Übersichtsarbeiten - OUP 06/2019

Revision der inversen Schulterprothese (RSA)

Hani Eltair, Robert Hudek, Tina Jasper, Mohamed Aboalata, Frank Gohlke

Zusammenfassung:

Die häufigsten Ursachen für eine Revisionsoperation nach fehlgeschlagener iSTEP sind Instabilität, Infektion und eine Implantatlockerung. Revisionen von iSTEP gelten als technisch schwierige und anspruchsvolle Eingriffe, die ein hohes Maß an Erfahrung, sorgfältiger Vorbereitung und
Ausstattung mit speziellen Instrumentarien und Revisionssystemen verlangen. Mehrfache
Operationsschritte [6, 13] und die Verwendung von Sonderimplantaten sind nicht selten [13, 23]. Höhere Komplikations- und die Revisionsraten von 20–40 %, je nach individueller Ausgangslage und Erfahrung des Operateurs, werden in der Literatur berichtet. Dennoch kann eine Verbesserung zum Ausgangsbefund mit weitgehender Erhaltung der Schulterfunktion bei 90 % der Fälle erzielt werden [15].

Schlüsselwörter:
inverse Schulterprothese, iSTEP

Zitierweise:

Eltair H, Hudek R, Jasper T, Aboalata M, Gohlke F: Revision der inversen Schulterprothese (RSA). OUP 2019; 8: 323–328

DOI 10.3238/oup.2019.0323–0328

Summary: The most common cause of revisions performed after reverse shoulder arthroplasty (RSA) are
instability, infection and aseptic loosening of the components. Revisions of RSA are demanding and require a meticelous preoperative planning, special intrumentation and revision implants besides a surgeon who is very experienced in the field of revision shoulder arthroplasty. The failure and revision rate is still considerable high with 20–40 % reported in literature. However, in the majority of cases a reasonable improvement of function can be achieved in the majority of cases.

Keywords: reverse shoulder arthroplasty, RSA, iSTEP

Citation: Eltair H, Hudek R, Jasper T, Aboalata M, Gohlke F: Revision after reverse shoulder arthroplasty.
OUP 2019; 8: 323–328 DOI 10.3238/oup.2019.0323–0328

Für alle Autoren: Rhönklinikum Campus Bad Neustadt, Abteilung für Schulterchirurgie, Bad Neustadt an der Saale

Einleitung

Auch wenn die Komplikationsraten der inversen Schulterendoprothese (iSTEP) in den letzten Jahren in der Literatur deutlich abgenommen haben, ist doch bei insgesamt steigender Anzahl von Primärimplantationen mit einer deutlichen Zunahme zu rechnen [29], auch wenn neuere Langzeituntersuchungen in einem gemischten Gesamtkollektiv 3,6 % Infektionen, 3,2 % humerale, 2,7 % neurologische, 2,2 % Glenoid-Komplikationen, 2,3 % Luxationen und 1,8 % Scapula-Ermüdungsfrakturen feststellten. Die Komplikationen in dieser Serie waren bei primären Implantationen mit 11,5 % deutlich geringer als bei Wechseloperationen mit 35 % [27].

Zumstein et al. [29] berichteten in ihrer Metaanalyse eine Rate von 20 %, wobei sie als revisionspflichtige Komplikation ein intraoperatives oder postoperatives Ereignis definierten, das einen negativen Einfluss auf das Endergebnis der Patienten haben kann. Sie grenzten davon weniger schwerwiegende Probleme ab, die das Endergebnis wahrscheinlich nicht beeinträchtigten (z.B. Scapula-Notching, Hämatome, heterotrophe Ossifikation, Phlebitis, intraoperative Luxationen und intraoperativer Zementaustritt) und deshalb selten zu einer Revision führen.

Entsprechend der Vielfalt an Komplikationen sind daher auch prinzipiell unterschiedliche Kategorien von Revisionseingriffen zu unterscheiden:

Re-Operation, die Komponenten werden „in situ“ belassen

inkomplette bzw. partielle Wechseloperationen (Komponentenwechsel)

Konversion zu anatomischem oder bipolarem Design

komplette Wechseloperation (Austausch aller Komponenten)

vollständige Entfernung, Resektionsarthroplastik.

