Übersichtsarbeiten - OUP 04/2019

Versorgung von Frakturen des distalen Humerus – im Alter wie beim jungen Patienten?

Matthias Lany, Matthias Mülke, Gero Knapp, Gabor Szalay, Christian Heiß

Zusammenfassung:

Distale Humerusfrakturen machen ca. 2 % aller Frakturen und ein Drittel der Humerusfrakturen aus. Sie treten überwiegend bei jungen Männern infolge eines Hochrasanztraumas und älteren Frauen durch ein Bagatelltraumata auf. Die Therapie ist dabei geprägt von einer hohen Rate an
Komplikationen. Wichtig ist dabei, beim Outcome den golden arc of motion mit einem
Bewegungsausmaß Extension/Flexion von 0–30–130° zu erreichen, um die Selbstständigkeit des Patienten zu bewahren. Aufgrund des hohen Risikos einer Gelenksteife zählt die offene Reposition und Retention mittels winkelstabiler Osteosynthesen als Goldstandard. Durch dieses Verfahren soll die postoperative Ruhigstellung möglichst kurzgehalten und eine frühfunktionelle Nachbehandlung ermöglicht werden. Bei komplexen Frakturen ermöglicht die totale Endoprothese als Alternative ein postoperatives hohes Maß an Bewegung sowie geringere Revisionsraten. Ein ungelöstes Problem hierbei ist jedoch weiterhin die lebenslange Limitation der Belastung. Konservative Therapien werden mittlerweile insbesondere bei älteren Patienten vermehrt diskutiert, da hier die postoperativen Risiken vermieden und häufig zufriedenstellende Ergebnisse erzielt werden können.

Schlüsselwörter:
distale Humerusfraktur, Alterstraumatologie, Therapie, Osteosynthese, Endoprothese, Komplikationen

Zitierweise:
Lany M, Mülke M, Knapp G, Szalay G, Heiß C: Versorgung von Frakturen des distalen Humerus – im Alter wie beim jungen Patienten? OUP 2019; 8: 188–197

DOI 10.3238/oup.2019.0188–0197

Summary: Distal humerus fractures account for approximately 2 % of all fractures and one third of all humerus fractures. They occur predominantly in young men as a result of high-energy trauma and in older women as a result of minor trauma. The therapy is characterized by a high rate of complications. It is important to achieve the „Golden Arc of motion“ with a range of motion extension / flexion of 0–30–130 in order to preserve the patient‘s independence. Due to the high risk of joint stiffness, open reduction and retention by means of angular stable osteosynthesis is the gold standard. This procedure is intended to keep postoperative immobilization as short as possible and enable early functional follow-up treatment. In the case of complex fractures, the total endoprosthesis as an alternative enables a high degree of postoperative movement and lower revision rates. An unsolved problem, however, is the lifelong limitation of the load. Conservative therapies are increasingly being discussed, especially among older patients, as postoperative risks can be avoided and satisfactory results are often achieved.

Keywords: distal humerus fracture, traumatology of elderly patients, therapy, osteosynthesis, endoprosthesis, complications

Citation: Lany M, Mülke M, Knapp G, Szalay G, Heiß C: Treatment of fractures of the distal humerus – in elderly as in adult patients? OUP 2019; 8: OUP 2019; 8: 188–197 DOI 10.3238/oup.2019.0188–0197

Für alle Autoren: Klinik und Poliklinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Operative Notaufnahme, Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, Standort Gießen

Epidemiologie

Mit einem Anteil von ca. 2 % aller Frakturen im Erwachsenenalter stellt die distale Humerusfraktur eine seltene knöcherne Verletzung dar [38]. Dies entspricht einer Inzidenz von 5,7/100.000 Einwohnern pro Jahr [43]. Statistisch zeigen sich 2 Häufigkeitsgipfel. Zunächst bei jungen Patienten im Alter von 12–19 Jahren und dann wieder bei den über 80-jährigen Patienten [38]. Aufgrund der demografischen Entwicklung ist jedoch mit einem Anstieg der Frakturinzidenz bei älteren Patienten zu rechnen. Eine epidemiologische Studie zeigte einen Anstieg der Frakturinzidenz bei Frauen über 60 Jahren in der finnischen Bevölkerung von 12/10.000 Einwohnern im Jahr 1970 auf 28/10.000 Einwohnern im Jahr 1995. Setzt sich dieser Trend fort, ist mit einer Verdreifachung der Inzidenz für das Jahr 2030 zu rechnen. Mit einem noch schnelleren Anstieg ist bei über 80-jährigen Patienten zu rechnen [38]. Charissoux et al. konnten in Kanada zwischen 2002 und 2005 eine Inzidenz von 54/100.000 bei Menschen über 80 Jahren ermitteln. Dies war 14-mal höher als bei Menschen zwischen 18 und 29 Jahren mit 4/100.000 Einwohnern pro Jahr [41]. Die Daten zeigen, das distale Humerusfrakturen im Allgemeinen bei älteren Menschen > 65 Jahre auftreten und mit fortschreitendem Alter zunehmen. Dieser Anstieg wird u.a. dadurch begründet, dass sich ältere Patienten zunehmend länger eigenständig versorgen und sich aufgrund der relativen physischen Fitness auch im fortgeschrittenen Alter aktiv an Freizeit- und Aktivitäten des täglichen Lebens beteiligen [6]. Mit steigender Aktivität steigt auch das Risiko für Stürze und somit die Frakturgefahr. 2 weitere Faktoren werden zudem für die Zunahme der Inzidenz verantwortlich gemacht. Der Pflegemangel führt dazu, dass sich eigentlich hilfebedürftige Patienten selbstständig versorgen und somit häusliche Unfälle wahrscheinlicher werden. Ein zusätzliches Problem stellt weiterhin die unzureichende Diagnostik und Therapie der Osteoporose dar [31], wobei die schlechte Knochenqualität das Auftreten von Frakturen zusätzlich begünstigt.

Bei den jungen Patienten zählen weiterhin hochenergetische Traumata bei Sport- oder Verkehrsunfällen als Hauptursache für distale Humerusfrakturen [38].

Einteilung/Klassifikation

Distale Humerusfrakturen kann man nach der international gültigen Klassifikation der Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen (AO) bzw. Orthopaedic Trauma Association (OTA) einteilen. Dabei werden 3 Typen A–C nach der Lokalisation (A: extraartikuläre Frakturen, B: partielle intraartikuläre Frakturen und C: vollständige intraartikuläre Frakturen) mit jeweils 3 Schweregraden unterschieden. Die Einteilung/Klassifikation erleichtert die Wahl der Therapie, ein Einschätzen der Prognose und ermöglicht die klare Verständigung unter den behandelnden Kollegen (Tab. 1).

