Übersichtsarbeiten - OUP 02/2018

Benigne Knochentumoren

Axel Hillmann1, Frederik von Kunow1, Thomas Gösling2

Zusammenfassung: Gutartige Tumoren des Skelett- und Bewegungsapparats sind sehr viel häufiger als bösartige. Sie werden oft per Zufall entdeckt. Gutartigkeit bedeutet aber nicht per se, dass sie nicht behandelt werden müssen, denn je nach Lokalisation und biologischer Aktivität können sie ein Gefahrenpotenzial beinhalten. Auf der anderen Seite werden nach unserer Ansicht zu viele Operationen, Therapien und Nachkontrollen von gutartigen Knochentumoren durch unerfahrene Ärzte durchgeführt, die nicht nur für den Patienten eine hohe Belastung darstellen können, sondern auch zu einem unnötigen Anstieg der Kosten für die Krankenkassen führen können.

Fragestellung: Es werden Richtlinien für die Diagnostik und charakteristische Merkmale einzelner Entitäten gutartiger Knochentumoren und tumorähnlicher Knochenläsionen dargestellt.

Material und Methoden: Die Unterscheidung zwischen latentem Tumor, aktivem Tumor oder aggressiven Tumor wird hervorgehoben. Die sich daraus ergebenden Behandlungsrichtlinien werden dargestellt und teilweise mit der Literatur verglichen. Die Wichtigkeit und Notwendigkeit der Analyse der nativen Röntgenaufnahme und auch der Schnittbildverfahren werden erklärt.

Zusammenfassung: Die Behandlung gutartiger Knochentumoren und die Intensität von klinischen und radiologischen Nachkontrollen ist anhand des Aktivitätsgrads der gutartigen Knochenläsionen auszurichten. Einige der Läsionen sollten nur gelegentlich, andere überhaupt nicht nachkontrolliert werden und bei einigen ist aufgrund der Metastasierungsfähigkeit auch eine Nachsorge und Kontrolle anderer Körperabschnitte wie zum Beispiel der Lunge erforderlich. Der überwiegende Anteil der gutartigen Knochentumoren wird aber nur zufällig entdeckt und benötigt keine Therapie.

Schlüsselwörter: gutartige Knochentumoren, tumorähnliche Knochenläsionen, Diagnostik, Therapie

Zitierweise
Hillmann A, von Kunow F, Gösling T: Benigne Knochentumoren.
OUP 2018; 7: 073–082 DOI 10.3238/oup.2018.0073–0082

Summary: The incidence of benign bone tumors is much higher than of high malignant tumors.

Objectives: The article shows an overview of the characteristics of benign bone tumors. The radiological aspect will be presented and the treatment modalities will be explained.

Material and methods: The difference between latent, active and aggressive tumors determines therapy and control algorithms. The principles of our treatment and an overview of the literature will be given.

Results: Because of clinical asymptomatics benign bone tumors are frequently found incidentally. In rare cases pathological fracture in giant cell tumor or a soft tissue component of an aneurysmal bone cyst leads to the diagnosis. In some entities metastasis of the lung can occur, especially in aggressive tumors like GCT or chondroblastomas. The radiological aspect is often very typical and a conventional radiograph is indispensable. Sometimes an additional MRI oder CT-scan can make typical structures of the tumor visible. Therapy options range from ignore (leave me alone lesions) to aggressive curettage and adjuvant treatment.

Conclusion: The diagnosis of benign bone tumors includes not always a treatment of the lesion. If there are no clinical findings like pain and the lesion is detected incidentally, a surgical intervention can be avoided. But if the radiological findings are aggressive even a benign lesion can transform into a high grade malignant bone tumor.

Keywords: benign bone tumors, tumor-like lesions,
diagnosis, therapy

Citation
Hillmann A, von Kunow F, Gösling T: Benign bone tumors.
OUP 2018; 7: 073–082 DOI 10.3238/oup.2018.0073–0082

Der Begriff benigne Knochentumoren mutet zunächst harmlos an. In der täglichen Praxis allerdings stellt uns ein gutartiger Knochentumor nicht selten vor Probleme:

Den Patienten, bei dem dies nicht selten als Zufallsbefund entdeckt wird. Kann er sich darauf verlassen, dass dieser gutartige Prozess auch gutartig bleibt?

Den Hausarzt: Muss ich den Befund kontrollieren, wenn ja, wann und wie oft?

Den Radiologen: Sind die Kriterien tatsächlich gutartig oder rate ich vorsichtshalber mal zur Probebiopsie?

Den Orthopäden/Unfallchirurgen: Kann bei dem Patienten ggf. auch eine Frakturgefahr bestehen? Ist es eine „Don’t touch me Läsion“ oder ist eventuell eine operative Intervention erforderlich trotz Gutartigkeit?

Und letztlich auch die Krankenkasse: Die Seltenheit und der Umgang mit diesen Läsionen des muskuloskelettalen Systems führt sehr oft zu einer Übertherapie und zu einer Überkontrolle, die Kosten verursacht und unter Umständen dem Patienten schadet – genau wie ein Nicht-Erkennen oder eine Fehldiagnose eines solchen Prozesses auch bei verspätet einsetzender Therapie die Kosten in die Höhe treibt. Aber viel wichtiger ist es, dass bei einer Fehlbeurteilung einer aggressiven, wenn auch gutartigen Läsion das Ausmaß der späteren Therapie enorm ausgedehnt werden kann, was bei frühzeitiger und richtiger Diagnostik und Therapie hätte vermieden werden können.

