Übersichtsarbeiten - OUP 02/2018

Chondroide Knochentumoren
Diagnostik und TherapiealgorithmenDiagnostic and therapy algorithm

Arne Streitbürger1, Wiebke Guder1, Georg Gosheger1, Markus Nottrott1, Jendrik Hardes1

Zusammenfassung: Die Diagnostik und Therapie
benigner und maligner Tumoren des Bewegungsapparats stellen Orthopäden und Unfallchirurgen häufig vor große Herausforderungen, aber auch Ärzte weiterer Fachdisziplinen wie Radiologen, Allgemeinmediziner und nicht zuletzt auch Pathologen. Die knorpelbildenden Tumoren sind seitens ihrer klinischen Erscheinungsform als auch der Bildgebung eine sehr heterogene Gruppe primärer Knochentumoren. Betroffen sind sowohl junge als auch ältere Patienten, wobei die Mehrzahl der Malignome bevorzugt um das 6. Lebensjahrzehnt anzutreffen ist. Benigne Varianten wie das Enchondrom oder das Osteochondrom sind die häufigsten Vertreter dieser Gruppe und werden regelhaft als Zufallsbefunde diagnostiziert. Die Herausforderung für den Behandler liegt insbesondere in der Schwierigkeit der Abgrenzung der gutartigen Tumoren von den Malignomen.

Neben den Ergebnissen einer selektiven Literaturrecherche werden die eigenen Erfahrungen in diesem Beitrag eingebracht, um die aktuellen Erkenntnisse auf dem Gebiet der
Diagnostik und Therapie der chondrogenen Tumoren aufzuzeigen. Das Ziel dieses Beitrags ist es, die klinisch, radiologisch und nicht zuletzt pathologisch heterogene Gruppe der Knorpeltumoren zu systematisieren. Denn nur derjenige, der die häufigsten chondroiden Tumoren kennt und hinsichtlich ihres Agressivitätspotenzials voneinander abgrenzen kann, wird die richtigen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen zeitgerecht treffen können.

Schlüsselwörter: Knorpeltumoren, Enchondrom,
Osteochondrom, atypischer chondrogener Tumor,
Chondrosarkom, Therapie, Leave-me-alone-Läsion

Zitierweise
Streitbürger A, Guder W, Gosheger G, Nottrott M, Hardes J:
Chondroide Knochentumoren. Diagnostik und Therapiealgorithmen. OUP 2018; 7: 089–097 DOI 10.3238/oup.2018.0089–0097

Summary: Diagnostic and therapy of benign and malignant tumours of the musculoskeletal system are a challenge for orthopedic surgeons as well as for other subspecialists such as radiologists and pathologists. Tumours of cartilaginous origin are highly heterogeneous in terms of their clinical
behavior and radiological appearance. Regarding to their incidence, patients of every age group are affected, though malignant variants appear more likely in patients above the age of 60 years.

Benign tumours like the enchondroma or the osteochondroma, the most common types of cartilage tumours, are most frequently accidental findings. The particular challenge in the diagnosis and treatment of these tumours is the differentiation between benign and malignant variants.

In this article, the results of a selective literature research and the author´s clinical experience in the field of cartilage bone tumours are presented to highlight the up-to-date therapeutic approaches in these tumours entities. A systematic categorization of this heterogeneous group of tumours in terms of clinical behavior, histopathological and radiological appearance is decisive to be able to differentiate between these tumours and thus being able to take therapeutic measures timely and efficiently.

Keywords: chondroid tumours, enchondroma, osteochondroma, atypical chondroid tumour, leave me alone lesion,
chondrosarcoma

Citation
Streitbürger A, Guder W, Gosheger G, Nottrott M, Hardes J:
Cartilage tumours of bone. Diagnostic and therapy algorithm.
OUP 2018; 7: 089–097 DOI 10.3238/oup.2018.0089–0097

Einleitung

Knorpelbildende Tumoren sind insgesamt selten. Die maligne Variante, das Chondrosarkom, ist mit einer Inzidenz von ca. 3–5 Fällen pro Millionen Einwohner einer der häufigsten primär malignen Knochentumoren, welche jedoch in der Gesamtheit der Malignom-Neuerkrankungen nur eine untergeordnete Rolle spielen [1]. Die Inzidenz der gutartigen Knorpeltumoren ist aufgrund fehlender repräsentativer Daten nur sehr schwierig abzuschätzen, liegt jedoch deutlich über derjenigen der Chondrosarkome. Die Knorpeltumoren zeichnen sich durch eine große Vielzahl unterschiedlicher klinischer, radiologischer und histologischer Erscheinungsformen aus [2, 3]. In der nativ radiologischen Bildgebung ist die gesamte Bandbreite der Knochen-Destruktionsmuster der Lodwick-Klassifikation [4] vertreten. So finden sich bei den Stadium-I-Tumoren wie dem Enchondrom vorwiegend Lodwick-1A-Destruktionen. IB/C-Läsionen sind bei Stadium-II-Tumoren (z.B. Chondromyxoidfibrom) anzutreffen, wobei Lodwick-III-Läsionen mit Mottenfraß und/oder permeativ imponierendem Wachstum meist mit den Chondrosarkomen assoziiert sind [1]. Matrixverkalkungen kommen regelhaft zur Darstellung und sind je nach Entität und Dignität unterschiedlich konfiguriert. Die MRT ist ein wichtiges diagnostisches Instrument in der Entitäts- und Dignitätseinschätzung dieser Tumoren. Die kortikale Destruktion ist ebenso wie ein perifokales Ödem in der MRT-Bildgebung Zeichen einer erhöhten biologischen Aktivität des Tumors und kann auf das Vorliegen eines Chondrosarkoms deuten. Die Gemeinsamkeit der Knorpeltumoren hinsichtlich ihres histologischen Erscheinungsbilds ist das Vorhandensein von Knorpelzellen und einer chondroiden Matrix. Jedoch zeigt dieses Bild innerhalb der Gruppe eine große Varianz auf. Das Vorliegen von Mitosen, von Zellatypien und/oder Zellkernveränderungen, die Zunahme der Zelldichte in der Tumormatrix oder auch die Destruktion der Spongiosabälkchen sind histologische Malignitätskriterien. Eine eindeutige Dignitätseinteilung wird zum Teil jedoch durch fließende Übergänge, speziell zwischen dem benignen Enchondrom und dem atypischen chondrogenen Tumor, erschwert.