Generell ist jedoch festzuhalten, dass Komplikationen, die zu Revisionen führen, häufig in Kombination auftreten und in ihrem Zusammenwirken oft unterschätzt werden. Es kommt daher nicht selten vor, dass ein Patient mehrfach revidiert werden muss, da die Probleme nicht zu beseitigen waren (insbesondere bei Instabilität oder Infektionen), erneute Komplikationen aufgetreten sind oder die Ursache nicht vollständig erkannt oder fehlinterpretiert wurde [3].

Daher ist eine umfassende und sorgfältige Analyse aller Risikofaktoren, die alle diagnostischen Möglichkeiten ausschöpft, erforderlich, um eine genaue präoperative Planung zu ermöglichen. Diese ist für den Erfolg der Revisionsoperation ebenso wie langjährige Erfahrung mit der Implantation von inversen Schulterendoprothesen unerlässlich.

Die häufigsten
Komplikationen nach
inverser Schulter-TEP

In einer Analyse von 309 eigenen Wechseloperationen fanden wir in den Jahren 2010–2017 insgesamt 74 Wechseloperationen von iSTEP mit folgender Verteilung der Ursachen: Als häufigste Ursache fand sich mit 26 % eine Instabilität, bei 24 % eine chronische Infektion, bei 17 % eine Lockerung bzw. ein Ausbruch der Basisplatte, eine aseptische Schaftlockerung bei 12 %, eine periprothetische Fraktur bei 9 % und ein Scapula-Notching als Folge einer Fehlposition der Basisplatte bei 6 %. Diese Zahlen decken sich weitgehend mit den Erfahrungen von Boileau et al. [3] mit Revisionseingriffen von iSTEP.

Instabilität

Instabilität ist die häufigste Komplikation nach inverser Schulter-Totalendoprothese (iSTEP). Frühere Studien belegen eine Instabilität von 1,5–31 %. Bohsali et al. [2] fanden in einer Metaanalyse aller publizierten Fälle von 2006–2015 dagegen eine Instabilitätsrate von 5 % [2]. Die Luxation tritt typischerweise in eher entspannter Lage des Arms in einer Position von Adduktion, Extension und Innenrotation, oft unter leichter axialer leichter Gewichtsbelastung (z.B. Tragen einer Tasche) auf, seltener während der Physiotherapie unter Traktion oder versuchter Translation [9].

Als Risikofaktoren können Weichteilprobleme (Deltamuskelschäden, komplett fehlende Muskulatur der Rotatorenmanschette, N. axillaris- oder Plexusparese) oder „Hardware“-Probleme (unzureichende Rekonstruktion der Humeruslänge, zu kleine Komponenten, superiore Positionierung der Grundplatte, Glenoid-Medialisierung, Akromion- oder Spinafraktur, mechanisches Impingement) angesehen werden. Eine zu weit kraniale Position der Basisplatte in superiorer Inklination kann in Adduktion oder Rotation zu einem Aushebeln am Pfannenrand und damit auch zu einer Luxation führen [19].

Erkennung der Risikofaktoren und Therapieoptionen bei der Instabilität

Bei frühzeitiger Erkennung der Instabilität innerhalb von 3 Monaten nach der Operation, einem BMI > 30 kg/m2 , bekannter Subscapularis-Insuffizienz und nach multiplen Voroperationen kann die geschlossene Reposition versucht werden. Eine Ruhigstellung für ca. 4–6 Wochen in der Abduktionsorthese kann als Erstbehandlung nach Luxation, wenn auch selten, erfolgreich sein [10]. Die geschlossene Reposition allein soll im Durchschnitt 28 Monate nach der Reposition eine Erfolgsquote von 62 % aufweisen [24]. Meist ist jedoch schon einige Wochen nach der Primärimplantation bereits eine offene Reposition erforderlich. Eine sorgfältige präoperative Analyse der Röntgenserien im Verlauf oder sogar eine bilaterale Darstellung im CT mit Seitenvergleich der Armlänge sowie der Beurteilung der Position und Größe der Komponenten in der reformierten Schnittebene der Scapula ist oft hilfreich, um einen technischen Fehler zu erkennen. Leider ist auch unter Verwendung von Artefaktreduktion in der „Dual Energie“-CT-Technik eine genaue Beurteilung nicht immer möglich. Nach mehrfachen Rezidiven sinken die Chancen für eine erfolgreiche Behandlung, und es sollte eine Infektion ausgeschlossen werden [9]. Eine Erhöhung der Weichteilspannung kann durch Verlängerung des Arms durch höhere Inlays, metallische Aufbauten der Metaphyse oder einen Schaftwechsel erreicht werden.