Ergänzend zur AO-Klassifikation findet auch die Dubberley-Klassifikation Anwendung in der Klinik [14]. Diese Klassifikation kann man als detailliertere Einteilung für die partiell intraartikulären Frakturen in der Koronarebene bezeichnen (Typ 3B-Frakturen nach AO-Klassifikation). Sie unterscheidet die Typen 1–3 sowie die Typen A und B. Hier ist vor allem die Unterscheidung in Typ A und B relevant, da der Typ B eine dorsale Trümmerzone definiert, was für die Planung der operativen Versorgung relevant ist. In der Regel ist, im Falle einer dorsalen Trümmerzone, eine Defektauffüllung mit Spongiosa notwendig (Tab. 2).

Aufgrund des sehr dünnen Weichteilmantels über den exponierten knöchernen Strukturen des Ellenbogengelenks sind begleitende Weichteilverletzungen oder offene Frakturen relativ häufig und sollten in die Frakturbeschreibung miteingeschlossen werden, da dies auch in die Therapieentscheidung miteinfließt. Die Einteilung nach Gustilo & Anderson ist die am meisten angewandte Klassifikation und unterscheidet Typ-1-, Typ-2- und Typ-3a–c-Verletzungen (Tab. 3).

Diagnostik

Neben der Anamnese zum Unfallhergang lässt das klinische Bild eine erste Verdachtsdiagnose des Verletzungsmusters zu. Obligat ist hierbei die Überprüfung der peripheren Durchblutung und Sensibilität. Es sollte hier die Untersuchung der autonomen Versorgungsgebiete des N. medianus, N. radialis, N. ulnaris sowie der anteriore und posteriore N. interosseus antebrachii erfolgen [9]. Die periphere Pulskontrolle der A. radialis und A. ulnaris muss zum Ausschluss einer Gefäßverletzung mit der gleichen Sorgfalt durchgeführt werden. Bei geriatrischen Patienten kann bereits die Anamnese Hinweise auf das Vorliegen einer Osteoporose geben und so Rückschlüsse auf die zu erwartende Knochenqualität gezogen werden. Auch Frakturen des distalen Humerus ohne relevantes Trauma sollten als eine osteoporotische Indikatorfraktur gesehen werden, und frühzeitig sollte eine entsprechende Diagnostik mit ggf. leitliniengerechter Osteoporosetherapie eingeleitet werden [8].

Die konventionelle Röntgendiagnostik in 2 Ebenen lässt bereits eine gute Beurteilung der Frakturmorphologie zu. Aufgrund der Komplexität des Ellenbogengelenks und zur besseren Planung des therapeutischen Vorgehens muss die konventionelle Bildgebung in der Regel um eine Computertomografie ergänzt werden. Eine 3D-Rekonstruktion ist für das Verstehen der Frakturmorphologie sehr hilfreich und kann die OP-Planung um ein Vielfaches erleichtern [12]. Die Magnetresonanztomografie (MRT) bietet in der Praxis keinen weiteren Nutzen bezüglich der operativen Strategie und wird daher nur in Ausnahmefällen benötigt.

Begleitverletzungen

In Abhängigkeit der Verletzungsschwere kann es in bis zu 20 % der Fälle zu einer Nervenverletzung kommen [29]. Dies ist vor allem der Anatomie des Ellenbogengelenks geschuldet. Unfallbedingt sind Läsionen des N. radialis mit bis zu 15 % am häufigsten, gefolgt von Verletzungen des N. ulnaris mit bis zu 10 %. Verletzungen des N. medianus sind mit ca. 4 % vergleichsweise selten [20]. Hierbei steht die Häufigkeit von begleitenden Nervenverletzungen im direkten Zusammenhang mit der Verletzungsschwere. So wird die Schädigung des N. ulnaris bei Typ-C-Verletzungen nach AO mit bis zu 25 % angegeben. Da eine traumatische Durchtrennung durch scharfkantige Knochenfragmente oder das Zerreißen des Nervs selten ist, kann der Spontanverlauf in den ersten 3 Wochen nach dem Trauma abgewartet werden. Oft ist von einer Überdehnung des Nervs mit guter Heilungstendenz auszugehen. Bei persistierender Symptomatik über 3 Wochen ohne Besserungstendenz sollte eine fachärztliche Vorstellung erfolgen.

Unter den Gefäßverletzungen ist die A. brachialis mit ihrem Verlauf ventralseitig durch die Fossa cubiti durch scharfkantige Knochenfragmente besonders gefährdet. Eine Verletzung der A. brachialis bei distaler Humerusfraktur wird mit einer Häufigkeit von 1–2 % und die Häufigkeit für alle Gefäßverletzungen mit 5–10 % angegeben [27]. Als funktionelle Endarterie können somit die A. radialis und A. ulnaris nicht mehr perfundiert sein, was ein peripheres Pulsdefizit zur Folge hat.

Die Häufigkeitsangaben zu offenen Weichteilverletzungen variieren stark und werden in der Literatur zwischen 14–40 % angegeben [12].

Therapien

Das Ellenbogengelenk nimmt durch die Tendenz, frühzeitig persistierende Bewegungsdefizite zu entwickeln, sowohl beim jungen als auch beim geriatrischen Patienten eine gewisse Sonderstellung in der Versorgung ein. Das primäre Ziel bei beiden Patientenkollektiven ist somit das Erreichen von übungsstabilen Verhältnissen, um persistierenden Bewegungseinschränkungen frühzeitig entgegenwirken zu können. Hierbei unterscheiden sich die Erwartungen an das operative Ergebnis zwischen jungen und geriatrischen Patienten stark. Während junge Patienten einen hohen Anspruch an die volle Beweglichkeit und Belastbarkeit im Sinne einer restitutio ad integrum haben, steht bei älteren Patienten vor allem die Bewältigung der Aktivitäten des täglichen Lebens im Vordergrund. Funktionell beeinträchtigt dabei ein Defizit in der Extension weniger als ein Defizit in der Flexion. Nach dem Prinzip des golden arc of motion des Ellenbogens reicht ein Bewegungsumfang in der Extension und Flexion von 0–30–130° aus, um die meisten Alltagsaktivitäten problemlos durchzuführen zu können [28].

Prinzipiell kommen je nach Verletzungsmuster eine konservative Therapie, die geschlossene oder offene Reposition mit Osteosynthese als auch die primär endoprothetische Versorgung in Betracht. In die Therapieentscheidung fließen die Frakturmorphologie, die Begleitverletzungen, hier insbesondere die begleitenden Weichteilverletzungen, aber auch der Allgemeinzustand des Patienten mit ein.