Neben den primären Chondrosarkomen sind regelmäßig sekundäre Entartungen von initial benignen Knorpeltumoren zu beobachten. Insbesondere Patienten mit speziellen Syndromen wie dem M. Ollier oder der multiplen Exostosenerkrankung sind hiervon betroffen.

Seitens der Therapie kommt die gesamte therapeutische Bandbreite zum Einsatz: von einem konservativen, abwartenden Therapieansatz über die verschieden Varianten der chirurgischen Tumorresektion, der multimodalen Chemotherapie sowie in Sonderfällen die lokale Radiotherapie.

Einteilung/Charakteristika einzelner Entitäten

Die einzelnen Entitäten der Knorpeltumoren zeichnen sich durch eine Vielzahl unterschiedlicher klinischer, histopathologischer als auch bildmorphologischer Erscheinungsformen aus. Es ist daher essenziell, zunächst ein Verständnis für die wesentlichen Charakteristika der einzelnen Tumorentitäten zu erlangen, um basierend hierauf die richtigen klinisch/therapeutischen Schlussfolgerungen ziehen zu können.

Die chondrogenen Knochentumoren werden eingeteilt in benigne, intermediär maligne und maligne Varianten:

Zu den Knorpeltumoren zählen:

  • 1. Enchondrom (Chondrom)
  • 2. Osteochondrom (kartilaginäre Exostose)
  • 3. Chondromyxoidfibrom
  • 4. Chondroblastom. Das Chondrosarkom wird eingeteilt in:

a) atypischer chondrogener Tumor (Synonym: Chondrosarkom G I)

b) Chondrosarkom Grad II-III

c) dedifferenziertes Chondrosarkom

d) mesenchymales Chondrosarkom

e) Klarzellchondrosarkom

f) extraskelettales Chondrosarkom.

Hiervon abgegrenzt werden die sekundären Chondrosarkome, welche auf der Basis eines gutartigen Knorpeltumors entstehen.

Laut der aktuellen WHO-Klassifikation aus dem Jahre 2013 werden das Enchondrom und das Osteochondrom eindeutig als benigne eingestuft. Das Chondromyxoidfibrom und der atypische chondrogene Tumor gelten als lokal aggressiv, das Chondroblastom als selten (< 2 %) metastasierend und werden daher mit einer intermediären Dignität klassifiziert. Sie liegen daher hinsichtlich ihrer Klinik und Prognose zwischen den benignen Tumoren und dem Chondrosarkom.

Die benignen Knorpeltumoren: Das Enchondrom und das Osteochondrom sind zugleich die häufigsten Vertreter in der Gruppe der chondroiden Tumoren. Ihre Inzidenz ist jedoch nicht sicher abzuschätzen aufgrund der Tatsache, dass sie häufig als Zufallsbefunde diagnostiziert werden und die Diagnosestellung meist keine chirurgische Therapie nach sich zieht. In radiologischen Studien werden in bis zu 3 % der Patienten inzidentiell diagnostizierte Enchondromen beschrieben [5, 6]. Es ist daher von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Daten aus Knochentumorregistern [7] beziffern den Anteil der Echondrome bei 23 % und den der Osteochondrome bei 48 % der chirurgisch therapierten Knorpeltumoren.

Im Gegensatz zum Enchondrom, welches in der Regel klinisch inapparent ist, werden die Osteochondrome aufgrund ihrer Klinik häufig schon im Kindes und Jugendalter diagnostiziert und einer chirurgischen Therapie (Abtragung) zugeführt.

Beide Entitäten lassen sich in der Bildgebung gut darstellen und sind, in Zusammenspiel mit der Klinik, meist ohne histologische Verifizierung sicher zu diagnostizieren.