Die Korrektion der glenoidalen Komponenten kann durch Wechsel auf eine größere, lateralisierte oder exzentrische Glenosphäre oder einen Wechsel der Basisplatte erreicht werden. Falls noch mobilisierbare Reste der Subscapularissehne vorhanden sind, sollten diese unbedingt refixiert werden. Edwards et al. [13] zeigten 0 % Luxation nach der Reparatur des Subscapularis, aber eine Instabilität von 9 % bei einem irreparablen Subscapularis.

Im Gegensatz haben Friedman et al. [14] retrospektiv 591 RSAs, allerdings mit lateralisiertem Design, überprüft und auch bei einer Gesamtinstabilitätsrate von 0,5 % keinen Unterschied zwischen Patienten festgestellt, die eine Refixation erhielten und solchen mit irreparablem Subscapularis. Hinsichtlich der Instabilitätsrate kann daher die Funktion des Subscapularis durch eine Veränderung des Designs (glenoidale Lateralisierung des Drehzentrums) kompensiert werden.

Infektion

Infektion ist die zweithäufigste Revisionsursache. Sie tritt am häufigsten nach mehrfach früheren Operationen auf (z.B. Osteosynthese, Instabilitätsoperationen, Rotatorenmanschetten-Rekonstruktion oder Versagen der anatomischen Prothesen), wobei das Risiko mit der Anzahl der Voroperationen steigt [4]. Die Infektionsrate ist bei der RSA höher als bei der anatomischen Schulterprothese, 2,9 % vs. 0,51 % [2]. In der Wechseloperationen ist diese Rate mit 5,8 % signifikant höher [29]. Der häufigste nachweisbare Keim ist daher wohl immer noch außer Low-grade-Keimen (Propionibacterium acnes, Staphylococcus epidermidis, Staphylococcus aureus [18].

Die Faktoren, die zu einer erhöhten Infektionsrate beitragen, sind häufige Voroperationen und Weichteilschäden [11], weshalb bei Revisionen grundsätzlich immer mit einer Überlagerung durch eine Low-grade-Infektion zu rechnen ist.

Während akute Infektionen (innerhalb von 3 Monate postoperativ) noch mit Debridement und PE-Komponente/Glenosphären-Austausch neben einer systemischen Antibiose behandelt werden können, ist bei chronischen Infektionen (nach 3 Monaten) meist die Entfernung der Implantate möglich. Die Resektionsarthroplastik sollte als Rettungsoperation möglichst nur bei sehr hohem OP-Risiko, auf Wunsch des Patienten, bei therapieresistenten Infektionen und nach Versagen aller anderen chirurgischen Maßnahmen im Zusammenhang mit einer angepassten Antibiotika-Therapie erfolgen. Das funktionelle Ergebnis bleibt in der Regel unbefriedigend [18].

Die Implantatentfernung bei der Wechseloperation birgt die Gefahr von periprothetischen Humerusfrakturen und Knochendefekten. Der einzeitige Wechsel führt zu besseren funktionellen Ergebnissen mit geringeren Morbiditätsraten, jedoch mit dem höheren Risiko einer erneuten Infektion. Jacquot et al. [18] kamen in einer multizentrischen Studie zu dem Schluss, dass ein einzeitiges Verfahren nur dann indiziert ist, wenn der Keim vorab bekannt ist. Der 2-zeitige Wechsel wird daher meistens bevorzugt, wobei nach der vollständigen Implantatentfernung und Debridement eine Keim-adaptierte antibiotikahaltige Interimsprothese, meist aus PMMA, eingebracht wird, um den resultierenden Totraum auszufüllen und eine lokale Antibiotikafreisetzung für 6–8 Wochen zu gewährleisten. Wir bevorzugen dieses Verfahren insbesondere bei Biofilm-bildenden Keimen oder wenn der Erreger unbekannt oder multiresistent ist [4].

