Übersichtsarbeiten - OUP 02/2017

Reduktion der Wirbelsäulenbelastung im Golfsport
Eine Bewegungsmethode nach anatomischen und biomechanisch natürlichen Prinzipien zur VerletzungspräventionMovement patterns based on physiologic anatomical and biomechanical principals of injury prevention

Dietmar Göbel1, Andrea Drollinger2, Frank Drollinger2

Zusammenfassung: In der vorliegenden prospektiven Studie wurden über den Zeitraum von 8 Jahren (2009–2016) 1050 Golfer aller Leistungsklassen bzgl. ihrer Bewegungsvorstellung und der Golfschwungparameter
Center of pressure (COP), Center of mass (COM), den
Bodenreaktionskräften sowie dem Beckenrotationsverhalten in Winkelgraden in Abhängigkeit von der individuellen Standbreite untersucht. Zusätzlich wurden die Position der Wirbelsäule und die Wirbelsäulenachsen frontal und seitlich in Ball-Ansprechposition und während des Schlagablaufens beurteilt. Es wurde die klassische Golf Schwungmethode nach Ben Hogan und nach einem 3-tägigen Schulungskurs der Teilnehmer die Core-Balance-Free-Release-Methode analysiert.

Keiner der Studienteilnehmer hatte bei der zunächst praktizierten Ben-Hogan-Technik eine exakte Bewegungsvorstellung oder war in der Lage, eine für Mentaltraining nötige Schwungbeschreibung abzugeben, während dies mit der Core-Balance-Technik möglich war. COP und COM sowie Winkelgradänderungen des Beckenrotationsverhaltens
zeigten bei der Ben-Hogan-Methode als pathologisch einzustufende Bewegungsmuster, während die Abläufe für die Core-Balance-Methode als im physiologischen Rahmen
eingestuft werden konnten. Daher sollte zur primären und sekundären Prävention von Golfschäden, insbesondere
Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule, die Ben-
Hogan-Methode mit den Kennzeichen lateraler Scherkräfte durch Gewichtsdruckverlagerungen, einem statischem und dynamischem Beckenschiefstand während der Rotation
gegen die Wirbelsäule inklusive hypermobilem COP und COM im Sinne eines Präventionsstandards ersetzt werden durch die Core-Balance-Methode.

Schlüsselwörter: Golfverletzungen, Rückenschmerzen, Schwung-Kinematik, Core Balance, Bewegungsmethode

Zitierweise
Göbel D, Drollinger A, Drollinger F: Reduktion der Wirbelsäulenbelastung im Golfsport. Eine Bewegungsmethode nach anatomischen und biomechanisch natürlichen Prinzipien zur Verletzungsprävention.
OUP 2017; 2: 100–107 DOI 10.3238/oup.2017.0100–0107

Summary: In this prospective 8 year (2009–2016) study 1050 golfers of all performing levels were examined regarding their individual golf swing visualization and their golf swing parameters center of pressure (COP), center of mass (COM), as well as pelvic movement in relationship to
different standing width. Position of the spine was evaluated in frontal and lateral plane during set-up posture and golf swing. Classical swing mechanics from Ben Hogan and – after 3 days of teaching – new Core Balance Free Release method were compared.

No golfer, playing the Ben Hogan technique, was able to
describe his swing parameters, which would be necessary for visualization and mental training, while –after learning the Core Balance technique all players had detail understanding of their swing parameters.

COP and COM showed pathological pelvic-rotations and swing mechanics for the Ben Hogan technique, while for the Core Balance method mechanics could be classified as physiological. It is concluded that for primary and secondary prevention of golf injuries, especially of the lumbar spine, the old Ben Hogan swinging technique, which is characterized by lateral shear forces, static and dynamic pelvic sidebending while rotating with high force against the spine, and an unbalanced COM and COP, has to be substituted by the Core Balance technique, the latter one as a new standard.

Keywords: golf injuries, low back pain, swing kinematics, core balance, method of movement

Citation
Göbel D, Drollinger A, Drollinger F: Stress reduction of the spine in golf sport. Movement patterns based on physiologic anatomical and biomechanical principals of injury prevention
OUP 2017; 2: 100–107 DOI 10.3238/oup.2017.0100–0107

Einleitung

Aktuelle wissenschaftliche Arbeiten zeigen, dass bei bis zu 100 % der Golfsportler in ihrer Laufbahn Wirbelsäulen- und/oder Hüftbeschwerden auftreten, bzw. dass ca. 55 Millionen Golfer von Rückenproblemen betroffen sind [1].

Bereits 2007 publizierten die Arbeitsgruppen McHardy und Wadsworth [2, 3], dass vor allem die Wiederverletzungen bei Amateurgolfern häufig sind. Sie kamen bei ihrer 12 Monate dauernden Untersuchung zum Schluss, dass Schäden der Lendenwirbelsäule die am häufigsten auftretende Verletzung darstellt, verursacht durch die Biomechanik des klassischen Golfschwungs.

Beckenschiefstand, ein zu breiter Stand aufgrund von muskulären oder Gelenk-verursachten Dysbalancen, z.B. Arthrose oder Dysplasie, und die Gewichtsverlagerung im Rückschwung gelten nach Kim et al. [1] wie auch Wadsworth [3] und Vad et al. [4] und der Arbeitsgruppe Murray [5] als die Hauptursache für Lendenwirbelbeschwerden und -schmerzen.

Eine eingeschränkte Hüftgelenk- und Beckenbeweglichkeit, ebenso wie Wirbelsäulenvorschäden und -fehlformen (u.a. Skoliose, Spondylolisthesis, etc.) sind bei Golfern daher ein wichtiger biomechanischer und sportmedizinischer Einflussfaktor für den Bereich der Lendenwirbelgelenke und Bandscheiben und bezüglich der Schlagtechnik. Dies ist sowohl in der Primär- aber auch Sekundär- und Tertiärprävention von akuten Verletzungen sowie chronischen Überlastungsschäden im Golfsport von entscheidender Bedeutung.

Die klassische Golf-Bewegungs-Methode wurde 1957 im Buch “5 Lessons”, durch Ben Hogan [6] veröffentlicht und zeichnet sich durch folgende Bewegungs-Kernprinzipien aus:

Dysbalance

Beckenschiefstand

laterale Scherkräfte

eingeschränkte Becken- und Hüftrotation durch breiten Stand

keine 3-D Beschreibung der kinematischen Kette.

Dieser “alten” Golf-Bewegungs-Methode steht die Core-Balance-Free-Release-Methode gegenüber, die 2013 durch Frank Drollinger [7] veröffentlicht wurde. Diese beschreibt als Bewegungs-Prinzipien:

reale, physikalische Balance

Beckenbalance

Direktrotation um die Körperlotachse

keine lateralen Scherkräfte durch Direktrotation um die Körperlotachse

Beschleunigung des Beckens durch Bauchmuskel- und Beinarbeit

Synchronisierung der Rotationsachsen von Schulter, Becken, Hüfte, Knie und Füßen zum Ballimpact

eine präzise 3-D-Beschreibung der kinematischen Bewegungskette

eine präzise Beschreibung eines Bewegungs-Vektoren- und -Timing-Plans.

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