Konservative Therapie

Bei einem konservativen Therapieansatz von einfachen und nicht dislozierten Frakturen erfolgt die kurzzeitige konsequente Ruhigstellung in einem Oberarmgips. Nach konventionell radiologischem Ausschluss einer sekundären Dislokation folgt eine frühfunktionelle Nachbehandlung mit passiver Beübung aus der Schiene heraus für weitere 4–5 Wochen. Nach einer erneuten Röntgenkontrolle nach insgesamt 6 Wochen kann mit einer schrittweisen Belastungssteigerung begonnen werden. Alternativ kann die Mobilisation auch in einer Orthese erfolgen. Hier sei vermerkt, dass die Evidenz für das konkrete Vorgehen gering ist und die Ruhigstellung sowie die Nachbehandlung an die Frakturmorphologie, die Knochenqualität, den Zustand sowie die Patienten-Compliance angepasst werden müssen.

Das Mitte des 20. Jahrhunderts aufkommende Therapiekonzepts des bag of bones wurde bedingt durch die noch wenig ausgereiften Osteosynthesematerialien eingeführt. Hierbei gibt es 2 Vorgehen:

  • 1. Ruhigstellung in einer Schlinge oder Cuff-&-Collar-Verband in 60–90° Flexion für 1–2 Wochen und anschließender frühfunktioneller Nachbehandlung oder
  • 2. Ruhigstellung in einem Oberarmgips in 100–125° Flexion mit zunehmender Extension innerhalb der folgenden 3 Wochen ab der Immobilisation.

Nach insgesamt 6 Wochen kann beschwerdeadaptiert mit der Belastungssteigerung begonnen werden. Unter diesem Therapieregime konnten trotz des Risikos für das Auftreten von sekundären Dislokationen und von Pseudarthrosen gute funktionelle Ergebnisse erzielt werden. Bei längerer strikter Ruhigstellung und restriktiver Nachbehandlung zugunsten der Knochenheilung müssen damit einhergehende Defizite im Bewegungsumfang bis zur Gelenksteife in Kauf genommen werden [23, 38]. Die Ergebnisse nach konservativer Therapie sind insbesondere beim nicht geriatrischen Patienten insgesamt unbefriedigend und mit einer hohen Komplikationsrate verbunden [28, 36]. Das Risiko für das Auftreten einer delayed union ist um das 4-Fache und das Auftreten einer Pseudarthrose um das 6-Fache erhöht. Insgesamt ist die Wahrscheinlichkeit eines schlechten Outcomes nach konservativer Therapie 3-fach erhöht [38, 40].

Demgegenüber zeigte eine Studie mit einem Patientenkollektiv von durchschnittlich 87 Jahren trotz eines Anteils von 55 % an posttraumatischen Arthrosen und Pseudarthrosen gute funktionelle Ergebnisse ohne relevante Einschränkungen in Bezug auf die Aktivitäten des täglichen Lebens. Auch relevante Komplikationen traten nicht auf [34]. Es muss jedoch davon ausgegangen werden, dass der geringere Anspruch an die Funktionalität eine wichtige Rolle bei der Beurteilung des Outcomes spielt. Unter Berücksichtigung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses kann somit bei einem schwer vorerkrankten Patienten mit hohem perioperativem Risiko die Therapieentscheidung zugunsten eines konservativen Therapiekonzepts ausfallen. Schlägt diese Strategie fehl, kann immer noch zu einem späteren Zeitpunkt die Konversion auf den endoprothetischen Gelenkersatz erfolgen [37]. Ist das Ziel aber der Gelenkerhalt mit optimalem funktionellem Ergebnis, hat die konservative Therapie sowohl beim Jungen als auch beim gesunden geriatrischen Patienten ohne relevante Vorerkrankung oder Vorschädigung des betreffenden Gelenks keinen Stellenwert und stellt keine Alternative zur operativen Versorgung dar.

Operative Therapien

Wird die Strategie einer definitiven Therapie angestrebt, sollte die operative Versorgung idealerweise in den ersten 24–48 Stunden nach dem Trauma erfolgen. Eine spätere Versorgung erhöht das Risiko für das Auftreten von heterotopen Ossifikationen und fortbestehenden Bewegungseinschränkungen.

Unabhängig vom Patientenalter ist beim Vorliegen von offenen Frakturen, begleitenden schweren Weichteil-Gefäß- oder Nervenverletzungen sowie bei einem Kompartmentsyndrom die definitive Osteosynthese nicht möglich. Hier liegt das primäre Ziel im Grundprinzip der „Länge, Achse und Rotation“, was hier primär mit einem Fixateur externe erreicht wird. Vor Anlage eines Fixateurs können hier bei Bedarf Begleitverletzungen primär versorgt werden. Vorliegende Weichteildefekte können auch bei anliegendem Fixateur plastisch gedeckt und therapiert werden. Bei komplexer Fraktur- und Weichteilsituation kann hier auch eine Ausbehandlung in einem Bewegungsfixateur erfolgen.

Osteosynthese

Für die definitive Versorgung stehen in Abhängigkeit vom Frakturtyp, die Schraubenosteosynthese, die Single- oder Doppelplattenosteosynthese sowie kombinierte Verfahren zur Auswahl. Ziel ist die anatomisch korrekte Reposition und exakte Wiederherstellung der Gelenkflächen von Trochlea und Capitulum humeri, um einer posttraumatischen Arthrose entgegenzuwirken und die Wahrscheinlichkeit einer knöchernen Konsolidierung zu erhöhen. Zudem ist die Rekonstruktion der Trochlea und des Capitulum humeri als tragende Säulen für die Nachbehandlung entscheidend. Zur Vermeidung der Ellenbogensteife ist immer eine frühfunktionelle Nachbehandlung angezeigt, die eine übungsstabile Frakturversorgung voraussetzt [23, 24]. Die Kombination aus Osteosynthese und vorübergehender Ruhigstellung zeigte sich im Ergebnis schlechter gegenüber der einer stabilen Osteosynthese und unmittelbarer funktioneller Beübung [23, 32].

Schraubenosteosynthese

Bei Frakturen des Epicondylus lateralis oder medialis humeri (Typ A1 nach AO) ist die einfache Osteosynthese ausreichend. Nach Reposition des Fragments und temporärer K-Draht-Osteosynthese erfolgt die definitive Fixierung mit einer oder 2 Schrauben. Dies kann bei guter Knochenqualität mit einer Zug-/Kompressionsschraube erfolgen oder bei schlechter/osteoporotischer Knochenqualität mit Fixationsschrauben [4].

