Übersichtsarbeiten - OUP 02/2017

Reduktion der Wirbelsäulenbelastung im Golfsport
Eine Bewegungsmethode nach anatomischen und biomechanisch natürlichen Prinzipien zur VerletzungspräventionMovement patterns based on physiologic anatomical and biomechanical principals of injury prevention

Die Druckpunktabzeichnung ergab wiederum eine diagonale “8”. Eine Plausibiliätsprüfung/-anfrage bei der Fa. Swingcatalyst, bestätigte, dass bei Messungen mit Bodenreaktionsmessplatten mit 2000 Messpunkten Dysbalance-Bilder (diagonale “8”) mit einem hypermobilen COP und COM immer zur Abbildung einer diagonalen „8“ führen.

Abbildung 4 stellt die Lotachsenwinkel-Veränderung differenziert für beide Methode im Rückschwung-Finish des Golfschwungs dar. Hier fanden sich für die Core-Balance-Methode deutliche geringere Winkelveränderungen und somit ein geringer bis gar kein Beckenschiefstand am Ende des Rückschwungs.

Diskussion

Golfsport gilt auf Grund seiner milden kardiologischen Ausdauerbelastung, intermittierenden Konzentrations-„Belastung“, komplexen Bewegungs-/Koordinationsanforderung und sozialen Kontaktmöglichkeit als eine der idealen Ausgleichs- und Gesellschafts-Sportarten und ist nicht umsonst in vielen Ländern wie Irland, England, etc. eine der Volkssportarten [8].

Die Walker-Studie über Gesundheits- und Wellness-Benefits durch Golf kommt zu dem Resultat, dass sich der Metabolic-balance und Herz-Kreislaufeffekt durch Golf positiv auf die Gesundheit von Golfern auswirkt: „The studies included in this report show that walking on the golf course can yield a number of positive health and fitness effects for the participant.” [9].

Spätestens aber seit Golfsport nun olympisch geworden ist, und immer mehr Schüler und Jugendliche bereits mit ambitionierten oder sogar Leistungssportansprüchen an den Golfsport herangehen, ist eine Statusanalyse auch von orthopädisch-sportmedizinischer Seite nötig. Die vorliegende Studie tut dies mit über 1050 Probanden erstmals in großem, prospektivem Ausmaß über alle Alters- und Leistungsklassen hinaus.

Es zeigte sich, dass trotz des komplexen Bewegungsablaufs gerade bei langen Schlägen alle Studienteilnehmer letztlich keine Bewegungsbeschreibung und -Vorstellung hatten. Somit war keinem Sportler eine Visualisierung der Schlag- und Bewegungsabläufe möglich. Ein mentales Training, wie es in anderen komplexen Sportarten Standard ist, um die Bewegungsabläufe schneller zu erlernen, war somit für den Golfsport nach der alten Methode nach Ben Hogan ausgeschlossen. Für Schüler und Jugendliche, aber auch für den Sportler mit z.B. Wirbelsäulenvorschäden ist somit eine Reduktion der absoluten Schlagzahl und folgerichtig der physischen Belastung des Bewegungsapparats nicht möglich. Erst nach 3-tägigem Schulungskurs nach der Core-Balance-Methode waren die Schüler in der Lage, ihre Schlagtechnik zu beschreiben und ein entsprechendes mentales Training durchzuführen. Somit können auch bei zunächst primärer Annahme einer gesunden Bewegungsform beider Methoden (Ben-Hogan und Core Balance), nur durch die Core-Balance-Methode die physische Belastung des Bewegungsapparats und die Gefahr von Überlastungsschäden durch bessere Trainingsperiodisierung reduziert werden. Durch die in der Sportwissenschaft bekannten Vorteile des mentalen Bewegungstrainings kann – wie für andere Sportarten – erwartet werden, dass die Gefahr und Häufigkeit von Fehlschlägen – u.a. sogenannte fette Schläge in den Boden – reduziert wird und die Methode auch als Prävention von Akutverletzungen anzusehen ist.

