Übersichtsarbeiten - OUP 02/2018

Chondroide Knochentumoren
Diagnostik und TherapiealgorithmenDiagnostic and therapy algorithm

Die chondrogenen Knochentumoren werden eingeteilt in benigne, intermediär maligne und maligne Varianten:

Zu den Knorpeltumoren zählen:

  • 1. Enchondrom (Chondrom)
  • 2. Osteochondrom (kartilaginäre Exostose)
  • 3. Chondromyxoidfibrom
  • 4. Chondroblastom. Das Chondrosarkom wird eingeteilt in:

a) atypischer chondrogener Tumor (Synonym: Chondrosarkom G I)

b) Chondrosarkom Grad II-III

c) dedifferenziertes Chondrosarkom

d) mesenchymales Chondrosarkom

e) Klarzellchondrosarkom

f) extraskelettales Chondrosarkom.

Hiervon abgegrenzt werden die sekundären Chondrosarkome, welche auf der Basis eines gutartigen Knorpeltumors entstehen.

Laut der aktuellen WHO-Klassifikation aus dem Jahre 2013 werden das Enchondrom und das Osteochondrom eindeutig als benigne eingestuft. Das Chondromyxoidfibrom und der atypische chondrogene Tumor gelten als lokal aggressiv, das Chondroblastom als selten (< 2 %) metastasierend und werden daher mit einer intermediären Dignität klassifiziert. Sie liegen daher hinsichtlich ihrer Klinik und Prognose zwischen den benignen Tumoren und dem Chondrosarkom.

Die benignen Knorpeltumoren: Das Enchondrom und das Osteochondrom sind zugleich die häufigsten Vertreter in der Gruppe der chondroiden Tumoren. Ihre Inzidenz ist jedoch nicht sicher abzuschätzen aufgrund der Tatsache, dass sie häufig als Zufallsbefunde diagnostiziert werden und die Diagnosestellung meist keine chirurgische Therapie nach sich zieht. In radiologischen Studien werden in bis zu 3 % der Patienten inzidentiell diagnostizierte Enchondromen beschrieben [5, 6]. Es ist daher von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Daten aus Knochentumorregistern [7] beziffern den Anteil der Echondrome bei 23 % und den der Osteochondrome bei 48 % der chirurgisch therapierten Knorpeltumoren.

Im Gegensatz zum Enchondrom, welches in der Regel klinisch inapparent ist, werden die Osteochondrome aufgrund ihrer Klinik häufig schon im Kindes und Jugendalter diagnostiziert und einer chirurgischen Therapie (Abtragung) zugeführt.

Beide Entitäten lassen sich in der Bildgebung gut darstellen und sind, in Zusammenspiel mit der Klinik, meist ohne histologische Verifizierung sicher zu diagnostizieren.

Das Enchondrom ist ein medullär gelegener Tumor aus reifzelligem Knorpelgewebe in den metaphysären Abschnitten der Röhrenknochen. Übersichtsradiologisch treten diese Tumoren meist als Lodwick-IA-Läsion mit häufig grobscholligen Matrixverkalkungen in Erscheinung. In der CT-Bildgebung (besser als in der Röntgenübersicht) wird zum Teil eine endostale Kompakta-Auftreibung (Scalloping) beobachtet [8]. Expansive Knochenauftreibungen (Lodwick 1B) werden insbesondere bei Befall der kurzen Röhrenknochen des Handskeletts beschrieben und können trotz benignem Befund zu pathologischen Frakturen führen. Hierauf basierende sekundäre Knochendeformitäten sind meist Syndrom-assoziiert (M. Ollier, Maffucci-Syndrom) und gehen dann mit einem multifokalen Auftreten der Enchondrome einher. Histologisch ist das Enchondrom geprägt durch das Vorliegen reifzelliger Knorpelzellen, welche als Zellinseln von bis zu 1 cm Durchmesser im Markraum liegen, keine Zellatypien aufweisen und die Spongiosabälkchenstruktur respektieren.