Nervenschäden

Aktuelle Studien demonstrieren eine Gesamtquote von durchschnittlich 1,2 % nach RSA [2]. Diese Rate ist bei der inversen TEP höher als bei einer anatomischen Schulterendoprothese. Die meisten Läsionen des N. axillaris und des Plexus brachialis sind jedoch nur temporär, mit guter Rückbildungstendenz. Dauerhafte Läsionen entstehen meist durch eine brüske Überdehnung oder eine Design-bedingte, übermäßige Armverlängerung und Lateralisation, insbesondere bei Plattformsystemen, seltener bei dem klassischen Grammont-Design [22].

Ausgesprochen selten wird bei fehlender Rückbildungstendenz ein Wechsel der Implantate oder eine Nerventransplantation erwogen [7].

Intraoperative/postoperative periprothetische Frakturen

Frakturen können traumatisch (z.B. durch Sturz), als Folge einer Auslockerung des Schafts oder iatrogen bei versuchter Implantat-Extraktion auftreten. Die Behandlung hängt von assoziierten Komplikationen und dem Frakturtyp ab. Bei uns hat sich als Entscheidungshilfe die Verwendung der modifizierten Klassifikation von Wright und Cofield durch Worland (analog zur Vancouver-Klassifikation in der Hüftendoprothetik) bewährt. Es werden hier grundsätzlich 3 Haupttypen A, B und C entsprechend der Lokalisation bezogen auf den Schaft und dessen Festigkeit im Knochen berücksichtigt.

Bei ausgelockertem, instabilem Schaft stellen der Wechsel auf einen längeren Schaft mit distaler Verankerung und die gleichzeitige Osteosynthese mittels Kabeln und Cerclagen die Therapie der Wahl dar.

Bei stabilem Schaft hängt das Vorgehen von der Höhe (metaphysär/Mitte der Diaphyse/distales Drittel des Schaftes), dem Frakturtyp (ein oder mehrere Fragmente, quere oder lange Spiralfraktur) und dem vorliegenden Implantattyp ab. Grundsätzlich ist die intramedulläre Verankerung durch einen Revisionsschaft stabiler und leichter funktionell zu behandeln als eine Plattenosteosynthese. Letztere sollte daher bevorzugt nur bei Frakturen unterhalb der Prothesenspitze insbesondere im distalen Drittel des Humerus zum Einsatz kommen. Wenig verschobene Schräg- oder Spiralfrakturen können bei stabilem Implantat auch konservativ behandelt werden, wobei die Ruhigstellung meistens schwer durchführbar, für den Patienten belastend ist und lange dauert (in der Regel mindestens 3–4 Monate).

Ermüdungsbruch der
Spina scapulae

Die Prävalenz dieser Komplikation wird je nach Krankengut und Implantattyp auf 1–2 % geschätzt [2], wobei Plattformsysteme, die nicht dem Grammont-Design folgen, eine 3–4-mal höhere Rate verursachen [1]. Crosby et al. [12] veröffentlichten in ihrer Serie und Klassifizierung diese postoperative Komplikation mit einer 5,5%igen Rate. Klinisch manifestiert sie sich durch eine plötzlich auftretende, schmerzhafte Bewegungseinschränkung nach vorher regelhafter Rehabilitation. Häufig ist der Ermüdungsbruch der Spina scapulae erst in dem Röntgen-CT zu erkennen [12].

