Übersichtsarbeiten - OUP 02/2020

Mittelfristige Ergebnisse der Regeneration artikulärer Knorpeldefekte mittels zellfreier Kollagenmatrix
(ChondroFiller Liquid)

Im Zeitraum von November 2015 bis März 2019 wurden insgesamt 64 Patienten (50 Kniegelenke, 14 Sprunggelenke) mit ChondroFiller Liquid behandelt. Der durchschnittliche Nachuntersuchungszeitraum betrug 12 m.

Die Indikation zur Anwendung bestand bei lokal begrenzten Knorpelschäden des Knie- und Sprunggelenks mit einer Defektgröße von bis zu 12 cm² (Mittelwert 2,58 ± 2,34 cm²). Vorausgesetzt wurde ein intakter Umgebungsknorpel mit stabiler, an das Defektareal angrenzender Randschulter; insbesondere durfte auch keine höhergradige Läsion der korrespondierenden Gelenkfläche im Sinne einer „kissing lesion“ vorliegen.

Das Patientenkollektiv zeigte ein Durchschnittsalter von 46,17 ± 11,20 a mit 24 Frauen und 40 Männern. Der Body Mass Index war im Mittelwert 28,72 ± 5,04 kg/m².

Das Mindestalter zur Studienteilnahme betrug 18 Jahre, eine weitere Altersbeschränkung bestand nicht. Weitere Ausschlusskriterien zur Studienteilnahme waren Arthrofibrose, fortgeschrittene generalisierte Osteoarthrose, entzündliche Gelenkerkrankungen, chronische Infektionserkrankungen, Tumorleiden, Gicht und andere metabolische Gelenkerkrankungen, Autoimmunerkrankungen, Borreliose, Schwangerschaft, Suchterkrankungen sowie reduzierte Compliance. Eine operative Vorbehandlung des zugrunde liegenden Knorpeldefekts konnte bei 24,6 % der Patienten verzeichnet werden.

Der operative Eingriff erfolgte in Allgemein- oder Spinalanästhesie sowie bei liegender Blutsperre. Alle Eingriffe wurden primär arthroskopisch begonnen und in der Regel auch vollständig durchgeführt. In einigen Fällen, in denen kein direkter Zugang mittels Applikatorspritze zur Defektzone möglich war (z.B. retropatellar), war eine Mini-Arthrotomie erforderlich. Die durchschnittliche OP-Dauer betrug 36,26 ± 14,46 min. Auf weitere knorpelchirurgische Maßnahmen (z.B. Mikrofrakturierung) verzichteten wir bewusst.

Zunächst erfolgte eine diagnostische Arthroskopie mit sorgfältiger Befunderhebung und ggf. primärer Behandlung von Begleitpathologien (z.B. Meniskusläsionen). Im weiteren Verlauf wurde die Indikation zur knorpelregenerativen Therapie kritisch überprüft und die korrekte Indikationsstellung in Abhängigkeit des Lokalbefundes gesichert. Anschließend erfolgten vorbereitende Maßnahmen vor Applikation des ChondroFiller Liquid. Nach Abtragen instabiler Knorpelareale und Herstellung einer stabilen Randschulter, wurde nach Ablassen der Spülflüssigkeit auf eine CO2 -Arthroskopie konvertiert. Ein sorgfältiges Trockenlegen des Defektareals ist für das Auftragen und Anhaften des ChondroFiller Liquid von großer Bedeutung und wurde entsprechend gründlich durchgeführt. Das zuvor in der Applikatorspritze aufgewärmte ChondroFiller Liquid (15 min, ca. 33 °C), konnte dann sukzessive in den Knorpeldefekt eingefüllt werden. Nach Abwarten der Aushärtungsphase (theoretisch ca. 5 min; aufgrund des kühlenden Effektes des CO2 durchaus auch einmal 15 min) dokumentierten wir die korrekte Defektauffüllung vor Beenden des operativen Eingriffs (Abb. 1a-b).

Postoperativ wurde das operierte Bein in einer Gipsschiene für 48 h in Neutralposition ruhiggestellt und eine relative Bettruhe für diesen Zeitraum verordnet. Die weitere Nachbehandlung richtete sich nach der Knorpeldefektlokalisation, beinhaltete jedoch in jedem Fall eine primäre Teilbelastung an Unterarmgehstützen mit etwa 20 kg für einen Zeitraum von 6 Wochen. Bei Defekten in der Hauptbelastungszone erfolgte nach 48 h die vollständige Freigabe für Bewegungsübungen. Eine Unloader-Orthese (medial oder lateral) wurde angepasst. Bei Anwendung von ChondroFiller Liquid am Sprunggelenk erfolgte die Versorgung mit einem Aircast-Walker.

Bei retropatellaren Defekten war ein sukzessiver Übergang in die axiale Vollbelastung nach 1–2 Wochen möglich, bei allen anderen Defektlokalisationen wurde eine Teilbelastung für 6 Wochen empfohlen. Eine Bewegungslimitierung bei retropatellaren Defekten im Sinne einer eingeschränkten Flexion (2 Wochen 30°, 2 Wochen 60°, 2 Wochen 90°) gehörte darüber hinaus zum postoperativen Standard.

Nach Erreichen der Vollbelastung konnte auch der Wiederbeginn mit sportlichen Belastungen (z.B. Radfahren, Schwimmen) neben einem vorsichtigen Muskelaufbau angestrebt werden. Sprung-, Lauf- und Kontaktsportarten wurden nach 1 a erlaubt.

Im Rahmen der Studie wurden Daten präoperativ sowie im postoperativen Verlauf nach 6, 12 und 36 m erhoben. Zu allen Untersuchungszeitpunkten kamen für das Kniegelenk der IKDC-Score (International Knee Documentation Committee) sowie der SF-36 (Fragebogen zum Gesundheitszustand) zur Anwendung. Für das Sprunggelenk wurde zu allen Untersuchungszeitpunkten der Foot Ankle Disability Index (FADI) Score sowie der Foot and Ankle Outcome Score (FAOS) neben dem SF-36 ermittelt.

Ergebnisse

Die Lokalisation der Knorpelschäden am Kniegelenk verteilte sich im untersuchten Patientenkollektiv auf verschiedene Gelenkkompartimente (8 x Trochlea, 7 x laterale Femurkondyle, 12 x retropatellar, 22 x mediale Femurkondyle, 3 x laterales Tibiaplateau). Am Sprunggelenk fanden sich im Bereich der posterioren talaren Gelenkfläche 1 an der lateralen Talusschulter 4 und an der medialen Talusschulter 9 Knorpelläsionen.

Bisher konnten nach 6 m 32 m, nach 12 m, 16 m sowie nach 36 m
5 Patienten in die Datenerhebung und -auswertung einbezogen werden. 5 Patienten schieden nach Folgeoperationen mit endoprothetischem (Teil-) Gelenkersatz oder Umstellungsosteotomie aus der Studie aus. 3 Patienten baten um einen vollständigen Ausschluss aus der Studie aus persönlichen Gründen. 3 weitere konnten für Folgeuntersuchungen nicht mehr erreicht werden.

83 % der Patienten zeigten sich nach 6 m zufrieden mit dem Ergebnis der Operation und gaben an, diese erneut durchführen zu lassen. Unerwünschte Nebenwirkungen oder direkt operationsassoziierte Komplikationen traten nicht auf. Eine Beschwerdeverschlechterung im Vergleich zum präoperativen Status gab keiner der Patienten an.

IKDC

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