Übersichtsarbeiten - OUP 06/2022

Orthogeriatrie in der primären und Revisions-Hüftgelenkendoprothetik

Nach erfolgter Operation sollten die Patientinnen und Patienten innerhalb von 24 Stunden remobilisiert werden. Dabei bedarf es zur Senkung des Sturzrisikos eines strukturierten Sturz-Präventions-Managements mit bspw. Anpassung adäquater Gehhilfsmitteln und ausreichender Anleitung zur Nutzung dieser. Auch die Freigabe einer Vollbelastung der operierten Extremität ist für orthogeriatrische Patientinnen und Patienten sinnvoll, da häufig eine Teilbelastung koordinativ, muskulär oder auch kognitiv nicht richtig durchgeführt werden kann. Bei korrekter OP-Durchführung ist nach Erstimplantation bei zementierter wie unzementierter Verankerung eine Teilbelastung nicht notwendig. Auch im Revisionsfall sollte eine Implantatverankerung angestrebt werden, die eine hohe Primärstabilität und entsprechend frühe Vollbelastung erlaubt.

Auch bei älteren Patientinnen und Patienten gilt „Rehabilitation vor Pflege“ – das Ziel der postoperativen Phase ist es daher, die Patientinnen und Patienten rasch in einen Zustand zu versetzen, in dem sie ihren Lebensalltag wieder möglichst selbstständig meistern können. Bei planbaren Eingriffen, egal ob Erstimplantation oder Wechsel, kann in der Regel der poststationäre Verlauf gut vorhergesehen und entsprechend vorbereitet werden. Patientinnen und Patienten ohne absehbaren Pflegebedarf werden einer orthopädischen Anschlussheilbehandlung zugeführt. Der postoperative Barthel-Index [26] sollte dabei mindestens 70 Punkte erreichen.

Bei einem Wert von 30–70 Punkten kommt eine geriatrische Rehabilitation oder akutgeriatrische Weiterbehandlung infrage. Die Behandlungsdauer liegt dabei in der Regel zwischen 7 und 21 Tagen, während der eine interdisziplinäre Untersuchung und Betreuung durchgeführt wird. Durch die Zusammenarbeit von u.a. Physiotherapeut(inn)en, Logopäd(inn)en und Geriater(inn)en entsteht ein individuell angepasster Behandlungsplan mit Berücksichtigung von Multimorbidität und altersspezifischen Besonderheiten.

Erreicht der Barthel-Index nur Werte von 0–30 Punkten, besteht eine Pflegeabhängigkeit. Ist diese unabhängig von der Gelenkerkrankung, ist der Mehrwert aufwendiger Gelenkrekonstruktionen zum Mobilitätserhalt sehr kritisch zu prüfen. Ist die Einschränkung primär durch das geschädigte Gelenk bedingt und nur temporär zu erwarten, so muss frühzeitig ein Platz in stationärer Kurzzeitpflege organisiert werden, bis z.B. eine Vollbelastbarkeit eines Implantates gegeben ist. Soll die Pflege zu Hause erfolgen, müssen beizeiten entsprechende Hilfsmittel bereitgestellt und Mitmenschen und Umfeld der Patientinnen und Patienten auf die Situation vorbereitet werden.

Interessenkonflikte:

Keine angegeben.

Das Literaturverzeichnis zu
diesem Beitrag finden Sie auf:
www.online-oup.de.

Korrespondenzadresse

Dr. med. Ivana Habicht

Universitätsklinik Bonn

Klinik und Poliklinik für

Orthopädie und Unfallchirurgie

Venusberg Campus 1

53127 Bonn

ivana.habicht@ukbonn.de

SEITE: 1 | 2 | 3 | 4 | 5