Wird die Stressfraktur gleich erkannt und durch die Ruhigstellung auf einer Abduktionsorthese konservativ behandelt, lässt sich häufig eine Ausheilung erreichen, wenn auch in leicht abgekippter Stellung und mit mäßigem Funktionsverlust. Versuche, diese Ermüdungsfrakturen durch Platten zu stabilisieren, sind aufgrund der biomechanisch ungünstigen Ausgangsbedingungen bei liegender iSTEP oft mit einem schlechten funktionellen Ergebnis und hohen Pseudarthrosenraten behaftet [26].

Lockerung der Basisplatte

Die aseptische Lockerung der Basisplatte einer RSA ist im Gegensatz zur anatomischen Endoprothese auch im Langzeitverlauf ein eher seltenes Ereignis mit 1,4 % [29]. Eine Low-grade-Infektion als Ursache einer vorzeitigen Implantatlockerung sollte daher möglichst ausgeschlossen werden.

Ein frühzeitiger Ausbruch der Basisplatte (innerhalb der ersten Wochen nach Implantation) lässt auf unzureichende Festigkeit der primären Verankerung schließen, sei es, dass weniger als 10 mm des zentralen Zapfens im nativen Knochen verankert waren oder das knöcherne Lager keine ausreichend stabile Fixierung erlaubte (Defekte, hochgradige Osteoporose).

Oft lässt sich als Ursache ein technischer Fehler identifizieren (z.B. vorzeitiges, progressives Notching als Folge einer zu kranialen Implantation der Basisplatte oder einer vermehrten superioren Inklination. Dieser Fehler kann ebenso wie eine zu starke Lateralisation zu übermäßigen Scherkräften und vorzeitiger Auslockerung führen [17]. In der Literatur werden daher 2 Gipfel des Implantatversagens beschrieben: Der erste bereits innerhalb der ersten Wochen und Monate nach Primärimplantation, der zweite im mittel- bis langfristigen Verlauf – gelegentlich auch im Langzeitverlauf durch ausgeprägten Polyethylen-Abrieb.

Wenn bei der Implantation ein Knochentransplantat (BIO-RSA oder Allograft) verwendet wurde, kann die Lockerung durch eine unzureichende Fixierung des zentralen Zapfens oder Schraube im nativen Knochenlager bedingt sein (Basisplatte mit zu kurzem zentralem Zapfen, der nicht die native Scapula erreicht) [17].

Bei Glenoidlockerung entsteht fast immer ein Knochendefekt, den wir je nach Lage und Schweregrad in 5 Stufen einer eigenen Klassifikation einteilen [15] und diese als Algorithmus und Richtlinie für eine erfolgversprechende Rekonstruktionstechnik verwenden: Dabei werden oberflächliche kavitäre von peripheren bzw. tief unter die ehemalige Gelenklinie reichenden Defekte unterschieden. Der Pfannenaufbau sollte ein- oder 2-zeitig durch strukturelle Transplantate aus dem Beckenkamm oder Allografts erfolgen und dem 3-Säulen-Prinzip folgen [16].

Bei verspäteter Diagnose ist mit erheblicher Zerstörung der knöchernen Substanz an der Gelenkpfanne zu rechnen, sodass häufig ein 2-zeitiger Wechsel mit Aufbau des Glenoiddefekts erforderlich wird. Dennoch konnten wir in der ersten Serie auch bei schweren Knochendefekten eine Erfolgsrate von über 90 % sowohl bei den einzeitigen als auch 2-zeitigen Rekonstruktionen beobachten [16].

Schaftlockerung

Untersuchungen von Melis et al. [21] haben als Folge des zu erwartenden PE-Abriebs eine definitive Lockerung und ein Einsinken der Schäfte 10 Jahre nach Implantation bei 8,8 % der Patienten beobachten können.

Neuere Langzeituntersuchungen einer multizentrischen Studie in Frankreich, bei der 1035 Schultern mehr als 5 Jahre verfolgt wurden, weisen auch auf eine Verlagerung des Problems der aseptischen Lockerung von der Pfanne auf den Schaft hin. In dem gesamten Material von n = 1957, mehr als 5,3 Jahre zurückliegenden Operationen fanden sich bei 16 % komplette Lysesäume am Schaft und eine Migration des Schaftes bei 1,3 %. Osteolysen der Tuberkula waren bei 60 % nachweisbar. Diese wurden als Folge des Stress-Shieldings und zunehmenden PE-Abriebs interpretiert.