Entsprechend den anatomischen Vorgaben der Lendenwirbelsäule mit in Sagittalrichtung positionierten Facettengelenken und somit nur begrenzter Fähigkeit der Seitneigung muss der Golfschlag in klassischer Technik als pathologisch angesehen werden, d.h. bei entsprechend häufiger Ausführung als schädlich. Beachtet man die zusätzlich hyperlordosierende Bewegungsausführung in der klassischen Ben-Hogan-Methode, muss bei repetitiver Ausführung langer Golfschläge, entsprechend unserem orthopädisch-sportmedizinischen Basiswissen um die Gefahr von Spondylolysen und -listhesen bei hyperlordosierenden Sportarten ein Folgeschaden für die Wirbelsäule erwartet werden – u.a. bei Ballett, Kunstturnen, Speerwerfen, Delphinschwimmen etc. [10].

Dieses Wissen findet sich letztlich heute sogar in guten Patientenratgebern [11], sodass es zumindest auch für Sportwissenschaftler, Fitnesstrainer etc. vorausgesetzt werden muss. Transferiert man das Wissen der Manualmedizin [12, 13], welche selbst zur sanften Mobilisierung einzelner Facettengelenke der Lendenwirbelsäule die nicht zu mobilisierenden Nachbargelenke durch Hyperlordose und Rotation verriegelt, wird klar, das eine Golfschwungbewegung, welche genau in solche Positionen hineingeführt wird (Abb. 5, 6 und 7), schädigend für die Wirbelsäule sein muss bzw. als schädigend erwartet werden kann. Daher war es den Autoren auch nicht möglich, ihre prospektive Studie als randomisierte Gruppenstudie anzulegen, da in Folge der vorgenannten Darlegungen bereits vorab in der Gruppe der Ben-Hogan-Methode eine höhere Zahl von Verletzungen zu erwarten wäre.

Unsere repräsentative Untersuchung zeigt auf, dass der klassische Golfschwung – im Gegensatz zu Core-Balance-Methode – statische und während der Rotation auch dynamische Becken-Schiefstände mit resultierenden Gelenkblockaden erzeugt. Diese werden in die Lendenwirbelsäule (LWS) fortgesetzt mit resultierenden pathologischen Torsions- und seitlichen Knickbelastungen. Heuberer [14] stellte fest, dass Körper-Gewichtsverlagerungen zu Druckverlagerungen bei der Ben-Hogan-Methode im Rückschwung-Finish die Beinmuskulatur und Hüftgelenke durch Kompressionsdruck temporär blockieren. Folglich rotiert die Schulter schnell und zieht das Becken schleppend nach. Ein großer X-Faktor-2 nach Drollinger von Fuß-, Becken- aber auch Schulterrotationsachsen entsteht. Das Becken hat nur die Chance, lateral auszuweichen. Somit entstehen laterale Scherkräfte des Beckens gegen die Lendenwirbel. Hierfür sind die Facettengelenke der Wirbelsäule und die Bandscheiben nicht konstruiert.

Daher kommt Heuberer zu der Schlussfolgerung, dass sich diese lateralen Scherkräfte schädigend auf die Wirbelsäule auswirken. Diese Bewertung von Heuberer deckt sich tendenziell mit den Beobachtungen von Kim et. al. [1]. Auch Fischer kommt, ebenso wie andere Autoren [2, 3], zu dem Schluss, dass die klassische Methode hohe Belastungen auf die Bandscheiben beim Golfschwung bewirken und hierdurch Verletzungen der Lendenwirbelsäule durch die Golfschwungbiomechanik verursacht werden. Diese Untersuchungen decken sich mit der Bewertung der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin, welche den herkömmlichen Golfschwung als „rückenschädlich” bewertet [8].

SEITE: 1 | 2 | 3 | 4 | 5