Übersichtsarbeiten - OUP 01/2022

Schulterarthrose
Wie erzielen wir mit der anatomischen Schulterendoprothese oder auch mit konservativen und arthroskopischen gelenkerhaltenden Optionen optimale Ergebnisse?

Wichtig ist, dass hiernach die postoperative Physiotherapie ohne Verzögerung startet. Dies kann mit einem regionalen Block- oder Katheterverfahren unterstützt werden. Die Physiotherapie soll Vernarbungen, Verklebungen und Kontrakturen verhindern. Neben passiven Bewegungsübungen verordnen wir daher routinemäßig einen Motorstuhl, der neben der Abduktion und Adduktion auch andere therapeutisch wesentliche Bewegungsabläufe wie die Innen- und Außenrotation sowie Flexion/Extension der Schulter beübt. Nach 3 Wochen erfolgen dann zusätzliche aktiv-assistierte und im Verlauf aktive Übungen zur Muskelkräftigung und Zentrierung des Schultergelenkes. Die Physiotherapie ist ein wesentlicher Baustein zum Erzielen optimaler Ergebnisse. Das klinische Outcome der arthroskopischen Arthrosebehandlung in Form einer CAM-Prozedur wurde in einigen Studien untersucht. Gleichzeitig wurden prädiktive Faktoren, die das Outcome beeinflussen, herausgearbeitet. Eine Studie bei Patienten mit einem Durchschnittsalter von 52 Jahren und einem Höchstalter von 68 Jahren zeigte nach einem Minimum-Follow-up von 5 Jahren signifikante und anhaltend verbesserte Outcome Scores und eine hohe Patientenzufriedenheit. In dieser Fallserie konnten die arthrotischen Schultern nach über einem Jahr in 95,6 % der Fälle, nach 3 Jahren in 86,7 % und nach 5 Jahren in 76,9 % der Fälle erfolgreich erhalten werden. Eine Endoprothese war in diesen Fällen nicht mehr notwendig [59]. Eine weitere, mehr auf die Schulterfunktion gerichtete Studie mit einem durchschnittlichen Follow-up von 27 Monaten, zeigte in allen funktionellen Scorings sowie für die Flexion, Abduktion und Außenrotation eine signifikante Verbesserung. Dabei sind die hier präsentierten Scores als enorm gut zu werten, da diese zum einem weit im oberen Range moderner endoprothetischer Versorgungen lagen und zum anderen nahezu den gleichzeitig erhobenen Score der anderen, gesunden Seite erreichten [86]. Eine langfristige Follow-up-Untersuchung von 10–14 Jahren ermittelte zudem einen Gelenkerhalt in 63,2 % der Fälle. Risikofaktoren für ein reduziertes Outcome des arthroskopischen Erhaltungsversuches waren Deformitäten und Abflachungen des Humeruskopfes [8]. Weitere negative Prädiktoren für ein schlechtes Outcome waren deutlich eingeschränkte Gelenkspaltweiten von weniger als 1,3 mm bzw. 2 mm (je nach Studie), ein viertgradiger Befund im röntgenologischen Arthrosescoring nach Kellgren und Lawrence, bifokale Knorpelschäden mit freiliegenden Knochen (Grad 4), sehr große humerale Osteophyten im Grading nach Samilson, ein erodiertes Glenoid, insbesondere mit einem Typ B2 und C nach Walch (Abb. 3). Bei Vorliegen dieser Prädiktoren stieg das Risiko, dass die Patienten von der gelenkerhaltenden Operation nur gering oder nur kurzzeitig profitieren [58, 60, 86, 91]. Eine interessante Literaturauswertung zum Outcome, Komplikationen sowie Revisionsraten endoprothetischer und gelenkerhaltender Operationen bei Vorliegen einer Omarthrose basierte auf dem von Markov entwickelten mathematischen Modell zur Entscheidungsfindung der zu bevorzugenden Behandlung. Dieses theoretische Entscheidungsmodell zeigte, dass der Gelenkersatz bei Patienten älter als 66 Jahre zu bevorzugen ist, wohingegen in einem Alter von < 47 Jahren tendenziell der Gelenkerhalt sinnvoll erscheint. In der Altersgruppe zwischen 47 und 66 Jahren lag hier eine Grauzone, in der beide Therapiewege vernünftig sein können [84]. Dies entspricht einer Subgruppenanalyse zu arthroskopischen gelenkerhaltenden Verfahren, wonach ein Alter > 50 Jahre einen negativen Prädiktor darstellt [60]. Solche theoretischen Modelle sind zwar entfernt von der weit komplexeren, gemeinsamen individuellen Entscheidungsfindung, aber dennoch interessant, um einen anderen Blickwinkel auf dieses Thema zu werfen.

