Übersichtsarbeiten - OUP 06/2016

Die instabile Hüftendoprothese
Ursachen, Diagnostik, BehandlungsoptionenCauses, diagnostics, treatment options

Nicht zuletzt ist zu prüfen, ob Osteophyten oder Zementreste für ein Impingement verantwortlich sind [64]. Ein Impingement kann durch Fremdkörper [65], Weichteile und den Kontakt von Prothese zu Knochen bzw. Prothese zu Prothese hervorgerufen werden (Abb. 8). Das Röntgenbild ist auf ausreichenden Abstand der Komponenten zueinander und auf Fremdkörper zu prüfen. Auch bei der Primäroperation nicht entfernte Pfannenrandosteophyten können als Hypomochlion bei einer Luxation dienen [19].

Die Sonografie bietet sich zum Ausschluss eines relevant en Ergusses an.

Neben den bildgebenden Untersuchungen gilt es auch, eine Protheseninfektion durch laborchemische Untersuchungen der Entzündungsparameter und eventuell eine Punktion auszuschließen.

Weiterführende Diagnostik: Falls weder Impingement, Malposition oder Weichteile für die Luxationen verantwortlich gemacht werden können und auch eine Imbalance der Weichteile weitgehend ausgeschlossen ist, ist bei dieser Befundlage eine Arthrografie oder Arthroskopie des Hüftgelenks in Betracht zu ziehen. So können auch kleine Weichteilstrukturen, die eingeschlagen sein können, nachgewiesen [66] und sofort therapiert werden [67].

Therapie

Eine Reposition der akuten Luxation sollte so rasch wie möglich, eventuell in Kurznarkose, erfolgen. Bei begleitender Gefäß-Nerven-Kompression muss diese unmittelbar durchgeführt werden. Anschließend erfolgt eine dynamische Bildwandlerkontrolle, die die Weichteilspannung der pelvitrochantären Muskulatur sowie einen möglichen Luxationsmechanismus beurteilt. Ein über 1 cm distrahierbarer Hüftkopf ergibt einen Hinweis auf eine sogenannte pelvitrochantäre Insuffizienz [28].

Bei rezidivierenden Luxationen oder bei eindeutiger Instabilität in der dynamischen Bildwandlerkontrolle im Rahmen der Reposition sollte sich die jeweilige Therapie an der Ursache orientieren [21, 19, 29, 30].

Konservative Therapie: Ist die Situation nach der Reposition unter dynamischer Röntgenkontrolle stabil, kann eine konservative funktionelle Therapie angestrebt werden. Die Effektivität von Hüftgelenkorthesen konnte wissenschaftlich noch nicht bewiesen werden [68] (Abb. 9), die Orthesen bieten dem Patienten und dem behandelnden Arzt subjektiv jedoch häufig eine zusätzliche Sicherheit, sodass die Indikation durchaus gerechtfertigt erscheint. Nach Erstluxation und bei gelungener geschlossener Reposition [69] sollte der geschädigten Kapsel die Möglichkeit zur Konsolidierung gegeben werden. Jede Luxation beeinträchtigt die Funktion der hüftstabilisierenden Muskulatur [2].

Operative Therapie: Zeigt sich bei der dynamischen Untersuchung eine instabile Situation, ist eine Revisionsoperation indiziert.

Weichteilverfahren: Als operatives Verfahren bei Gruppe-3-Instabilitäten stellt Stroemsoe [70] eine Stabilisierung der Weichteile mittels einer Fascia-lata-Lappenplastik vor. Er erzielte damit bei Patienten, die eine posteriore Instabilität aufwiesen, gute Ergebnisse, bei allen anderen Luxationswegen konnte mittels dieser Weichteilplastik keine Stabilisierung erreicht werden [70]. Es ist jedoch bei diesem Verfahren zu bedenken, dass durch ein sorgfältiges Vorgehen beim chirurgischen Wundverschluss des posterioren Zugangs bereits im Vorfeld eine posteriore Luxation minimiert werden kann [71]. Eine Verbesserung der Vorspannung scheint sinnvoller als eine Raffung von Weichteilstrukturen [29]. Außenrotations-/ Adduktionskontrakturen können mittels einer Tenotomie korrigiert werden, ohne dass eine offene Revision der Hüfte erfolgen muss. Für den Erfolg von Weichteilverfahren ist eine lückenlose Diagnostik unabdingbar.

Trochanterversetzung: Falls kein Malalignment vorliegt und sich im Röntgenbild eine Weichteilimbalance darstellt, kann eine Versetzung des Trochanters nach distal durchgeführt werden. Ekelund [72] postuliert eine inadäquate myofasziale Spannung, die durch eine Distalisierung des Trochanter major verbessert werden soll. In einer Serie von 21 Patienten erzielte er sehr gute postoperative Ergebnisse in 90,5 % der so behandelten Patienten [72]. Diese Ergebnisse konnten von Kaplan et al. [47] bestätigt werden, wobei diese Arbeitsgruppe eine bipolare Prothese als Kontraindikation für diese Operation ansah, da die Trochanterdistalisierung bei diesen Patienten keine Stabilisierung der Hüfte erreichen konnte. Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis empfehlen Kaplan et al. [47] eine sehr sorgfältige Refixation des Trochanters, da zum Teil nicht unerhebliche Migration und Non-Union festgestellt wurden.

Diese Methode scheint eine Möglichkeit zu sein, bei Weichteilimbalance durch Vorspannung der Glutealmuskulatur eine kräftigere Abduktionsfähigkeit zu erzielen. Bevor jedoch eine Osteotomie durchgeführt wird, sollte der Versuch gemacht werden, mit einer Schenkelhalsverlängerung mittels Änderung des Prothesenkopfs die myofasziale Spannung zu erhöhen, da die Versetzung des Trochanters im Vergleich zur Schenkelhalsverlängerung ein operativer Eingriff mit einer eigenen Komplikationsrate ist [61, 47]. Sind jedoch ein Trochanterabriss und eine Migration des Trochanters die Ursachen der Luxationen, sollte eine Distalisierung und Refixation des Trochanters erfolgen.

Schenkelhalsverlängerung: Ebenso wie die Trochanterversetzung eignet sich diese Methode zur Korrektur von inadäquater myofaszialer Vorspannung. Durch das Austauschen des Prothesenkopfs zur Verlängerung des Schenkelhalses kann zum einen die Weichteilspannung, zum anderen gleichzeitig auch der Abstand des Prothesenhalses zur Pfanne vergrößert werden. Im Gegensatz zum operativen Eingriff der Trochanterversetzung mit der Notwendigkeit einer Osteosynthese und Gefahr der Non-Union [72, 73, 74, 61, 47] erzeugt dieses Verfahren mit einfachsten Mitteln einen vergleichbaren Effekt. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass eine Prothesenkopfverlängerung auch eine Längenänderung der betroffenen Extremität nach sich zieht, der Patient ist über dieses Risiko aufzuklären [75].

Korrektur von Impingement-Ursachen: Ein Impingement kann, wie bereits dargestellt, durch die Prothese und Pfanne oder durch Fremdkörper und Osteophyten ausgelöst werden. Dabei sind folgende Untergruppen zu unterscheiden:

Prothesen-Prothesen-Impingement: Dies kann modellbedingt sein oder von der Relation Kopf-zu-Hals abhängig sein. Verschiedene Autoren empfehlen hier zunächst einen Wechsel auf einen größeren Prothesenkopf, gegebenenfalls auch die Wahl eines längeren Kopfs, um so den Prothesenkörper zu distalisieren [49, 76, 38] und das freie Bewegungsausmaß der Prothese zu verbessern [77].

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