Übersichtsarbeiten - OUP 07/2018
Moderne bildgebende Diagnostik der Arthrose im Allgemeinen und der großen Gelenke der unteren Extremität
So zeigen Blackburn et al.: mit der Berechnung des CC nach Person eine „moderate“ Korrelation (r = 0,4) zwischen dem MRT- und Arthroskopie-(ASK) -Grading [8]. Hingegen zeigen 2 weitere Studien unter Verwendung des Spearman-Rank-Tests eine „hochsignifikante“ Korrelation (P > 0,0003 und
P > 0,0001) [14, 50]. Bei der Ermittlung der Intra- und Inter-Observer-Übereinstimmung rangieren die ermittelten Kappa (?) -Werte von einer „geringen“ (? < 0,4) bis hin zu einer „sehr guten“ (? > 0,8) Übereinstimmung [8, 24, 76]. Auch zeigen klinische Studien und Kadaveruntersuchungen, die sich mit den diagnostischen Werten (Sensitivitäten, Spezifitäten, Vorhersagewert) auseinandersetzen, eine große Streuweite. Hierbei rangieren beispielsweise die Sensitivitäten für höhergradige Schäden zwischen 31 und 100 % [5, 50]. Krampla et al. [59] fanden eine Sensitivität bei der Beurteilung der „Chondropathie“ von 33,8–44,7 % und eine Spezifität von 88,3–93,5 %. Die Inter-Observer-Korrelation betrug nur 0,26. Dabei hing die Reliabilität weniger von der technischen Ausstattung der MRT-Geräte ab (1,0–3,0 Tesla), allerdings fanden sich höhere Inter-Observer-Korrelationen bei Radiologen mit längerer Berufserfahrung. McNicholas et al. [76] beurteilen die Güte der MRT-Diagnostik ebenfalls schlecht und halten sie nur für die Beurteilung der dicken Knorpelschicht an der Patella oder Femurkondyle für valide. Schwerer ist hingegen die Beurteilung von Regionen mit dünner Knorpelschicht, z.B. im Bereich des Tibiaplateaus oder OSG.
MR-Technik Knorpelbildgebung
Den vorgenannten Studien lagen auch sehr unterschiedliche MRT-Techniken zugrunde. Dies spiegelt sich auch in den Literaturempfehlungen, in denen sehr unterschiedliche Sequenzprotokolle favorisiert werden (T2-TSE, PD-fs, Intermediär-Sequenzen), wider [4, 31, 67, 95, 105]. Spezielle MRT-Techniken verbessern die diagnostischen Möglichkeiten bei der Beurteilung des Gelenkknorpels. Schmid et al. [107] beurteilten die Reliabilität der Knorpeldiagnostik an der Patella bei Anwendung von MEDIC (2D multiple-echo data image). Für geringergradige Knorpelschäden (Grad 2) fanden sie dabei eine Genauigkeit von 79–81 % und bei tieferen Schäden (Grad 3–4) eine Genauigkeit von 83–91 %. Eine Besonderheit sind die sog. knorpelspezifischen Sequenzen, wie z.B. 3D-Spoiled-Gradient-Recalled-Echo (SPGR)-Sequenzen. Diese bieten eine hohe räumliche Auflösung, weshalb sie insbesondere zur Volumenabschätzung im Sinne einer quantitativen Knorpelbeurteilung v.a. im Rahmen von Längsschnittuntersuchungen empfohlen werden. Erhebliche Nachteile dieser Sequenzen sind eine reduzierte Visualisierung der Menisken sowie der knöchernen und ligamentären Strukturen, sodass sie im klinischen Alltag kaum zur Anwendung kommen [98].
Biochemische Knorpel-MRT
Mittlerweile stehen auch MRT-Techniken zur Verfügung, die es ermöglichen, die Knorpelvitalität bzw. -qualität darzustellen. Mit ihnen können Veränderungen innerhalb der Mikroarchitektur und der biochemischen Zusammensetzung des Knorpelüberzugs (Proteoglykane (PG), Kollagenfasern, Wassergehalt) detektiert werden, bevor morphologisch tatsächlich sichtbare Defekte entstanden sind, also Präarthrosen bzw. Frühformen der OA [42].
