Übersichtsarbeiten - OUP 02/2022

Partielle und vollständige, kleine bis mittelgroße Rotatorenmanschettenrisse
Was ist wesentlich, um mit der arthroskopischen Chirurgie optimale Rekonstruktionen zu erzielen?

Auch ist zu bemerken, dass insuffiziente Knotentechniken v.a. durch ein ungenügendes Anpressen oder eine primär lose Verbindung zwischen Sehne und Knochen entstehen. Dies verhindert die für die Einheilung wichtige osteofibroblastische Integration in den Knochen. Hier bieten die verschiedenen Techniken arthroskopischer Rutschkonten in Verbindung mit bspw. 3 gegenläufigen Halbschlägen gute Möglichkeiten für ein solides Anpressen und wiederum vglw. hohe Ausrisskräfte. Interessant ist, dass ein Training arthroskopischer Knotentechniken durchaus sinnvoll ist. So zeigen die eigene Erfahrung und auch mehrere Studien, dass auch bei erfahrenen Kollegen ein dezidiertes Training verschiedener Knotentechniken, bspw. an einer Workstation mit Testmöglichkeiten, eine Erhöhung der Qualität und Konsistenz der Versorgung nach sich zieht [10, 35, 59]. Bei den doppelreihigen Rekonstruktionen werden die Fadenenden des medialen Ankers hingegen oft knotenlos im lateralen Anker ?xiert. Bei Verwendung von 2 lateralen Ankern können die Fadenenden der medialen Reihe in unveränderter Richtung oder aber auch gekreuzt in der lateralen Reihe fixiert und aufgepresst werden. Diese Kreuzung kann den Druck des aufgepressten Konstruktes auf dem Footprint noch ein wenig ausgeglichener verteilen. Beide Arten der Fadenführung, sowohl die gekreuzte als auch die ungekreuzte, sind sowohl bei den ankerbasierten als auch bei den transossären Fixierungsmethoden durchführbar (Abb. 1 m, n).

Die genannten Anker- und Nahttechniken sind sowohl o?en-chirurgisch bzw. in der sog. „Mini-open“-Technik und auch in arthroskopischer Technik durchführbar. Arthroskopische Techniken haben den Nachteil, dass die Lernkurve im Vergleich zu den offenen Techniken deutlich flacher ist. Auf der anderen Seite können die arthroskopischen Verfahren gegenüber offenen Verfahren durchaus Vorteile bieten. Hierbei geht es weniger um die immer wieder diskutierten Aspekte des geringeren Weichteiltraumas, der Verringerung von postoperativen Verklebungen bis hin zu Arthro?brosen, die Beseitigung des Risikos für Traktionsschäden des N. axillaris, einer schnelleren Rehabilitation, minimalisierte Infektionsraten oder kosmetische Ergebnisse [24, 28, 40, 65, 66, 78]. Vielmehr geht es um recht praktische Aspekte während der Naht. Hat man sich einmal an die arthroskopische Naht der Rotatorenmanschette gewöhnt, so erscheinen die arthroskopischen Möglichkeiten zur Beurteilung die Sehnenbeschaffenheit und die Rekonstruktionsmöglichkeiten äußerst hilfreich. Darüber hinaus bieten arthroskopische Techniken gute Möglichkeiten zur Versorgung assoziierter Begleitpathologien wie bspw. erweiterte Pulley-Läsionen, SLAP-Läsionen etc.. Zudem möchte man die vglw. hohe Genauigkeit, bspw. bei der Präparation des Footprint, der Sehnenmobilisation und insbesondere bei der Setzung der Nahtstiche während der einzelnen Schritte der arthroskopischen Naht nicht missen.

Das biomechanisch schwächste Glied in der Rekonstruktion der Rotatorenmanschette ist der Halt des Nahtmaterials in der Sehne. Somit ist nicht unbedingt die Anzahl der Anker, sondern vielmehr die Positionierung und Verteilung der Nähte entscheidend für eine zuverlässige Rekonstruktion. Zudem ist bei größeren Rissen die Einschätzung der Sehnenretraktion, die bspw. U- oder V-förmig in der Mitte der Sehne, oder aber L-förmig je nach Retraktionsrichtung vorne oder hinten in der Sehne liegen kann, hilfreich für die schrittweise Naht. Als wir mit den arthroskopischen Techniken begonnen haben, haben wir nach dem Rundgang durch das Gelenk und den Subakromialraum die anschließende Naht überwiegend mit der unter dem Schulterdach eingebrachten Optik durchgeführt. Hierbei hat der Operateur überwiegend von oben Aufsicht auf die gerissene Sehne. Seit über 10 Jahren verwenden wir während der Naht neben der Sicht von subakromial gerne auch die Sicht von intraartikulär. Während der Naht gelingt hiermit die Darstellung des für die Rekonstruktion wichtigen Rotatorenkabels und die entsprechend genaue Platzierung der Nahtstiche. Dabei kann die Naht gezielt in das taugliche, stabile Sehnengewebe, meist direkt medial im oder am Rotatorenkabel platziert werden (Abb. 3). Eine Studie von Wiesner et al. zeigte, dass die Stiche direkt medial zum Rotatorenkabel den optimalen Halt im Sehnengewebe aufweisen. Hier waren signifikant höhere Kräfte nötig, um den Faden herauszureißen [82]. Somit ist die millimetergenaue Positionierung der Einstiche direkt medial am Rotatorenkabel hilfreich für eine zuverlässige Naht. Bedeutend ist, dass das Rotatorenkabel bei der Naht mit Sicht von Seiten des Subakromialraumes nicht dargestellt ist. Daher ist man bei der Durchstechung unter Sicht von subakromial auf Abschätzungen angewiesen, um die Lage des Kabels behelfsmäßig, bspw. in Relation zu einer virtuellen Halbierungslinie zwischen Sehnenende und muskulotendinösem Übergang zu beurteilen [88]. Im Vergleich hierzu erlaubt unsere Methode mit einer schrittweisen Durchstechung unter Sicht von intraartikulär eine deutlich genauere Nahttechnik. Zudem ist insbesondere bei Partialrupturen und kleinen Rissen die möglichst weitflächige und gleichzeitig die Sehnenschenkel schonende Fräsung des Footprint unter der zusätzlichen intra-artikulären Sicht vglw. präzise durchführbar (Abb. 2).

Die Naht von Partialrupturen erfolgt vielerorts nicht unter Sicht von subakromial und v.a. intraartikulär, die eine schonende transtendinöse Platzierung der Anker sowie Naht erlaubt, sondern überwiegend mit Sicht von subakromial sowie einer routinemäßigen Komplettierung bzw. Konversion der Partialruptur in eine Totalruptur. Dabei erfolgt anstelle einer schonenden Schlitzung im Faserverlauf eine Resektion der störenden Sehnenanteile mit einem Weichteilshaver, was letztlich mit einer Vergrößerung der Rupturzone einhergeht. Letztlich zeigen aber beide Methoden gute Ergebnisse. So zeigen 2 systematische Reviewartikel für beide Techniken gute Ergebnisse und keine signifkanten Unterschiede [5; 55]. Hingegen zeigt eine aktuelle vglw. große Metaanalyse, für die transtendinösen Techniken im Vergleich zu den Techniken, die mit einer Komplettierung der Ruptur einhergehen, im Langzeit-Outcome signifikant bessere Scorings sowie signifikant niedrigere Reoperationsraten [73].

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