Intraartikulären Frakturen, welche eine Frakturlinie unterhalb der Fossa olecrani und zusätzlich eine Beteiligung des Capitulum humeri aufweisen, können häufig nicht durch eine Plattenosteosynthese adressiert werden. Eine zu gelenknahe Positionierung der Platten führt zu einer Schädigung des Kollateralbandapparats und der dort inserierenden Muskulatur [8, 23, 30]. In diesen Fällen, aber auch bei komplexen mehrfragmentären Frakturen sind Kombinationsverfahren mit Platten- und Einzelschraubenosteosynthese zum Erreichen einer anatomischen Reposition notwendig.

Plattenosteosynthese

Single- oder Doppelplattenosteosynthesen? Auch hier gibt die Frakturmorphologie die OP-Taktik vor. Durchgesetzt haben sich heute flache winkelstabile und anatomisch vorgeformte Platten, die neben der einfacheren Positionierung eine höhere Stabilität garantieren und auch im osteoporotischen Knochen ausreichend Halt finden. Zudem finden auch LCDC- und Rekonstruktionsplatten Anwendung. Hierbei zeigte sich in biomechanischen Untersuchungen, dass winkelstabile Implantate der konventionellen Plattenosteosynthesen im osteoporotischen Knochen überlegen sind, während im gesunden Knochen Rekonstruktionsplatten ausreichend Halt finden [39]. Die flache Bauweise der anatomischen Platten wirkt sich zudem positiv auf die Weichteilverhältnisse aus, da sie weniger auftragen und eine Perforation der Haut unwahrscheinlicher machen [18]. Die Singleplattenosteosynthese eignet sich bei einfach artikulären Frakturen (Typ B1, B2 und A2 nach AO). Wie bei der Schraubenosteosynthese erfolgt die temporäre Fixierung mit K-Drähten. Anschließend wird das Fragment mit einer so weit wie möglich distal eingebrachten gelenkparallelen Schraube adressiert. Die Fraktur wird nun mit einer anatomisch vorgeformten Platte sicher fixiert. Hierbei werden die Platten je nach Fraktur von lateral oder medial aufgebracht. Handelt es sich bei den partiell artikulären Frakturen (Typ B3 nach AO) zusätzlich um eine Fraktur mit dorsaler Trümmerzone (Dubberley-Typ B), muss diese Trümmerzone meist mit Knochen (Spongiosa) aufgefüllt und zusätzlich über eine singuläre Platte versorgt werden [16]. Bei metaphysären Frakturen (Typ A1 und A2 nach AO) ist eine ausreichende Stabilität nur mit einer Doppelplattenosteosynthese zu erreichen [36]. Zunächst werden auch hier die Fragmente nach der anatomiegerechten Reposition mit K-Drähten fixiert. Im Anschluss wird zunächst die Platte auf den Epicondylus medialis aufgebracht. Danach folgt das Aufbringen der Platte auf den Epidondylus lateralis. Hier bieten winkelstabile Osteosynthesesysteme auch im osteoporotisch veränderten Knochen ausreichend Halt, sodass eine frühfunktionelle Nachbehandlung möglich ist [39]. Auch vollständig intraartikuläre Frakturen (Typ C1, C2 und C3 nach AO) können mit einer Doppelplattenosteosynthese übungsstabil versorgt werden. Einer guten Planung und gleichzeitig flexiblem intraoperativem Vorgehen bedarf es bei den komplexen Frakturen (C3 nach AO). Ein guter Blick auf den Gelenkblock ist hier essenziell und gelingt durch einen dorsalen Zugang in verschiedenen Modifikationen, die mit oder ohne Olecranonosteotomie auskommen [4]. Nach anatomischer Rekonstruktion des Gelenkblocks unter Sicht wird dieser zunächst über 2 gelenkparallel eingebrachte Schrauben unter Zuhilfenahme von K-Drähten gesichert. Im Anschluss erfolgt die Reposition des Gelenkblocks an die proximalen Fragmente über temporär eingebrachte K-Drähte. Ein Problem stellen tief intraartikulär gelegene Fragmente dar, die häufig nicht durch die distalen Löcher der Platte adressiert werden können und regelhaft zusätzlich eingebrachte singuläre Schrauben erfordern. Ob die parallele (180° zueinander, radial-lateral, ulnar-medial) oder die rechtwinklige (90° zueinander, radial-dorsal, ulnar-medial) Anordnung der Platten Anwendung finden sollte, ist weiterhin Gegenstand der aktuellen Diskussion. In biomechanischen Studien schien die parallele (180°) Anordnung bei metaphysären Frakturen der rechtwinkligen (90°) Anordnung in Bezug auf die Primärstabilität überlegen zu sein [22, 33, 47], sodass die Favorisierung dieses Konzepts bei einer osteoporotischen Knochenstruktur diskutiert werden kann. Klinische Vergleichsstudien konnten jedoch keinen signifikanten Unterschied der Plattenlage aufzeigen [42] (Abb. 1). Wichtig ist hierbei, dass die Platten, wenn möglich nicht auf derselben Höhe am Humerusschaft enden, da es so zu einer besseren Kraftverteilung auf den Knochen kommt und Stressfrakturen oder Materialversagen unwahrscheinlicher erscheinen [17] (Abb. 2). Um die im Anschluss notwendige Entlastung zu erreichen, kann zur Neutralisation der auf das Gelenk wirkenden Kräfte ein Bewegungsfixateur oder eine Orthese angebracht werden.

Steht bereits präoperativ der endoprothetische Gelenkersatz als mögliche Rückzugsstrategie im Raum, sollte hier der operative Zugangsweg so gewählt werden, dass ein intraoperativer Verfahrenswechsel möglich bleibt. Hier hat sich der paratrizipitale Zugang bewährt, bei dem der Streckapparat erhalten bleibt, dieser jedoch problemlos zum lateral para olecranon approach, der die Implantation einer Ellenbogenprothese möglich macht, erweitert werden kann. Diese Option muss vor allem bei Patienten mit fortgeschrittener Osteoporose, durch eine Arthrose oder rheumatoide Arthritis hervorgerufene fortgeschrittene Gelenkzerstörung sowie Frakturen mit einer massiven Gelenkzerstörung in Betracht gezogen werden.