Gutartige Knochentumoren machen nach vorsichtigen Schätzungen etwa 40 % aller Tumoren des Skelett- und Bewegungsapparats aus [4], allerdings ist in der Literatur einerseits die Zuordnung der einzelnen Läsionen nicht klar und einheitlich. So werden oft die sogenannten „tumor-like lesions“ nicht eingeschlossen, und mit diesen Läsionen ist die Zahl sicher sehr viel höher, und andererseits sind gutartige Knochentumoren ja sehr oft ein Zufallsbefund, sodass die Gesamtinzidenz bei fehlenden Screening-Verfahren sicher sehr viel höher anzusiedeln ist.

Eine sinnvolle Einordnung der benignen Knochentumoren scheint die Einteilung der WHO zu sein. Nicht die allgemein für gutartig stehende Überlebensprognose sollte den Begriff der Gutartigkeit ausmachen, sondern das biologische Verhalten des tumorösen Prozesses: Ist der Tumor stumm und stabil? Ist er ein reiner Zufallsbefund, zum Beispiel weil er sich in der Nähe einer klinisch symptomatischen Gelenk-Pathologie befindet, die aber völlig unabhängig von dem Tumor ist? Ist der Prozess lokal aggressiv oder intermediär, und besteht damit eine Frakturgefahr des befallenen Knochens? Ist bei weiterhin bestehender biologischer oder osteolytischer Aktivität sogar ein Gelenk gefährdet? Kann er metastasieren? Die beiden letztgenannten Verhaltensweisen umschreibt die WHO mit „intermediär, lokal aggressiv“ und „intermediär, selten metastasierend“ [9]. Auch die Einteilung nach seiner histologischen Unterscheidbarkeit und seiner Ursprungszelle macht sehr viel Sinn, denn die Ableitung, ob eine Behandlungsnotwendigkeit besteht, ergibt sich in allererster Linie aus dem biologischen Verhalten des Tumors. Wächst er? Destruiert er? Metastasiert er? Führt er zu Schmerzen oder Symptomen?

Zu diesen Fragestellungen hilft uns die Kenntnis der Histologie entscheidend, aber auch die radiologischen Kriterien können in vielen Fällen Hilfestellungen geben. Die Einteilung nach der Lodwick-Klassifikation erlaubt die Beurteilung der Dignität und des Wachstumsmusters von intraossären Tumoren und liefert somit entscheidende Hinweise auf die Entität des Tumors [8].

Bereits daraus ergibt sich, dass der initialen Röntgenaufnahme eine entscheidende Bedeutung zukommt. Auf die weitere notwendige Diagnostik soll im Folgenden noch eingegangen werden.

Ätiologie

Die Ätiologie der meisten benignen Knochentumoren ist nicht bekannt. In einigen knorpelbildenden – gutartigen wie auch bösartigen – Tumoren finden sich Mutationen von IDH1 und IDH2 und die Heterogenität dieser Tumoren scheint in einer unterschiedlichen Differenzierung einer multipotenten Stammzelle während der fetalen-adulten Reifung zu liegen [15]. Beim Riesenzelltumor versucht man, eine Korrelation zwischen der metastatischen und der nicht-metastatischen Form des Tumors aufgrund eines signifikant niedrigeren Levels von miR-136 zu bestätigen [14]. Auch die Expression verschiedener Gene (wie z.B. NFBI) in Verbindung mit niedrigen Levels von miR-136 scheint einen Zusammenhang zur Metastasierungsrate dieses Tumors zu haben [14]. Möglicherweise kann auch ein Vitamin-D-Mangel eine Verbindung zu der Entstehung von Knochentumoren haben. Benigne Knochentumoren und tumor-ähnliche Läsionen scheinen da aber im Vergleich zu bösartigen weniger oft betroffen zu sein [10].

Bei der hereditären multiplen Exostosenerkrankung zeigen Patienten mit EXT1-Mutationen ein phänotypisch schwereres klinisches Krankheitsbild als Patienten mit EXT2-Mutationen [11].

Insgesamt werden gerade auf dem molekularbiologischen Forschungsgebiet mehr und mehr Erkenntnisse auf diesem Gebiet erforscht, die Aufschlüsse zur Ätiologie der gutartigen Tumoren liefern.

Klassifikation

Ob ein gutartiger Knochentumor überhaupt behandelt werden muss, hängt im Wesentlichen von seiner Klassifikation ab; die WHO hat hier entscheidende Richtlinien vorgegeben, die eine Entscheidung zum therapeutischen Vorgehen leichter machen, sie betreffen im Wesentlichen das biologische Verhalten in benigne, intermediär (lokal aggressiv) und intermediär (selten metastasierend). Ein weiteres Unterscheidungskriterium laut WHO ist die Unterscheidung in das Ursprungsgewebe und in die Tumormatrix. Das Ursprungsgewebe kann danach osteogener, chondrogener, osteoklastärer-riesenzellhaltiger oder fibriohistiozytärer oder vaskulärer Natur sein [9]. Für Orthopäden/Unfallchirurgen ist aber auch die Enneking-Einteilung nach wie vor eine gute Hilfe zur Abschätzung von Therapie und Prognose. Enneking bezieht immer das klinische und radiologische Verhalten des Tumors in diese Klassifikation ein und unterteilt demnach in 3 Kategorien: 1. latent, 2. aktiv und 3. aggressiv [6, 7].

Latente Knochentumoren zeigen im Verlauf kaum ein Wachstum, sind oft selbstlimitierend und bilden radiologisch nicht selten eine Sklerosierungsmembran als Abgrenzung gegenüber dem gesunden, nicht befallenen Knochen. Sie sind in der Regel asymptomatisch und fallen oft als Zufallsbefund auf. Da sie nicht selten auch eine spontane, wenn auch sehr langsame Rückbildung zeigen, fallen sie unter die sogenannten „leave me alone lesions“, also Läsionen, die nicht einmal biopsiert werden sollten.