Das Enchondrom ist ein medullär gelegener Tumor aus reifzelligem Knorpelgewebe in den metaphysären Abschnitten der Röhrenknochen. Übersichtsradiologisch treten diese Tumoren meist als Lodwick-IA-Läsion mit häufig grobscholligen Matrixverkalkungen in Erscheinung. In der CT-Bildgebung (besser als in der Röntgenübersicht) wird zum Teil eine endostale Kompakta-Auftreibung (Scalloping) beobachtet [8]. Expansive Knochenauftreibungen (Lodwick 1B) werden insbesondere bei Befall der kurzen Röhrenknochen des Handskeletts beschrieben und können trotz benignem Befund zu pathologischen Frakturen führen. Hierauf basierende sekundäre Knochendeformitäten sind meist Syndrom-assoziiert (M. Ollier, Maffucci-Syndrom) und gehen dann mit einem multifokalen Auftreten der Enchondrome einher. Histologisch ist das Enchondrom geprägt durch das Vorliegen reifzelliger Knorpelzellen, welche als Zellinseln von bis zu 1 cm Durchmesser im Markraum liegen, keine Zellatypien aufweisen und die Spongiosabälkchenstruktur respektieren.

Das Osteochondrom ist ebenfalls klassisch metaphysär in der Nähe der großen Wachstumsfugen lokalisiert. Hier sind das distale Femur, die proximale Tibia und das Becken die Prädelektionsstellen. Begründet liegt dies in ihrer postulierten Herkunft als versprengte Wachstumskeime der Wachstumsfugen [9]. Die entweder breitbasig (sessil) oder gestielt aus dem Markraum hervorgehenden Läsionen lassen sich im konventionellen Röntgenbild in 2 Ebenen eindeutig durch den kontinuierlichen Übergang der Spongiosabälckchenstruktur in die knöcherne Tumorbasis diagnostizieren. Diese Konfiguration ist pathogonomisch für das Osteochondrom. Der Überzug der knöchernen Basis mit hyalinem Knorpel kann gut in der MRT (speziell in der D3W- und FL2D-Wichtung) beurteilt werden. Knorpelkappendicken von bis zu 2 cm gelten als noch normwertig. Das dem Längenwachstum synchrone Wachstum der Osteochondrome sistiert mit Verschluss der Wachstumsfugen. Bei der multiplen Form der sogenannten Exostosenerkrankung (autosomal-dominater Erbgang) besteht bereits im frühen Kindesalter regelmäßig die Indikation zur Abtragung einzelner Osteochondrome, um einem Fehlwachstum der Extremitäten vorzubeugen. Bei diesen Patienten sind regelmäßige klinische Verlaufskontrollen angezeigt, um Achsdeviationen der Röhrenknochen rechtzeitig zu diagnostizieren und ihnen entgegenzusteuern (Abb. 1).

Weitere Vertreter aus der Gruppe der Knorpeltumoren sind das Chondroblastom und das Chondromyxoidfibrom. Sie sind beide lokal aggressive Tumoren des Stadiums II nach Enneking [10]. Beide Entitäten treten vornehmlich im Kindes- und Jugendalter auf. Klassischerweise besteht eine Ruhe- und/oder Belastungsschmerzsymptomatik, die dann zur weitergehenden diagnostischen Abklärung führt.

Beim sehr seltenen Chondroblastom (< 1 % der Knochentumoren) steht, aufgrund seiner bevorzugt epiphysären Lage in den langen Röhrenknochen, häufig eine Gelenkschmerzsymptomatik im Vordergrund. Das Chondroblastom weist in der Röntgenbildgebung regelhaft ein osteolytisches Knochendestruktionsmuster Lodwick IA bis IC auf [9]. Unspezifische Matrixverkalkungen und Wachstumsfugenbeteiligungen werden regelmäßig nachgewiesen. Die MRT zeig einen lobulierten Aufbau mit niedrigem Signalverhalten in den T2 gewichteten Sequenzen. Klassischerweise liegt ein ausgeprägtes perifokales Ödem als Zeichen einer Begleitentzündung vor, welche aufgrund der Gelenknähe zu einem teils erheblichen Gelenkerguss führt (Abb. 2a–c). Besonders in den STIR-Sequenzen ist dies eindrücklich nachzuweisen. Nicht selten zeigen sich in der histologischen Aufarbeitung des Präparats Anteile einer sekundären AKZ (Aneurysmatische Knochenzyste) oder auch Riesenzellen [11, 12].

Das Chondromyxoidfibrom weist histologisch eine teils chondroid, teils myxoide Struktur auf. Der Aufbau ist läppchenartig mit partiell homogenen Anteilen. Betroffen sind hauptsächlich die langen Röhrenknochen der unteren Extremität sowie der Talus. Röntgenmorphologisch präsentiert sich klassischerweise eine glatt berandete, ovaläre, teils randsklerosierte, metadiaphysär lokalisierte Läsion. Das Destruktionsmuster entspricht einem Lodwick-Grad 1B oder 1C. Matrixverkalkungen kommen selten vor und sind eher unspezifisch. In der MRT weist der Tumor in den mit Kontrastmittel gesättigten Sequenzen eine inhomogene Kontrastmittel-Aufnahme auf. Durch den meist hohen fibrösen Tumoranteil zeigt sich in der T1-Wichtung häufig ein muskelisointenses Signalverhalten (Abb. 3a–d) [13].