Ellenbogenendoprothetik

Grundsätzlich wird zwischen Oberflächenersatzprothesen, Hemiprothesen, ungekoppelte und gekoppelte Totalendoprothesen unterschieden. Bis auf die gekoppelten Totalendoprothesen sind alle Prothesen auf einen funktionierenden Kollateralbandapparat und die Stabilität des Ellenbogengelenks angewiesen. Da die Indikation für einen Gelenkersatz streng zu stellen ist, leiden die in Frage kommenden Patienten meist an einer Verletzung des Kollateralbandapparats. Somit ist die Stabilität des Gelenks nicht mehr gegeben, und es kommt nur eine gekoppelte Totalendoprothese in Frage. Dies trifft insbesondere auf geriatrische Patienten zu, bei denen die epikondyläre Region des distalen Humerus und damit die Ursprünge der Kollateralbänder mit betroffen sind. Nach ersten Studien zum primären endoprothetischen Ersatz des Ellenbogengelenks mit vielversprechenden kurz- und mittelfristigen Ergebnissen von Cobb und Morrey erhält die Frakturendoprothetik in einem streng ausgewählten Patientenkollektiv zunehmend an Bedeutung [7]. Durch die kontinuierliche Weiterentwicklung und Verbesserung der Prothesen treten Komplikationen wie Lockerungen seltener auf. Dennoch zeigte sich im Vergleich mit der zunehmenden Anzahl an implantierten Ellenbogenprothesen ein vermehrter Anstieg an Revisionen und Wechseloperationen [3]. In der aktuellen Literatur beträgt die mittlere Überlebenszeit einer Ellenbogenprothese nach 7 Jahren ca. 86 % und nach 12 Jahren ca. 74 % [45]. Die Indikation für einen endoprothetischen Gelenkersatz wird hierbei nicht alleine am Patientenalter festgemacht. Vielmehr spielen der Grad der frakturbedingten oder bereits vorbestehenden Gelenkzerstörung, die Lebenserwartung sowie das biologische Alter bei der Entscheidungsfindung eine Rolle. Für einen endoprothetischen Gelenkersatz sprechen ältere multimorbide Patienten, durch eine Arthrose oder rheumatoide Arthritis hervorgerufene Gelenkzerstörung, eine begleitende Osteoporose, eine massive Zerstörung der Gelenkfläche durch die Fraktur und nicht zu rekonstruierende Frakturformen [1] (Abb. 3). Die Vorteile im Vergleich zum Gelenkerhalt mittels Osteosynthese werden vor allem in einer kürzeren OP-Zeit sowie der sofortigen Übungsstabilität gesehen [26]. Gerade bei multimorbiden Patienten muss das Risiko eines second hits durch eine lange und aufwendige operative Frakturversorgung mit anschließend langer Nachbehandlung gegen die Vorteile einer primären Ellenbogenprothese abgewogen werden. Durch den weniger traumatischen Eingriff können die Krankenhausverweildauer verkürzt und Komorbiditäten reduziert werden. Auch sind Revisionseingriffe in der kurz- und mittelfristigen Periode nach Versorgung seltener als bei der Osteosynthese [13]. In Vergleichsstudien zeigte sich jedoch gerade bei jüngeren Patienten ein hoher Anteil an Prothesenlockerungen und operativen Revisionen [5]. Im Vergleich dazu fand sich bei einem älteren Patientenkollektiv ein geringerer Anteil an Lockerungen [1]. Dies kann man als Ausdruck des höheren funktionellen Anspruchs von jüngeren Patienten an den eigenen Körper und damit an die Prothese ansehen. Problematisch am Gelenkersatz ist zudem die zunehmende Komplikationsrate im mittel- bis langfristigen Verlauf. Die Rate an Prothesenlockerungen liegt je nach Studie zwischen 7–15 % [21]. In einer 10-Jahres-Nachuntersuchung zeigte sich eine Komplikationsrate von 38 % und eine Reoperationsrate von 31 % [10]. Die Rate an Protheseninfektionen wird mit 5–8 % angegeben. Eine lebenslange Limitation auf eine Belastbarkeit des Arms, je nach Autor von 0,9 kg bis maximal 5 kg, bedeutet eine starke Einschränkung in der Bewältigung von Aufgaben des täglichen Lebens. Die Indikation zum primären Gelenkersatz sollte eng gestellt sowie die Vor- und Nachteile gemeinsam mit dem Patienten besprochen werden. Bei jüngeren, gesunden und aktiven Patienten muss der Gelenkersatz äußerst kritisch gesehen werden, da neben der geringen Belastbarkeit die Datenlage bezüglich des Langzeitverlaufs noch nicht eindeutig ist. Zudem zeigten sich vergleichbare funktionelle Ergebnisse nach primären Gelenkersatz und sekundärer Implantation einer Prothese nach gescheitertem konservativen oder osteosynthetischen Therapieversuch [2, 37]. Absolute Kontraindikationen für eine endoprothetische Versorgung sind neben systemischen oder lokalen Infektionen auch Non-Compliance und ein hoher funktioneller Anspruch.

Fixateur externe und
Bewegungsfixateur

Neben der temporären Versorgung mittels Fixateur externe bei Luxationsfrakturen und offenen Frakturen bietet der Bewegungsfixateur die Möglichkeit zur Ausbehandlung ohne Verfahrenswechsel. Zuerst von Volkov und Oganesian in den 1970er-Jahren zur Unterstützung bei der Rekonstruktion der Gelenkfläche von steifen Gelenken eingeführt, werden Bewegungsfixateure zunehmend in der Unfallchirurgie bei komplexen Ellenbogenverletzungen bzw. Gelenkluxationen eingesetzt [11]. Die o.g. lokalen oder allgemeinen Risikofaktoren beim älteren Menschen können zu einer erhöhten Komplikationsrate bei den empfohlenen Standardverfahren (Osteosynthese, Gelenkersatz) führen. Hier bietet die Verwendung eines Bewegungsfixateurs entscheidende Vorteile. Zum einen kann das zusätzliche Weichteiltrauma deutlich reduziert werden, zum anderen besteht die Möglichkeit frühzeitiger Rehabilitation durch die vorgegebene Bewegungsfreiheit bei deutlicher Schmerzreduktion [25]. Hier konnten insbesondere für geriatrische Patienten in ersten Studien gute Ergebnisse nachgewiesen werden. Beim jungen Patienten kommt der Bewegungsfixateur hauptsächlich bei chronischen Instabilitäten in Folge ligamentärer Verletzungen oder bei Revisionen im Zuge posttraumatischer Bewegungseinschränkungen zum Einsatz.