So können auch die Knorpelqualität vor OP, das Knorpelregenerat nach Mikrofrakturierung und die Vitalität und Integrität bei Knorpeltransplantaten beurteilt werden [97]. Am besten evaluiert ist von diesen Techniken die sogenannte dGEMRIC-Technik („delayed gadolinium-enhanced MRI of cartilage“) [148]. Prinzip ist die Tatsache, dass PG im Knorpel negativ geladene Seitenketten besitzen, die Glykosaminoglykane (GAG) [18]. Diese stoßen die ebenfalls negativ geladenen Kontrastmittelmoleküle (Gadolinium, Gd)) ab, sodass eine negative Korrelation zwischen dem Grad der PG und der Gd-Anreicherung im Knorpel besteht. Nach speziellem Ablaufprotokoll zur Gd-Gabe erfolgt die Messung der intrachondralen T1-Zeiten, z.B. mit 3-dimensionalen T1-gewichteten Sequenzen. Die ROI-Analyse der T1-Zeiten im Knorpelüberzug liefert ein indirektes, aber spezifisches Maß für die PG-Konzentration im Knorpel. Ein Verlust von GAG im Knorpel als frühes Zeichen der Knorpeldegeneration wird in der dGEMRIC durch T1-Zeit Erniedrigung angezeigt. Aber auch das dGEMRIC ist kein Garant für eine hohe Inter-Observer-Reliabilität. Tiderius et al.: [127] fanden dabei vor allem eine schlechte Inter-Observer-Varianz bei der Beurteilung dünner Knorpelschichten, z.B. im Lateralkompartiment des Knies.
Eine andere Methode, die ohne den Einsatz eines Kontrastmittels auskommt, ist das quantitative intrachondrale T2-Mapping. Hier lassen Messungen der T2-Relaxationszeiten im Knorpellayer mit zumeist 2-dimensionalen SE-Sequenzen Rückschlüsse auf den intrachondralen PG-, Kollagen- und freien Wassergehalt sowie die zonale Ultrastruktur, insbesondere der Kollagenorganisation und Kollagenfaserintegrität, des Knorpellayers zu. Neben dem Verlust an PG kommt es zu Veränderungen der extrazellulären Matrix und Schädigung innerhalb des kollagenen Fasernetzwerks. Ein Anstieg der T2-Zeiten, die farbkodiert dargestellt und mit anatomischen MR-Bildern gematcht werden (Abb. 12 und 13c), wird mit einer frühen Degeneration bzw. Zerstörung des Kollagenfasernetzwerks und mit einem erhöhten intrachondralem Gehalt an freiem Wasser in Verbindung gebracht. Auf der anderen Seite tragen viele Einflussfaktoren wie z.B. der Hydrierungszustand des Patienten oder der sog. „magic angle“-Effekt zum T2-Signal bei [25, 64, 77], weshalb auch gerne T2*-Maps gemacht werden (Abb. 12). Erhöhte T2-Werte fanden sich in Patienten mit Hüftdysplasie und früher OA (Kellgren-Lawrence 1–2) [84] und in Patienten mit femoraler Osteonekrose und erhaltener Sphärizität des Hüftkopfs, jeweils im Vergleich mit gesunden Kontrollgruppen [144].
Vor Kurzem konnte mit dieser Technik erstmals nachgewiesen werden, dass sich humaner hyaliner Gelenkknorpel unter Laufbelastung regenerieren kann, was in der OA-Forschung so bisher in vivo beim Menschen nicht gelungen ist [110, 111]. Ein Nachteil der Technik ist die fehlende Spezifität für den Gehalt an GAG-Molekülen im Knorpel bei allerdings deutlich reduzierter Untersuchungsdauer. Neuere Untersuchungen deuten auf einen Vorteil der Kombination aus T2-Mapping und dGEMRIC hin, die dann eine hohe Sensitivität und Spezifität kombinieren [63, 7], aber natürlich auch einen deutlichen zeitlichen Aufwand implementieren. Diese Techniken sind daher derzeit im Routinebetrieb nicht etabliert und zumeist Gegenstand wissenschaftlicher Studien.