Übersichtsarbeiten - OUP 02/2020

Mittelfristige Ergebnisse der Regeneration artikulärer Knorpeldefekte mittels zellfreier Kollagenmatrix
(ChondroFiller Liquid)

Der IKDC Score verbesserte sich im Mittelwert von präoperativ 47,62 ± 17,28 auf 59,28 ± 19,57 in der Kontrolle nach 6 m. Nach 12 m lag der IKDC Score bei 67,31 ± 22,18 und nach 36 m bei 80,00 ± 14,37 (Abb. 2).

SF-36

Die Auswertung des SF-36 ergab eine Verbesserung der körperlichen Funktionsfähigkeit von 46,49 ± 24,18 präoperativ auf 59,85 ± 29,38 nach 6 m, 70,00 ± 29,10 nach 12 m und auf 83,00 ± 21,97 nach 36 m. Statistische Signifikanz erreichte hier der Vergleich präoperativ zur Nachuntersuchung nach 12 m (p = 0,037) (Abb. 3).

Die Angabe körperlicher Schmerzen zeigte ebenfalls eine deutliche Verbesserung in den klinischen Nachuntersuchungsintervallen, hier war der Mittelwertvergleich der Parameter präoperativ zum Nachuntersuchungszeitpunkt nach 36 m statistisch signifikant (p = 0,006) (Abb. 4).

Ergebnisse Sprunggelenk

Die Auswertung des SF-36 ergab eine Verbesserung der körperlichen Funktionsfähigkeit von 58,57 ± 26,27 präoperativ auf 75,66 ± 19,89 nach 6 m, 75,71 ± 23,88 nach 12 m und auf 85,00 ± 14,14 nach 36 m. Statistische Signifikanz erreichte hier kein Vergleich der Mittelwertunterschiede (Abb. 5).

Die Angabe körperlicher Schmerzen verbesserte sich von 36,50 ± 20,58 präoperativ auf 67,18 ± 23,68 nach 6 m, 60,29 ± 31,98 nach 12 m und auf 68,00 ± 22,63 nach 36 m. Statistisch signifikante Unterschiede bestanden hier nicht (Abb. 6).

Diskussion

Generell unterscheidet man bei knorpelchirurgischen Therapien die zellgebundenen Verfahren von den zellfreien Verfahren. Die Mikrofrakturierung ist quasi der Klassiker der chirurgischen Knorpeltherapie und wurde bereits in den 1990er Jahren von Steadman et al. [32] beschrieben. Es wird hierbei mit Bohrern oder Ahlen ein Defekt in die subchondrale Platte von etwa 3 mm Tiefe in einem Abstand von unter 5 mm eingebracht. Durch die Eröffnung der subchondralen Lamelle kommt es zu Einblutungen mit Stammzellen. Das Regenerat soll in der weiteren Folge dann zu einem Faserknorpel ausgebildet werden. Die Mikrofrakturierung galt lange Zeit als Standard für fokale Knorpelschäden, insbesondere am Kniegelenk [8, 36]. Es wurde eine Grenze der Defektgröße von 2–3 cm² angegeben. Hierbei handelt es sich um empirisch klinische Daten. Bei größeren Defekten ist der Kontaktdruck der korrespondierenden Gelenkflächen zu groß und es kommt wahrscheinlicher zu einem Gewebeversagen [8, 11]. Bei kleinen Defekten (? 2,5 cm²) sowie auch bei mittleren Defekten (? 4,5 cm²) zeigen sich durchaus vergleichbare Ergebnisse zur ACT [8, 15, 35].

Es haben sich in den letzten Jahren jedoch auch zunehmend unterschiedliche Probleme bei der Mikrofrakturierung gezeigt. So sollte ganz sicher kein forciertes Debridement der subchondralen Lamelle erfolgen, da hierdurch subchondrale Zysten und Osteophyten entstehen können [23, 28]. Aufgrund des Faserknorpelersatzes tritt mittel- und langfristig (5?10 a) ein deutlicher Ergebnisabfall zu Tage [8, 28].

Zu den neuen Verfahren zählen die autologe Chondrozytentransplantation (ACT) bzw. die matrixassoziierte autologe Chondrozytentransplantation (MACT). Dabei handelt es sich um zellgebundene Verfahren, die ein zweizeitiges Vorgehen notwendig machen. Das Regenerat ist als knorpelähnliches Gewebe (hyalin-like tissue) klassifiziert [21]. Hierdurch bedingt wird eine höhere Primärstabilität gesehen, was eine Therapie auch bei größeren Knorpelschäden von 3?14 cm² sinnvoll erscheinen lässt [1, 5, 20, 37]. Es können mit Zellen besetzte 3D-Kollagenmatrixstrukturen auch mittlerweile arthroskopisch als Hydrogel durch die Verwendung von Chondrospheren eingebracht werden.

Große vergleichende Studien zwischen ACT/MACT und Mikrofrakturierung zeigen nach 2 a bessere klinische Ergebnisse als bei der reinen Mikrofrakturierung, insbesondere bei den größeren Defekten (über 4,5 cm²) [7, 26]. In anderen Studien zeigen ACT und MACT nach 5 a gleiche klinische Ergebnisse, bei jedoch insgesamt etwas kleineren Defekten (unter 4,5 cm²) [15, 35]. Diese Ergebnisse bestätigen sich dann auch im Langzeitverlauf von 14?15 a, wobei die Versagensrate der Knorpelregenerate dann jedoch auch klinisch evident wird. Sichere Beweise vom antiarthrotischen Effekt von ACT-/MACT-Transplantaten liegen jedoch noch nicht vor [8, 16].

Als weitere zellgebundene Verfahren sind OATS und Mosaikplastik zu nennen. Hier liegt jedoch eine nicht zu vernachlässigende Morbidität am Entnahmeort vor. Auch ist die geometrische Anpassung nicht immer einfach. Es besteht naturgemäß fibrotisches Gewebe in der Transplantatlücke bei multiplen Transplantaten wie bei der Mosaikplastik [23, 24, 28, 36].

Neuere zellfreie Verfahren haben den Vorteil, dass es sich um einzeitige Verfahren handelt und die Zellen nicht extrakorporal kultiviert werden müssen. Natürlich sind zellfreie Verfahren auch auf Knorpelzellen angewiesen. Bei der autologen matrixinduzierten Chondrogenese (AMIC) wird eine zweischichtige Kollagenmembran (Typ I, III) prociner Herkunft mit einer Mikrofrakturierung kombiniert (Chondro-Gide, Fa. Geistlich, Wolhusen, Schweiz). Es wurde gezeigt, dass durch diese Technik eine Zelldifferenzierung bis hin zu Chondrozyten möglich ist [28]. Das AMIC-Verfahren ist somit eine Fortentwicklung der Mikrofrakturierung und kann für Schäden bis 2 cm² zur Anwendung kommen. Für dieses Verfahren gibt es verschiedene Publikationen. Gille et al. [13] und Panni et al. [29] berichten über Fallserien von 27 bzw. 17 Patienten mit Knorpelschäden am Kniegelenk mit einer durchschnittlichen Größe von 4,2?4,6 cm² über 87 % bzw. 76 % über sehr zufriedene Patienten nach 3 a. Bei Defektgrößen von 2?4,4 cm² zeigt sich eine Verbesserung des klinischen Scores nach 2 a mit guter Defektfüllung in der MRT-Bildgebung [9, 22]. In 2 Studien zeigten sich jedoch nur inkomplette Defektfüllungen im Kernspin [17].

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