Aktive Tumoren dagegen wachsen kontinuierlich. Der randständige Knochen wird resorbiert, was sich radiologisch in einer Erosion der Corticalis und eine Ausbildung einer oft sehr dünnen Grenzlamelle zeigt. Durch den Knochenabbau auf der einen Seite und der Neubildung des randständigen Knochens entsteht eine Größenzunahme der Läsion in Form einer Expansion des Knochens. Da sie Schmerzen verursachen und somit auch einer weitergehenden Therapie bedürfen, ist eine Biopsie in aller Regel unumgänglich. Ein selbstlimitierender Verlauf ist möglich, aber eher sehr selten.

Die dritte Form in der Klassifikation von Enneking ist die aggressive Form der Knochentumoren. Diese Tumoren nehmen rasch an Größe zu, machen klinisch oft ausgeprägte Symptome, da sie das sensibel innervierte Periost durchbrechen können und auch bisweilen eine Weichteilkomponente ausbilden oder gar in ein Gelenk einbrechen können und damit eine intraartikuläre Fraktur erzeugen, die oft nur schwer behandelbar ist. Aneurysmatische Knochenzysten können sowohl dem latenten, dem aktiven wie auch dem aggressiven Stadium zugeordnet werden. Bei der aggressiven Form der aneurysmatischen Knochenzyste kann bisweilen auch ein maligner Prozess wie ein teleangiektatisches Osteosarkom vergesellschaftet sein.

Diese Einteilung zeigt bereits, dass dem radiologischen Bild, in erster Linie dem nativen Röntgenbild, eine entscheidende Rolle zukommt. Die alte These, keinen Knochentumor hinsichtlich Dignität und Entität ohne Vorliegen eines nativen Röntgenbilds beurteilen zu wollen, hat trotz hochentwickelter hochauflösender Schnittbildverfahren in der Radiologie immer noch ihre absolut zentrale Bedeutung. So ist das native Röntgenbild Voraussetzung für die Probebiopsie und der erfahrene Pathologe wird immer auch zu dem bioptisch gewonnenen Knochenmaterial ein natives Röntgenbild fordern, am besten noch mit der sichtbaren bioptisch platzierten Curette oder Rangeur. Dies gibt ihm Auskunft, aus welchem Areal der aggressiven oder aktiven Läsion der Operateur das Material gewonnen hat (Tab. 1).

Radiologie

Für die radiologische Diagnostik stehen neben den nativradiologischen Röntgenaufnahmen (üblicherweise in 2 Ebenen) die Computertomografie, die Magnetresistografie und die Skelettszintigrafie zur Verfügung.

Das klassische Röntgenbild ist zur Beurteilung des Wachstums der Läsion unabdingbar und an den Anfang der bildgebenden Diagnostik zu setzen. Nur in Skelettregionen, zum Beispiel im Bereich des Beckens, der Schulter, des Thorax und der Wirbelsäule, sind aufgrund von möglichen Überlagerungsphänomen computertomografische Untersuchungen initial für die Detektion von Knochentumoren sinnvoll. Die nativradiologische Beurteilung der Aggressivität einer Knochenläsion im Bereich der Röhrenknochen ist aber bei gutartigen Tumoren oft ausreichend, um die Frage zu klären, ob eine Probebiopsie sinnvoll ist oder nicht. Mit den zusätzlichen Parametern wie Lokalisation (Röhrenknochen, peripher oder zentral, epiphysär, metaphysär, diaphysär, Alter des Patienten, Geschlecht, ggf. Begleiterkrankungen) kann bei erfahrenen Radiologen in etwa 80 % der Fälle die richtige Diagnose gestellt werden [8]. Bei der alleinigen Beurteilung der Wachstumsgeschwindigkeit ist die richtige Beurteilung der Läsion noch höher; daran kann der erfahrene Radiologe oder der Tumororthopäde bereits die Frage beantworten, ob es sinnvoll ist, noch weitere der oben genannten Verfahren wie MRT oder CT einzusetzen. Die Skelettszintigrafie ist auf Grund der geringen Spezifität nur sinnvoll bei der Fragestellung von Metastasen und kommt bei gutartigen Knochentumoren somit nur sehr selten in Betracht.

Die radiologische Klassifikation gut- wie bösartiger Knochentumoren wird üblicherweise nach der Einteilung von Lodwick vorgenommen [12]. Im Rahmen eines Knochentumors kommt es zu einem nicht ausgewogenen Spiel osteoklastärer und osteoblastärer Reaktionen. Dieses Destruktionsmuster lässt sich nach Lodwick in 3 Grade einteilen:

  • · Grad I: rein geografische oder umschriebene Knochendestruktion, entsprechend einer langsamen Wachstumsgeschwindigkeit
  • · Grad II: geografische Knochendestruktion mit einer mottenfraßartigen/permeativen Komponente, die eine intermediäre bis hohe Wachstumsgeschwindigkeit widerspiegelt
  • · Grad III: rein mottenfraßartige/permeative Komponente ohne geografische Begrenzung als Zeichen einer sehr hohen Wachstumsgeschwindigkeit.

Der Grad I, der für die allermeisten gutartigen Knochentumoren in Frage kommt, wird nach Lodwick noch in a-c unterteilt (Abb. 1):

  • · Grad IA: immer scharfer und sklerotischer Rand
  • · Grad IB: Knochenauftreibung > 1 cm und/oder kein sklerotischer Rand
  • · Grad IC: immer totale Kompaktapenetration.

