Übersichtsarbeiten - OUP 06/2015

Patellainstabilität bei Trochleadysplasie
Diagnostik und BehandlungsmöglichkeitenDiagnostics and treatment options

Zur Trochleaplastik nach Bereiter erfolgten mehrere Follow-up-Studien u.a. durch von Knoch et al. [20], Utting et al. [21], Blønd et al. [23], Neelitz et al. [28] sowie Fucentese et al. [10, 22]. In allen Untersuchungen zeigten sich hinsichtlich der Kniefunktion, der Stabilisierung, der Komplikationen und auch hinsichtlich der Patientenzufriedenheit überzeugende Ergebnisse. Sucht man sich unter den Nachuntersuchungen zu den verschiedenen Methoden einer Trochleaplastik jene heraus, bei denen u.a. der Kujala Score erhoben wurde, so zeigen die Studien zur Bereiter-Methode sowohl im Vergleich zur Lyons-Procedure nach Dejour [30–32] als auch im Vergleich zur Recession-Wedge-Technik meist höhere Punktwerte.

Wir sehen die Trochleaplastik immer zusammen mit einer MPFL-Plastik zur Alignementanpassung des Weich-teilapparats. Hierzu ist anzumerken, dass das MPFL bereits nach der Erstluxation in > 90 % der Fälle reißt [8]. Damit ist es eigentlich bereits logisch, dass das MPFL in der Operation auch adressiert werden sollte. Gerade in den Fällen, in denen in der transversalen MRT ein deutlicher Patella-Tilt sichtbar ist, ist von einer ausgeprägten Insuffizienz des medialen Bandapparats auszugehen. Nicht nur der intraoperative Eindruck, sondern auch eine CT-Studie [10] zeigt, dass die Patella während einer erfolgreichen Trochleaplastik (Abb. 10) in einer veränderten mechanischen Position nach dorsal und medial verlagert ist. Die logische Konsequenz ist, dass bei einer Trochleaplastik eine MPFL-Plastik nicht nur wegen der Ruptur, sondern auch im Sinne einer medialen Weichteilbalancierung bzw. Alignementanpassung notwendig wird (Abb. 10).

Die Fallserien, bei denen neben der Bereiter-Methode routinemäßig in gleicher Sitzung eine MPFL-Plastik erfolgte, zeigten mit 95 bzw. 96 Punkten die bislang besten Ergebnisse im postoperativen Kujala-Score. In diesen Fallserien zeigte sich keine erneute Luxation [23, 28]. Nur einer von 23 Patienten zeigte Instabilitätssymptome im Sinne eines weiterhin positiven Apprehensionstests [28] und 2 von 29 Patienten zeigten erneute Subluxationen mit einem erneut zu beobachtenden J-Sign [23]. Unsere eigenen Erfahrungen mit der Kombination aus der Bereiter-Methode und unserer Technik der Anker-freien MPFL-Plastik zeigte in den ersten Auswertungen von Patienten nach mehr als 2,5 Jahren ähnlich gute Ergebnisse im Kujala Score, keine Luxationsrezidive und eine entsprechend hohe Patientenzufriedenheit.

Zusammenfassend scheint die Kombination aus einer vertiefenden Trochleaplastik nach Bereiter und einer MPFL-Plastik bei richtiger Indikation ein vergleichsweise erfolgversprechendes Verfahren zu sein. Insbesondere die Möglichkeit, die Graftspannung intraoperativ zu testen und zu optimieren, erscheint bei unserem Vorgehen einfach und hilfreich. Letztlich ist unserer Meinung nach zum einem die individuelle Containmentanpassung bezüglich der knöchernen Formstörung und zum anderen die MPFL-Plastik mit dem Ziel einer individuellen intraoperativen Alignementanpassung wesentlich, um zu einem guten Outcome zu kommen.

Interessenkonflikt: Keine angegeben

Korrespondenzadresse

PD Dr. med. Lars Victor von Engelhardt

Fakultät für Gesundheit der Universität Witten/Herdecke

Abteilung für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin

Johanna-Etienne-Krankenhaus

Am Hasenberg 46

41462 Neuss

larsvictor@hotmail.de

Literatur

1. Dejour H, Walch G, Nove-Josserand L, Guier C. Factors of patellar instability: an anatomic radiographic study. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc. 1994; 2: 19–26

2. Arendt EA, Moeller A, Agel J. Clinical outcomes of medial patellofemoral ligament repair in recurrent lateral patella dislocations. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc. 2011; 19: 1909–1914

3. Shah JN, Howard JS, Flanigan DC, Brophy RH, Carey JL, Lattermann C. A systematic review of complications and failures associated with medial patellofemoral ligament reconstruction for recurrent patellar dislocation. Am J Sports Med. 2012; 40: 1916–1923

4. Insall J, Goldberg V, Salvati E. Recurrent dislocation and the high-riding patella. Clin Orthop. 1972; 88: 67–69

5. Schoettle PB, Zanetti M, Seifert B, Pfirrmann CW, Fucentese SF, Romero J. The tibial tuberosity-trochlear groove distance: a comparative study between CT and MRI scanning. Knee. 2006: 13: 26–31

6. Hinterwimmer S, Rosenstiel N, Lenich A, Waldt S, Imhoff AB. Femorale Osteotomien bei patellofemoraler Instabilität. Unfallchirurg. 2012;115: 410–416

7. Waldt S, Rummeny EJ. Bildgebung der patellofemoralen Instabilität. Radiologe.2012; 52: 1003–1011

8. Nomura E, Horiuchi Y, Inoue M. Correlation of MR imaging findings and open exploration of medial patellofemoral ligament injuries in acute patellar dislocations. Knee. 2002; 9: 139–143

9. von Engelhardt LV, Raddatz M, Bouillon B et al. How reliable is MRI in diagnosing cartilaginous lesions in patients with first and recurrent lateral patellar dislocations? BMC Musculoskelet Disord. 2010; 11: 149

10. Fucentese SF, Schottle PB, Pfirrmann CW, Romero J. CT changes after trochleoplasty for symptomatic trochlear dysplasia. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc. 2007; 15: 168–174

11. Tanner SM, Garth WP Jr, Soileau R, Lemons JE. A modified test for patellar instability: the biomechanical basis. Clin J Sport Med. 2003; 13: 327–338

12. Lippacher S, Dejour D, Elsharkawi M et al. Observer agreement on the Dejour trochlear dysplasia classification: a comparison of true lateral radiographs and axial magnetic resonance images. Am J Sports Med. 2012; 40: 837–843

13. Albee F. The bone graft wedge in the treatment of habitual dislocation of the patella. Med Rec. 1915; 88: 257–259

SEITE: 1 | 2 | 3 | 4 | 5