Übersichtsarbeiten - OUP 02/2017

Reduktion der Wirbelsäulenbelastung im Golfsport
Eine Bewegungsmethode nach anatomischen und biomechanisch natürlichen Prinzipien zur VerletzungspräventionMovement patterns based on physiologic anatomical and biomechanical principals of injury prevention

Ziel der vorliegenden Studie war die Frage, ob die Core-Balance-Methode diesen selbst gestellten Anforderungen gerecht wird und daher als Leitlinien-Standard zur Reduktion bzw. Vermeidung der in der Literatur beschriebenen Verletzungsrisiken empfohlen werden sollte.

Methode

Die Untersuchung wurde als prospektive standardisierte Driving-Range Studie angelegt. Es wurden insgesamt 1050 Golfer im Alter von 18–85 Jahren mit unterschiedlichen Leistungsqualitäten in die Studie aufgenommen. Über den Zeitraum von 8 Jahren (2009–2016) wurden Golfschüler und Ärzte in Deutschland, England, Schweiz, Spanien und den USA in die Studie aufgenommen und analysiert. Alle Teilnehmer mussten einen schriftlichen Fragebogen zur Evaluierung ihrer biomechanischen Methodenkenntnisse ausfüllen sowie Angaben zu Vorverletzungen einschließlich Erkrankungen des Bewegungsapparats und Medikamenteneinnahmen ausfüllen.

Nachfolgend wurden die Probanden auf der Driving Range bzgl. ihrer aktuell bestehenden Schlagtechnik von der Seite und frontal mittels High Speed Camera Casio EX-F1 und der Videosoftware-App Swing Atem und der App Hudl Technique Golf Version 5.3.0 sowie Radar (Flight Scope Software Version FS 2.4 Version 2009 bis Version FS X2 10.0. (2015)) analysiert.

Zusätzlich wurden der Becken-Oberkörper-Winkel für die Methode nach Ben Hogan und nach Schulung (s.u.) für die neue Core-Balance-Methode bestimmt. Anschließend erfolgte in einer 3-tägigen Intensiv-Schulung die Core-Balance Free-Release-Methode.

Es wurde mit allen 1050 Golfern der Core-Balance-Becken-Rotations-Check mittels Capri-Messplatte DIN A0 mit unterschiedlichen Standbreiten vorgenommen (Abb. 1). Die Winkelunterschiede wurden standardisiert erhoben und die Beckenposition vor- und nachher festgehalten.

Der Capri-Test ist ein Koordinatensystem auf einer 84,1 × 118,9 cm (DIN A0) großen Boden-Platte, mit der die Becken-Rotationsmöglichkeit bei unterschiedlichen Standbreiten durch Winkeldifferenzen von Becken-, Schulter-, Knie- und Fußachse, gemessen werden kann. Der Test wurde auf der Insel Capri entwickelt und hat somit den Namen Capri-Test.

Alle 1050 Golfer mussten den Capri-Test zuerst mit einen breiten Stand von 47–52 cm (Ben-Hogan-Golf-Methode) und im Anschluss einen engeren Stand von 25–30 cm (Core-Balance-Methode) einnehmen.

Die Winkelpositionen des Becken-Rotations-Checks (Capri-Test) wurden wie folgt in Grad definiert:

A = 11,25°

B = 22,5°

C = 33,75°

D = 45°

E = 56,25°

F = 67,5°

G = 78,75°

H = 90°

I = 101,25°

J = 112,5°

K = 123,75°

Definition der Fußpositionen

  • Linke Range für Rechtshandspieler abzulesen von vorne und von hinten – Fußposition fixiert auf dem roten Punkt, rechter Fuß Standbreitenvariabel positioniert
  • Rechte Range für Linkshandspieler abzulesen von vorne und von hinten – Fußposition fixiert auf dem roten Punkt, linker Fuß Standbreiten variabel positioniert

Zusätzlich wurde bei allen 1050 Golfern die Gewichtsverteilung im Set-up, zum Ende des Rückschwungs und im Down-swing untersucht sowie die Gewichtsverteilung in Form des COP und des COM im seitlichen und diagonalen Bewegungsweg bestimmt.

