Übersichtsarbeiten - OUP 12/2017

Ergebnisse nach arthroskopischem Release bei Iliopsoas-Impingement nach alloarthroplastischem Hüftgelenkersatz

Chalmers et al. [9] untersuchten die operativen und nicht operativen Ergebnisse bei Iliopsoas-Impingement nach Hüft-Arthroplastik. Insgesamt wurden 49 Patienten behandelt. 21 erhielten eine Azetabulum-Revision, 8 eine Tenotomie und 20 wurden konservativ behandelt. Der mittlere Nachuntersuchungs-Zeitraum betrug 4 Jahre.

50 % der Patienten mit einer konservativen Therapie behielten Leistenschmerzen. In der operativen Gruppe waren es nur 24 %. Bei Patienten, bei denen der vordere Pfannenrand der Arthroplastik weniger als 8 mm prominent war, führte die Tenotomie in 100 % zu einer Beschwerdefreiheit. Bei Patienten mit mehr als 8 mm Prominenz führte die Azetabulum-Revision in 92 % zu einer Beschwerdefreiheit. Bei einer Prominenz von mehr als 8 mm konnte nur bei einem von 3 Patienten mit einer reinen Tenotomie eine Beschwerdefreiheit erreicht werden.

Die Autoren schlussfolgerten, dass eine konservative Therapie in nur 50 % der Fälle zu einer Beschwerdefreiheit führt; bei minimaler Pfannen-Prominenz unter 8 mm zeigt ein Iliopsoas-Release ein gutes Ergebnis. Bei höheren Pfannen-Fehlstellungen empfehlen die Autoren eine Revision der Pfannenkomponente.

Neben den offenen konventionellen Techniken erscheint die arthroskopische Technik besonders reizvoll und vorteilhaft, da diese mit einer geringen Morbidität des Patienten einhergeht. Der Eingriff ist in übersichtlichem Zeitrahmen ohne großes Komplikationsrisiko für den Patienten durchzuführen. Hierbei wird natürlich nur eine Iliopsoas-Tenotomie durchgeführt, ohne eine Reorientierung der Prothesenkomponenten zu erreichen. In der hüftarthroskopischen Literatur finden sich nur wenige Arbeiten zum Thema des Iliopsoas-Sehnenreleases [21, 22]. Diese behandeln zum Teil Sehnenaffektionen ohne einliegende Endoprothese. So berichten Tibor und Sekiya [38] über eine „interne schnappende Hüfte“ aufgrund einer Iliopsoas-Tendinitis. Byrd [7] beschreibt die schmerzhafte Iliopsoas-Sehne ebenfalls und gibt operationstechnische Hinweise zum endoskopischen Release an.

Ilizaliturri et al. [19] beschreiben ebenfalls das interne Hüftschnappen aufgrund einer Iliopsoas-Affektion bei 7 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 28,5 Jahren, bei denen ein endoskopisches Release der Iliopsoas-Sehne durchgeführt wurde. Das Release wurde in dieser Gruppe auf Höhe des Trochanter minor durchgeführt. Die Autoren beobachteten ebenfalls eine abgeschwächte Hüftflexion, die jedoch nicht über 8 Wochen hinaus andauerte.

Zunehmend finden sich auch arthroskopische Arbeiten bei einem IPI. Filanti et al. [16] behandelten 35 Patienten mit anhaltenden Leistenschmerzen arthroskopisch. Bei Patienten mit dem klinischen Verdacht auf ein Iliopsoas-Impingement wurde ein Lokalanästhesie-Test durchgeführt. Bei positivem Test und positivem intraoperativen Befund erfolgte eine transkapsuläre Tenotomie in arthroskopischer Technik. Das Alter der Patienten reichte von 29 bis 77 Jahren (Mittelwert 57 Jahre). Die Beschwerden setzten 5–15 Monate (Mittelwert 10,8 Monate) nach Implantation der Hüft-Prothese ein. Der mittlere präoperative Harris-Hip-Score betrug 41,1 (32–56). Die mittlere Muskelkraft für die Hüftbeugung betrug 3,2 (Range 3–4). Nach 24 Monaten Nachuntersuchungszeitraum fand sich ein mittlerer Harris-Hip-Score von 75,73 (Range 50–90). Bei Iliopsoas-Release zeigt sich der postoperative Harris-Hip-Score bei 83,25 (Range 61–91). Die mittlere Muskelkraft betrug 4,45.

Die Autoren schlussfolgerten, dass die Hüft-Arthroskopie bei einem Leistenschmerz nach Hüft-Prothetik eine gute Indikation darstellt und gerade beim anterioren Iliopsoas-Impingement ein sehr wertvolles Werkzeug ist, um wenig invasiver als mit anderen offenen Techniken das Problem zu lösen.

Nach Revisionsendoprothetik sind Literaturhinweise auf ein IPI noch selten. Morohashi et al. [27] beschrieben einen Fall bei dem nach Hüftrevisionsendoprothese mit einem Pfannenabstützring eine arthroskopische Iliopsoas-Resektion durchgeführt wurde.

Anatomische Betrachtungen

Interessanterweise konnten wir bei 39 der 68 Patienten ventral 2 Sehnenstrukturen im Bereich der Iliopsoas-Sehne identifizieren. Dieses Phänomen wurde von uns bereits 2013 beschrieben [22]. Anatomisch könnte es sich dabei um eine separate Iliacus- und Psoas-Sehne handeln. Eine weitere Erklärung könnte sein, dass bei diesen Patienten ein separater Iliopsoas minor als anatomische Variante vorlag.

Philippon et al. [30] konnten im Rahmen einer anatomischen Arbeit ebenfalls aufzeigen, dass auf Höhe des Hüftgelenkes durchaus mehr als ein Sehnenanteil vorhanden ist. Sie untersuchten 53 Präparate (Fresh frozen) mit einem mittleren Lebensalter von 62 Jahren (47–70 Jahre). Sie fanden in 28,3 % nur einen Sehnenanteil, in 64,2 % 2 und in 7,5 % sogar 3 Sehnenanteile. Sie wiesen darauf hin, dass in einem solchen Fall mehr als nur ein Sehnenanteil zu lösen ist, um ein Iliopsoas-Impingement zu beheben. Seine anatomische Arbeit zeigt auch sehr deutlich, dass es sich hierbei um intramuskuläre Sehnenanteile handelt und keinesfalls um Sehnen am körperfernen Ende des Muskels. Dieses macht verständlich, dass ein Release dieser Sehnenanteile nicht zum Funktionsverlust des M. iliopsoas führt.

In diesem Zusammenhang ist die Arbeit von Brandenburg et al. [5] interessant. Sie führten bei 18 Patienten ein arthroskopisches Release der Iliopsoas-Sehne bei entsprechender klinischer Symptomatik durch. Hier handelte es sich jedoch um Patienten, die noch keine Hüftprothese erhalten hatten. Die Autoren untersuchten die Muskulatur vor und nach dem Release mittels MRI und klinischen isometrischen Hüftbeuge-Tests. Die Autoren kamen zu dem Ergebnis, dass nach einem Release eine Iliopsoas-Atrophie von 25 % und eine Reduktion Hüftbeugekraft von 19 % resultierten. Kritisch ist anzumerken, dass weder Kernspintomografie noch Flexionskraft vor der Intervention dokumentiert wurden. Man kann also nicht sagen, welcher Effekt auf die Erkrankung an sich und welcher auf das Iliopsoas-Release zurückzuführen ist.

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