Übersichtsarbeiten - OUP 12/2017

Ergebnisse nach arthroskopischem Release bei Iliopsoas-Impingement nach alloarthroplastischem Hüftgelenkersatz

Ziel der vorliegenden Studie ist es, unsere Erfahrungen mit der arthroskopischen Therapie des IPI darzustellen.

Material und Methodik

Zwischen 1999 und Dezember 2016 wurden 68 Patienten mit dem klinischen Bild eines Iliopsoas-Impingements nach Hüftgelenkersatz arthroskopisch in unserer Institution behandelt. Es waren mehr Frauen als Männer (42:26) mit einem durchschnittlichen Lebensalter von 63 Jahren (45–77). In 52 Fällen traten die Schmerzen in ganz engem zeitlichen Zusammenhang zur Hüftprothesenoperation auf und nur in 16 Fällen zu einem späteren Zeitpunkt (Mittelwert: 8,9 Monate).

Alle Patienten hatten bereits vorher frustrane konservative Therapieversuche von wenigstens 6 Monaten und wurden im Anschluss daran in unsere Zuweisungsambulanz überwiesen.

Einen klinischen Verdacht auf ein IPI stellten wir bei Patienten fest, die nach Implantation einer Hüftendoprothese anhaltende oder neu aufgetretene Beschwerden im Bereich der Leiste beklagten. Die genaue anamnestische Befragung ergab bei diesen Patienten, dass dieser Schmerz in seiner Ausprägung anders war als der Schmerz vor dem alloarthroplastischen Hüftgelenkersatz. Die Patienten gaben auch die typischen Schmerzen beim Wechsel vom Sitzen in den Stand sowie beim Treppensteigen an, ebenso wie die typischen Schmerzen bei einer Hyperextension der Hüfte.

Die klinische Untersuchung zeigte einen Druckschmerz im Bereich der Leiste. Bei den Patienten war ein Schmerz bei aktiver Hüftflexion gegen Widerstand bis zu einem Hüftbeugewinkel von etwa 60–70° auslösbar. Ein präoperativer Lokalanästhesie-Test mit Infiltration der Iliopsoas-Sehne unter Bildwandlerkontrolle mit einem Lokalanästhetikum wurde dann als positiv angenommen, wenn nach Injektion des Lokalanästhetikums der Schmerz für die Wirkdauer des lokalen Anästhetikums verschwand.

Präoperative Röntgenaufnahmen ließen bei den Patienten eine reduzierte Anteversion der Hüftpfanne vermuten (Abb. 2). Ein genaues Ausmessen der Pfannenanteversion ist auf den Röntgenaufnahmen naturgemäß jedoch nicht möglich. Computertomografische Untersuchungen bei 55 Patienten waren aufgrund der hohen Artefaktbildung der metallischen Komponenten nicht immer konklusiv hinsichtlich der Frage eines möglichen Überstands der ventralen Azetabulumkomponente über den ossären Azetabulumrand hinaus. Gerade bei Oberflächenersatzprothesen ist die CT-Darstellung schwierig, bei Pfannenkomponenten aus Titanlegierungen oder mit speziellen Artefaktunterdrückungen im CT ist dies deutlich einfacher (Abb. 3a–c).

Die Operationsindikation wurde dann gestellt, wenn die oben dargestellten anamnestischen, klinischen und radiologischen Angaben vorlagen und ein positiver LA-Test durchgeführt wurde. Bei grober Fehllage des Pfannenimplantats erfolgte kein arthroskopisches Vorgehen.