Nachbehandlung

Für ein optimales postoperatives Ergebnis ist neben der Wiederherstellung der anatomischen Verhältnisse, insbesondere der Gelenkfläche, eine adäquate Nachbehandlung von immenser Bedeutung. Unmittelbar postoperativ wird der Ellenbogen in einer Oberarmgipsschiene oder einer Orthese in Funktionsstellung ruhiggestellt. Ist durch die operative Versorgung eine Übungsstabilität gewährleistet, sollte postoperativ beim alten wie beim jungen Patienten nach erfolgter Röntgenkontrolle ohne Zeitverzögerung mit der frühfunktionellen Nachbehandlung begonnen werden. Aufgrund der postoperativ häufig stark schmerzgeplagten Patienten muss hierzu eine suffiziente Analgesie gewährleistet sein. Die präoperative Anlage eines Schmerzkatheters hat sich dabei als nützlich erwiesen. Zum Ausschluss einer sekundären Dislokation sollte nach 3 Wochen eine erneute Röntgenkontrolle erfolgen. Mit dem schrittweisen Belastungsaufbau ist nach einer 6-Wochen-Röntgenkontrolle zu beginnen. Bereits im stationären Setting sollten eine supportive Kryotherapie sowie Lymphdrainagen erfolgen, die auch über den stationären Aufenthalt fortgesetzt werden sollten. Zusätzlich sollten Motorschienen verordnet werden, um eine kontinuierliche Beübung auch außerhalb der physiotherapeutischen Behandlung zu gewährleisten. Die Nachbehandlung ist entsprechend dem operativen Vorgehen anzupassen. Musste der M. triceps intraoperativ abgelöst und refixiert werden, so ist dementsprechend die aktive Streckung gegen Widerstand für 6 Wochen zu unterlassen.

Komplikationen

Die Rate an Komplikationen für die osteosynthetische Versorgung von distalen Humerusfrakturen wird in der Literatur mit bis zu 30–35 % [12] und die Komplikationsrate der endoprothetischen Versorgung mit bis zu 50 % angegeben [15].

Allgemeine Komplikationen wie postoperative Schmerzen, Nachblutungen oder Wundheilungsstörungen sind in der Regel gut zu beherrschen und stellen meist kein langfristiges Problem dar. Daneben finden sich schwerwiegendere Komplikationen, die den Patienten dauerhaft einschränken oder operative Folgeeingriffe notwendig machen. Zu den mitunter stark einschränkenden Komplikationen zählen Bewegungseinschränkungen. Diese können zum einen durch intrinsische Faktoren wie eine Gelenkinkongruenz, freie Gelenkkörper oder sich im Verlauf ausbildende Osteophyten hervorgerufen werden. Extrinsische Faktoren wie heterotope Ossifikationen, die kapsuläre Fibrose und muskuläre Kontraktionen können Bewegungseinschränkungen bis hin zur Gelenksteife hervorrufen. Die Häufigkeitsangaben für das Auftreten von heterotopen Ossifikationen werden nach operativer Versorgung mit 14 % angegeben. Durch eine verzögerte Versorgung oder komplexe Typ-C-Frakturen nach AO kann die Wahrscheinlichkeit jedoch auf bis zu 26 % ansteigen [13]. In der Literatur gibt es unterschiedliche Angaben zur Prophylaxe von heterotopen Ossifikationen. Für den Einsatz von Indometacin sind weder eindeutige Vor- noch Nachteile beschrieben. Bei der Anwendung müssen die Nebenwirkungen einkalkuliert werden. Eine postoperative Einmalbestrahlung des OP-Gebiets mit 7Gy konnte keinen eindeutigen Vorteil gegenüber der Nichtbestrahlung nachweisen [35]. Sin et al. konnten in einer Studie einen Vorteil durch eine Bestrahlung und die Gabe von Indometacin feststellen [42], und von Nauth et al. wurde lediglich eine Empfehlung zur Ossifikationsprophylaxe für Patienten mit hohem Risiko, wie z.B. schweres Schädel-Hirn-Trauma, rezidivierende Ellenbogenluxationen, verspätete Versorgung oder Typ-C-Verletzungen, gegeben [29].

Aufgrund der exponierten Lage und unmittelbaren Nachbarschaft zur Fraktur ist der N. ulnaris, insbesondere bei der operativen Versorgung von komplexen Frakturen, besonders gefährdet. Das Auftreten von perioperativen Ulnaris-Schäden wird mit bis zu 20 % angegeben. Zu Vermeidung einer iatrogenen Verletzung muss bei entsprechendem operativem Zugangsweg der N. ulnaris sorgfältig dargestellt und gesichert werden.

Die primäre intraoperative Transposition des N. ulnaris aus seinem Sulcus wird kontrovers diskutiert. Die aktuellen Daten zeigen jedoch keinen Vorteil einer prophylaktischen Transposition des N. ulnaris [44]. Nach der Reposition und Osteosynthese muss aufgrund der genauen Analyse des Operationsgebiets nach erfolgter Osteosynthese über die Transposition individuell entschieden werde. Die Transposition des N. ulnaris kann bei vorliegender Nervenirritation auch 2-zeitig erfolgen.

Das Auftreten von Früh- und Spätinfektionen ist gefürchtet. Die Angaben zur Häufigkeit für das Auftreten von postoperativen Infektionen sind jedoch sehr unterschiedlich. Bei unkomplizierten Frakturen, geringem Weichteiltrauma, zeitnaher operativer Versorgung und kurzer operativer Versorgungszeit liegt die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Infektionen bei ca. 5–10 % [19]. Bei einem Frühinfekt kann ein Versuch zum Erhalt der Osteosynthese mittels operativer Revision, Lavage des OP-Gebiets und Plattenlagers sowie parenteraler antibiotischer Therapie versucht werden. Häufig muss jedoch die komplette Metallentfernung erfolgen. Geriatrische Patienten sind oft aufgrund von Multimorbidität sowie schlechten Haut- und Weichteilverhältnisse häufiger von Wundheilungsstörungen und Infektionen betroffen.

In 2–10 % der Fälle kommt es zu Pseudarthrosenbildung [47]. Hinweise für eine ausbleibende Knochenheilung sind hauptsächlich persistierende Bewegungsschmerzen, insbesondere unter Belastung. Im Nativröntgen geben weiterhin abgrenzbare Frakturspalten, Lysezonen oder auch Lockerung bzw. Bruch des Osteosynthesematerials Hinweise auf das Vorhandensein einer Pseudarthrose. Als mögliche Ursachen kommen hierbei insuffiziente Primärosteosynthesen, zu frühe Steigerungen der Belastung und Infektionen in Frage. Die Therapiemöglichkeiten ergeben sich aus der zugrunde liegenden Ursache. Bei nicht vorhandenen Hinweisen auf das Vorliegen eines Infekts ist die Re-Osteosynthese mit eventuell autologer Knochentransplantation das Verfahren der Wahl. Im Falle eines Infekts kann ein Erhaltungsversuch mit lokaler Revision und antibiotischer Therapie erfolgen. In Abhängigkeit vom Heilungsverlauf können die totale Implantatentfernung und Stabilisierung im Fixateur externe notwendig werden. Bei älteren Patienten mit osteoporotisch vorgeschädigtem Knochen muss ein Verfahrenswechsel mit Implantation einer Ellenbogenprothese in die Überlegung einbezogen werden. In jedem Fall ist jedoch sorgfältig das Nutzen-Risiko-Verhältnis abzuwägen. Insbesondere der geriatrische Patient kann beim Vorhandensein einer straffen Pseudarthrose wenig bis gar nicht in der Bewältigung von Aktivitäten des täglichen Lebens eingeschränkt sein. Hier lässt sich ein Zusammenhang zwischen den Pseudarthrose-bedingten Beschwerden und dem Aktivitätslevel erkennen. Hier schlägt die Klinik die Bildgebung.