Die Magnetresonanztomografie ist zur Beurteilung der Ausdehnung eines aktiven oder aggressiven Prozesses das Schnittbildverfahren der ersten Wahl. Die Lagebeziehung zu Gefäß- oder Nervenstrukturen, die intraossäre Ausdehnung, ggf. vorhandene Umgebungsreaktionen auch bei gutartigen oder semimalignen Knochentumoren (wie z.B. des Riesenzelltumors) lassen sich mit heutigen hochauflösenden Geräten hervorragend darstellen und geben dem Operateur eine maximale Information über die anatomischen Verhältnisse bei einer geplanten Operation. Auch die Unterscheidung des Tumorgewebes bei sogenannten mixed lesions gelingt nur mit der MRT. So kann bei Nichtbeachtung unterschiedlicher Signalintensitäten innerhalb einer Läsion eine Probebiopsie ein falsch-negatives Ergebnis liefern, wenn sie nur durch den gutartigen Anteil des Knochentumors erfolgt ist. Bei genauem präoperativem Studium sämtlicher Wichtungen der MRT sollte das Risiko eines solchen für den Patienten fatalen Fehlers sehr klein gehalten werden.

Die Beurteilung der Knorpelkappendicke bei Osteochondromen zur Unterscheidung zu einem Chondrosarkom ist möglich, aber die in der Literatur angegebene Dicke ist nur ein Aspekt, der erstens in den letzten Jahrzehnten immer wieder geschwankt hat (zunächst 1 cm als Malignitätskriterium, zuletzt 2 cm), und zum zweiten nicht den Gesamtaspekt eines Borderline-Chondrosarkoms berücksichtigt. Bei osteochondralen Läsionen, die stammnah, also im Bereich des Beckens lokalisiert sind und eher an einen Blumenkohl erinnern als an einen glatt begrenzten Tumor mit Signalatypien innerhalb der Läsion, sollte nicht zu viel Wert auf die Bemessung der Knorpelkappendicke gelegt werden, denn diese makromorphologischen Kriterien können auch ein Hinweis auf Malignität sein (Abb. 2a-c).

Die Computertomografie ist in den letzten Jahren hinsichtlich ihrer Frage zur Tumorausdehnung immer weiter zurückgegangen. Das Scalopping bei Enchondromen kann mit der CT sehr gut beantwortet werden, ebenfalls der Durchbruch der Corticalis bei einem knochendestruktiven Tumor. Auch die Tumormatrix lässt sich mit der CT besser beantworten als mit der MRT, ebenfalls die Detektion eines Osteoidosteoms. Auch lässt sich die Comutertomografie hervorragend nutzen, wenn ein Osteoidosteom CT-gesteuert thermokoaguliert werden soll (Abb. 3). Eine Routinediagnostik insbesondere bei sehr jungen Patienten sollte aber auch auf Grund der relativ hohen Strahlenbelastung auf keinen Fall zum Einsatz kommen, insbesondere wenn auf Grund der Fragestellung eine MRT-Untersuchung bessere Informationen geben kann.

Der Einsatz der Positronen-Emissions-Tomografie und das PET-CT sind in einigen Kliniken auf dem Vormarsch und werden mehr und mehr in der Diagnostik von Knochen- und Weichteiltumoren eingesetzt. Sicher ist die Möglichkeit bei Malignitätsverdacht und bei der Suche nach Metastasen durch die Quantifizierung der 2’-Fluoro-Desoxyglucose (FDG) gegeben, aufgrund der hohen Sensitivität ist sie aber in der Diagnostik von gutartigen Knochentumoren derzeit noch ohne ausreichend valide Ergebnisse und sollte aus diesem Grunde nicht routinemäßig zum Einsatz kommen. Ob sie in der Rezidivdiagnostik auch bei aggressiven und rezidivträchtigen gutartigen Knochentumoren in den kommenden Jahren einen entsprechenden Stellenwert bekommen kann, bleibt abzuwarten.

Klinische Symptome

Gutartige Knochentumoren werden zumeist als Zufallsbefund entdeckt. Bei selbstlimitierenden Läsionen, z.B. dem nicht ossifizierenden Knochenfibrom, muss eine sehr viel höhere Inzidenz angenommen werden, da das langsame Wachstum in aller Regel überhaupt keine Symptome macht und sich deswegen einer Diagnostik üblicherweise entzieht. Bei zufälliger Entdeckung sollten diese asymptomatischen Tumoren oder Läsionen, wie ihr Name Leave-me-alone-Läsion sagt, weder therapiert noch übermäßig überdiagnostiziert werden. Der Einsatz der MRT oder des strahlenintensiven Computertomogramms verbietet sich hier, allenfalls kann bei leichtgradiger Symptomatik in einem Abstand von Monaten eine Kontrolle mittels nativem Röntgenbild indiziert sein.

Bei biologisch aktiven oder gar bei aggressiven Knochentumoren entstehen Schmerzen auch erst üblicherweise dann, wenn der Tumor sich bereits in einem größeren Zustand befindet, d.h. in einem späteren Wachstumstadium. Ein Trauma, welches oft von Eltern oder den Betroffenen fälschlicherweise als Auslöser angesehen wird, ist oft als mechanisches Moment der erste Hinweis auf die Läsion und führt dann zu weiterer Diagnostik. Oft wird aber bei genauer Anamneseerhebung von den Patienten zu diesem späten Zeitpunkt ein geringer Schmerz schon seit vielen Monaten bis Jahre zuvor erinnert. Der Grund der Schmerzen ist nicht immer eindeutig ersichtlich, zumeist kann aber angenommen werden, dass durch das angeschuldigte Trauma die Belastbarkeit der Läsion überschritten wurde (Instabilitätsschmerz bei Kortikalisarrosion oder -destruktion), dass ein Periostdehnungsschmerz entsteht (bei Lodwick 1B- oder 1C-Läsion) oder dass bei schnellerem Wachstum der Schmerz als sogenannter Tumorwachstumsschmerz entstehen kann.