Abzugrenzen von diesen Entitäten sind die malignen Varianten der Knorpeltumoren. Das klassische Chondrosarkom ist der häufigste Vertreter dieser Gruppe. Der Erkrankungsgipfel liegt im 5. bis 6. Lebensjahrzehnt und ist mit einer Inzidenz von ca. 3/100.000 Einwohnern/Jahr der zweithäufigste primär maligne Knochentumor. Prädelektionsstellen sind das Femur, der Schultergürtel (proximaler Humerus/Scapula) und das Beckenskelett [1]. Die Chondrosarkome zeigen, wie die gesamte Gruppe der Knorpeltumoren, ein sehr heterogenes Erscheinungsbild seitens der Klinik, der Bildgebung und der Histologie. Anhand histopathologischer Kriterien (Mitoserate, Proliferationsindex, Zellmorphologie) und dem hiermit einhergehenden biologischen Verhalten des jeweiligen Tumors werden 3 Malignitätsgrade (G 1–3) unterteilt. Das sogenannte Scallopping (endostale Kortikalisarrosion) wird bei jedwedem Malignitätsgrad beobachtet (Abb. 4). Abhängig von der Proliferationsaktivität überwiegen bei den High-grade-Tumoren die osteolytischen Komponenten mit kleineren amorphen Matrixverkalkungen. Die low-grade Chondrosarkome weisen aufgrund des zellarmen, sehr matrixreichen Aufbaus ein homogenes Bild in der MRT auf [3]. Die höhergradig malignen Tumoren gehen mit einem prozentual höheren soliden Tumorzellanteil sowie Nekrosearealen einher und präsentieren sich daher deutlich inhomogener [14]. Die diagnostische Abklärung erfolgt zumeist aufgrund einer progredienten Schmerzsymptomatik. Neben dem Belastungsschmerz, basierend auf der knöchernen Destruktion und der hiermit einhergehenden Instabilität, ist die Ruheschmerzsymptomatik charakteristisch für Knochensarkome. Der Ruheschmerz ist vermutlich bedingt durch einen Periostdehnungsschmerz, welcher hervorgerufen wird durch das schnelle expansive Tumorwachstum. Die Patienten können den Tumor in der Regel gut mit einem Fingerzeig lokalisieren. Selbst die niedrig malignen atypischen chondroiden Tumoren gehen, trotz des langsamen Wachstums, erfahrungsgemäß, mit einer signifikanten Ruheschmerzsymptomatik einher. Die palpable Weichteilraumforderung bei kortikalem Durchbruch oder auch die pathologische Fraktur sind ebenfalls wichtige klinische Malignitätskriterien. Das Auftreten einer pathologischen Fraktur wird mit einem Anteil von bis zu 8 % in größeren Serien angegeben [15].

Im klinischen Alltag sind die G-II- und G-III-Chondrosarkome anhand der histologischen Kriterien gut abgrenzbar gegenüber den geringer malignen Varianten. Probleme bereitet hier vielmehr die Differenzierung zwischen einem benignem Enchondrom und einem atypischen chondrogenen Tumor (Synonym: G1-Chondrosarkom). Diese für die weitere Therapie wichtige Unterscheidung kann seitens der Pathologie aufgrund der geringen Anzahl an Zellatypien und geringen Proliferationsrate selten alleinig erfolgen. Bei dieser Frage ist die Synopsis aus der Histologie, der Bildgebung und der Klinik entscheidend. Für die Diagnose eines atypischen chondroiden Tumors muss seitens der Klinik eine entsprechende Schmerzsymptomatik vorliegen. Die Bildgebung muss zumindest eine kortikale Arrosion (Scallopping) oder einen kortikalen Durchbruch aufweisen. Verbunden ist dies häufig mit einem perifokalen Ödem in den STIR-Sequenzen des MRT, welches als indirektes Zeichen einer erhöhten biologischen Aktivität der Läsion gedeutet werden kann. Liegen diese Kriterien vor, muss in der Gesamtkonstellation von einem atypischen chondroiden Tumor ausgegangen werden. Dies gilt auch in dem Fall, indem im histopathologischen Befund keine eindeutigen Malignitätskriterien zur Darstellung kommen. Ohne die o.g. radiologischen Malignitätskriterien ist weiterhin von einem Enchondrom auszugehen.

Als Sonderform des klassischen Chondrosarkoms ist das dedifferenzierte Chondrosarkom von diesem abzugrenzen. Analog zu den klassischen Chondrosarkomen zeigt dieser Tumor ein ähnliches Verteilungsmuster im Skelettsystem, tritt mit einem Erkrankungsgipfel im 6. bis 7. Lebensjahrzehnt jedoch etwas später auf. Die Besonderheit und gleichzeitig sein Charakteristikum ist der histomorphologische Aufbau dieses Tumors. Er ist gekennzeichnet durch eine große low-grade Tumorkomponente sowie eine meist kleinere dedifferenzierte high-grade Spindelzell-Komponente. Der histologische Subtyp der High-grade-Komponente reicht von Fibrosarkomanteilen bis hin zu Osteosarkomzellanteilen mit pathologischer Osteoidbildung [16]. Der zweigeteilte Aufbau ist insbesondere in der MRT gut abzugrenzen. Der zelldichtere High-grade-Anteil präsentiert sich meist als eine von dem lobulierten Low-grade-Anteil gut zu differenzierende Läsion mit kräftiger, häufig inhomogener Kontrastmittelaufnahme.

