Übersichtsarbeiten - OUP 12/2017

Ergebnisse nach arthroskopischem Release bei Iliopsoas-Impingement nach alloarthroplastischem Hüftgelenkersatz

60 der 68 Patienten gaben bereits am 1. postoperativen Tag an, dass die präoperativ vorhandenen Schmerzen, die zur Operation geführt haben, verschwunden waren. 6 Patienten litten 6 Wochen postoperativ noch an Restbeschwerden, die jedoch deutlich geringer waren als präoperativ. Zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung waren diese Beschwerden bei 3 Patienten völlig verschwunden, bei 3 Patienten lagen noch minimale Restbeschwerden vor.

Der mittlere präoperative Harris-Hip-Score betrug 42,1 (33–55). Zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung fand sich ein mittlerer von 85,2 (Range 63–95).

Die mittlere Muskelkraft für die Hüftbeugung nach Janda betrug vor dem Iliopsoas-Release 3,5 (Range 3–4). Bei allen Patienten lag eine Schwäche der aktiven Hüftbeugung gegen Widerstand während der ersten 7 Tage nach dem Release vor. Diese beeinträchtigte die frühe Mobilisation nicht und führte auch nicht zu einer Beeinträchtigung des normalen bipedalen Gangbilds. Die manuelle Überprüfung der Hüftbeugung gegen Widerstand zwischen 0–70° zeigte hier jedoch eine Schwäche im Vergleich zur Gegenseite. Die mittlere Muskelkraft nach Janda betrug zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung 4,7.

Alle Endoprothesen waren zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung nach wie vor in situ. Es zeigten sich keine durch das arthroskopische Vorgehen bedingten neurovaskulären oder sonstigen Komplikationen.

Diskussion

Verschiedene Gründe haben dazu geführt, dass das Interesse am Iliopsoas-Impingement zugenommen hat [3]. Einer der Gründe mag in speziellen Prothesendesigns liegen, bei denen – insbesondere bei Oberflächenersatzendoprothesen – die azetabulare Komponente teilweise am Pfannenrand eine für die Iliopsoas-Sehne ungünstige und teils scharfe Konfiguration aufweist (z.B. BHR, Smith & Nephew). Ein weiterer Grund kann darin liegen, dass das Versorgungsalter für die endoprothetische Versorgung von Coxarthrosepatienten tendenziell eher abgenommen hat und hierdurch ein zunehmender Teil von Dysplasie-Coxarthrose-Patienten mit Endoprothesen versorgt werden. Bei diesen ist anatomisch bedingt die anteriore Azetabulumbegrenzung nur gering ausgebildet, sodass dies häufig zu einer prominenten ventralen azetabulären Komponente führt.

Verschiedene Berichte in der Literatur zeigen, dass es sich beim IPI nicht um Einzelfallbetrachtungen handelt, sondern dass man bei sorgfältiger Diagnostik dieses Krankheitsbild häufiger antrifft als früher angenommen.

Klinische Beschwerden

Die Patienten berichten üblicherweise über Hüftschmerzen, welche verstärkt werden beim Treppensteigen, ins und aus dem Bett gehen, Aufstehen vom Stuhl, aus der sitzenden Position, Ein- und Aussteigen aus dem Auto [18]. Seltener beschreiben Patienten ein schnappendes Gefühl. Die Beschwerden haben eine große Variabilität bzgl. des initialen Auftretens. So sind Beschwerden schon nach einem Monat, aber auch erst nach 96 Monaten nach Implantation einer Hüftendoprothese initial aufgetreten [14, 18].

Klinische Befunde

Die klinische Untersuchung zeigt spezifische Befunde. Die Patienten haben üblicherweise einen Druckschmerz im Bereich der Leiste, selten kann man auch ein Schnappen der Sehne palpieren, ebenfalls selten ist eine Bursa zu palpieren [28, 10, 4, 24]. Oftmals haben Patienten beim normalen Gehen kaum Beschwerden [18]. Eine Schmerzverstärkung ist zu reproduzieren bei kraftvoller Beugung der Hüfte im Sitzen oder beim Anheben des gestreckten Beins [20, 13]. Ein Schmerz kann ebenfalls auftreten bei passiver Hyperextension sowie bei aktiver Außenrotation und Extension der Hüfte [6].

