Übersichtsarbeiten - OUP 07/2018
Moderne bildgebende Diagnostik der Arthrose im Allgemeinen und der großen Gelenke der unteren Extremität
Uwe Schütz1,2
Zusammenfassung: Das konventionelle Röntgen bzw. die Projektionsradiografie kann als Basisdiagnostikum der Arthrose bezeichnet werden. Ihre methodische Stärke ist die Darstellung ossärer Strukturen, sodass sich die für die fortgeschrittene Arthrose typischen sekundären Knochenveränderungen, v.a. durch Belastungs- und Spezialaufnahmen, besonders gut beurteilen lassen. Aufgrund der heutzutage vielfältigen Möglichkeit einer differenzierten, oft gelenkerhaltenden, konservativen oder operativen therapeutischen und oft auch prophylaktischen Intervention sind zur korrekten Indikationsstellung eine profunde Diagnostik mit eingehender körperlicher Untersuchung und eine spezifische, detaillierte Bildgebung bei Arthrosepatienten wichtig. Daher sollte bei der Arthroseabklärung nicht zu „minimalistisch“ rein röntgenorientiert agiert werden, sondern abhängig von differenzialdiagnostischen und differenzialtherapeutischen Erwägungen die Möglichkeiten einer erweiterten Schnittbildgebung, vorzugsweise die Kernspintomografie (MRT), zur zusätzlichen Informationsgewinnung bedacht und auch regelhaft angewandt werden. Die MRT kann aufgrund ihrer mannigfaltigen Vorteile in der Gewebedifferenzierung und Detaildarstellung und ihrer progredienten Innovation (z.B. auch im Bereich der funktionellen bzw. biochemischen Knorpelbildgebung) relevante Zusatz- und Detailinformationen liefern, welche sie in der Früh-, Art- und Aktivitätsdiagnostik der Arthrose im Rahmen der fortschreitenden Differenzierungen v.a. hinsichtlich der gelenkerhaltenden Arthrosetherapie und -prophylaxe zunehmend unverzichtbar erscheinen lassen. Eine adäquate Bildgebung ist gerade bei Arthrosen und Präarthrosen wesentlich, um Diagnosen zu sichern, die Prognose abzuschätzen und die optimalen Therapiewege differenziert und spezifisch planen zu können. Hierfür stehen als wesentliche ärztliche Werkzeuge im klinischen Alltag das Röntgen, die MRT, die Computertomografie, neuerdings auch die digitale Volumentomografie (DVT) und die Sonografie zur Verfügung. In dieser Übersichtsarbeit werden die Wertigkeiten dieser Modalitäten in der Diagnostik der Arthrose im Allgemeinen und im Speziellen diskutiert.
Schlüsselwörter: Arthrose, Arthritis, Gelenk, Knorpel,
Röntgen, Projektionsradiografie, Computertomografie, CT,
Kernspintomografie, Magnetresonanztomografie, MRT, DVT, CBCT, Sonografie, Ultraschall
Zitierweise
Schütz U: Moderne bildgebende Diagnostik der Arthrose im
Allgemeinen und der großen Gelenke der unteren Extremität.
OUP 2018; 7: 349–365 DOI 10.3238/oup.2018.0349–0365
Summary: Conventional X-ray or projection radiography can be described as a basic diagnostic of osteoarthritis (OA). Its methodological strength is the presentation of bony structures, so the secondary bone changes typical for advanced OA can be well assessed, especially when using weight-loading imaging and special projections. Due to today‘s diverse possibility of a differentiated, often joint preserving, conservative or operative therapeutic and often also prophylactic intervention, a profound diagnosis with targeted physical examination and a specific, detailed imaging in OA patients is important for the correct indication finding. Therefore, the diagnosis of OA should not be based on „minimalistic“ radiographic orientation, but depending on differential diagnostic and therapeutic considerations, the possibilities of extended sectional imaging, preferably magnetic resonance imaging (MRI), should be considered for additional information acquisition and be applied regularly.
Due to its manifold advantages in tissue differentiation and detail imaging and its progressive innovation, for example in the field of functional or biochemical cartilage imaging, MRI is able to provide relevant additional and detailed information, which can be used in the early, type and activity diagnostics of OA in the context of progressive differentiation, especially with regard to joint-preserving arthritis therapy and prophylaxis, and therefore appears increasingly indispensable. Adequate imaging is essential for OA and pre-arthrosis in order to ensure diagnosis, estimate the prognosis and to be able to differentiate and specifically plan the optimal treatment pathways. X-ray, MRI, computed tomography, and more recently also cone beam CT (CBCT) and ultrasound are available as essential medical tools in everyday clinical practice. In this review, the valences of these modalities in the diagnosis of OA in general and in particular are discussed.
Keywords: osteoarthritis, OA, joint, cartilage, X-ray, projection radiography, computed tomography, CT, magnet resonance
imaging, MRI, sonography, CBCT
Citation
Schütz U: Modern diagnostic imaging of osteoarthritis in general and of the large joints of the lower extremity.
OUP 2018; 7: 349–365 DOI 10.3238/oup.2018.0349–0365
1 Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Ulm
2 Orthopädie und Schmerzmedizin am Grünen Turm, Ravensburg
Einleitung
Für die „Arthrosis deformans“ (griech. arthron „Gelenk“, lat. deformare „verstümmeln“) hat sich im deutschsprachigen Raum weitgehend der Kurzbegriff „Arthrose“ für den degenerativen bzw. posttraumatischen Gelenkverschleiß durchgesetzt. Im angloamerikanischen Sprachraum hingegen wird das Krankheitsbild, unabhängig von seiner Ursache, generell als „Osteoarthritis“ (OA) bezeichnet und wird dadurch mehr der Tatsache gerecht, dass die phasenweise verlaufende Gelenkdegeneration relevant durch entzündliche Schübe gekennzeichnet ist. Im Folgenden wird die Arthrose mit OA (für Osteoarthrose) abgekürzt.
Epidemiologie
Die OA hat in Deutschland aufgrund ihrer hohen Prävalenz (Studie „Gesundheit in Deutschland aktuell 2012“, www.rki.de/geda: 23,8 %) eine gewichtige sozialmedizinische Bedeutung. In einem Befragungssurvey des RKI („Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland“, 2012, DEGS1) gaben 20,2 % aller Befragten zwischen 18 und 79 Jahren an, jemals eine ärztlich diagnostizierte OA gehabt zu haben (Frauen 22,3 %, Männer 18,1 %) [102, 106]. Die am häufigsten vorkommende altersbedingte OA zeigt jedoch klinisch und radiologisch eine deutlich unterschiedliche Prävalenz [102]. Die Prävalenzen einer radiografischen OA steigen bis zum 80. Lebensjahr bei männlichen Probanden auf 33 %, bei weiblichen auf 53 % an [106].
Klinische Einteilung
Die OA mit dem Befall eines (Monoarthrose) oder mehrerer Gelenke (Polyarthrose) kann unterschiedliche Ursachen haben. Nach heutigem Kenntnisstand ist die OA eine multifaktoriell bedingte degenerative Gelenkerkrankung, die zu einem fortschreitenden Umbau von Gelenkstrukturen führt und mit schmerzhaften Funktionseinschränkungen bis hin zum weitgehenden Funktionsverlust betroffener Gelenke verbunden sein kann. Klinisch werden die „primäre Arthrose“ (bedingt durch zunehmendes Alter und unspezifische Disposition) von den „sekundären Arthroseformen“ unterschieden [34]. Bei der ersteren handelt es sich um eine schrittweise Degeneration des hyalinen Gelenkknorpels im Rahmen des Alterungsprozesses, welche zu einer Dysbalance zwischen belastungsabhängigen katabolen Prozessen und regenerativ-anabolen Prozessen im bzw. zu einem progredienten Missverhältnis zwischen Belastung und Belastbarkeit des Gelenkknorpels führt. Bei der sekundären Arthrose läuft aufgrund einer mehr oder weniger bekannten Ursache der Krankheitsprozess im Vergleich zum „natürlichen Verlauf“ der primären OA beschleunigt bzw. vorzeitig ab.
Ätiopathogenese
Aufgrund der heterogenen Ätiologie der OA ist eine einfache und einheitliche Beschreibung der resultierenden pathophysiologischen und -genetischen Vorgänge im Rahmen der progredienten Schädigung des hyalinen Gelenkknorpels nicht möglich. Ohne vertiefte Kenntnisse über Makro- und Mikroanatomie der osteochondralen Einheit, der biomechanisch-physiologischen Zusammenhänge zwischen Gelenkanatomie und Gelenkfunktion und ohne Verständnis für die Äthiopathogenese der OA mit den zentralen Faktoren (Epi-)Genetik, (bio-)mechanischen Gelenkveränderungen im Verlauf einer OA und der Alterung des Arthrons, metabolische Einflüsse sowie Mechanismen der lokalen Inflammation sind die Voraussetzung zum Verständnis moderner OA-Bildgebung nicht vorhanden bzw. können die klinisch-radiologische Einzelbefunde nicht in ihrer Wertigkeit zum pathophysiologischen Korrelat adäquat eingeschätzt werden. Speziell hinsichtlich der (Patho-)Histologie des hyalinen Gelenkknorpels und der intrachondralen (Patho-)Physiologie und Biochemie als Schlüssel zum Verständnis moderner funktioneller bzw. biochemischer Knorpelbildgebung, wird auf die entsprechende Fachliteratur verwiesen.