Eine eigene Langzeitstudie [28] bei langstieligen, zementierten Revisionsschäften ergab sogar ein Einsinken der Schäfte bei 11 % nach durchschnittlich 7 Jahren.

Während der Schaftwechsel bei metaphysär verankerten iSTEP oder Kurzschäften auf Standardimplantate noch vergleichsweise einfach durchzuführen ist, wird der Wechsel mit zunehmender Schaftlänge und Größe der humeralen Knochendefekte schwieriger. Wir orientieren uns analog zum Glenoid an einer eigenen, bereits 2009 vorgestellten Klassifikation hinsichtlich des weiteren Procedere und der Erfolgsaussichten sowie der Implantatwahl (Länge des Revisionsschafts) und der Verwendung eines humeralen Allografts [15].

Überschreiten die humeralen Knochendefekte die Insertion des Deltamuskels nach distal, werden häufig zementfrei verankerte Sonderimplantate mit supracondylären Verriegelungsschrauben erforderlich [15]. Strukturelle tiefgefrorene Allografts aus einer lizensierten Organbank, die präoperativ mit einer Antibiotikalösung getränkt werden, reduzieren bei proximalen Knochendefekten über 5 cm Länge die Instabilitätsrate und führen zu einer besseren Funktion durch die verbesserte Anheilung der Weichteile. Chacon et al. [8] empfehlen daher die Rekonstruktion durch ein strukturelles Allograft, das entweder in der Telescoping- oder Step-cut-Technik an der Diaphyse fixiert wird. Der Revisionsschaft wird auch oft in das Allograft zementiert („composite allograft“) und durch Press-fit oder Zement weiter distal fixiert. Ein Ersatz des Defekts durch Knochenzement erscheint nur dann auszureichen, wenn der Humerusdefekt weniger als 5 cm beträgt.

Scapula-Notching

Scapula-Notching ist ein spezielles Problem bei STEP und die häufigste berichtete Komplikation nach iSTEP, wobei die klinische Bedeutung eines über die Jahre in den Röntgen-Kontrollen beobachteten stabilen Notchings-Grads 1–3 umstritten ist. Die Raten lagen in ersten Serien zwischen 44 % und 96 % [20, 23]. Moderne Implantate und eine modifizierte Operationsechnik haben diese Rate in den letzten Jahren auf 0–19 % gesenkt [5, 25].

In der ersten Generation der iSTEP zeigte sich bereits im mittelfristigen Nachuntersuchungszeitraum ein progressives inferiores Notching (Grad 3° und 4° nach Sirveaux) bis zu 50 %, seltener auch eine konsekutive frühzeitige Glenoidlockerung. Das inferiore Notching zeigte in der Analyse mittelfristiger Studien [20] zunächst keine signifikanten Auswirkungen auf das klinische Ergebnis. Aktuelle Daten beweisen jedoch im Langzeitverlauf einen signifikanten Einfluss auf Schmerz, Funktion und Lockerungsrate der Basisplatte durch Abrieb-bedingte Osteolysen.

Strategien zur Verbesserung dieses Scapula-Notchings beinhalten den Wechsel auf größere, exzentrische oder im Drehzentrum lateralisierte Glenosphären sowie eine Verkleinerung des Collum-Diaphysenwinkels auf 130–135° als zusätzliche Option bei modularen, humeralen Komponenten, obwohl mangels Verfügbarkeit der am Markt erhältlichen Austauschkomponenten dieses Vorgehen noch selten ausgeführt wird [25].

Interessenkonflikt:

Keine angegeben.

Literatur

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Korrespondenzadresse

Dr. med. Hani Eltair

Rhönklinikum Campus Bad Neustadt

Abteilung für Schulterchirurgie

Von-Guttenberg-Str. 11

97616 Bad Neustadt a.d. Saale

Hani.Eltair@campus-nes.de

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