Das seltene Klarzellchondrosarkom (1,6–5 % aller Chondrosarkome) ist in der Gruppe der low-grade Chondrosarkome einzuordnen. Durch die relativ geringe Proliferationsrate präsentiert es sich in der Röntgenbildgebung häufig als eine expansive, teils randsklerosierte, glattberandete Osteolyse. Die Abgrenzung zu benignen Knochentumoren wie dem Osteoblastom ist anhand der Bildgebung aufgrund des wenig aggressiv wirkenden Wachstumsmuster häufig schwierig. Eine extraskelettale Komponente liegt selten vor. Histologisch zeigt es ebenfalls einen zweigeteilten Aufbau. Neben klassischen Chondrosarkomzellen liegen geschwollene Chondrozyten mit einem klaren Zytoplasma vor, wodurch die Abgrenzung zu den anderen Chondrosarkomen erleichtert wird. Als charakteristischer Tumormarker wird eine Erhöhung der alkalischen Phosphatase, welche durch die Tumorzellen produziert wird, in verschiedenen Studien beschrieben [17].

Das mesenchymale Chondrosarkom (< 9 % aller Chondrosarkome) ist als high-grade Sarkom einzuordnen. Im Gegensatz zu den anderen high-grade Chondrosarkomen sind hier bevorzugt jüngeren Patienten (2. bis 3. Lebensdekade) betroffen. Das axiale Skelett und eine extraskelettale Lokalisation in den Weichteilen sind die häufigsten Lokalisationen. Seitens der Histologie zeigt sich ein zellreicher Tumor mit kleinen spindelzellartigen Tumorzellen neben Zellnestern aus reifzelligem Knorpel. Insbesondere die Abgrenzung gegenüber einem Ewing-Sarkom kann sich histologisch schwierig gestalten [1].

Die Gruppe der sekundären Chondrosarkome spielt in der alltäglichen Praxis eine wichtige Rolle. Diese Tumoren entstehen zumeist auf dem Boden eines gutartigen Knorpeltumors wie dem Enchondrom oder dem Osteochondrom. Das allgemeine Entartungsrisiko für solitär auftretende Enchondrome oder Osteochondrome ist als sehr gering einzuschätzen und liegt bei unter 1 %. Bei Vorliegen einer multiplen Exostosenerkrankung oder auch einer Enchondromatose beim Morbus Ollier steigt das Risiko hingegen deutlich an. Beim M. Ollier wird das Risiko der malignen Transformation eines der Enchondromherde mit bis zu 40 % angegeben [18]. Bei Vorliegen einer multiplen Exostosenerkrankung wird dieses Risiko mit bis zu 5 % beziffert. Im Gegensatz zu den klassischen Chondrosarkomen treten die sekundären Chondrosarkome bei deutlich jüngeren Patienten auf (Altersdurchschnitt um das 30. Lebensjahr). Die sekundären Chondrosarkome, welche auf dem Boden eines Osteochondroms entstehen, sind zumeist (> 90 %) G-I-low-grade oder seltener G-II-Tumoren und entstehen nahezu ausschließlich im Bereich der Knorpelkappe. Stammnahe Osteochondrome sind hinsichtlich einer sekundären Entartung besonders gefährdet [19]. Es ist daher wichtig, die Patienten darauf hinzuweisen, dass diejenigen Osteochondrome zeitnah einer Diagnostik zugeführt werden müssen, die nach Abschluss des Längenwachstums eine Größenprogredienz aufweisen. Die klinische Eigenkontrolle des Patienten ist hier ein wesentlicher Bestandteil der frühzeitigen Diagnosefindung. Ein MRT in knorpelspezifischen Sequenzen (D3W, FL2D) zur Beurteilung der Knorpelkappe ist dann die Bildgebung der Wahl. Sowohl die Knorpelkappendicke (cave: > 2 cm) als auch die Konfiguration der Knorpelmatrix (cave: Nekrosen, erhöhte Zelldichte) ist hierbei zu berücksichtigen. Bei auffälligen Befunden sollte eine zeitnahe Biopsie aus der suspekten Stelle der Knorpelkappe gewonnen werden, um den Befund histopathologisch zu bewerten [20].

Sekundäre Chondrosarkome, die auf dem Boden einer Enchondromatose entstehen, sind dagegen in über 50 % G-II- oder G-III-Sarkome [18]. Die zeitnahe Diagnostik ist hier ein entscheidender Faktor, da diese Tumoren ein wesentlich höheres Risiko der Metastasierung beinhalten. Patienten, bei denen diese Erkrankung vorliegt, müssen dahingehend sensibilisiert werden, dass insbesondere eine neu auftretende Schmerzsymptomatik (Ruhe- und/oder Belastungsschmerz) in einem der betroffenen Knochen oder die Änderung des Schmerzcharakters ein wichtiges Signal darstellen kann, welches auf eine maligne Transformation hindeutet. Auch hier ist eine rasche MRT-Diagnostik und bei Bedarf Biopsie zwingend erforderlich. Hinsichtlich der Vorsorge hat sich aus unserer klinischen Erfahrung die Patientensensibilisierung als wichtigstes Instrument herausgestellt. Eine regelmäßige Röntgenkontrolle ist aufgrund der hohen kumulativen Strahlendosis kein geeignetes Mittel in der letztlich lebenslang notwendigen Vorsorge. Die Durchführung regelmäßiger Ganzkörper-MRT mag hier die Problematik der Strahlenexposition ausblenden, sollte als regelmäßige Kontrolluntersuchung jedoch individuellen Fällen vorbehalten sein. In der Primärdiagnostik bei vorliegendem Verdacht auf eine multiple Exostosenerkrankung oder einen M. Ollier ist die Ganzkörper-MRT jedoch ein hervorragendes Instrument zur Detektion aller vorliegenden Herde und zur Erstellung eines Ausgangsbefunds für sich im Verlauf ergebende Kontrolluntersuchungen.