Klinisch-radiologisches Bild
Weitet man die auf 100 % Übereinstimmung basierende Empfehlung der S2k-Leitlinie Gonarthrose [102] auf alle Gelenke aus, und dies zeigt auch die klinisch Praxis im Hinblick auf die möglichen vielzähligen Differenzialdiagnosen, so kann die Diagnose einer OA klinisch nur mit einem bestätigenden bildgebenden Verfahren gestellt werden. Die Bestimmung des Ausmaßes der Gelenkschädigung sollte nach radiologischen Kriterien erfolgen [102]. Diese radiologische Graduierung der Knorpel-/Gelenkschädigung darf jedoch nicht als relevantes Kriterium zur Bestimmung des aktuellen klinischen Schweregrades einer OA im Rahmen der klinischen Behandlungsroutine herangezogen werden. Der klinisch relevante Schweregrad der OA ist eher definiert durch klinische Leitsymptome, welche Schmerzcharakteristik, Funktionsstörung, Ergussbildung, Krepitus und Deformierung sowie deren Einfluss auf ADL und Lebensqualität sind. Es kann mitunter eine erhebliche Diskrepanz zwischen Bildbefunden und Symptomatik bestehen. So fanden Kellgren und Lawrence in der ersten groß angelegten epidemiologisch-radiologischen Studie bei nur 70 % aller Patienten mit deutlicher radiologischer OA auch relevante Beschwerden [51]. Ebenso sind die einzelnen Funktionsstörungen an den verschiedenen Gelenken unterschiedlich ausgeprägt. Ist bei der Gonarthrose die Gonalgie das Leitsymptom, so verursacht die Koxarthrose meist weniger Schmerzen, sondern behindert den Patienten eher durch die Funktionsstörung bei Gehen und Stehen.
Bei anderen Gelenken wiederum können erhebliche Veränderungen im Röntgenbild vorliegen, ohne dass die Patienten unter wesentlichen Schmerzen oder Funktionsstörungen leiden (z.B. Fingerarthrosen oder Hallux rigidus). Bei der Schulter, dem Ellenbogen- und Handgelenk, aber auch bei den Wirbelgelenken spielen der primäre Knorpelschaden bzw. die radiologische OA oftmals eher eine untergeordnete Rolle, hier bestimmen die Pathologien im Bereich der degenerativ veränderten Weichteile (Bänder, Sehnen bzw. der Bandscheiben) die Symptomatik. Aufgrund dieser Unterschiede schlägt auch das American College of Rheumatology (ACR) die Diagnose einer OA nach gelenkspezifisch differenzierten klinisch-radiologische Kriterien vor [115]. Die klinisch-anamnestische Befundlage unter eventueller Heranziehung von multidimensionalen klinisch-wissenschaftlichen Scores, (z.B. Oxford Score [80], Knee-Society-Score [43], WOMAC (Western Ontario and McMaster Universities Index) [99], KOOS: Knee Injury Osteoarthritis Outcome Score [100]) ist daher für die Einschätzung der aktuellen Bedeutung der OA für den einzelnen Patienten entscheidender als radiologische Kriterien. Anders verhält es sich hingegen bei Prognose hinsichtlich eines Gelenkzustands im Arthroseprozess, bei der Begutachtung bzw. auch in der epidemiologischen Forschung zur Ermittlung von Risikofaktoren für die Erkrankungen, hier werden klare und objektive Definitionen benötigt.
Arthrosebildgebung
In der deutschen Orthopädie wird hinsichtlich der OA im Generellen das klassisch-konventionelle Röntgen in 2 Ebenen (Rö: Projektionsradiografie) als primärdiagnostische Maßnahme angesehen, wesentliches Ziel sei die Erhebung des Status quo, was für die OA insofern ebenso gilt [11, 102 ,132]. Die moderne Bildgebung am Bewegungsapparat umfasst heute jedoch die Sonografie (US: Ultraschall), Rö, Röntgen-Fluoroskopie (RF: Durchleuchtung), Computertomografie (CT), Digitale Volumentomografie (DVT, engl.: „cone-beam CT“-CBCT)), Magnetresonanztomografie (MRT), Skelettszintigrafie bis hin zur Positronenemissionstomografie (PET) und den Kombinationsformen moderner Schnittbildgebung (PET-CT, PET-MRT). Vor diesem Hintergrund und aufgrund der heterogenen Ätiologie der Arthrose, der unterschiedlichen Gelenkformen und -lokalitäten mit den resultierenden biomechanisch differenten Einflussfaktoren auf die Arthrose und den konsekutiv multifaktoriell bedingten unterschiedlichen pathogenetischen, klinischen und pathomorphologischen Verlaufs- und Ausprägungsformen ist die modernde bildgebende OA-Diagnostik weitaus differenzierter zu betrachten und zu diskutieren, was sich auch in der umfangreichen und rasch progredienten muskuloskelettal-radiologischen Fachliteratur zur OA-Bildgebung widerspiegelt.
Bisweilen wird die Röntgendiagnostik in Standardeinstellung auch heute noch als Goldstandard der OA-Bildgebung bezeichnet, dies jedoch nur in orthopädisch-unfallchirurgischen Manuskripten [119]. Grundsätzlich hält der Autor diesen „Grundsatz“ jedoch für diskutabel, auch wenn der diesbezüglich relevante, degenerativ bedingte Verschleiß des hyalinen Gelenkknorpels in seiner modernen bildgebenden Darstellung bis heute in der spezifischen radiologischen Literatur hinsichtlich Klassifizierung und Graduierung nicht einheitlich zusammengefasst bzw. etabliert worden ist (s.u.).
Röntgenologische
Beurteilung der OA
Konventionelles Röntgen in 2 Ebenen (Projektionsradiographie)
In der orthopädischen OA-Dagnostik hat sich die Rö-Darstellung des betroffenen Gelenks in 2 Ebenen zur Diagnosesicherung der manifesten OA etabliert. Methodische Stärke des konventionellen Röntgens ist die Darstellung der ossären Strukturen, sodass sich nur die für die OA typischen sekundären Knochenveränderungen sehr gut beurteilen lassen [132]. Die konventionelle Rö-Bildgebung kann daher bei der bildgebenden Abklärung der OA nur die Basis für die Bestätigung der manifesten OA, die Beurteilung der individuellen Anatomie (z.B. Kalibrierung zur Planung einer Endoprothese) und ev. knöchernen Fehlstellungen bilden. Sie kann für Graduierung der OA im nicht mehr initialen Stadium herangezogen werden [42, 122].
Es gibt eine Vielzahl an Klassifikationen, um den Schweregrad einer OA nach der Röntgenmorphologie einzuteilen. Bei der Beurteilung des Schweregrads der OA ist daher immer die jeweils zugrunde liegende Klassifikation konkret anzugeben (Tab. 1). Die älteste und am meisten verwendete Klassifikation für die Koxarthrose und Gonarthrose stammt von Kellgren und Lawrence [51], Abb. 1.
Letztlich geht es in diesen projektionsradiografischen Klassifikationssystemen der OA um 5 wesentliche Befunde der OA (Abb. 2), welche bereits Studenten der Humanmedizin regelhaft in orthopädischen Kursen vermittelt werden: die Abnahme der röntgenologischen Gelenkspaltweite, die subchondralen Sklerosierungen, die Ausbildung von an die Gelenkflächen angrenzenden Appositionsosteophyten und die Ausbildung subchondraler Geröllzysten [42]. Des Weiteren können kalzifizierte freie Gelenkkörper, die Defomierung bzw. zunehmende Inkongruenz der ossären Gelenkpartner, Subluxationen und ein Gelenkerguss beobachtet werden [1].
Die subchondrale Sklerosierung als Verdichtung der Knochenbälkchen unter gleichzeitiger Verminderung der filigranen Vernetzung der Knochentextur gilt als röntgenologischer Hinweis auf eine länger andauernde Überlastung und entspricht einer Adaptationsreaktion des Knochens auf die nicht mehr ausreichend gegebene Dämpfungsfunktion des Knorpels [17]. Vermutlich ist der subchondrale Knochen evtl. viel wesentlicher an der Pathogenese der OA beteiligt als bisher angenommen [132]. Ihm selbst wird auch eine Rolle in der Ätiologie und Pathogenese der OA zugeordnet, da entsprechende Veränderungen am subchondralen Knochen bereits lange Zeit vor den histologischen Änderungen am Knorpel auftreten können [79, 89]. OA-Patienten mit einer vermehrten subchondralen Sklerosierung weisen im weiteren Verlauf eine signifikant vermehrte Höhenminderung des Gelenkknorpels auf [16]. Die Ätiopathogenese von Osteophyten ist bis dato unklar. Meist werden osteophytäre Appositionen als Versuch des Organismus verstanden, die Belastungsfläche des Gelenks zu vergrößern, wodurch die einzelne Flächeneinheit eine Reduktion der Kraftübertragung erfährt. Für diese Aussage gibt es aber keine Evidenz [34, 147]. Die Verschmälerung des röntgenologischen Gelenkspalts als indirektes Zeichen einer Verringerung der Knorpelhöhe ist bereits Ausdruck einer relevanten Knorpel-/Gelenkdegeneration (Tab. 1).