Anatomische Schulterendoprothetik bei der Omarthrose – wie kommen wir
zu optimalen Ergebnissen?

Bei anhaltenden, starken Ruhe- und Belastungsschmerzen und einer entsprechenden Alltagsbeeinträchtigung bietet die Versorgung mit einer anatomischen Endoprothese mittlerweile eine sehr hohe Patientenzufriedenheit, gute klinische Langzeitergebnisse, lange Standzeiten und hohe Quoten für eine erfolgreiche Rückkehr in Sport-, Berufs- und Freizeitaktivtäten [21, 42]. Bei der Omarthrose und der rheumatoiden Arthritis spielen sowohl der Humeruskopfersatz als auch der Ersatz des Glenoides für das klinische Outcome als auch hinsichtlich der Standzeiten eine entscheidende Rolle.

Glenoidersatz

Es ist mittlerweile recht eindeutig, dass der Glenoidersatz gegenüber einer Hemiarthroplastik ohne Glenoidersatz bei der Omarthrose sowohl hinsichtlich Schmerzen als auch hinsichtlich der Funktion, sowie Sport- und Alltagsaktivitäten überlegen ist [42, 82]. Auch sind die Standzeiten der Totalendoprothesen mit Glenoidersatz deutlich höher [21, 43, 92]. Darüber hinaus zeigen Hemiendoprothesen ohne Glenoidersatz oft einen progressiven, meist schmerzhaften Knochenverlust an der knöchernen Pfanne (Abb. 4b). Dies geht mit hohen Revisionsraten und etwas aufwendigeren Revisionsoperationen einher. Trotz der klaren Überlegenheit des Glenoidersatzes ist die Glenoidlockerung im Langzeitverlauf immer noch eine Sorge in der Schulterendoprothetik. Sollte man sich bzgl. einer Glenoidlockerung anhand der Röntgenbilder einmal unsicher sein, so kann hier mit einer Arthroskopie Klarheit geschaffen werden. Dies kann im Rahmen von Probeentnahmen auch helfen, eine aseptische von einer septischen Lockerung mit entsprechend anderen Folgeoperationen zu differenzieren (Abb. 4c–e). Die Gefahr einer Lockerung betrifft sowohl zementierte Polyethylenpfannen als auch unzementierte Metal-back-Systeme. Im Vergleich beider scheinen die zementierten Polyethylene niedrigere Revisionsraten aufzuweisen als die Metal-back-Systeme [79]. Die besten Ergebnisse zum künstlichen Ersatz des Glenoids zeigen letztlich die zementierten Polyethylenglenoide [22]. Hierbei ist auch die Zementiertechnik wichtig, um gute Standzeiten der Polethylene zu sichern. Wesentliche Details sind die Jetlavage zum Ausspülen des Knochens, die sorgfältige Trocknung der Spongiosa und die Zementierung unter Druck, bspw. mit einem Verdichter, mit dem der hochvisköse Zement in den spongiösen Knochen gepresst wird. Dies sichert ein ausreichend tiefes und gleichmäßiges Eindringen des Zementes in den Knochen [71]. Daher zeigen die druckzementierten Glenoide im radiologischen Follow-up unter dem Zementinterface weniger radiologische Aufhellungen als Zeichen einer beginnenden Lockerung [33]. Wie auch an Knie und Hüfte sollte der Zement unter Vakuum angemischt werden, da hierdurch das Zementinterface kräftiger, Lufteinschlüsse weniger und die Brüchigkeit des Zementes reduziert wird [27]. Bzgl. der Metall-back Glenoide gibt es wertvolle Weiterentwicklungen wie bspw. Designs mit dorsal-konvexen Implantatrückflächen, ganz ähnlich zu den modernen Polyethylenglenoiden. In aktuellen Studien sind diese neuen Metal-back-Designs hinsichtlich der mittelfristigen und langfristigen Lockerungsraten vielversprechend [37, 38, 79].

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