 36 m bei 80,00 ± 14,37 (Abb. 2).

SF-36

Die Auswertung des SF-36 ergab eine Verbesserung der körperlichen Funktionsfähigkeit von 46,49 ± 24,18 präoperativ auf 59,85 ± 29,38 nach 6 m, 70,00 ± 29,10 nach 12 m und auf 83,00 ± 21,97 nach 36 m. Statistische Signifikanz erreichte hier der Vergleich präoperativ zur Nachuntersuchung nach 12 m (p = 0,037) (Abb. 3).

Die Angabe körperlicher Schmerzen zeigte ebenfalls eine deutliche Verbesserung in den klinischen Nachuntersuchungsintervallen, hier war der Mittelwertvergleich der Parameter präoperativ zum Nachuntersuchungszeitpunkt nach 36 m statistisch signifikant (p = 0,006) (Abb. 4).

Ergebnisse Sprunggelenk

Die Auswertung des SF-36 ergab eine Verbesserung der körperlichen Funktionsfähigkeit von 58,57 ± 26,27 präoperativ auf 75,66 ± 19,89 nach 6 m, 75,71 ± 23,88 nach 12 m und auf 85,00 ± 14,14 nach 36 m. Statistische Signifikanz erreichte hier kein Vergleich der Mittelwertunterschiede (Abb. 5).

Die Angabe körperlicher Schmerzen verbesserte sich von 36,50 ± 20,58 präoperativ auf 67,18 ± 23,68 nach 6 m, 60,29 ± 31,98 nach 12 m und auf 68,00 ± 22,63 nach 36 m. Statistisch signifikante Unterschiede bestanden hier nicht (Abb. 6).

Diskussion

Generell unterscheidet man bei knorpelchirurgischen Therapien die zellgebundenen Verfahren von den zellfreien Verfahren. Die Mikrofrakturierung ist quasi der Klassiker der chirurgischen Knorpeltherapie und wurde bereits in den 1990er Jahren von Steadman et al. [32] beschrieben. Es wird hierbei mit Bohrern oder Ahlen ein Defekt in die subchondrale Platte von etwa 3 mm Tiefe in einem Abstand von unter 5 mm eingebracht. Durch die Eröffnung der subchondralen Lamelle kommt es zu Einblutungen mit Stammzellen. Das Regenerat soll in der weiteren Folge dann zu einem Faserknorpel ausgebildet werden. Die Mikrofrakturierung galt lange Zeit als Standard für fokale Knorpelschäden, insbesondere am Kniegelenk [8, 36]. Es wurde eine Grenze der Defektgröße von 2–3 cm² angegeben. Hierbei handelt es sich um empirisch klinische Daten. Bei größeren Defekten ist der Kontaktdruck der korrespondierenden Gelenkflächen zu groß und es kommt wahrscheinlicher zu einem Gewebeversagen [8, 11]. Bei kleinen Defekten (? 2,5 cm²) sowie auch bei mittleren Defekten (? 4,5 cm²) zeigen sich durchaus vergleichbare Ergebnisse zur ACT [8, 15, 35].

Es haben sich in den letzten Jahren jedoch auch zunehmend unterschiedliche Probleme bei der Mikrofrakturierung gezeigt. So sollte ganz sicher kein forciertes Debridement der subchondralen Lamelle erfolgen, da hierdurch subchondrale Zysten und Osteophyten entstehen können [23, 28]. Aufgrund des Faserknorpelersatzes tritt mittel- und langfristig (5?10 a) ein deutlicher Ergebnisabfall zu Tage [8, 28].

Zu den neuen Verfahren zählen die autologe Chondrozytentransplantation (ACT) bzw. die matrixassoziierte autologe Chondrozytentransplantation (MACT). Dabei handelt es sich um zellgebundene Verfahren, die ein zweizeitiges Vorgehen notwendig machen. Das Regenerat ist als knorpelähnliches Gewebe (hyalin-like tissue) klassifiziert [21]. Hierdurch bedingt wird eine höhere Primärstabilität gesehen, was eine Therapie auch bei größeren Knorpelschäden von 3?14 cm² sinnvoll erscheinen lässt [1, 5, 20, 37]. Es können mit Zellen besetzte 3D-Kollagenmatrixstrukturen auch mittlerweile arthroskopisch als Hydrogel durch die Verwendung von Chondrospheren eingebracht werden.

Große vergleichende Studien zwischen ACT/MACT und Mikrofrakturierung zeigen nach 2 a bessere klinische Ergebnisse als bei der reinen Mikrofrakturierung, insbesondere bei den größeren Defekten (über 4,5 cm²) [7, 26]. In anderen Studien zeigen ACT und MACT nach 5 a gleiche klinische Ergebnisse, bei jedoch insgesamt etwas kleineren Defekten (unter 4,5 cm²) [15, 35]. Diese Ergebnisse bestätigen sich dann auch im Langzeitverlauf von 14?15 a, wobei die Versagensrate der Knorpelregenerate dann jedoch auch klinisch evident wird. Sichere Beweise vom antiarthrotischen Effekt von ACT-/MACT-Transplantaten liegen jedoch noch nicht vor [8, 16].