Digitale
Volumentomografie (DVT)
Die DVT als röntgenbasiertes Schnittbildverfahren zur 3-D-Rekonstruktionen der untersuchten knöchernen Strukturen hat ihren Ursprung in der Zahnheilkunde. Es ist durchaus mit dem CT vergleichbar. Im Gegensatz zum CT, bei dem der Röntgenstrahl sehr eng gebündelt ist, sendet das DVT einen kegelförmig auseinanderlaufenden Strahl aus. Im Englischen spricht man daher von einem „cone beam CT“ (CBCT). Die Aufnahmezeit beträgt im Vergleich zum CT nur wenige Sekunden. Der veränderte Strahlengang führt zu einer insgesamt höheren Bildauflösung und damit zu einer detaillierteren Darstellung ossärer Strukturen als im CT. Die Darstellung von Weichteilgewebe ist dahingegen auf Grund der Röntgenstrahlen nicht suffizient möglich, hier ist die MRT indiziert.
Die DVT ist relativ neu in die orthopädische Diagnostik eingeführt worden, sie hat noch keine weite Verbreitung. Die diagnostischen Standards, die von Röntgenbildern abgeleitet werden können, sowie definierte Richtlinien für die Indikationsstellung auf der Basis der DVT-Bildgebung werden in der Orthopädie noch erarbeitet und sind wissenschaftlich noch nicht ausreichend evaluiert. Die Strahlenbelastung ist im Vergleich zur diagnostischen Standard-CT-Untersuchung geringer (ca. –50 %), liegt aber doch höher als die einer Röntgenuntersuchung [73]. Die Befundung von DVT-Bildern ist auch Orthopäden nach Erwerb der Fachkunde Teilgebietsradiologie-DVT möglich. Dieser teilradiologische Fachkundenachweis ist Voraussetzung dafür, dass DVT-Untersuchungen ärztlich angeordnet und befundet werden dürfen. Weil eine konventionelle Röntgenuntersuchung zur Einhaltung der Diagnoserichtlinien ebenfalls immer notwendig ist, kommt die Strahlendosis bei der Anwendung des DVT immer hinzu, ersetzt aber zum derzeitigen Stand der Richtlinien noch keine anderen röntgenbasierten Untersuchungen. Daher muss der Anwender derzeit den medizinischen Mehrwert einer DVT-Untersuchung im Einzelfall gut begründen.
Durch die Kombination von 3D-Information und funktioneller Betrachtung mithilfe der DVT können Arthrosen mit Fehlstellungen unter funktionellen Aspekten (Gewichtsbelastung) von Knie-, Fuß- und Sprunggelenken im 3D-Bild dargestellt werden (Abb. 3). In der Zukunft kann das Einsatzgebiet in der erweiterten OA-Diagnostik bei der Beurteilung von begleitenden Fahlstellungen unter Belastung [129, 130], OP-Planung und p.o.-Verlaufskontrolle von OA-prophylaktischen Umstellungsosteotomien sowie der Beurteilung des Implantat-Knochen-Interface [46] liegen.
Computertomografie (CT)
Die CT spielt bei der Klassifikation des Schweregrads einer OA eine untergeordnete Rolle, da sie als röntgenologisches Schnittbildverfahren eine deutlich höhere Strahlenbelastung für den Organismus im Vergleich zur Projektionsradiografie (und DVT) impliziert [38, 113, 143], auch wenn sie im Vergleich überlagerungsfrei ist und die Kontrastunterschiede bei hohen Absorptionsdifferenzen (z.B. Knochen, Lunge) sehr gut sind. Die CT ist gut geeignet, um die Knochensubstanz, die anatomischen Verhältnisse und gelenknahe Deformierungen darzustellen. Mit ihr kann die Knochensubstanz vor endoprothetischer Versorgung im Einzelfall beurteilt werden. Weichteilkontraste bedürfen regelhaft der Kontrastmittelgabe, um diagnostische Aussagen, vor allem bei entzündlichen Erkrankungen intraartikulärer Strukturen (Synovia, Granulationsgewebe etc.), zu ermöglichen; diesbezüglich ist der MRT der Vorrang zu geben.
Die Entwicklung der subchondralen Sklerosen zeigt, dass das Stadium 1 der röntgenologischen OA-Klassifikationssysteme kein initiales bzw. frühes Stadium der OA im äthiopathogenetischen Sinn darstellen kann, sondern diese ossären Reaktionen v.a. als sekundäre bzw. Folgereaktionen (Knochenveränderungen) im Arthroseprozess zu interpretieren sind. Über die Situation am Gelenkknorpel lässt sich röntgenologisch nur indirekt etwas aussagen. Von zunehmender Bedeutung ist jedoch die Diagnostik der sogenannten Präarthrosen. Dazu zählen ätiologisch unterschiedliche Fehlstellungen, Fehlformen, intraartikuläre Pathologien (z.B. Labrumläsionen, Meniskopathien, Osteomalazien etc.), deren Gemeinsamkeit die frühzeitige Entwicklung einer OA ist, wenn sie ausgeprägt sind und unbehandelt bleiben. Andere bessere bildgebende Verfahren zur frühzeitigen OA-Diagnostik sind daher auch im klinischen Alltag gefragt, um dem gerechtfertigten Anspruch auf Früherkennung degenerativer Veränderungen am Gelenk gerecht werden zu können. Auch in Anbetracht eines vielfältigen und zunehmenden Spektrums unterschiedlicher konservativer und operativer Behandlungsmöglichkeiten von Knorpelschäden sowie evtl. Begleitpathologien [28] steigen die Anforderungen an eine suffiziente Knorpeldiagnostik. Hinsichtlich klinischer und tierexperimenteller Studien, wonach die frühzeitige operative Sanierung von Knorpelschäden einer verzögerten operativen oder konservativen Therapie überlegen ist, ist die nichtinvasive Knorpeldiagnostik im klinischen Alltag möglicherweise von einer bislang unterschätzten Bedeutung [15, 32, 104]. Diesbezüglich zeigt die MRT einen erhöhten diagnostischen Nutzen.
Kernspin-/Magnetresonanz-tomografie (MRT)
Die differenzierte schnittbildgebende Diagnostik des Gelenkknorpels ist die Domäne der MRT (Goldstandard). Das Krankheitsbild der OA beschränkt sich nicht nur auf den Gelenkknorpel und den angrenzenden subchondralen Knochen, sondern es bezieht insbesondere durch inflammatorische Prozesse auch intra- (Synovialmembran) und periartikuläre Strukturen (Kapsel, Bänder, Sehnen, Muskulatur) mit ein [139]. So beobachtet man häufig durch die chronische Fehlbelastung bei ausgeprägter OA Muskel-, Sehnen- und (oder) Bandschäden. Die MRT ist die bisher einzige Methode, mit der sich sämtliche Gewebestrukturen eines Gelenks (Knorpel, gelenknaher und subchondraler Knochen, Bänder, Synovia, Gelenk-Cavum mit oder ohne Erguss, Muskulatur, Sehnen, Gefäße und Nerven) bildlich darstellen lassen. Anatomische Gegebenheiten sind, im Gegensatz zur röntgenologischen Verfahren, exakt kompartimentell erfassbar. Darüber hinaus vermag die MRT eine begleitende Muskelatrophie darzustellen. Freie Gelenkkörper in Form von Knorpel-Knochen-Abschilferungen sind ebenfalls ein typisches Arthrosezeichen und mit der MRT sensitiver als mittels Röntgendiagnostik zu detektieren. Durch kleinste Abschilferungen kommt es bei OA zu einer reaktiven (Detritus-)Synovialitis mit Ergussbildung und Synovialisverdickung in der MRT, die als Zeichen der „Aktivierung“ gewertet werden.