Osteochondrome können z.B. bei gelenknaher Lage in Höhe des Pes anserinus bei jeder Flexions-/Extensionsbewegung des Kniegelenks zu einem hörbaren Schnalzen oder auch zu Beschwerden führen, im Bereich des medialen Humerus sind manchmal erste neurologische Störungen der Hände oder der Finger ein erstes Symptom, das zur Detektion der chondrogenen Knochenneubildung führt.

Enchondrome, die die Kortikalis arrodieren und ein sogenanntes Scalopping (innere Ausmuldung der Corticalis) aufweisen und damit bereits ein Borderline-Stadium zum Grad-I-Chondrosarkom erreichen, können Schmerzen aufweisen, ebenfalls Chondroblastome oder aber Riesenzelltumore, die üblicherweise epiphysär lokalisiert sind und somit eine hohe Inzidenz der Kniegelenkinfiltration besitzen. Nicht selten wird ein Riesenzelltumor erstmals entdeckt, wenn er bereits eine Fraktur der kortikochondralen Lamelle einer Kniegelenkkondyle verursacht hat.

Eine rasche, mehr oder minder kontinuierliche Schmerzzunahme, ggf. sogar verbunden mit einer lokalen Schwellung, muss aber immer zuerst an einen malignen Knochenprozess denken lassen und somit eine rasche weitergehende Bildgebung bis hin zur Probebiopsie auslösen. Erst wenn die Radiologie, der Operateur der Biopsie und der Pathol oge ein kongruentes Ergebnis erzielen, kann die Diagnose eines gut- oder bösartigen Knochentumors gestellt werden. Um ein für den Patienten höchstmögliches sicheres Ergebnis zu erzielen, gibt es in Deutschland, Österreich, der Schweiz und einigen anderen Ländern Knochenreferenzzentren zur Beurteilung dieser nicht immer ganz einfachen knöchernen Läsionen.

Entitäten

Tumorartige Läsionen –
Leave-me-alone-Läsionen

Das nicht ossifizierende Knochenfibrom (NOF) ist sicher die häufigste tumorähnliche Läsion, die aber nicht zu den eigentlichen Knochentumoren zählt. Gleichzeitig ist das NOF aber auch die Läsion, die am häufigsten einen Zufallsbefund darstellt. Vielfach werden Patienten mit der Bitte um eine Probebiopsie in einer auf Knochentumoren spezialisierten Klinik vorgestellt, obwohl dieser Prozess eigentlich eine nativradiologische Blickdiagnose sein sollte (Abb. 4). Das NOF besteht aus einer exzentrischen, lytisch expandierenden Läsion in der Metaphyse langer Röhrenknochen. Die Ätiologie ist unklar, diskutiert wird eine Einblutung nach einer Verletzung im Bereich von Muskelansätzen [13]. Klinisch ist das NOF in aller Regel stumm, und auch die Gefahr einer Fraktur ist außerordentlich gering, wenn mehr als ein Drittel der Zirkumferenz der Corticalis von der Läsion erfasst ist. Lediglich das Stadium B nach Ritschl [16] mit einer variablen Distanz der Läsion zur Wachstumsfuge und dünnen sklerotischen Begrenzungen mag eine gewisse Disposition für eine mögliche Fraktur sein; die Seltenheit von Frakturen und der fehlende Zusammenhang zu inadäquaten Traumata aus dem eigenen Patientengut über viele Jahre macht eine tatsächliche Gefahr aber eher sehr unwahrscheinlich. Deswegen sollte die operative Intervention eines NOF sowohl zur Probebiopsie als auch zur Stabilisierungsoperation einer echten Ausnahmesituation vorbehalten werden. In aller Regel beobachtet man bis zum Wachstumsabschluss eine zunehmende knöcherne Konsolidierung dieser selbstlimitierenden Knochenläsion.

Benigne zystische
Knochenläsionen

Solitäre Knochenzyste –
aneurysmatische Knochenzyste

Auch zystische Läsionen des Knochens führen nicht selten zu Verunsicherungen des auf dem Gebiet der Knochenläsionen nicht erfahrenen Kollegen. Ähnlich wie beim NOF ist auch hier das Nativröntgenbild in 2 Ebenen oft schon sehr informativ und es bedarf in aller Regel keiner weiteren Schnittbildgebung, insbesondere einer CT Untersuchung. Die solitäre Knochenzyste bildet das klassische Bild einer Lodwick-1A-Läsion: eine geografische Osteolyse mit sklerotischem Randsaum. Die solitäre oder juvenile Knochenzyste wird oft als einkammerig beschrieben, aber selbst bei radiologisch nachweisbarer sklerotischer Lamelle, die eine Doppel- oder Mehrkammerigkeit zeigen könnte, ist eine solitäre Zyste damit nicht ausgeschlossen, denn diese Knochenverdichtungen sind oft nur sklerotische Leisten oder Septen innerhalb der Läsion. Prädilektionsstellen sind das proximale Femur (25 %) – hier ist die Diagnose einer zystischen Läsion auch oft mit einer Frakturgefahr assoziiert – und der proximale Humerus (50–70 %, Abb. 5). Aber auch andere Knochen wie Becken oder Scapula können eine solitäre Zyste ausbilden. Die Calcaneuszyste wird üblicherweise nicht den solitären Knochenzysten zugerechnet, sondern stellt eine eigene Entität dar. Die Ätiologie der solitären Knochenzysten ist nach wie vor unklar. Es werden in der Zystenflüssigkeit zwar offensichtlich vermehrt Osteoklasten gefunden, aber die Rolle der Osteoblasten ist nach wie vor ungeklärt. Enzyme wie IL und PGE-2 sprechen für eine reduzierte Osteoblastenaktivität und für die dadurch resultierende Osteolyse. Ob eine intracavitäre Druckerhöhung tatsächlich mitursächlich ist, konnte bisher nicht bewiesen werden.