Das Osteochondrom ist ebenfalls klassisch metaphysär in der Nähe der großen Wachstumsfugen lokalisiert. Hier sind das distale Femur, die proximale Tibia und das Becken die Prädelektionsstellen. Begründet liegt dies in ihrer postulierten Herkunft als versprengte Wachstumskeime der Wachstumsfugen [9]. Die entweder breitbasig (sessil) oder gestielt aus dem Markraum hervorgehenden Läsionen lassen sich im konventionellen Röntgenbild in 2 Ebenen eindeutig durch den kontinuierlichen Übergang der Spongiosabälckchenstruktur in die knöcherne Tumorbasis diagnostizieren. Diese Konfiguration ist pathogonomisch für das Osteochondrom. Der Überzug der knöchernen Basis mit hyalinem Knorpel kann gut in der MRT (speziell in der D3W- und FL2D-Wichtung) beurteilt werden. Knorpelkappendicken von bis zu 2 cm gelten als noch normwertig. Das dem Längenwachstum synchrone Wachstum der Osteochondrome sistiert mit Verschluss der Wachstumsfugen. Bei der multiplen Form der sogenannten Exostosenerkrankung (autosomal-dominater Erbgang) besteht bereits im frühen Kindesalter regelmäßig die Indikation zur Abtragung einzelner Osteochondrome, um einem Fehlwachstum der Extremitäten vorzubeugen. Bei diesen Patienten sind regelmäßige klinische Verlaufskontrollen angezeigt, um Achsdeviationen der Röhrenknochen rechtzeitig zu diagnostizieren und ihnen entgegenzusteuern (Abb. 1).

Weitere Vertreter aus der Gruppe der Knorpeltumoren sind das Chondroblastom und das Chondromyxoidfibrom. Sie sind beide lokal aggressive Tumoren des Stadiums II nach Enneking [10]. Beide Entitäten treten vornehmlich im Kindes- und Jugendalter auf. Klassischerweise besteht eine Ruhe- und/oder Belastungsschmerzsymptomatik, die dann zur weitergehenden diagnostischen Abklärung führt.

Beim sehr seltenen Chondroblastom (< 1 % der Knochentumoren) steht, aufgrund seiner bevorzugt epiphysären Lage in den langen Röhrenknochen, häufig eine Gelenkschmerzsymptomatik im Vordergrund. Das Chondroblastom weist in der Röntgenbildgebung regelhaft ein osteolytisches Knochendestruktionsmuster Lodwick IA bis IC auf [9]. Unspezifische Matrixverkalkungen und Wachstumsfugenbeteiligungen werden regelmäßig nachgewiesen. Die MRT zeig einen lobulierten Aufbau mit niedrigem Signalverhalten in den T2 gewichteten Sequenzen. Klassischerweise liegt ein ausgeprägtes perifokales Ödem als Zeichen einer Begleitentzündung vor, welche aufgrund der Gelenknähe zu einem teils erheblichen Gelenkerguss führt (Abb. 2a–c). Besonders in den STIR-Sequenzen ist dies eindrücklich nachzuweisen. Nicht selten zeigen sich in der histologischen Aufarbeitung des Präparats Anteile einer sekundären AKZ (Aneurysmatische Knochenzyste) oder auch Riesenzellen [11, 12].

Das Chondromyxoidfibrom weist histologisch eine teils chondroid, teils myxoide Struktur auf. Der Aufbau ist läppchenartig mit partiell homogenen Anteilen. Betroffen sind hauptsächlich die langen Röhrenknochen der unteren Extremität sowie der Talus. Röntgenmorphologisch präsentiert sich klassischerweise eine glatt berandete, ovaläre, teils randsklerosierte, metadiaphysär lokalisierte Läsion. Das Destruktionsmuster entspricht einem Lodwick-Grad 1B oder 1C. Matrixverkalkungen kommen selten vor und sind eher unspezifisch. In der MRT weist der Tumor in den mit Kontrastmittel gesättigten Sequenzen eine inhomogene Kontrastmittel-Aufnahme auf. Durch den meist hohen fibrösen Tumoranteil zeigt sich in der T1-Wichtung häufig ein muskelisointenses Signalverhalten (Abb. 3a–d) [13].

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