Therapie/ Behandlungs-empfehlungen und Prognose

Die Behandlungs- und Therapieempfehlungen als auch die Prognose richten sich streng nach der zugrundliegenden Entität und Dignität des jeweiligen Knorpeltumors.

Unter Berücksichtigung der vorangegangenen Darstellungen der einzelnen Entitäten, der vorliegenden aktuellen Literatur als auch unserer eigenen Erfahrung können die folgenden grundsätzlichen Empfehlungen gegeben werden. Ein hiervon abweichendes Vorgehen kann im Einzelfall gerechtfertigt sein. Dieses sollte dann jedoch, insbesondere bei Vorliegen eines Malignoms, in einem Tumorboard eines spezialisierten Zentrums diskutiert werden. Speziell die Therapie der Chondrosarkome setzt eine große Erfahrung in der Behandlung der Knochentumoren voraus, sodass diese Tumoren bevorzugt in entsprechenden Zentren therapiert werden sollten.

Grundsätzlich bedürfen die meisten benignen Knorpeltumoren keiner chirurgischen Therapie. Das Enchondrom, welches als Zufallsbefund diagnostiziert wird und keine klinische Beschwerdesymptomatik und keine Malignitätskriterien in der Bildgebung aufweist, ist als „leave me alone lesion“ zu betrachten. Selbiges gilt für das solitäre klinisch und bildgebend unauffällige Osteochondrom. Zu beachten sind bei der Erstdiagnose hingegen die gründliche Anamneseerhebung (Familienanamnese) und die klinische Untersuchung des Patienten zum Ausschluss des Vorliegens einer generalisierten Erkrankung. Das Vorliegen multipler Osteochondrome oder die Diagnose eines M. Olliers oder eines Maffucchi-Syndroms darf hierbei nicht übersehen werden.

Die prophylaktische Abtragung eines Osteochondroms sollte insbesondere dann in Erwägung gezogen werden, wenn es sich um einen sehr jungen Patienten handelt und das Osteochondrom an ungünstiger Stelle lokalisiert ist, sodass bei Wachstum des Osteochondroms mechanische Probleme zu erwarten sind. Diese Probleme können einerseits Bewegungseinschränkungen durch die Lokalisation in Gelenknähe, Gefäß-/Nervenkompressionen oder auch knöcherne Deformierungen (Abb. 1) sein. Auch die kosmetische Beeinträchtigung wirft häufig den Wunsch nach Abtragung des Osteochondroms auf. Bei der Resektion des Osteochondroms ist darauf zu achten, dass dieses im Bereich der knöchernen Basis abgetragen wird und die Knorpelkappe vollständig mitentfernt wird. Bei Verbleib von Knorpelanteilen ist insbesondere beim noch wachsenden Patienten von einem hohen Lokalrezidivrisiko auszugehen.

Bei neudiagnostizierten Enchondromen stellt sich die Frage, insbesondere bei Vorliegen einer klinischen Beschwerdesymptomatik, ob und in welcher Art und Weise eine chirurgische Therapie notwendig ist. Bei fehlenden Malignitätskriterien in der Bildgebung, aber bestehender klinischer Beschwerdesymptomatik, empfehlen wir zunächst die Durchführung einer 3-Monats-Verlaufskontrolle. Durch dieses Vorgehen kann eine Einschätzung hinsichtlich der biologischen Aktivität der Läsion erfolgen. Die Durchführung einer Skelettszintigrafie hilft bei dieser Fragestellung erfahrungsgemäß kaum weiter, da auch unauffällige Enchondrome ein zum Teil deutliches Enhancement aufweisen und hierdurch keine weitergehende Differenzierung erfolgen kann.

Bei Vorliegen von Malignitätskriterien in der Bildgebung und/oder einer eindeutig auf den Tumor zurückzuführenden klinischen Beschwerdesymptomatik ist eine offene Biopsie indiziert. Die Art der Biopsie muss dem jeweiligen Befund angepasst werden. So kann bei kleinen Läsionen ohne Vorliegen einer extraskelettalen Tumorkomponente eine vollständige Kürettage und Auffüllung des Defekts im Sinne einer Resektionsbiopsie indiziert sein (Abb. 5a–c). Bei diesem Vorgehen muss jedoch eine Kontamination der umliegenden Weichteile vermieden und somit ein möglichst kleiner Operationszugang gewählt werden. Sollte sich dann seitens der histologischen Aufarbeitung des Materials kein Anhalt für ein höhergradig malignes Chondrosarkom ergeben, ist eine weitergehende chirurgische Therapie zunächst nicht notwendig. Die Therapie der Wahl beim atypischen chondroiden Tumor (G-I-Chondrosarkom) ist, zumindest an den langen Röhrenknochen, die intraläsionale Kürettage und Defekt-Auffüllung mit Knochenzement [21, 22]. Die Verwendung von zusätzlichen Adjuvanzien wie die Kryotherapie oder die Phenolapplikation nach Kürettage wird in der Literatur beschrieben und kann in ausgewählten Fällen zur Senkung der Lokalrezidivrate beitragen, bei jedoch erhöhtem perioperativem Komplikationsrisiko (z.B. Knochenfraktur durch Kryotherapie) [23]. Dieses Vorgehen erspart dem Patienten einerseits einen zweiten Eingriff und andererseits kann durch die Vollständigkeit des Tumorgewebes ein „sampling error“ (fehlerhafte Dignitätseinschätzung aufgrund nicht repräsentativen Materials) ausgeschlossen werden.