Die Indikationen zur MRT mit Fokus Abklärung auf OA/Präarthrosen sind eine große Diskrepanz zwischen Klinik und röntgenologischem Schweregrad der OA, unklare Arthralgien und keine Symptombesserung unter konservativer Therapie, um dabei evtl. den Nachweis einer Frühform der OA zu bestätigen. Weitere Indikationen sind der Nachweis einer aktivierten OA (Knochenmarködem, Synovialitis, Erguss). Bereits geringgradige protonenassoziierte Gewebeveränderungen (Entzündung etc.) bedingen in der MRT eine Signalveränderung. Diese können in den T1- und T2-gewichteten Sequenzen und einer Vielzahl technischer Variationen (Fast- bzw. Turbo-Spin-Echo (FES/TSE), Gradienten-Echo (GE), Fettsättigungen (fs) oder Protonenwichtungen (PD) etc. – Protokolle der AG BVB der DRG (s. www.ag-bvb.drg.de – in mindestens 2 Ebenen erfasst und spezifisch charakterisiert werden. Insbesondere bei jungen Patienten bei klinischem OA-Verdacht ist die differenzierte Abklärung intraartikulärer Gewebe indiziert, v.a. Knorpel, beim Hüft- und Schultergelenk Pfannenlabrum bzw. Rotatorenmanschette, beim Kniegelenk auch Menisken, Kreuzbänder, Plicae (Abb. 4) etc. Knorpelschäden können sich durch eine ödematöse Knorpelschwellung, kleinere Knorpeldefektbildungen (Abb. 10), Fibrillationen, Delaminationen (Abb. 6a2) bis hin zum großflächigen Knorpelverlust (Abb. 11–12) äußern [139].
Arthrose-Klassifikation
mittels MRT
Die bekannteste und am meisten verwendete Methode zur Beurteilung von Gelenkknorpelschäden ist die Klassifikation nach Outerbridge [85]. Initial hat Outerbridge sein verlässliches Klassifikationssystem zur quantitativen, makroskopischen Beurteilung des Schädigungsgrads des retropatellaren Knorpels bei der Chondromalacia patellae im Rahmen der Kniegelenksarthroskopie entwickelt [19, 85, 86]. Dies wurde jedoch dann für alle chondralen Oberflächen des Kniegelenks auf die MRT mit deren TSE-Sequenz erweitert [12, 94] und liegt aktuell für alle Gelenke mit hyalinem Gelenkknorpel für die STIR-Sequenz (short time fast spin-echo inversion-recovery) zur Beschreibung der chondralen Situation bei OA im MRT vor [48, 78]. Nahezu alle aktuellen MR-Klassifikationssysteme zu Veränderungen am Gelenkknorpel basieren auf der Outerbridge-Klassifikation und lassen jedoch bis heute eine etablierte Graduierung der degenerativen Knorpelveränderungen mit Abgrenzung zu fokalen (posttraumatischen) Knorpelschäden vermissen [121, 134, 135]. Häufig wird dabei die Vallotton-Klassifikation verwendet, die in Analogie zur Outerbridge-Klassifikation steht [131]. In Erweiterung dieser initial 4-stufigen Klassifikation von 1961 wurde 2003 durch die International Cartilage Research Society (ICRS) das „ICRS Hyaline Cartilage Lesion Classification System“ veröffentlicht, das als internationale Standardklassifikation angesehen werden kann [102] (Tab. 2). Die Gradeinteilung von Knorpelschäden ist zur Abschätzung des Schwergrads und zur Planung weiterer Therapiewege von praktischem Nutzen.
Wertigkeit der Knorpel-MRT
Doch die derzeit in der klinischen Routine angewandte MRT ist bezüglich der Beurteilung des Schweregrads von Knorpelschäden keineswegs sehr genau. In vielen Studien wurde der diagnostische Nutzen der MR-Knorpeldiagnostik ermittelt, indem verschiedene Grade von Knorpelschäden zu einem positiven (z.B. Grad II bis IV) und einem negativen Befund (z.B. Grad 0 und I) zusammengefasst wurden [22, 72, 82, 94, 117, 142, 146]. Diese Vereinfachung entspricht sicher nicht den Anforderungen des behandelnden Arztes, der bei der Beurteilung ein möglichst exaktes Grading der Knorpelschäden benötigt. Auch die unterschiedlichen statistischen Methoden zur Ergebnisauswertung vieler Korrelationsstudien zwischen MR-Knorpelgrading und i.o.-Status führen mit zu den vorliegenden unterschiedlichen Ergebnissen [5, 8, 14, 24, 50, 76].
So zeigen Blackburn et al.: mit der Berechnung des CC nach Person eine „moderate“ Korrelation (r = 0,4) zwischen dem MRT- und Arthroskopie-(ASK) -Grading [8]. Hingegen zeigen 2 weitere Studien unter Verwendung des Spearman-Rank-Tests eine „hochsignifikante“ Korrelation (P > 0,0003 und
P > 0,0001) [14, 50]. Bei der Ermittlung der Intra- und Inter-Observer-Übereinstimmung rangieren die ermittelten Kappa (?) -Werte von einer „geringen“ (? < 0,4) bis hin zu einer „sehr guten“ (? > 0,8) Übereinstimmung [8, 24, 76]. Auch zeigen klinische Studien und Kadaveruntersuchungen, die sich mit den diagnostischen Werten (Sensitivitäten, Spezifitäten, Vorhersagewert) auseinandersetzen, eine große Streuweite. Hierbei rangieren beispielsweise die Sensitivitäten für höhergradige Schäden zwischen 31 und 100 % [5, 50]. Krampla et al. [59] fanden eine Sensitivität bei der Beurteilung der „Chondropathie“ von 33,8–44,7 % und eine Spezifität von 88,3–93,5 %. Die Inter-Observer-Korrelation betrug nur 0,26. Dabei hing die Reliabilität weniger von der technischen Ausstattung der MRT-Geräte ab (1,0–3,0 Tesla), allerdings fanden sich höhere Inter-Observer-Korrelationen bei Radiologen mit längerer Berufserfahrung. McNicholas et al. [76] beurteilen die Güte der MRT-Diagnostik ebenfalls schlecht und halten sie nur für die Beurteilung der dicken Knorpelschicht an der Patella oder Femurkondyle für valide. Schwerer ist hingegen die Beurteilung von Regionen mit dünner Knorpelschicht, z.B. im Bereich des Tibiaplateaus oder OSG.
MR-Technik Knorpelbildgebung
Den vorgenannten Studien lagen auch sehr unterschiedliche MRT-Techniken zugrunde. Dies spiegelt sich auch in den Literaturempfehlungen, in denen sehr unterschiedliche Sequenzprotokolle favorisiert werden (T2-TSE, PD-fs, Intermediär-Sequenzen), wider [4, 31, 67, 95, 105]. Spezielle MRT-Techniken verbessern die diagnostischen Möglichkeiten bei der Beurteilung des Gelenkknorpels. Schmid et al. [107] beurteilten die Reliabilität der Knorpeldiagnostik an der Patella bei Anwendung von MEDIC (2D multiple-echo data image). Für geringergradige Knorpelschäden (Grad 2) fanden sie dabei eine Genauigkeit von 79–81 % und bei tieferen Schäden (Grad 3–4) eine Genauigkeit von 83–91 %. Eine Besonderheit sind die sog. knorpelspezifischen Sequenzen, wie z.B. 3D-Spoiled-Gradient-Recalled-Echo (SPGR)-Sequenzen. Diese bieten eine hohe räumliche Auflösung, weshalb sie insbesondere zur Volumenabschätzung im Sinne einer quantitativen Knorpelbeurteilung v.a. im Rahmen von Längsschnittuntersuchungen empfohlen werden. Erhebliche Nachteile dieser Sequenzen sind eine reduzierte Visualisierung der Menisken sowie der knöchernen und ligamentären Strukturen, sodass sie im klinischen Alltag kaum zur Anwendung kommen [98].
Biochemische Knorpel-MRT
Mittlerweile stehen auch MRT-Techniken zur Verfügung, die es ermöglichen, die Knorpelvitalität bzw. -qualität darzustellen. Mit ihnen können Veränderungen innerhalb der Mikroarchitektur und der biochemischen Zusammensetzung des Knorpelüberzugs (Proteoglykane (PG), Kollagenfasern, Wassergehalt) detektiert werden, bevor morphologisch tatsächlich sichtbare Defekte entstanden sind, also Präarthrosen bzw. Frühformen der OA [42].
So können auch die Knorpelqualität vor OP, das Knorpelregenerat nach Mikrofrakturierung und die Vitalität und Integrität bei Knorpeltransplantaten beurteilt werden [97]. Am besten evaluiert ist von diesen Techniken die sogenannte dGEMRIC-Technik („delayed gadolinium-enhanced MRI of cartilage“) [148]. Prinzip ist die Tatsache, dass PG im Knorpel negativ geladene Seitenketten besitzen, die Glykosaminoglykane (GAG) [18]. Diese stoßen die ebenfalls negativ geladenen Kontrastmittelmoleküle (Gadolinium, Gd)) ab, sodass eine negative Korrelation zwischen dem Grad der PG und der Gd-Anreicherung im Knorpel besteht. Nach speziellem Ablaufprotokoll zur Gd-Gabe erfolgt die Messung der intrachondralen T1-Zeiten, z.B. mit 3-dimensionalen T1-gewichteten Sequenzen. Die ROI-Analyse der T1-Zeiten im Knorpelüberzug liefert ein indirektes, aber spezifisches Maß für die PG-Konzentration im Knorpel. Ein Verlust von GAG im Knorpel als frühes Zeichen der Knorpeldegeneration wird in der dGEMRIC durch T1-Zeit Erniedrigung angezeigt. Aber auch das dGEMRIC ist kein Garant für eine hohe Inter-Observer-Reliabilität. Tiderius et al.: [127] fanden dabei vor allem eine schlechte Inter-Observer-Varianz bei der Beurteilung dünner Knorpelschichten, z.B. im Lateralkompartiment des Knies.