Der arthroskopische Eingriff wurde in Rückenlage mit Extensionstisch sowie guter Muskelrelaxation durchgeführt. Nach sterilem Abwaschen und Abdecken wurde zunächst ein anterolaterales Portal in Höhe des Trochanter major und knapp ventral davon angelegt. Unter BV-Kontrolle erfolgen die Höhenlokalisation sowie das Einbringen des Arthroskops mit spitzem Trokar nach Stichinzision. Mit dem spitzen Trokar wurde die Arthroskophülse bis an die Gelenkkapsel vorgeschoben. Anschließend erfolgte der Wechsel auf einen stumpfen Trokar und die Penetration der Hüftgelenkkapsel. Unter Sicht und Bildwandlerkontrolle erfolgte dann das Anlegen eines zweiten ventralen Portals. Hierbei wurde darauf geachtet, dass über dieses ventrale Portal auch später die Kapsulotomie, eine partielle Kapselresektion und ein Erreichen der Iliopsoas-Sehne möglich waren. Nach intraartikulärer Inspektion und Palpation sowie Ausschluss weiterer intraartikulärer Pathologien erfolgte die Inzision und ventrale Resektion der Neokapsel nach Implantation der Hüftalloarthroplastik. Bei allen Patienten fanden sich inflammatorische Veränderungen unterschiedlichen Ausmaßes an der ventralen Pfannenbegrenzung. Diese reichten von einer vermehrten Gefäßzeichnung über eine lokale Synovialitis bis hin zum Verlust der ventralen Pseudokapsel mit partieller Freilegung der Iliopsoas-Sehne.

Bei einigen Patienten war die ventrale Neokapsel so kräftig und narbig ausgebildet, dass eine Penetration mit dem Trokar nicht möglich war. Bei diesen Patienten wurde die Neokapsel mit einem bipolaren Resektionsgerät oder einem 5,5 mm Shaver reseziert (Abb. 4). Die anschließende Inspektion der Iliopsoas-Sehne ergab bei allen Patienten auffällige Befunde. Neben inflammatorischen Veränderungen lagen Partialrupturen der Sehne in unterschiedlichem Ausmaß vor. Diese mechanischen Alterationen lagen auf Höhe der ventralen Pfannenbegrenzung sowie distal davon (Abb. 5). Mit einem elektrischen Resektionsgerät erfolgte dann die Tenotomie der sehnigen Anteile der Iliopsoas-Sehne (Abb. 6).

Anschließend erfolgt über den liegenden Trokar die Injektion von 10 ml Lokalanästhetikum und nach Entfernung der Instrumente erfolgt dann die Hautnaht. Postoperativ dürfen die Patienten ab dem ersten Tag schmerzadaptiert vollbelasten. Die Entlassung aus dem stationären Aufenthalt erfolgte nach 1–4 Tagen. Der mittlere Nachuntersuchungszeitraum betrug 6,5 Jahre (6 Monate bis 17 Jahre).

Ergebnisse

In 15 Fällen handelte es sich um eine azetabuläre Komponente beim Oberflächenersatz, in 18 Fällen um eine zementfreie Schraubpfanne und in den übrigen Fällen um eine zementfreie modulare Press-fit-Pfanne. 28 der 65 Patienten litten ursprünglich an einer Dysplasiecoxarthrose. Patienten mit zementierten Prothesen oder Revisionspfannen fanden sich im vorliegenden Kollektiv nicht.

Bei 5 Patienten gelang es trotz präoperativer Röntgenuntersuchung und Computertomografie erst im Rahmen der arthroskopischen Untersuchung, den ventralen Überstand der Prothese darzustellen (Abb. 7a–c).

Arthroskopisch fand sich bei den meisten Patienten eine ventrale Neokapsel, mit der die Iliopsoas-Sehne verwachsen war. Nach Etablierung eines anterioren Kapselfensters konnte in allen Fällen die Iliopsoas-Sehne dargestellt werden. Bei 39 der 68 Patienten fanden sich ventral 2 oder mehr Sehnenstrukturen im Bereich des Iliopsoas (Abb. 8). Bei allen Patienten lagen neben lokalen Tendinitiden auch bereits mechanische Beeinträchtigungen mit Partialrupturen unterschiedlichen Ausmaßes der Iliopsoas-Sehne vor. Die Läsion fand sich im Rahmen der Arthroskopie in Höhe der ventral prominenten azetabulären Komponente sowie auch distal davon. Bei allen Patienten konnten die pathologisch imponierenden Sehnenanteile mit einem bipolaren Resektionsgerät reseziert werden. Am ersten postoperativen Tag wurden die Patienten unter schmerzadaptierter Vollbelastung mobilisiert.

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