Bei größeren Tumoren oder dem Vorhandensein einer parossalen Tumormanifestation sollte zunächst eine offene Biopsie mit Entnahme repräsentativen Gewebes erfolgen. Das Gewebe muss an der Stelle entnommen werden, an der in der MRT-Bildgebung ersichtliche Auffälligkeiten wie eine kortikale Arrosion, ein kortikaler Durchbruch oder eine erhöhte Zelldichte vorliegen (Abb. 4). Hierdurch wird das Risiko des sampling errors der Probe minimiert. Alleinige Stanzbiopsien können wir aufgrund der hierbei gewonnenen geringen Gewebemenge bei diesen Tumoren nicht empfehlen.

Bei Tumorlokalisationen außerhalb der Röhrenknochen der Extremitäten empfehlen wir generell zunächst die Durchführung einer Inzisionsbiopsie. Im Gegensatz zu den Röhrenknochen ist insbesondere bei Beckenlokalisation ein intraläsionales Vorgehen selbst bei einem atypischen chondrogenen Tumor nicht indiziert. Intraläsionale Resektionen gehen hier mit einem bis zu 100-%igem Lokalrezidivrisiko einher [21]. An diesen Lokalisationen muss daher zunächst durch die Biopsie der Dignitätsgrad verifiziert und basierend hierauf das weitere Vorgehen geplant werden. Aufgrund der teilweise erheblichen funktionalen Ausfälle, die mit einer adäquaten Tumorresektion z.B. bei Beckentumoren oder Tumoren der Wirbelkörper einhergehen, ist hier eine sehr differenzierte Aufklärung des Patienten zwingend. Die Notwendigkeit der vollständigen Tumorresektion trotz Vorliegens eines Low-grade-Tumors, mit 5-Jahres-Überlebensraten von über 90 % [21, 22], ist häufig schwierig zu vermitteln. Rezidivoperationen sind jedoch mit einem signifikant höheren perioperativem Komplikationsrisiko behaftet. Auch die Tatsache, dass in bis zu 23 % der Rezidive ein Tumor-Switch hin zu einem höhergradig malignem Chondrosarkom zu beobachten ist, muss in diesem Kontext berücksichtigt werden [24]. Hervorzuheben ist an dieser Stelle nochmals die Tatsache, dass ein intraläsionales Vorgehen einzig beim atypischen chondroiden Tumor eine Therapieoption darstellt. Dies ist bei den malignen Knochentumoren eine absolute Ausnahmesituation. Bereits beim Klarzellchondrosarkom ist, trotz seines Low-grade-Charakters, an jedweder Lokalisation eine weite Tumorresektion nach Enneking seitens der Lokaltherapie indiziert. Hier ist ein intraläsionales Vorgehen selbst an den Röhrenknochen obsolet. Lokalrezidivraten von bis zu 60 % und eine Metastasierungsrate von bis zu 33 % werden nach inadäquater Lokaltherapie beschrieben [25].

Für alle Chondrosarkome ab einem histologisch verifizierten Dignitätsgrad II gilt, dass diese mit einer weiten Segmentresektion therapiert werden. Ein inadäquater Resektionsrand ist bei allen High-grade-Varianten mit einem signifikant erhöhten Lokalrezidivrisiko verbunden. Das Lokalrezidiv wiederum ist ein negativer Prognosefaktor hinsichtlich des Gesamtüberlebens [26, 27].