Klinisch ist die solitäre Knochenzyste oft lange stumm und nicht selten wird die Diagnose erstmals durch eine pathologische Fraktur erkannt. Dabei hat dann die Zyste oft schon einen Durchmesser von mehreren Zentimetern, was zeigt, wie lange sie klinisch absolut asymptomatisch ist. Ist die Zyste klein und per Zufall entdeckt worden und befindet sie sich initial in der Nähe der Wachstumsfuge und gibt somit Anlass zur Befürchtung, bei Überschreiten der Fuge oder bei Fraktur ein Fehlwachstum zu induzieren, so sieht man bei weiteren Kontrollen, dass sie sich mit der Zeit immer mehr von der Epiphysenfuge zu entfernen scheint. Die Fuge schiebt also durch Wachstum die Zyste immer weiter gen Diaphyse.

Differenzialdiagnostisch kommen auch die aneurysmatische Knochenzyste, eine fibröse Dysplasie und der Riesenzelltumor und weitere osteolytische Tumoren in Betracht.

Die Therapie der solitären oder juvenilen Knochenzyste ist mannigfaltig. Die Mannigfaltigkeit der Therapie ist in aller Regel ein Indiz dafür, dass keine der dargestellten Therapieformen sicher zum Erfolg führt, sprich zu einer knöchernen Konsolidierung der Zyste. Kommt es zur Fraktur, so ist es sicher im Bereich des Humerus möglich, mit einer Ruhigstellung des Arms abzuwarten, ob es zu einer spontanen Abheilung der Zyste kommt. In etwa 25 % [1] beobachtet man bereits nach wenigen Wochen einen kompletten Durchbau der Läsion. Wir selber haben mit abwartender Haltung nach intramedullärer Schienung durch die erstbehandelnde Klinik gute Erfahrungen gemacht.

Die Therapieform der intracavitären Injektion von corticoidhaltiger Flüssigkeit wird kontrovers diskutiert. Auf der einen Seite ist die Invasivität der Maßnahme sehr gering, selbst bei mehrfacher Injektion, auf der anderen Seite ist nicht bekannt, ob das Cortison oder das Trauma mit Frakturierung der Corticalis und dadurch Aktivierung der Stammzellen zu einer Heilung führen können. Diese weit verbreitete Therapieform führt nach einer Metaanalyse zu einer Ausheilung der Zyste zwischen 15 und 100 % [5]. Knochenersatzstoffe bis hin zur Auffüllung mit Spongiosa und einem autologen Fibulatransplantat finden ebenfalls Anwendung, aber keines der genannten Verfahren hat sich als beste oder alleinige Therapieform durchgesetzt. Dass unter allen Verfahren gute bis sehr gute Ergebnisse beschrieben werden und aus der Erfahrung heraus nur einige wenige Patienten mit vielen Rezidiven auftauchen, unterstreicht die These, dass diese Entität nur sehr wenig Anlass zur Sorge gibt.

Aneurysmatische Knochenzyste

Anders dagegen die aneurysmatische Knochenzyste (AKZ): Sie wird in der WHO als intermediäre (lokal aggressive) Läsion eingruppiert, die stark vaskularisiert ist. Sie kann primär auftreten, ist aber auch nicht selten assoziiert mit anderen Tumoren wie dem Riesenzelltumor oder sogar dem teleangiektatischen Osteosarkom. Bei letzterem droht sogar das Risiko, bei unsachgemäßer Probebiopsie nicht das bedrohliche Osteosarkom als Gewebeteilchen zu erwischen, sondern „nur“ Anteile der AKZ, was dazu führt, dass das Osteosarkom nicht primär erkannt und dann erst viel zu spät therapiert wird.

Radiologisch findet sich oft eine mehrkammerige Osteolyse, Schnittbildverfahren helfen manchmal, die Diagnose zu untermauern. Im Gegensatz zur juvenilen Zyste ist die AKZ immer mit Blut, teilweise als Blutkoagel angefüllt, während die juvenile Zyste immer einen gelblich klaren Zysteninhalt aufweist.

Auch die Therapieform der AKZ unterscheidet sich von der solitären Zyste. Die AKZ sollte ausgiebig kürettiert werden, einschließlich der Septen oder der Lakunen, die sich oft in der Kortikalis befinden; ein additives Verfahren, z.B. das Auffüllen mit Palacos-Zement vermindert die Rezidivgefahr. Phenol, Kälteverfahren wie Flüssigstickstoff oder Alkohol können die Wirkung des während der Aushärtung Hitze entwickelnden Zements übernehmen; nach unserer Erfahrung hat der Zement den Vorteil, dass er in den Kontroll-MRTs ein klares Interface zwischen Zement und Knochen aufweist und hier – im Falle eines Rezidivs – eindeutig sehr früh ein Rezidiv erkannt werden kann, bevor es zu einer größeren Osteolyse führen kann (Abb. 6).