Differenzialdiagnose

Die differenzialdiagnostische Abklärung kann schwierig sein. Anhaltende Beschwerden nach Hüftendoprothese können bedingt sein durch eine Low-grade-Infektion, eine azetabuläre oder femorale Lockerung, okkulte Frakturen des Beckens oder des Azetabulums. Gelegentlich können die Beschwerden auch von dem ISG oder der lumbalen Wirbelsäule herrühren. Sehr selten sind die Beschwerden verursacht durch intraabdominelle, retroperitoneale oder vaskuläre Probleme. Um einen Hüftgelenkinfekt auszuschließen, wird das C-reaktive Protein bestimmt und gleichzeitig wird eine Punktion ohne Antibiotikagabe durchgeführt. Eine Knochenszintigrafie wird empfohlen bei Vermutung auf eine okkulte Fraktur oder eine Lockerung der azetabulären Komponente, wenn die Primärimplantation schon mehrere Jahre zurück-liegt. Die Durchführung einer Szintigrafie kurze Zeit nach der Prothesenimplantation bringt keinen diagnostischen Gewinn.

Bildgebung

Eine Standardröntgenaufnahme in 2 Ebenen lässt bereits die Pfannenpositionierung erahnen. Letztendlich ist eine exakte Überprüfung der Pfannenpositionierung nur im CT möglich. Die Kernspintomografie ist in der Regel bei den metallischen Implantaten nicht hilfreich. Eine Ultraschalluntersuchung kann unter Umständen andere Differenzialdiagnosen wie eine iliopektineale Zyste ausschließen.

Auf Nativ-Röntgenaufnahmen können gleichzeitig grobe Lockerungen erkannt werden. Kleinere Osteolysen sind mit Hilfe der Computertomografie sicher diagnostizierbar. Anhand der Computertomografie kann gleichfalls die Anteversion der Hüftpfanne bestimmt werden. Ebenso kann dokumentiert werden, inwieweit die azetabuläre Komponente evtl. ventral überragt und dann zu einem Iliopsoas-Impingement oder zu einer Bursahypertrophie führen kann [14, 11].

Eine ventral überragende azetabuläre Komponente von mehr als 12 mm scheint einen Prädispositionsfaktor für ein Iliopsoas-Impingement darzustellen [11]. In einer anderen Untersuchung betrug der ventrale Überstand im Schnitt sogar nur 5,8 mm (Range: 2–10 mm) [14].

Odri et al. [29] korrelierten die Pfannengröße mit einem anterioren Iliopsoas-Impingement und konnten aufweisen, dass bei oversized Cups ab einer Differenz zwischen Original-Pfanne und Implantat-Pfanne von 6 mm das Risiko für ein Iliopsoas-Impingement deutlich erhöht ist.

Es ist nicht bekannt, inwieweit die Version der azetabulären Komponente alleine zu einer Tendinitis prädisponiert, wenn die azetabuläre Komponente mit Knochen abgedeckt ist.

Die Kernspintomografie ist in der Regel wenig hilfreich aufgrund der Artefakte. Potter et al. [32] entwickelte eine spezielle Software mit einem Algorithmus zur Artefaktunterdrückung im Rahmen der Kernspintomografie. Diese Autoren konnten ein erhöhtes Signal und Flüssigkeitsansammlung im Bereich des Prothesenlagers diagnostizieren [32]. Die differenzialdiagnostische Abklärung hinsichtlich einer iliopektinealen Zyste ist sicherlich mit dem MRT möglich [4]. Die Sonografie kann mit entsprechender Erfahrung ebenfalls differenzialdiagnostische Hinweise geben [4, 1, 34, 40]. Es scheint so, dass die Iliopsoas-Sehne bei symptomatischen Patienten sonografisch dokumentiert mehr ventral und medial der azetabularen Komponente liegt [32]. In einer anderen Untersuchung wurden ultraschallgeführte Testinjektionen aus diagnostischen und therapeutischen Gründen durchgeführt [1]. Rezig et al. [34] beschrieben einen Patienten, bei dem das Krankheitsbild sogar mit Hilfe der Sonografie diagnostiziert werden konnte.

Lokalanästhesie-Test

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