Übersichtsarbeiten - OUP 03/2022

Therapie der manifesten Osteoporose

Betrachtet man den für eine Osteoporose relevanten Knochendichtewert, wird eine Knochendichte mit einem sog. T-Wert von ? –2,5 als Osteoporose bezeichnet. Werte zwischen T < –1,0 und T > –2,5 beschreibt man mit dem Wort Osteopenie. Allerdings treten in einigen Fällen auch Frakturen auf, obwohl die Knochendichtemessung keine Werte im Bereich einer Osteoporose ergibt [4].

Die Prävalenz der Osteoporose ist bei Frauen gegenüber Männern erhöht und nimmt mit dem Alter zu. Frauen im Alter von 50–60 Jahren haben eine Prävalenz von 15 %, bei Frauen um das 70. Lebensjahr steigt sie bis auf 45 %. Die Prävalenz bei Männern ist mit 2,4 bzw. 17 % wesentlich niedriger [5]. In Deutschland ereignen sich über 750.000 osteoporotische Frakturen jährlich. Auf der Basis des Lebenszeitrisikos, bezogen auf jegliche osteoporotischen Frakturen, droht jeder 3. Frau und jedem 5. Mann nach dem 50. Lebensjahr das Risiko einer Fragilitätsfraktur. Das Risiko für Hüftfrakturen nach dem 50. Lebensjahr beträgt 17 % bei Frauen und 10 % bei Männern [6]. In einer auf Krankenkassendaten beruhenden Untersuchung erlitten ca. 52 % der Patientinnen und Patienten über 50 Jahren mit einer Osteoporose innerhalb von 3 Jahren eine oder mehrere Frakturen [7]. Allerdings ist die Dunkelziffer von osteoporotischen Wirbelkörperfrakturen relativ hoch, da diese Frakturen klinisch stumm verlaufen können oder auch nur für einen begrenzten Zeitraum Schmerzen verursachen und somit keine weitere Diagnostik veranlasst wird. Gerade proximale Femurfrakturen, aber auch Wirbelkörperfrakturen führen zu einer erhöhten Morbidität und Mortalität. Nach einer proximalen Femurfaktur ist die Mortalität insbesondere im ersten Jahr stark erhöht [8]. Gleichzeitig verlieren viele der Patientinnen und Patienten die Selbständigkeit und müssen nach der Akutversorgung der Fraktur in einer Pflegeeinrichtung untergebracht werden. Die Schwierigkeiten in der Weiterversorgung der Osteoporose in diesen Fällen liegen auf der Hand.

An den genannten Daten ist zu erkennen, welche Bedeutung die Osteoporose bzw. osteoporotische Frakturen und eine entsprechende Diagnostik und rasche Therapieeinleitung hat.

Generelle Osteoporosepropyhlaxe und
Basismaßnahmen

Die Therapie der manifesten Osteoporose setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen. Die Grundlage für die weitere, vor allem auch spezifische medikamentöse Therapie, stellt die sogenannte Basistherapie dar. Diese besteht aus den Hauptkomponenten:

Körperliche Aktivität und Sturzvermeidung

Ernährung und Lebensstil

Medikamentenüberprüfung.

Ziel der körperlichen Aktivität und der Vermeidung von Stürzen, ist vor allem auch die Vermeidung der Immobilisation. Die Förderung von Muskelkraft und Koordination ist eine zentrale Aufgabe um Patientinnen und Patienten zu befähigen, in ihrem Alltag möglichst mobil zu bleiben. Außerdem hat die körperliche Betätigung einen Einfluss auf den Knochenstoffwechsel und kann zu einem Erhalt, ggf. auch zu einer Zunahme der Knochendichte führen. Die Abklärung von Sturzrisiken, basierend auf einer Sturzanamnese wird aber der 8. Lebensdekade empfohlen. Wird bei der Ermittlung der Sturzrisiken ein erhöhtes Risiko festgestellt, ist es ein Ziel der Betreuung der Patientinnen und Patienten, vermeidbare Ursachen zu beseitigen oder zu reduzieren [9].

Bei älteren Patientinnen und Patienten, die in einer Pflegeeinrichtung untergebracht sind, können auch Hüftprotektoren angeboten werden, wobei hier insbesondere auch auf die Passform zu achten ist.

Hinsichtlich der Ernährung sollte auf eine ausreichende Zufuhr von Calcium und Vitamin D geachtet werden. Die bisherige Empfehlung einer täglichen Gesamtzufuhr von 1000 mg Calcium ist unverändert aktuell. Die Einnahme von Calciumsupplementen wird nur empfohlen, wenn die Zufuhr über die Ernährung zu gering ist. Im Rahmen der Therapie sollte die Aufnahme der genannten Menge sichergestellt werden, sodass in diesem Zusammenhang die Einnahme von Supplementen nochmals genauer zu betrachten ist. Eine isolierte Aufnahme von Vitamin D3 ohne die tägliche ausreichende Menge an Calcium wird nicht empfohlen. Die Menge von 800 IE als tägliche Dosis sollte gerade auch bei hohem Sturz- und Frakturrisiko und geringer Sonnenlichtexposition zusätzlich oral eingenommen werden. Im Einzelfall bestehende Kontraindikationen sind entsprechend zu berücksichtigen.

Auch Nikotin hat einen Einfluss auf das Sturzrisiko und sollte daher vermieden werden.

Die Überprüfung der Medikation und der Einnahme von Fraktur-begünstigenden Medikamenten wie z.B. Antidepressiva, Antiepileptika und anderen, sollte ggfs. auch in Rücksprache mit anderen Fachdisziplinen, der Hausärztin oder dem Hausarzt und anderen behandelnden Ärztinnen und Ärzten erfolgen.

Die genannten Maßnahmen entsprechen den generellen Empfehlungen für eine Osteoporose- und Frakturprophylaxe und können daher auch für den Bereich der Prävention eingesetzt werden.

Indikationsstellung
zur spezifischen
medikamentösen Therapie

Neben den geschilderten generellen Empfehlungen wird bei einem erhöhten Frakturrisiko, spätestens jedoch mit dem Auftreten der ersten osteoporotischen Fraktur, eine spezifische medikamentöse Therapie empfohlen.

Die Indikation zur spezifischen medikamentösen Therapie ergibt sich entsprechend der DVO-Leitlinie ab einem 10-Jahres-Frakturrisiko von > 30 %. Daher stellt sich die Frage, wie diese Schwelle ermittelt wird und welche Besonderheiten bei einer bereits vorhandenen osteoporotischen Fraktur bestehen.

Für die Ermittlung des Frakturrisikos ist neben dem Alter und dem Geschlecht der Patientin oder des Patienten die Knochendichte wichtig. Die Indikation zur Knochendichtemessung ergibt sich, wie die im Weiteren geschilderte Indikation zur medikamentösen Therapie, durch die Grundrisiken Alter und Geschlecht und die später noch relevanten Risikofaktoren.

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