Eine andere Methode, die ohne den Einsatz eines Kontrastmittels auskommt, ist das quantitative intrachondrale T2-Mapping. Hier lassen Messungen der T2-Relaxationszeiten im Knorpellayer mit zumeist 2-dimensionalen SE-Sequenzen Rückschlüsse auf den intrachondralen PG-, Kollagen- und freien Wassergehalt sowie die zonale Ultrastruktur, insbesondere der Kollagenorganisation und Kollagenfaserintegrität, des Knorpellayers zu. Neben dem Verlust an PG kommt es zu Veränderungen der extrazellulären Matrix und Schädigung innerhalb des kollagenen Fasernetzwerks. Ein Anstieg der T2-Zeiten, die farbkodiert dargestellt und mit anatomischen MR-Bildern gematcht werden (Abb. 12 und 13c), wird mit einer frühen Degeneration bzw. Zerstörung des Kollagenfasernetzwerks und mit einem erhöhten intrachondralem Gehalt an freiem Wasser in Verbindung gebracht. Auf der anderen Seite tragen viele Einflussfaktoren wie z.B. der Hydrierungszustand des Patienten oder der sog. „magic angle“-Effekt zum T2-Signal bei [25, 64, 77], weshalb auch gerne T2*-Maps gemacht werden (Abb. 12). Erhöhte T2-Werte fanden sich in Patienten mit Hüftdysplasie und früher OA (Kellgren-Lawrence 1–2) [84] und in Patienten mit femoraler Osteonekrose und erhaltener Sphärizität des Hüftkopfs, jeweils im Vergleich mit gesunden Kontrollgruppen [144].
Vor Kurzem konnte mit dieser Technik erstmals nachgewiesen werden, dass sich humaner hyaliner Gelenkknorpel unter Laufbelastung regenerieren kann, was in der OA-Forschung so bisher in vivo beim Menschen nicht gelungen ist [110, 111]. Ein Nachteil der Technik ist die fehlende Spezifität für den Gehalt an GAG-Molekülen im Knorpel bei allerdings deutlich reduzierter Untersuchungsdauer. Neuere Untersuchungen deuten auf einen Vorteil der Kombination aus T2-Mapping und dGEMRIC hin, die dann eine hohe Sensitivität und Spezifität kombinieren [63, 7], aber natürlich auch einen deutlichen zeitlichen Aufwand implementieren. Diese Techniken sind daher derzeit im Routinebetrieb nicht etabliert und zumeist Gegenstand wissenschaftlicher Studien.
3T-MRT
Eine weitere Perspektive zur Verbesserung der MRT-Bildgebung des Gelenkknorpels könnten höhere Feldstärken sein, klinisch im 3-Tesla-Bereich (3T), da sie sich gegenüber niedrigeren Feldstärken durch eine höhere Signalausbeute auszeichnen [108]. In Studien mit gesunden Probanden wurden sowohl für quantitative Parameter wie die Dicken- und Volumenmessung des Gelenkknorpels als auch für qualitative Parameter, wie das Signal-Rausch- und Kontrast-Rausch-Verhältnis, gute Ergebnisse am 3T-MRT nachgewiesen [26, 33]. Vergleichende experimentelle Untersuchungen an einer 1,5- und 3T-MRT an Schaf- und an Schweinekniegelenken zeigten am 3T-MRT bei sämtlichen MRT-Sequenzen höhere Detektionsraten für die Diagnostik iatrogener Knorpelschäden [71, 109]. Klinische Studien zur 3T-MRT zeigen für die Diagnostik unterschiedlicher Schweregrade von Knorpelschäden vergleichsweise gute diagnostische Werte mit Sensitivitäten von bis zu 91 % [53, 54, 55, 133, 142]. Jedoch beziehen sich diese Untersuchungen zum diagnostischen Nutzen der MRT vor allem auf traumatische Knorpelschäden, wohingegen der diagnostische Nutzen bei degenerativen Knorpelschäden doch deutlich eingeschränkt ist [134, 135]. Bei Untersuchungen am 3T-MRT, die explizit auf degenerative Knorpelschäden gerichtet waren, liegt die Wahrscheinlichkeit nur zwischen 39–72 %, dass sich bei einem auffälligen MRT-Befund auch arthroskopisch ein exakt entsprechender Schaden findet [136]. Dies zeigt, dass ein dezidiertes Grading von Knorpelschäden auch mit der 3T-MRT nicht mit abschließender Sicherheit möglich ist!
MR-Zusatzbefunde
In diesem Zusammenhang sollte der kaum ersetzbare Nutzen der MRT zur Darstellung weiterer typischer Befunde einer OA wie Knochenmarködemen, Osteophyten, Sklerosezonen, Zysten etc. erwähnt werden (Abb. 5). So zeigen mehrere Studien, dass Osteophyten und Gelenkergüsse im MRT signifikant mit klinischen Befunden wie Schmerzen und Bewegungseinschränkungen des Kniegelenks assoziiert sind [9, 58, 66]. Im Gegensatz zum Röntgen verfügt die MRT über mehrere hochsensitive und hinreichend spezifische Kriterien für den frühzeitigen Nachweis einer akuten Entzündung. Durch Kontrastmittelgaben können zum einen anatomische Gewebedifferenzierungen im Kontrast gesteigert werden, insbesondere aber pathologische Gefäßreaktionen wie z.B. bei Entzündungen als „enhancement“ artdiagnostisch genutzt werden. Demnach ist es durchaus von Interesse, entsprechende Befunde bei der Beurteilung des Patienten einzubeziehen. In verschiedenen epidemiologischen Studien bzw. auch Therapie-Kontrollstudien werden daher heute MRT-Scores verwendet, die eine Gesamtschau aller Befunde im Gelenk umfassen. Die bekanntesten MRT-Scores sind dabei der Whole-Organ Magnetic Resonance Imaging Score (WORMS) and Boston-Leeds Osteoarthritis Knee Score (BLOKS) [91, 40]. Diese schließen alle bei der Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse ein. Für die klinische Praxis sind diese sehr aufwendigen Auswertungen jedoch derzeit untauglich. Möglicherweise erlangen diese Scores aber in Zukunft durch digitale Bildanalyse größere Bedeutung.
Sonografie (Ultraschall)
Liegt klinisch und anamnestisch eine akute Aktivierung einer OA mit deutlicher Flüssigkeitsbildung im Gelenk vor, kommt neben der klinischen Symptomeinschätzung und der laborchemischen Diagnostik (klinische Chemie, ggf. Mikrobiologie) der Bildgebung ein wesentlicher Beitrag in der Diagnosestellung zu [128]. Die Sonografie ist indiziert, wenn es um die Erstdifferenzierung einer „unklaren“ Gelenkschwellung geht. Die Trennung solider von flüssigkeitsbedingten Befunden ist hochsensitiv möglich. Die einfache Handhabung und hohe Verfügbarkeit macht die Sonografie [47] in Praxis und Klinik zum ersten orientierenden bildgebenden Verfahren bei der aktivierten OA mit Ergussbildung und/oder Schwellung im Gelenkbereich [11], sie spielt jedoch als Organsonografie in der reinen OA-Abklärung keine Rolle [124]. Die Sonografie hängt bekanntermaßen sehr vom individuellen Erfahrungsstand des Untersuchers ab [47]. Die Artdiagnostik der Entzündungszeichen ist hingegen regelhaft nicht zu führen. Jedoch kann die fokussierte Sonografie einen Verdachtsbefund symptomorientiert erkennen oder ausschließen. Sie ermöglicht, wichtige Befunde (Luxation, Erguss, Synovialitis, Bursitis etc.) in guter diagnostischer Genauigkeit zu erheben, ohne dass eine hochspezialisierte Befähigung vorausgesetzt werden muss. Sie kann jedoch die Röntgenuntersuchung zur OA-Abklärung nicht ersetzen, aber in bestimmten Fällen eine dann unnötige additive MRT-Untersuchung einsparen helfen. So sollte z.B. zum Nachweis einer Bakerzyste keine MRT erforderlich werden, es sei denn, dass die intraartikuläre Pathologie mit abgeklärt werden muss.
Bildgebung bei Koxarthrose
Die Koxarthrose ist die am häufigsten vorkommende nicht-traumatische Erkrankung des Hüftgelenks, die in Deutschland zur Versorgung von mehr als 200.000 Patienten jährlich mit einer Hüft-Totalendoprothese (TEP) führt [125]. Auffällig ist bisweilen eine Diskrepanz zwischen radiologischem Befund und Klinik. So können Patienten mit ausgeprägten radiologischen Veränderungen nur milde Symptome haben und Patienten mit leichten Röntgenbefunden über starke Schmerzen klagen. Generell können 2 unterschiedliche Formen der Koxarthrose differenziert werden: dDie generalisierte, symmetrische bzw. multifokale Koxarthrose, mit einem gleichmäßigen Knorpelverlust an Femurkopf und/oder Azetabulum mit Dezentrierung des Hüftkopfs und die lokal umschriebene Koxarthrose, welche nur Teilbereiche des Femurkopfs und/oder Azetabulums betrifft.