Schlussfolgerungen

Die konservative Therapie bleibt Ausnahmefällen vorbehalten, kann jedoch bei einem ausgewählten Patientenkollektiv eine mögliche Therapieoption darstellen. Bei jungen und gesunden Patienten mit hohem funktionellem Anspruch ist die primäre oder sekundäre osteosynthetische Frakturversorgung der Goldstandard. Das operative Verfahren richtet sich dabei sowohl nach der Frakturmorphologie als auch nach der Expertise des Operateurs. Bei geriatrischen Patienten muss über das optimale therapeutische Vorgehen unter Berücksichtigung der Gesamtsituation im Einzelfall entschieden werden. Eine eindeutige Therapieempfehlung gibt es nicht. Das Patientenalter alleine ist hierbei jedoch nicht ausschlaggebend, sondern vielmehr das biologische Alter, der Grad der körperlichen Leistungsfähigkeit und der Anspruch des jeweiligen Patienten. Operativ erlauben neue winkelstabile Implantate, auch beim osteoporotischen Knochen und komplexen Frakturen, die Wiederherstellung der Gelenkflächen und einen ausreichend guten Halt, um eine postoperative Übungsstabilität und somit gute funktionelle Ergebnisse zu erreichen. Bei älteren oder incomplianten Patienten sollte der Bewegungsfixateur als Alternative in Erwägung gezogen werden.

Der endoprothetische Gelenkersatz hat seine Stärken in einer, im Vergleich zur aufwendigen Rekonstruktion einer komplexen Fraktur mit Doppelplattenosteosynthese, geringeren operativen Belastung sowie einer schnelleren Rekonvaleszenz mit guten kurz- und mittelfristigen Ergebnissen. Die einschränkende Belastungsrestriktion und die sich andeutenden Langzeitkomplikationen, hier vor allem die Prothesenlockerung, zwingen jedoch zu einer strengen Indikationsstellung. Hierzu existieren jedoch nur wenige langfristige Ergebnisse, Langzeitstudien müssen noch folgen.

Interessenkonflikte:

Keine angegeben.

Literatur

1. Ali A, Shahane S, Stanley D: Total elbow arthroplasty for distal humeral fractures: indications, surgical approach, technical tips, and outcome. J Shoulder Elbow Surg 2010; 19: 53–8

2. Baksi DP, Pal AK, Baksi D: Prosthetic replacement of elbow for intercondylar fractures (recent or ununited) of humerus in the elderly. Int Orthop 2011; 35: 1171–7

3. Becker L, Schmidt-Horlohé K, Hoffmann R: Endoprothetik am Ellenbogen. Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2013; 8: 383–98

4. Beeres FJ, Oehme F, Babst R: Distal humerus fracture-extensile approaches. Oper Orthop Traumatol. 2017; 29: 115–24

5. Celli A, Morrey BF: Total elbow arthroplasty in patients forty years of age or less. J Bone Joint Surg Am 2009; 91: 1414–8

6. Charissoux JL, Vergnenegre G, Pelissier M, Fabre T, Mansat P: Epidemiology of distal humerus fractures in the elderly. Orthop Traumatol Surg Res 2013; 99: 765–9

7. Cobb TK, Morrey BF: Total elbow arthroplasty as primary treatment for distal humeral fractures in elderly patients. J Bone Joint Surg Am 1997; 79: 826–32

8. Court-Brown CM, Caesar B: Epidemiology of adult fractures: a review. Injury 2006; 37: 691–7

9. Crean TE, Nallamothu SV: Distal humerus fractures. StatPearls Publishing. 2018, last update: January 2019

10. DeSimone LJ, Sanchez-Sotelo J: Total elbow arthroplasty for distal humerus fractures. Orthop Clin North Am 2013; 44: 381–7

11. Deuel C, Wolinsky P, Schepherd E, Hazelwood SJ: The use of hinged external fixation to provide additional stabilization for fractures of the distal humerus. J Orthop Trauma 2007; 21: 323–9

12. Doornberg J, Lindenhovius A, Kloen P, van Dijk CN, Zurakowski D, Ring D: Two and three-dimensional computed tomography for the classification and management of distal humeral fractures. Evaluation of reliability and diagnostic accuracy. J Bone Joint Surg Am 2006; 88: 1795–801

13. Douglas K, Cannada LK, Archer KR, Dean DB, Lee S, Obremskey W: Incidence and risk factors of heterotopic ossification following major elbow trauma. Orthopedics 2012; 35: e815–22

14. Dubberley JH, Faber KJ, Macdermid JC, Patterson SD, King GJ: Outcome after open reduction and internal fixation of capitellar and trochlear fractures. J Bone Joint Surg Am 2006; 88: 46–54

15. Ducrot G, Ehlinger M, Adam P, Di Marco A, Clavert P, Bonnomet F: Complex fractures of the distal humerus in the elderly: is primary total elbow arthroplasty a valid treatment alternative? A series of 20 cases. Orthop Traumatol Surg Res. 2013; 99: 10–20

16. Ellwein A, Voigt C, Lill H: Frakturen des distalen Humerus. In: Müller L, Hollinger B, Burkhart K (Hrsg.): Expertise Ellenbogen. Stuttgart: Georg Thieme Verlag, 2016: 172–88

17. Hackl M, Wegmann K, Taibah S, Burkhart KJ, Scaal M, Muller LP: Periimplant failure in dual plating of the distal humerus-A biomechanical analysis with regard to screw and plate positioning. Injury 2015; 46: 2142–5

18. Harbrecht A, Hackl M, Müller LP, Wegmann K: Distale Humerusfrakturen, OUP 2018; 7: 311–8

19. Huang TL, Chiu FY, Chuang TY, Chen TH: Surgical treatment of acute displaced fractures of adult distal humerus with reconstruction plate. Injury 2004; 35: 1143–8