Ab einem Malignitätsgrad III, welcher sowohl für das klassische Chondrosarkom, das dedifferenzierte Chondrosarkom als auch das mesenchymale Chondrosarkom zutrifft, ist eine additive systemische Chemotherapie optionaler Bestandteil der Behandlung. Die verwendeten Chemotherapien weisen jedoch eine große Varianz auf. So existiert kein einheitliches Chemotherapieprotokoll für das Chondrosarkom generell oder einzeln für die jeweiligen Subentitäten. Die mesenchymale Chondrosarkome, die eher bei jungen Patienten auftreten, werden gehäuft analog dem Ewing-Sarkom-Protokoll behandelt. Basierend auf den guten Ergebnissen der EMSOS- Studie (European Musculo-Skeletal Oncology Society) hinsichtlich einer signifikant besseren Überlebensprognose in der Chemotherapiegruppe im Vergleich zur Beobachtungsgruppe empfehlen Frezza et al. bei kurativer Indikation eine Chemotherapie mit Doxorubicin in Kombination mit Ifosfamid oder Cisplatin [28]. Das klassische G-III-Chondrosarkom und das dedifferenzierte Chondrosarkom werden regelhaft gemäß dem Euro-Boos-Protokoll therapiert. Insgesamt zeigen vor allem die letzten beiden Chondrosarkome jedoch eine schlechte Chemotherapiesensitivität im Vergleich zum Osteosarkom oder dem Ewing-Sarkom. Auch wenn einzelne kleinere Studien einen positiven Effekt einer Chemotherapie in Subgruppen aufzeigen, konnte ein entscheidender Durchbruch mit den aktuellen Chemotherapeutika bisher nicht erzielt werden [27, 29, 30]. Subkollektive der einzelnen Studien zeigen jedoch teilweise ein zufriedenstellendes histologisches Therapieansprechen, sodass die Chemotherapieoption nicht von vornherein ausgeschlossen werden sollte, sondern individuell in einem interdisziplinären Kontext (Tumorkonferenzbeschluss) diskutiert werden muss. Jüngere Patienten zeigen insgesamt eine bessere Prognose und scheinen von einer Chemotherapie besser zu profitieren. Insgesamt jedoch sind die high-grade Chondrosarkome mit einer hohen Metastasierungsrate und somit mit einer schlechten Gesamtprognose (5-Jahres-Überleben: 50–20 %) assoziiert [29]. Die dedifferenzierten Chondrosarkome haben hierbei die schlechteste Gesamtprognose mit einem 5-Jahres-Überleben (5JÜ) von unter 20 % [30]. Besser ist die Prognose der Mesenchymalen Chondrosarkome mit 5JÜ-Raten von bis zu 79 % [28] bei initial lokalisierter Erkrankung.

Die chirurgische Therapie (Erreichen eines weiten/adäquaten Resektionsrands) ist daher weiterhin die wirkungsvollste Therapiemaßnahme und der Therapiestandard. Trotz adäquater Resektion besteht jedoch im Vergleich zu den anderen primären Knochensarkomen, die ein verbessertes Ansprechen auf eine Chemotherapie zeigen, eine deutlich erhöhte Lokalrezidivrate von bis zu 30 % [31–33].

Analog der low-grade Chondrosarkome ist bei den lokal aggressiven Tumoren, dem Chondroblastom und dem Chondromyxoidfibrom, ein intraläsionales Vorgehen durch eine sorgfältige Kürettage und Auffüllung des Defekts mit einem Knochenersatzstoff (z.B. Tricalciumphosphat) Therapie der Wahl. Im Gegensatz zu den low-grade Chondrosarkomen verzichten wir hierbei jedoch mittlerweile auf die Verwendung von Knochenzement. Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass die Applikation von PMMA keinen Vorteil hinsichtlich der Reduktion der Lokalrezidivrate ergibt und wir bei den teils jungen Patienten hingegen sehr gute Ausheilungsergebnisse mit den Knochenersatzstoffen sehen (Abb 2a–c). Diese Ergebnisse werden auch anhand der vorliegenden Literatur bestätigt. Je nach Zentrum und Erfahrung wird auf unterschiedliche intraläsionale Verfahren zurückgegriffen, ohne dass sich jedoch ein Verfahren hinsichtlich der Lokalkontrolle als überlegen herausgestellt hat [2, 13, 31]. Insgesamt besteht durch das intraläsionale Vorgehen immer die Gefahr des Lokalrezidivs, welches studienübergreifend mit bis zu 15 % angegeben wird.

Je nach Ausdehnung und Lokalisation kann bei den Chondromyxoidfibromen auch eine marginale Resektion des Tumors indiziert sein (Abb. 3a–c). Dies gilt insbesondere für Tumoren an platten Knochen wie der Scapula oder der Christa ilica, an denen eine suffiziente Kürettage insgesamt technisch sehr schwierig ist und eine Teilresektion kaum negative funktionale Auswirkungen hat.

Das Risiko der Metastasierung, welches für das Chondroblastom in Einzelfällen beschrieben wurde, sollte gegenüber dem Patienten erwähnt werden. Wir tragen diesem Risiko Rechnung, indem wir bei Primärdiagnose eine Rö-Thorax-Übersichtsaufnahme anfertigen lassen und im Rezidivfall ein Thorax-CT fordern.

Fazit

Die Diagnostik und Therapie der einzelnen Entitäten aus der Gruppe der chondrogenen Tumoren setzt eine große Erfahrung des Behandlers voraus und gehört somit in die Hände erfahrener Spezialisten. Aufgrund des Fehlens einheitlicher Therapieschemata sind neben den grundsätzlichen, in dieser Arbeit aufgeführten Vorgehensweisen, häufig individuelle Therapieansätze zu wählen. Besonders bei den Malignomen sollte die Therapieentscheidung immer in einem interdisziplinären Tumorboard getroffen werden unter Berücksichtigung der Patienten-individuellen Umstände.

Interessenkonflikt: Keine angegeben

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Arne Streitbürger

Klinik und Poliklinik für Allgemeine
Orthopädie und Tumororthopädie

Universitätsklinikum Münster

Albert-Schweitzer-Campus 1

48149 Münster

streitb@ukmuenster.de

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Fussnoten

1 Klinik und Poliklinik für Allgemeine Orthopädie und Tumororthopädie, Universitätsklinikum Münster

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