Hüft-Röntgen
Zur konventionellen Röntgenbildgebung als Arbeitspferd der Koxarthrose-Diagnostik zählen die Beckenübersichtsaufnahme im a.p.-Strahlengang im Stehen, eine axiale Aufnahme (Lauenstein, Dunn) zur Beurteilung des Schenkelhalses und im Idealfall eine Faux-Profil-Aufnahme [21]. Im fortgeschrittenen Stadium der generalisierten Koxarthrose ist der Femurkopf walzen- oder pilzförmig deformiert. Mit der Gelenkspalt- bzw. Knorpelverschmälerung verändert der Hüftkopf relativ zur Pfanne seine Position. Die Wanderung des Hüftkopfs erfolgt entweder vorzugsweise nach kranial (kombiniert mit einer anterolateralen oder anteromedialen Bewegung), seltener nach axial oder medial [41]. Im fortgeschrittenen Stadium der fokalen Koxarthrose können neben den typischen Zeichen z.B. beim FAI ebenfalls eine röntgenologische Gelenkspaltreduktion von mehr als 2 mm und andere OA-Zeichen als negativer Prädiktor dargestellt werden. Konventionelle Röntgenaufnahmen des Beckens und der Hüftgelenke in 2 Ebenen unter Belastung können jedoch in den Frühstadien nur erste Hinweise auf die Notwendigkeit eines chirurgischen Eingriffs aufzeigen.
Becken-CT
Die CT hilft in der frühen Phase der Koxarthrose nicht bei der Diagnosestellung hinsichtlich eines Knorpelschadens. Mit der Möglichkeit ihrer multiplanaren und 3-dimensionalen Rekonstruktionen (MPR) kann die CT jedoch insbesondere Deformitäten in ihrer Komplexität detailliert darstellen, und sie ist auch hinsichtlich der Darstellung einer subchondralen Sklerose und Knochenzysten und Veränderungen des Gelenkspalts sowie kleiner Osteophyten bzw. freier Gelenkkörper sensitiver als die Projektionsradiografie. Daher ist im Einzelfall im Rahmen der individuellen Nutzen-Risiko-Analyse der Vorzug der CT gegenüber Röntgenspezialaufnahmen bei der Koxarthrose, gerade im prä- und postoperativen Kontext (Planung, Verlaufskontrolle) in Bezug zur erhöhten Strahlenexposition des Patienten abzuwägen [139].
Ursachen der Koxarthrose
Die Ursachen der generalisierten Koxarthrose sind vielfältig und werden häufig unter dem Begriff der primären Koxarthrose zusammengefasst. Es gibt Hinweise, dass diese genetische, systemisch-metabolische oder auch umweltbedingte Ursachen hat, aber nur selten kann eine eindeutige Ursache für diese Verlaufsform sicher benannt werden; sie wird daher auch oft als idiopathische Form beschrieben. Im Gegensatz dazu sind sekundäre, in der Regel fokale Koxarthrosen meist erworben und die Ursachen heutzutage dank moderner Bilddiagnostik meist gut eruierbar. Dabei ist das femoroazetabuläre Impingement (FAI) ein wichtiger Aspekt, da sich häufig lokal umschriebene Knorpelschäden bei dieser Fehlkonfiguration des Kopf-Schenkelhals-Übergangs finden. Beispiele für weitere präarthrotische Deformitäten an der Hüfte sind Dysplasien und Fehlrotationen wie die kindliche Hüftdysplasie, die kindliche Hüftluxation und die hereditäre epiphysäre Dysplasie, chronische Überlastung wie bei Z.n. Frakturen, die Hüftkopfnekrose, der M. Perthes und die abgelaufene Epiphysiolysis [126].
Femoroazetabuläres
Impingement (FAI)
Die Prävalenz des FAI in der jungen Bevölkerung beträgt 10–15 % [138]. Bei einem Cam-Impingement führen wiederkehrende Impingement-Bewegungen (Flexion/Innenrotation/Abduktion) zu repetitiven Mikrotraumata mit einer Erhöhung der Scherkraft am ventralen Azetabulum, die sekundär zu einer Delamination und Destruktion des Knorpels führen [70, 96, 120]. Erst verspätet führt im Gegensatz dazu das Pincer-Impingement zu einer OA, das sich in der vermehrten Überdachung des Femurkopfs oder Retroversion des Azetabulums äußert [92]. Die Charakteristik für diese Art der OA ist das Einhebeln des Femurkopfs in die Hüftpfanne, wodurch Knorpelschäden im dorsalen Azetabulum entstehen. In Abhängigkeit zur Ausprägung des jeweiligen Impingement-Typs variieren diese Knorpeldefekte stark in ihrer Ausdehnung. Allerdings treten gravierendere Schädigungen des Azetabulums beim Cam-FAI auf [6]. Neben den Knorpelschäden Grad 4 mit der hierfür typischen „Knorpelglatze“ imponiert arthroskopisch ebenfalls die Delamination, welche sich im Vorfeld nur schwer per MRT oder sonstiger bildgebender radiologischer Diagnostik nachweisen lässt [125]. Man sollte grundsätzlich mit der Diagnose eines FAI vorsichtig umgehen. Die definitive Diagnose sollte nur aus der Kombination typischer klinischer Symptome und der Bildgebung gestellt werden und nicht nur beispielsweise aufgrund eines grenzgradigen ?-Winkels. Die Bildgebung sollte durch eine MRT hinsichtlich FAI abgerundet werden [49].
Durch die Weiterentwicklung der arthroskopischen Techniken in den letzten Jahren und der Verbesserung der Bildgebung zur Diagnosefindung und Indikationsstellung ist man zunehmend in der Lage, Prognosen über einen arthroskopischen Eingriff zu machen. Die fokale Chondropathie der Hüfte als Präkoxarthrose (Abb. 6a) ist daher möglichst früh zu detektieren, sei sie nun postoperativ, posttraumatisch, anlagebedingt (Hüftdysplasie, Deformität) oder idiopathisch bzw. bezüglich der Genese nicht spezifizierbar, damit eine spezifische Therapie ermöglicht werden kann, was eine spätere klinisch progrediente Koxarthrose verhindern bzw. eine solche Entwicklung deutlich prolongieren kann.
Gelenkerhalt vs. TEP bei
initialer fokaler Koxarthrose
Durch die gelenkerhaltende, spezifische Hüftarthroskopie bei differenzierter Diagnostik der Ursachen einer Früharthrose am Hüftgelenk kann der fokale Koxarthroseprozess häufig verlangsamt werden, im günstigsten Fall lässt er sich sogar aufhalten. Zur Indikationsstellung kann die ergänzende MR-Bildgebung der Hüfte in Kombination mit der röntgenologischen Bildgebung helfen, die Erfolgsaussichten einer hüftgelenkerhaltenden (therapeutischen) Arthroskopie/Operation sehr differenziert zu stellen und genügend abzuschätzen [125]: leichter Knorpelschaden bis Outerbridge Grad < 4 mit erhaltenem oder nur leicht verschmälertem Gelenkspalt (> 2 mm) [116], leichter fokaler Knorpelschaden bis Outerbridge Grad < 3 und Cam-/Pincer-FAI [30, 35], leichter Knorpelschaden bis Outerbridge Grad < 3 und Labrum-Läsion [74]. Eine gelenkerhaltende ossäre operative Maßnahme (reorientierende Beckenosteotomien) ist bei der schmerzhaften Hüftdysplasie mit einem CE-Winkel < 26° zu wählen, hier hat eine Arthroskopie wenig Aussicht auf Erfolg [10, 49]. Bei jungen Patienten können auch mit einer Dysplasie-Koxarthrose gute Ergebnisse mittels Tripple- bzw. 3-fach-Beckenosteotomie (3FBO) vorgewiesen werden. Zusätzlich sind auch andere Pfannenpathologien wie die Retroversion der Pfanne mit sekundärem Pincer-Impingement gut zu behandeln. Ein erhöhtes Risiko zum Wechsel des operativen Vorgehens weg von der gelenkerhaltenden hin zur gelenkersetzenden Operation (Hüft-TEP) muss neben den beiden negativen Prediktoren BMI > 27 [10] und Patientenalter > 40 [103], gesehen werden bei: Gelenkspaltbreite < 3 mm mit Knorpeldefekt Outerbridge Grad < 4/Tönnis Grad > 1 [37, 62, 93, 116 ], tiefer Knorpelschaden Outerbridge Grad > 2 und Cam-/Pincer FAI [23, 35, 74, 75, 103 ], tiefer Knorpelschaden Outerbridge Grad > 2 und großer ? -Winkel [116], Knorpeldefekte > 4 cm2 [30].