Fibröse Dysplasie

Auch die fibröse Dysplasie ist zumeist asymptomatisch. Das klassische „Milchglasphänomen“, welches von den Radiologen als typisches röntgenmorphologisches Kriterium zur Entitätsdiagnose beschrieben wird, ist im Kindesalter oft gut sichtbar. Im Erwachsenenalter kann dieses Phänomen aber nicht immer so klassisch beobachtet werden und andere Erkrankungen werden differenzialdiagnostisch in Betracht gezogen, z.B. ein Morbus Paget oder sogar die Metastase eines unbekannten Primarius. Die fibröse Dysplasie ist aber keine Neoplasie, also kein eigentlicher Knochentumor; sie ist einer Entwicklungsstörung zuzuordnen. Unreifer Faserknochen ersetzt den eigentlichen Knochen, dieser bildet feinschichtiges Osteoid aus. Statt reifer Osteozyten sieht der Pathologe nur eine Umgebung mit Fibroblasten. Der Grund liegt in einer Mutation im GNAS-Gen, das für ein membranständiges Signalprotein kodiert (GS-alpha, lokalisiert an 20q 13.2–13.3). Dadurch werden die osteoblastären Zellen nicht zur Ausreifung geführt. Klinisch finden sich monostotische Formen z.B. im Becken, wo sie starke Deformierungen des Beckens hervorrufen können, andere monostotische Formen, z.B. im Bereich der oberen Extremität, werden nur per Zufall entdeckt, da sie trotz erheblicher Größe asymptomatisch sind (Abb. 7). Polyostotische Formen dagegen können schon im Kindesalter zu teilweise grotesken Deformitäten führen.

Die Therapie ist nie kausal und sollte, wenn möglich, Beeinträchtigungen bei Beteiligung von Gelenken oder einer drohenden Fraktur vorbeugen. Die alleinige Curettage und Auffüllung mit Spongiosa führt in aller Regel zu einer raschen Resorption der Spongiosa, die Transplantation von autologer oder homologer Fibulae oder andere kortikaler Knochenstücke verspricht eher, die Stabilität des Knochens wiederherzustellen. Ob durch die Gabe von Bisphosphonaten die Resorption verhindert oder reduziert werden kann, bleibt abzuwarten; insbesondere bei Kindern ist die Indikation sehr zurückhaltend zu stellen.

Knorpelbildende Tumoren

Knorpelbildende Tumoren dürften einer der häufigsten Entitäten der gutartigen Knochentumoren darstellen. Enchondrome sind oft asymptomatisch und werden – ähnlich dem NOF – oft zufällig entdeckt. Allerdings kann das Enchondrom nicht klassischerweise den Leave-me-alone-Läsionen zugeordnet werden. Die WHO definiert die gutartigen Knorpeltumore als Neoplasie und definiert die unterschiedlichen Knorpeltumore aufgrund ihres Ursprungsgewebes und der Matrix. Wachstumsprogrediente Enchondrome, die nicht mehr ausschließlich zentral im Markraum eines Röhrenknochens liegen, sondern die innere Corticalis ausmulden (Scalopping) oder die Knochenwand durchbrechen, können Borderline-Tumore darstellen und den Übergang zu einem Chondrosarkom bilden. Hier sollte der Arzt sehr subtil die klinische Anamnese erfragen und auch die Röntgenaufnahmen, ggf. Schnittbildverfahren wie die Computertomografie, genau analysieren, bevor eine operative Intervention durchgeführt wird, z.B. eine Probebiopsie.

Aus unserer Erfahrung wird das Enchondrom oft übertherapiert und viele der durchgeführten Operationen von der Probebiospie bis hin zur Curettage und Auffüllung sind nicht notwendig. Ein Übergangsstadium zum Chondrosarkom zu verpassen sollte aber ebenfalls zwingend vermieden werden. Bei multiplen Enchondromen – der Enchondromatose oder dem Morbus Ollier – gilt eine erhöhte Vorsicht; stammnahe Tumoren sollten regelmäßig kontrolliert werden, Fingerenchondrome werden äußerst selten bösartig (Abb. 8).

Der zweite sehr häufige knorpelbildende Tumor ist das Osteochondrom (kartilaginäre Exostose). Solitäre Osteochondrome werden sehr selten operiert, nur dann, wenn sie zu einer Wachstumsdeformität führen oder wenn es aufgrund der Lage zu einer Verdrängung und Kompromittierung von Gefäß- oder Nervenstrukturen kommt. Die Dicke der Knorpelkappe ist kein klares Unterscheidungsmerkmal, allerdings hält sich in der Literatur die Annahme, dass bei einer Knorpelkappendicke von ? 2 cm zu erhöhter Vorsicht aufgrund einer möglichen Malignisierungstendenz geraten werden muss [2].

Auch hier gilt, dass bei multiplen Osteochondromen (familiäre Osteochondromatose, Abb. 9), insbesondere bei Tumoren, die auf der Innenseite des Beckens oder im Bereich der Wirbelsäule eine massive Größe und Formation annehmen können, der Zeitpunkt zur Transformation in einen malignen Prozess nicht verpasst werden darf. Auch kann bei sehr großen Tumoren die Operabilität bei verpasstem Operationszeitpunkt eingeschränkt sein.

Das Chondroblastom und das Chondromyxoidfibrom gelten als lokal aggressiv und werden von der WHO als intermediäre Dignität klassifiziert. Sie werden operativ angegangen und möglichst gründlich ausgeräumt, um die relativ hohe Rezidivgefahr zu minimieren. Unglücklicherweise liegt das Chondroblastom immer epiphysär, somit kann durch eine OP die Wachstumsfuge oder gar das angrenzende Gelenk gefährdet werden. Selten, aber möglich sind Metastasierungen dieser Entitäten in die Lunge.