20. Jupiter JB: Complex fractures of the distal part of the humerus and associated complications. Instr Course Lect 1995; 44: 187–98

21. Kim JM, Mudgal CS, Konopka JF et al.: Complications of total elbow arthroplasty. J Am Acad Orthop Surg 2011; 19: 328–39

22. Kollias CM, Darcy SP, Reed JG, Rosvold JM, Shrive NG, Hildebrand KA: Distal humerus internal fixation: a biomechanical comparison of 90 degrees and parallel constructs. Am J Orthop (Belle Mead NJ) 2010; 39: 440–4

23. Korner J, Lill H, Muller LP, Hessmann M, Kopf K, Goldhahn J et al.: Distal humerus fractures in elderly patients: results after open reduction and internal fixation. Osteoporos Int 2005; 16 Suppl 2: S73–9

24. Liu JJ, Ruan HJ, Wang JG et al.: Double-column fixation for type C fractures of the distal humerus in the elderly. J Shoulder Elbow Surg 2009; 18: 646–51

25. Maniscalco P, Pizzoli AL, Renzi Brivio L, Caforio M: Hinged external fixation for complex fracture-dislocation of the elbow in elderly people, Injury, Volume 45, Supplement 6, 2014

26. McKee MD, Veillette CJ, Hall JA et al.: A multicenter, prospective, randomized, controlled trial of open reduction – internal fixation versus total elbow arthroplasty for displaced intra-articular distal humeral fractures in elderly patients. J Shoulder Elbow Surg 2009; 18: 3–12

27. Moneim MS, Garst JR: Vascular injuries associated with elbow fractures and dislocations. Int Angiol 1995 Sep; 14: 307–12

28. Morrey BF, Bryan RS, Dobyns JH, Linscheid RL: Total elbow arthroplasty.
A five-year experience at the Mayo Clinic. J Bone Joint Surg Am 1981; 63: 1050–63

29. Nauth A, McKee MD, Ristevski B, Hall J, Schemitsch EH: Distal humeral fractures in adults. J Bone Joint Surg Am 2011; 93: 686–700

30. Ozer H, Solak S, Turanli S, Baltaci G, Colakoglu T, Bolukbasi S: Intercondylar fractures of the distal humerus treated with the triceps-reflecting anconeus pedicle approach. Arch Orthop Trauma Surg 2005; 125: 469–74

31. Palvanen M, Kannus P, Niemi S, Parkkari J: Secular trends in distal humeral fractures of elderly women: nationwide statistics in Finland between 1970 and 2007. Bone 2010; 46: 1355–8

32. Papaioannou N, Babis GC, Kalavritinos J et al.: Operative treatment of type C intra-articular fractures of the distal humerus: the role of stability achieved at surgery on final outcome. Injury 1995; 26: 169–73

33. Penzkofer R, Hungerer S, Wipf F, von Oldenburg G, Augat P: Anatomical plate configuration affects mechanical performance in distal humerus fractures. Clin Biomech (Bristol, Avon) 2010; 25: 972–8

34. Pidhorz L, Alligand-Perrin P, De Keating E et al.: Distal humerus fracture in the elderly: does conservative treatment still have a role? Orthop Traumatol Surg Res 2013; 99: 903–7

35. Ploumis A, Belbasis L, Ntzani E, Tsekeris P, Xenakis T: Radiotherapy for prevention of heterotopic ossification of the elbow: a systematic review of the literature. J Shoulder Elbow Surg 2013 Nov; 22: 1580–8

36. Popovic D, King GJ: Fragility fractures of the distal humerus: What is the optimal treatment? J Bone Joint Surg Br 2012; 94: 16–22

37. Prasad N, Dent C: Outcome of total elbow replacement for distal humeral fractures in the elderly: a comparison of primary surgery and surgery after failed internal fixation or conservative treatment. J Bone Joint Surg Br 2008; 90: 343–8

38. Robinson CM, Hill RM, Jacobs N, Dall G, Court-Brown CM: Adult distal humeral metaphyseal fractures: epidemiology and results of treatment.
J Orthop Trauma 2003; 17: 38–47

39. Schuster I, Korner J, Arzdorf M et al.: Mechanical comparison in cadaver specimens of three different 90-degree double-plate osteosyntheses for simulated C2-type distal humerus fractures with varying bone densities. J Orthop Trauma 2008; 22: 113–20

40. Seekamp A, Regel G, Blauth M, Klages U, Klemme R, Tscherne H: Long-term results of therapy of open and closed fractures of the elbow joint. Unfallchirurg 1997; 100: 205–11

41. Sheps DM, Kemp KAR, Hildebrand KA: Population-based incidence of distal humeral fractures among adults in a Canadian urban center. Cur Orthop Pract 2011; 22: 437–42

42. Shin SJ, Sohn HS, Do NH: A clinical comparison of two different double plating methods for intraarticular distal humerus fractures. J Shoulder Elbow Surg 2010; 19: 2–9

43. Srinivasan K, Agarwal M, Matthews SJ, Giannoudis PV: Fractures of the distal humerus in the elderly: Is internal fixation the treatment of choice? Clin Orthop Relat Res 2005; 434: 222–30

44. Vazquez O, Rutgers M, Ring DC, Walsh M, Egol KA: Fate of the ulnar nerve after operative fixation of distal humerus fractures. J Orthop Trauma. 2010; 24: 395–9

45. Welsink CL, Lambers KTA, van Deurzen DFP, Eygendaal D, van den Bekerom MPJ: Total elbow arthroplasty:
A systematic review. JBJS Rev. 2017; 5: e4

46. Zagorski JB, Jennings JJ, Burkhalter WE et al.: Comminuted intraarticular fractures of the distal humeral condyles. Surgical vs. nonsurgical treatment. Clin Orthop Relat Res 1986; 202: 197–204

47. Zalavras CG, Vercillo MT, Jun BJ, Otarodifard K, Itamura JM, Lee TQ: Biomechanical evaluation of parallel versus orthogonal plate fixation of intraarticular distal humerus fractures.
J Shoulder Elbow Surg 2011; 20: 12–20

48. Müller-Mai C, Ekkernkamp A (Hrsg.): Frakturen Klassifikation und Behandlungsoptionen. 1. Aufl. Berlin: Springer, 2010

Korrespondenzadresse

Matthias Lany

Klinik und Poliklinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie

Operative Notaufnahme

Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, Standort Gießen

Rudolf-Buchheim-Straße 7

35385 Gießen

Matthias.Lany@chiru.med.uni-giessen.de

SEITE: 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7