Hüft-MRT
Neben der Hüftarthroskopie wird der MRT der Hüfte bei der Früherkennung von intraartikulären Pathologien eine wichtige Rolle zugeschrieben, besonders zur Diagnostik der frühen Koxarthrose. In frühen Stadien der OA können Begleitpathologien wie Labrumschäden und lokale Knorpeldefekte mittels MRT gut diagnostiziert werden. Sie zeigen sich auf der azetabulären und femoralen Seite in Form von Delaminationen (Abb. 6a2), chondralen Ulzerationen und Knorpelausdünnungen, subchondralen Zysten (Abb. 7) und Knöchenödemen (Abb. 6b2) in belasteten Zonen und werden als ungünstige Prädiktoren angesehen [29]. Darüber hinaus sollte die MRT im Einzelfall zur präoperativen Abklärung der tatsächlichen Knorpelschädigung vor gelenkerhaltenden periazetabulären Osteotomien bei jungen Erwachsenen eingesetzt werden (z.B. 3FBO-Osteotomie), denn die klinischen Ergebnisse nach gelenkerhaltenden ossären Korrekturoperationen sind in der Regel abhängig vom Grad der präoperativen Knorpelschädigung [139].
Hüft-MRT-Technik
Wichtig ist festzuhalten, dass eine korrekte Interpretation von Knorpelsituation und Pfannenlabrum am Hüftgelenk mittels MRT nur möglich ist, wenn die besondere Situation erkannt und damit die Hüft-MRT je nach Fragestellung technisch optimal umgesetzt wird. Ansonsten wird die Knorpeldiagnostik im MRT an der Hüfte unzulänglich sein bzw. bleiben! Dies bedeutet konkret: Am Hüftgelenk beträgt die Knorpeldicke azetabulär maximal 2 mm, und sie verhält sich dort zentripedal; am Femurkopf beträgt sie maximal 2,5–3 mm und verhält sich zentrifugal [90]. Die dickste Stelle des azetabulären Knorpels liegt in der Hauptbelastungszone medial des Pfannendacherkers, und der dickste Knorpel am Hüftkopf liegt knapp lateral der Fovea capitis [41]. Zudem sind Femurkopf und Azetabulum von der Form sphärisch. Es sind also dünnschichtige hochauflösende Sequenzen notwendig mit an der Sphärizität orientierten Schnittführungen, eine sogenannte radiäre Hüft-MRT [44, 140], (z.B. 3D-Sequenzen mit Isovoxel < 1 mm). Es wird vom Autor dringend empfohlen, als zusätzliche Sequenz eine radiäre Schichtung um den Schenkelhals anzuregen, nur so werden Labrum und Knorpel aufgrund der Sphärizität des Hüftgelenks orthogonal und damit adäquat beurteilbar abgebildet (Abb. 7).
Des Weiteren wird die Darstellung als direkte MR-Arthrografie ggf. mit Beintraktion empfohlen, um den Anforderungen an eine therapieentscheidende Befundqualität gerecht werden zu können [20, 56, 69, 81, 83, 141, ]. Da bei Labrumläsionen oft kein Gelenkerguss vorliegt und das Labrum auch beim Gesunden oft ein heterogenes Signal aufweist, führt die Distension des Labrumrisses durch direkte MR-Arthrografie zu einer verbesserten Diagnostik mit einer Sensitivität/Spezifität von 90–95 %/91 % [68]. Die direkte MR-Arthrografie ist die beste Bildgebungsmodalität zur präoperativen Beurteilung eines Labrum- oder Knorpelschadens am Hüftgelenk [123]. Aktuelle Techniken wie das dGEMRIC ermöglichen eine genauere Beurteilung von chondralen Defekten, müssen jedoch noch ihren Nutzen demonstrieren und werden aktuell nicht als Standardverfahren im klinischen Alltag eingesetzt.
Bildgebung bei Gonarthrose
Auch bei der Besprechung der bildgebenden Abklärung der Kniearthrose muss unabhängig von der Ursache der Knorpeldegeneration zwischen den verschiedenen Formen im Kontext zum klinischen Bild differenziert werden; Die fokale Arthrose und die Früharthrose sind von der generalisierten OA zu unterscheiden, welche sowohl isoliert als auch kombiniert im Femorotibialgelenk (FTG) bzw. Femoropatellargelenk (FPG) auftreten können.
Röntgen Knie
Für die röntgenologische Gelenkspaltweite des Kniegelenks geben Lanyon et al. Normalwerte an, unterhalb derer eine mittelschwere bis schwere Gonarthrose anzunehmen ist [61]. Eine Verminderung des röntgenologischen FTG-Spalts auf < 5 mm (lateral) bzw. 4 mm (medial), ggf. noch die Ausbildung von Osteophyten von > 2 mm gelten als sicheres Kriterium für das Vorliegen einer Gonarthrose. Weiterhin können Veränderungen der Beinachse (Verschiebung der Traglinie nach Mikulicz (Abb. 8a), Veränderungen im Varus- oder Valgus-Winkel [52] usw.) messbare Kriterien für den Schweregrad der OA sein. Bei der Beurteilung solcher absoluten Werte muss man jedoch in die Beurteilung immer die Einflussfaktoren der Projektionstechnik in Betracht ziehen, um zu einer sachgerechten Interpretation der Bilddaten zu gelangen: den Vergrößerungsfaktor (es empfiehlt sich die Verwendung einer Kalibrierungskugel, Abb. 8a) und die Relationen zu Körpergröße, Geschlecht und Patientenalter.
Bei der röntgenologischen Gonarthroseabklärung ist im deutschen Sprachraum die Einbeinstandaufnahme bei gestrecktem Kniegelenk weit verbreitet, die sog. Flamingoaufnahme (Abb. 8c). In anderen Ländern (Frankreich, USA, Kanada) wird dagegen vornehmlich eine Belastungsaufnahme bei 45° gebeugtem Kniegelenk als sog. Rosenbergaufnahme oder Schuss-View (Abb. 8b) durchgeführt. Hierbei wird die Röntgenröhre um ca. 10° geneigt, um die Orientierung des Tibiaplateaus zu berücksichtigen und so den Gelenkspalt frei zu projizieren. Der Vergleich zwischen der Einbeinstandaufnahme bei gestrecktem Knie und der Belastungsaufnahme in Beugung ergab in der Rosenbergaufnahme eine höhere Empfindlichkeit für das Erkennen von Knorpelschäden [101], (Abb. 8).
MRT vs. Röntgen
2005 beschrieben Hayes et al. [36] signifikante Korrelationen zwischen dem röntgenologischen Schweregrad der Gonarthrose (Kellgren-Lawrence-Score) und 7 MRT-Entitäten am Kniegelenk (Knorpelläsion, Osteophyten, Sklerose, Meniskusläsion, Bandläsion, Gelenkerguss, Synovitis) bei symptomatischen Patientinnen. Diese Korrelation aus dem röntgenologischen Befund einer OA wurde von verschiedenen Autoren spezifisch für die verschiedenen MRT-Entitäten bestätigt, z.B. für die mukoide Degeneration des vorderen Kreuzbandes [60], was die Wertigkeit des MRT zur Detektion spezifischer intraartikulärer Pathologien als negative Prädiktoren und Einflussfaktoren einer Gonarthrose bestätigt. Wie Abbildung 9 zeigt, entgehen dem Untersucher in der Projektionsradiografie jedoch in einigen Fällen relevante OA-Zeichen, welche die MRT gut abbildet und die OA in einem anderen Stadium erscheinen lässt.
Knie-MRT
Huetink et al. [39] haben 2010 konstatiert, dass die symptomorientierte MRT-Abklärung bei der fokalen FTG-OA bereits eine Dekade früher spezifische Risikofaktoren im Kniegelenk detektieren kann (z.B. Meniskusläsionen, Kreuzbandläsionen). Andererseits können fs-Sequenzen in der MRT des Kniegelenks im gesunden Knorpel uneinheitliche chondrale Signalgebungen bzw. eine hohe Signalnormvariabilität zeigen, verursacht durch Knorpelausdünnung oder verschiedene laminare Knorpelausrichtungen oder eine Korpelpathologie vortäuschen, die eine erhöhte Gefahr der Fehldiagnose einer fokalen Chondropathie/Chondromalazie birgt [145]. Es ist für die Ausschlussdiagnostik einer (fokalen) Früharthrose am Kniegelenk von entscheidender Bedeutung, dass eine der Fragestellung entsprechend adäquate und spezifische Sequenzierung ausgewählt wird und dass diese bildgebenden „pitfalls“ dem MR-Befunder bekannt sind. Nur so ist eine akkurate (Ausschluss-)Diagnostik von degenerativen Gelenkknorpelveränderungen gewährleistet bzw. kann eine falsch positive Befundung verhindert werden. Der Autor plädiert daher an die Einhaltung von Facharztstandards, die MRT-Durchführung und Befundung gehören in die Hände des MRT-versierten Radiologen bzw. von MRT-spezialisierten Teilradiologen.