Riesenzelltumor

Ein Riesenzelltumor (RZT) kann schon Kopfzerbrechen machen. Er sitzt epi-metaphysär und wird klinisch oft erst entdeckt, wenn er eine Fraktur verursacht hat. Wenn diese dann noch ein Gelenk befällt, ist der klinische Schaden schon recht groß. Auch Lokalisationen wie das Sakrum, die Wirbelsäule oder das Becken sind zur Behandlung oft sehr ungünstig. Histologisch sind natürlich mehrkernige Riesenzellen augenscheinlich, das fibrozytäre Grundgerüst stellt aber den eigentlichen Tumor dar. Radiologisch zeigt sich eine meist große aggressive Osteolyse, teilweise in der Schnittbildgebung wie im MRT mit einer Weichgewebskomponente. Ungewöhnlich häufig wird eine Metastasierung von bis zu 10 % beschrieben, sodass bei primärer Diagnostik, aber auch im Falle eines Rezidivs immer die Lunge in die radiologische Kontrolle mit einbezogen werden muss.

Die Therapie dieses aggressiven Tumors war bis vor wenigen Jahren eindeutig nur operativ. Mit einer alleinigen sorgfältigen Curettage allein waren allerdings die Rezidivraten bis zu 50 % sehr hoch, sodass von den meisten onkologisch versierten Kliniken eine adjuvante Behandlung dringend empfohlen wurde: High-speed-drill, PMMA-Zement zur Wärmeentwicklung im Interfacebereich, Phenolisation oder Alkoholinstillation, Kryotherapie oder Kauterisierung.

Wir favorisieren eindeutig die sorgfältige Curettage mit Ausfräsen der Lakunen in der Knochenwand, wobei der Zugang zum Intramedullärraum nicht zu klein gewählt werden darf, um im Randbereich auch subtil arbeiten zu können. Anschließend wird die gesamte Höhle mit PMMA-Zement ausgefüllt. Durch die Hitzeentwicklung im Randbereich mit Temperaturen bis ca. 80 °C kann damit die Rezidivrate auf unter 10 % gesenkt werden. Der Zement verbleibt für etwa 2 Jahre, dann erfolgt eine Entfernung und Auffüllung des Defekts mit Knochenersatzmaterialien oder mit Spongiosa (fremd oder eigen). Da der Defekt oft groß ist, lässt sich der Defekt mit Eigenspongiosa allein nur unzureichend auffüllen. Das Belassen des Zements ist auch möglich, besonders bei Defekten z.B. im Fibulaköpfchen oder an den Stellen des Skelettsystems, an denen zu einem späteren Zeitpunkt keine weitere Operation erforderlich wird, z.B. eine Prothesenimplantation. Zum Belassen oder aber zum Entfernen der Zementplombe sind aber die Meinungen nicht einheitlich.

Große Zuversicht gibt es inzwischen bei der Behandlung des Riesenzelltumors durch die Therapie mit RANKL-(receptor-activator-of-NF-kB-Ligand)-
Antikörpern. Durch die subcutane Gabe von Denosumab als monoklonalen humanen Antikörper konnte eine Blockierung der Zytokinstimulation und Riesenzellen erreicht werden [3]. Radiologisch wurde eine zunehmende Konsolidierung der Osteolysen beobachtet und die Resonanz war anfangs sehr groß. Inzwischen zeigt sich aber, dass zwar die Progression der Osteolyse verhindert werden kann und auch die Lyse zentral verknöchert, dies geschieht aber durch Bildung von Septierungen und Sklerosesäumen im Tumor. Nach Absetzen des monoklonalen Antikörpers kam es regelmäßig zu einem Wiederaufflammen des Tumors, nur mit dem Nachteil, dass nun die operative Intervention aufgrund der zahlreichen Septenbildungen und Sklerosesäume mit einer sorgfältigen Ausfräsung, wie sie initial möglich gewesen wäre, nun nicht mehr durchgeführt werden kann. Die Frage, ob das Denusomab u.U. lebenslang gegeben werden muss, ist nicht beantwortet. Einige Tumororthopäden sind deswegen wieder von der konservativen Linie abgewichen und behandeln nur jene RZT mit Denusomab, die einer operativen Intervention nicht oder nur sehr schlecht zugänglich sind (Sakrum, Wirbelsäule) und operieren in der oben genannten Art alle gut operablen Riesenzelltumoren. Ob in der additiven Behandlung mit Bisphosphonaten zusätzliche Informationen zur weniger aggressiven Operationstherapie gefunden werden, bleibt abzuwarten (Abb. 10).

Zusammenfassend zeigt sich, dass die gutartigen Knochentumoren ein buntes Bild von facettenreichen Einzelentitäten darstellen, die es erfordern, mit gründlicher Analyse die klinische Anamnese zu erheben, subtil die Röntgenbilder zu analysieren und erst dann eine ggf. operative Intervention abzuleiten. Die Unterscheidung zwischen Leave-me-alone-Läsion und die frühzeitige Detektion aggressiver biologisch hochaktiver Prozesse und nicht zuletzt die Unterscheidung und Erkennung von malignen Prozessen kann eine schwierige Aufgabe sein. Der Rat von Orthopäden und Unfallchirurgen, die sich tagtäglich mit diesen Entitäten beschäftigen kann manchmal die Entscheidung in die eine oder andere Richtung sehr erleichtern.

Interessenkonflikt: Keine angegeben

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Axel Hillmann

Zentrum für Sarkome und
Muskuloskelettale Tumore

Asklepios Klinikum Bad Abbach

Orthopädische Klinik
für die Universität Regensburg

Kaiser-Karl-V.-Allee 3

93077 Bad Abbach

a.hillmann@asklepios.com

Literatur

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Fussnoten

1 Zentrum für Sarkome und Muskuloskelettale Tumore, Asklepios Klinikum Bad Abbach, Orthopädische Klinik für die Universität Regensburg

2 Klinik für Unfallchirurgie und orthopädische Chirurgie, Städtisches Klinikum Braunschweig gGmbH

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