Als weitere zellgebundene Verfahren sind OATS und Mosaikplastik zu nennen. Hier liegt jedoch eine nicht zu vernachlässigende Morbidität am Entnahmeort vor. Auch ist die geometrische Anpassung nicht immer einfach. Es besteht naturgemäß fibrotisches Gewebe in der Transplantatlücke bei multiplen Transplantaten wie bei der Mosaikplastik [23, 24, 28, 36].

Neuere zellfreie Verfahren haben den Vorteil, dass es sich um einzeitige Verfahren handelt und die Zellen nicht extrakorporal kultiviert werden müssen. Natürlich sind zellfreie Verfahren auch auf Knorpelzellen angewiesen. Bei der autologen matrixinduzierten Chondrogenese (AMIC) wird eine zweischichtige Kollagenmembran (Typ I, III) prociner Herkunft mit einer Mikrofrakturierung kombiniert (Chondro-Gide, Fa. Geistlich, Wolhusen, Schweiz). Es wurde gezeigt, dass durch diese Technik eine Zelldifferenzierung bis hin zu Chondrozyten möglich ist [28]. Das AMIC-Verfahren ist somit eine Fortentwicklung der Mikrofrakturierung und kann für Schäden bis 2 cm² zur Anwendung kommen. Für dieses Verfahren gibt es verschiedene Publikationen. Gille et al. [13] und Panni et al. [29] berichten über Fallserien von 27 bzw. 17 Patienten mit Knorpelschäden am Kniegelenk mit einer durchschnittlichen Größe von 4,2?4,6 cm² über 87 % bzw. 76 % über sehr zufriedene Patienten nach 3 a. Bei Defektgrößen von 2?4,4 cm² zeigt sich eine Verbesserung des klinischen Scores nach 2 a mit guter Defektfüllung in der MRT-Bildgebung [9, 22]. In 2 Studien zeigten sich jedoch nur inkomplette Defektfüllungen im Kernspin [17].

Als weiteres zellfreies Therapieverfahren für eine einzeitige Anwendung ist eine gelförmige Matrix aus Kollagen Typ I verfügbar. Hierbei besteht das Prinzip darin, dass pluripotente Stammzellen angeregt werden zu migrieren und sich dann zu differenzieren (CaReS-1S, Arthro Kinetic Ag, Krems/Donau, Austria). Das Kollagen Typ I wird aus Rattenschwänzen gewonnen und kann minimal-invasiv in bestehende Knorpeldefekte eingebracht werden [10]. 2-Jahresergebnisse zeigen hiermit zufriedenstellende Befunde [25]. Es wurden Knorpeldefekte mit einer durchschnittlichen Größe von 3,71 cm² behandelt. Nach 2 a zeigte sich eine signifikante Verbesserung IKDC- und Tegner-Scores bei allen Patienten sowie im Kernspin eine komplette Defektfüllung.

Eine ähnliche Situation findet sich beim BST-Cargel (Fa. Piramal, Laval, Quebec, Canada). Es handelt sich hier um ein neuartiges flüssiges Biomaterial auf Chitosan-Basis, welches mit einem Puffer vermischt und dann in eine debridierte Knochenläsion, die mit Knochenmarkstimulation chirurgisch präpariert wurde, eingebracht wird. Diese Substanz wirkt wie ein Gerüst für die physikalische Stabilisierung des Blutgerinnsels und der Knochenläsion und kann ebenfalls minimal-invasiv im einzeitigen Verfahren Anwendung finden [33]. Die klinischen Ergebnisse BST-Cargel sind bisher durchaus beeindruckend. In einer kontrollierten randomisierten Studie von 78 % mit fokalen Knorpelläsionen an der Femurkondyle, die entweder durch Mikrofrakturierung alleine oder Mikrofrakturierung mit BST-Cargel behandelt wurden, zeigte sich nach 12 m eine bessere Effektfüllung und Gewebequalität der mit BST-Cargel Anwendung zusätzlich behandelten Patienten [31]. Die Defektgröße betrug hier zwischen 2,08 und 2,41 cm² und konnte auch in einem 5 Jahres Follow-up bestätigt werden [30]. Histologisch zeigte sich nach BST-Cargel-Anwendung eine bessere strukturelle und zelluläre Gewebecharakteristik mit stärkerer Ähnlichkeit zu nativem Knorpelgewebe im Vergleich zum Regenerat nach Mikrofrakturierung alleine [18].

Das von uns verwendete Produkt ChondroFiller Liquid ist vom Grundsatz her vergleichbar mit CaReS-1S (Arthro Kinetic Ag, Krems/Donau, Austria); das Kollagen Typ I wird ebenfalls aus Rattenschwänzen gewonnen. Unsere mittelfristigen klinischen Ergebnisse sind durchaus vergleichbar mit den Ergebnissen von Studien mit anderen zellbasierten und zellfreien Produktionen.

Im vorliegenden Projekt ist zum einen geplant, den langfristigen klinischen Verlauf zu observieren und zum anderen die klinischen Ergebnisse mit MRI-Befunden zu korrelieren.

Interessenkonflikt:

Keine angegeben

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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Jörg Jerosch

Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie
und Sportmedizin

Johanna-Etienne-Krankenhaus

Am Hasenberg 46

41462 Neuss

j.jerosch@ak-neuss.de

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