Beim patellofemoralen Schmerzsyndrom kann das Nativröntgen des Kniegelenks in 3 Ebenen (a.p. im Stand, streng seitlich und tangential) nicht mehr als Standarddiagnostik angesehen werden, und der MRT ist hier bei klinisch spezifischer Symptomatik der Vorzug bei der Abklärung des FPG zu geben. Die MRT-Untersuchung kann die Röntgendiagnostik unterstützen oder ergänzen [137]. Chondrale Läsionen und ossäre Reaktionen sind gut darstellbar. Weichteilige Veränderungen wie Plicae (Abb. 4) oder Hoffareizungen (Abb. 10) und eine Ergussbildung (Abb. 9 und 11) können exakt abgebildet werden [87, 114]. Die Ergebnisse der klinischen Untersuchung steuern die notwendige und sinnvolle Bildgebung zur Bestätigung und Quantifizierung der Befunde mit Graduierung oder Typisierung einzelner Komponenten. Zusätzlich können pathologische Veränderungen des FPG entdeckt und beurteilt werden. Je weniger strukturelle Veränderungen festgestellt werden können, umso wahrscheinlicher sind funktionelle Aspekte Auslöser der Problematik.
Knie-MR-Technik
Bereits 2004 haben Dunn et al. [25] beobachtet, dass die intrachondrale FTG T2-Relaxationszeit (T2-Map) mit der Schwere der OA (WOMAC) ansteigt. Die Wertigkeit des Knorpelmappings in der Einschätzung degenerativer Veränderung des Kniegelenkknorpels hat sich über die Jahre bestätigt und das Verfahren ist im wissenschaftlichen Bereich etabliert. So zeigt eine innermethodische Analyse asymtomatischer Erwachsener hinsichtlich der Korrelation von T2-Signalcharakteristik und arthrosespezifischen morphologischen Kniebinnenveränderungen bzw. Abnormalitäten (Entitäten sind oben beschrieben) eine signifikante Korrelation im FTG-Kompartiment [88]. Diese Ergebnisse zeigen, dass sich das T2-Mapping der Gelenkknorpel in longitudinaler Anwendung als eine prophylaktische Methodik zur Früherkennung arthrosegefährdeter Individuen etablieren kann, bevor ein relevanter Knorpelschaden entsteht. In der Forschung ist dieses Verfahren bereits etabliert (Abb. 12), [111, 110].
MRT vs. Klinik
Wurde bereits vor über einer Dekade in der Literatur für die Gonarthrose und MRT-Diagnostik die Diskrepanz zwischen positiven MR-Gelenkbefunden und dem klinischen Befund (z.B. WOMAC) aufgezeigt bezüglich bestimmter präarthrotischer oder arthrosebegleitender MRT-Befunde (Knorpelläsion, Synovialisläsion, intraossäre Signalveränderungen, Meniskus- und Bandläsionen) [65], so heißt das aber nicht, dass nur als direkt mit Gonalgie assoziierbare MRT-Befunde [57] wie der erhöhte Gelenkerguss als Zeichen einer aktivierten Gonarthrose, sondern auch die vermehrte Osteophytenbildung als Zeichen der fortgeschrittenen OA, als (prä-)arthrotische MR-Entitäten gewertet werden dürfen. Es zeigt, dass man sich heute dieser Diskrepanz zwischen radiologischer Bildgebung und klinischem Bild (Abb. 13) bewusst ist und gelernt hat, die spezifizierte bildgebende Befundlage kritisch zu bewerten, um sie in ihrer Wertigkeit korrekt in den klinischen Arthroseprozess bzw. die klinische Fragestellung einzuordnen, was wiederum einen spezifischen Dialog zwischen Kliniker (Orthopäde und Unfallchirurg) und dem radiologischen MRT-Befunder voraussetzt.
Zusammenfassung
Die Projektionsradiografie bleibt in der Regel bei den großen Gelenken die Methode der Wahl bei der Primär- bzw. Standarddiagnostik der OA sowie zur Beurteilung deren Schweregrads der OA. Neben den Möglichkeiten, den Schweregrad der Arthrose zu erheben, sind insbesondere Belastungs- und Spezialaufnahmen (z.B. Rosenberg) geeignet, um einhergehende höhergradige Knorpelschäden mit einem Verlust der Gelenkspaltweite ausfindig zu machen.
Die CT spielt aufgrund der Strahlenbelastung bei der Diagnostik der OA eine untergeordnete Rolle und sollte nur in ausgewählten Fällen, bei Kontraindikation für eine MRT und zur präoperativen Beurteilung von Knochensubstanz und anatomischen Verhältnisse bei gelenknahen Deformierungen zum additiven Einsatz kommen. Sie wird in Zukunft aufgrund der besseren Ökonomie und geringeren Strahlenbelastung von der DVT Konkurrenz im Praxisbetrieb bekommen.
Die MRT kommt aufgrund ihrer mannigfaltigen Vorteile und weiter progredienten technischen Innovationen in vielen Fällen bereits additiv zur Röntgenuntersuchung zum Einsatz (Nachweis von Frühformen der OA, spezifische morphologische und biochemische Gelenkknorpeldiagnostik, Detektion röntgenologisch inapparenter gelenkbezogener morphologischer Begleitpathologien bzw. Detektion von Präarthrosen) und wird nach Meinung des Autors daher in naher Zukunft auch aufgrund der weiter zunehmenden verlaufs- und gelenkspezifischen Differenzierung der oft gelenkerhaltenden konservativen und operativen Behandlungsformen der OA (z.B. FAI und Dysplasie der Hüfte) immer mehr als primäres bildgebendes diagnostisches Verfahren zum Einsatz kommen. Dabei ist die Qualität der MR-Bildgebung entscheidend, um eine entitätsgerechte Beurteilung des Gelenkstatus zu erreichen: Hochfeld-MRT (1,5T, 3T) mit optimaler Protokoll- bzw. Sequenz- (PD-fs, T1, PD/T2, GRE und KM-Sequenz: mind. 5, regelhaft 6–8 Sequenzen) und Spulenauswahl (Knie-, Hand-, Fuß-, Schulter-Spulen) sowie gelenkkonforme Projektionen (z.B. radiäre Hüft-MRT, semicoronar und semisagittale Schulter-MRT) und qualifizierte MR-Befundung (radiologischer Facharztstandard mit muskuloskelettaler Spezialisierung). Additive MR-Spezialuntersuchungen sind im Einzelfall zur gezielten Abklärung von OA-Frühsituationen zu erwägen (z.B. direkte MR-Arthrografie, dGEMRIC, T2/T2*-Mapping). Dies gelingt nur, wenn sich der Befunder der Einschränkungen der MR-Bildgebung und „pitfalls“ der muskuloskelettalen Bildgebung bewusst ist, speziell der Knorpelbildgebung, wie dies im Übrigen auch für die Anwendung der spezifischen Projektionsradiografie gilt.
Somit hat der intraoperative Befund weiter seine Bedeutung. Doch auch die diagnostische Arthroskopie (die v.a. in orthopädisch-traumatologischen Fachkreisen immer noch als Methode der Wahl für die Klassifikation von Knorpelschäden propagiert wird, was mit der Möglichkeit einer direkten Betrachtung gesehen wird) hat bezüglich ihrer Validität ein ganze Reihe von Limitationen: Als rein deskriptive Methode hängt die arthroskopische Evaluation allein vom subjektiven, visuellen und taktilen Eindruck des Operateurs ab, ihr entgeht die subchondrale Gewebetextur bzw. eine eventuelle Pathologie komplett und sie ist bis heute nicht instrumentell standardisiert, womit die Beurteilung der „Erweichung“ oder der „Eindringtiefe“ bei der Knorpelpalpation einer großen Variabilität bzw. Subjektivität unterliegt. Betrachtet man dazu noch den oben beschriebenen technischen Fortschritt v.a. im MRT-Bereich und die Einschätzung in der medizinischen Bildgebung, dass das technisch Mögliche künftig auch in der klinischen Diagnostik verstärkt zum Einsatz kommen wird, wird sich die Relationen sicher weiter hin zur umfassenden bildgebenden OA-Diagnostik verschieben.
Der Zuweiser benötigt keine MRT-Detailkenntnis, sondern sollte sich in Klinik und Praxis, auch unter jurispodenten Erwägungen, auf eine zielorientierte MR-Untersuchungsauswahl und Befundqualität durch den Radiologen verlassen können. Es sollte dabei aber vor allem auf eine exakte klinische Fragestellung geachtet werden, damit der Radiologe eine optimale MR-Untersuchung avisieren kann. Entscheidend ist und bleibt jedoch am Schluss die Integration von klinischem und bildgebendem Befund, um zu ein er patienten- und entitätsgerechten Beurteilung des Arthrosepatienten zu kommen.
Interessenkonflikt: Keine angegeben.
Korrespondenzadresse
PD Dr. med. Uwe Schütz
Klinik für Diagnostische und
Interventionelle Radiologie,
Universitätsklinikum Ulm,
Albert-Einstein-Allee 23
89081 Ulm
uwe.schuetz@uniklinik-ulm.de
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