Bei 60 Golfern wurden die Druckpunktveränderungen mit Bodenreaktionsmessplatten der Fa. Mega-Scan (Göttingen) gemessen. Verwendet wurde eine Messplatte mit 2288 Messpunkten, Plattengröße 61 x 64 cm; Messfrequenz 40 Hz.

Ergebnisse

100 % der Golfer konnten bei der schriftlichen Ist-Aufnahme zu Studienbeginn ihren kinematischen Bewegungsablauf nicht beschreiben. Der Name der Golf-Methode, die sie ausüben, konnte von keinem Golfer angegeben werden, unabhängig von der Anzahl der Unterrichtsstunden. Alle Probanden hatten nie eine schriftliche Schwungbeschreibung erhalten. Ein mentales Schwungprogrammieren war bei den Teilnehmern, auf Grund der fehlenden Schwungvorstellung, nicht gegeben.

100 % der Probanden hatten während aller Musterschwünge laterale Gewichtsverlagerungen, seitliche Scherkräfte, Dysbalance, Becken-Schiefstände und aufgrund des zu breiten Dysbalance-Stands und einer Gewichts-Druck-Verlagerung im Rück- und Down-swing eine eingeschränkte Beckenrotation.

Nach der Umstellung auf die Core-Balance-Methode konnten die Becken-Schiefstände und Becken-Blockaden in einer Bandbreite von 80–100 % minimiert werden.

Becken-Oberkörper-Winkel: Bei der Ben-Hogan-Methode fand sich ein Becken-Oberkörper-Winkel zwischen 25° und 32°, der, um den Ball in der Ansprechposition erkennen zu können, zu einer geknickten Wirbelsäule zwischen 40° und 54° führt (Abb. 2a–b, Tab. 1).

Halswirbelsäulen-Oberkörperwinkel: Die Halswirbelsäulen-„Knick“-Bildung, d.h. der Winkel zwischen Halswirbelsäulenachse und der Oberkörperhaltung, gemessen im dorsalen Wirbelsäulenverlauf in der Sagittalebene, ist in Abbildung 3 dargestellt. Bei der Core-Balance-Methode finden sich deutlich geringere Anteflexionswinkel und somit eine deutlich geringere Belastung der Nackenmuskulatur.

Capri-Test

Die Messungen haben deutliche Winkelunterschiede in der Becken- und Hüftrotation ergeben. Nach der Umstellung von einem breiten Stand (alte Methode) zu einem deutlich engeren Stand (neue Methode) konnte man eine auffällig bessere Beckenrotation erkennen. Selbst bei 85-jährigen Golfern mit altersgemäß eingeschränkter Beckenrotation konnten die dargestellten positiven Ergebnisse durch die neue Core-Methode erzielt werden. Die Ergebnisse des Becken-Rotations-Checks sind in Tabelle 2 dargestellt, Tabelle 3 zeigt die Ergebnisse der Core-Balance-Probanden am 3. Tage der Schulung.

Hüftrotationswinkel in Abhängigkeit von Standbreite und Methode: Die Tabellen 4 und 5 zeigen die verschiedenen Hüft-Rotationsgrade unterschieden in die beiden Methoden: Breiter Stand von 47–52 cm (Ben-Hogan-Methode) und engerer Stand 25–30 cm (Core-Balance-Methode).

Analyse Beckenstand

Alle 1050 Teilnehmer hatten mit der klassischen Ben-Hogan-Bewegungstechnik zu keiner Zeit des Golfschwungs eine reale Balance und hieraus resultierend einen durch Biomechanik ausgelösten Beckenschiefstand. Die Gewichtsverteilung COP ergab eine diagonale “8”. Im Rückschwung und Down-Swing verzeichnen der COP und der COM einen seitlichen und diagonalen Bewegungsweg. Nach dem Methodenwechsel (nach 3-tägiger Schulung) konnte bei allen 1050 Probanden der Beckenschiefstand vermieden werden.

Dysbalance-Messungen

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