Originalarbeiten - OUP 12/2012

Injektionsverfahren im Bereich der Lendenwirbelsäule

1. Entlordosierende Lagerung der LWS:

Sitzen mit hohem Fußbänkchen mit leicht nach vorne geneigtem Oberkörper (z. B. Katzenbuckel)

Bauchlage mit Unterstützung des proximalen Beckens und Bauches durch ein Polster bzw. Kissen

Seitenlage (Knie angewinkelt zum Kopf ziehen)

2. Bei epiduralen Injektionen sind ein i.v.-Zugang und Monitoring der Vitalparameter obligat. Präinterventionell ggf. Gabe eines Plasmaexpanders oder Kristalloids

3. Strahlenreduktion:

– Bildverstärker (BV) befindet sich bei a.p.- und Schrägaufnahmen oberhalb des Patienten

– Bei lateralen Aufnahmen sollte der Untersucher auf der Seite des BV stehen (geringere Streustrahlung)

Facetteninfiltration/Facettengelenksinjektion

Prinzip:

Temporäre Ausschaltung der Nozizeption durch Verabreichen von LA (und ggf. von Kortikoiden) in die Gelenkkapsel (Injektion) oder um die Gelenkkapsel (Infiltration) der kleinen Wirbelgelenke.

Indikation:

– Therapeutisch: Facettensyndrom, pseudoradikuläre Syndrome, hyperlordosebedingte Lumbalgie

– Diagnostisch: Ermittlung der Schmerzursache (Schmerzgenerator)

Technik:

Facetten LWK1/2 bis LWK4/5: Senkrechte ca. 2 cm paraspinale Einstichstelle auf interspinöser Höhe. 1,0 ml bis max. 5 ml LA-Kortikoid-Gemisch (z.B. 10 mg Triamcinolon) pro Gelenk intra- und perikapsulär.

Facette LWK5/SWK1: Auf der Verbindungslinie zwischen den Spinae iliacae posteriores superiores (SIPS) 2 cm paraspinal senkrechtes Infiltrieren wie o.b.

Bei C-Bogenanwendung wird auf den unteren Recessus der dorsalen Gelenkkapsel (oberhalb des Nackens des „Scotty dog“, Abb. 2) gezielt. Unter Beachtung der Endplattenparallelität erfolgt die Injektion bei ca. 10–20° (LWK1/2 und LWK2/3) und bei ca. 20°–40° (LWK3-SWK1) ipsilateraler Rotation des deckenwärts positionierten Bildwandlers (BV). Bei therapeutischer Indikation erfolgt oft eine gleichzeitige bilaterale Injektion der unteren 2–3 Segmente, bei diagnostischer Fragestellung wird nur ein Gelenk mit wenig Volumen (max. 0,5–1,0 ml) behandelt. V.a. bei diagnostischer Zielsetzung können weitere bildgebende Verfahren (Sonographie, MRT und CT) verwendet werden.

Spezielle Risiken:

Kapselruptur, intrathekale Injektion

 

Ergebnisse nach intraartikulärer Facettengelenksinjektion:

Wenige aussagefähige Daten zur Wirksamkeit von intraartikulären Facettengelenksinjektionen vorhanden!

 

bzw. limitierte Wirksamkeit therapeutischer Facettengelenksinjektionen.

Boswell et al. [15]: Moderater Beweis für Kurz- (< 6 Wochen) und Langzeitwirkung (> 6 Wochen) für therapeutische Facettengelenksinjektionen (systematische Literaturbewertung, 161 Patienten).

Blockade des lumbalen
Ramus medialis

Syn.: lumbar medial branch block (LMBB)

 

Prinzip:

Selektive Blockade des R. medialis des R. dorsalis nervi spinalis, der den dorsalen Wirbelgelenkanteil des gleichen (distaler Anteil) und nächsttieferen (proximaler Anteil) Segmentes innerviert [13, 16].

 

Indikation:

Siehe Facetteninfiltration/Facettengelenksinjektion (v.a. vor geplanter Facettendenervation)

Technik:

R. medialis Blockade L1–L4: Bauchlage. Rotation des BV zur ipsilateralen Seite (ca. 20°). Zielpunkt der Injektion ist der Übergang (Notch) zwischen Processus transversus (PT) und Basis des Processus articularis superior (PAS), wo der R. medialis verläuft („Scotty dog“: Oberkante des „Auges“ sollte mit der lateralen Basis des PAS zusammenfallen). Ein zweiter Zielpunkt liegt wenige mm tiefer auf dem PT im weiteren Verlauf des R. medialis. Stichkanalanäs thesie, Nadelplatzierung in „Tunnel View“-Technik, Injektion von 0,3–0,5 ml LA [16, 17].

R. dorsalis Blockade L5: Bei dem Segment LWK5/SWK1 wird bereits der R. dorsalis L5 blockiert. Ipsilaterale Schrägeinstellung von 15–20°. Zielpunkt 5 mm kaudal des Überganges (Notch) zwischen PAS SWK1 und Ala sacralis (Pars lateralis sacralis). Weiteres Vorgehen s.o. [13].

Eine Besserung ab 80 % gilt als Hinweis für einen Facettenschmerz [16].

Spezielle Risiken:

Siehe Facettengelenksinjektion

 

Ergebnisse nach lumbaler „Medial branch“-Blockade (LMBB):

 

Boswell et al. [15]: Moderater Beweis für Kurz- (< 6 Wochen) und Langzeitwirkung (> 6 Wochen) von therapeutischen MBB mit LA (mit oder ohne Kortikoid, 348 Patienten, davon 133 LMBB).

ISG-Injektion/ligamentäre ISG-Infiltration

Prinzip:

Nozizeptoren-Blockade der Gelenkkapsel bzw. des Lig. iliolumbale mittels extrakapsulärer Infiltration oder intrakapsulärer/intraartikulärer Injektion. Das intraartikuläre Volumen variiert zwischen 0,8 und 2,5 ml (Ø 1,–1,6 ml; [1, 18]).

Indikation:

ISG-Syndrom, ISG-Blockade, Sakroiliitis, Lumbalgien, pseudoradikuläre LWS-Syndrome

Technik :

Ligamentäre Infiltration: Hauteinstich 45° zur Sagittalebene nach lateral in der Mitte der Verbindungslinie ipsilaterale SIPS-Processus spinosus SWK1. Fächerförmige Infiltration von 10 ml LA-Kortikoid-Gemisch an den dorsalen Kapselbandapparat.

BV-gesteuerte ISG-Injektion (inferiorer Zugang, [13]): Bauchlage. Kippen des BV um 10–20° zur Gegenseite, bis sich die vordere und hintere Gelenklinie fast überlagern. Manchmal ist es zur überlagerungsfreien Darstellung des gut punktierbaren dorso-distalen Recessus notwendig den BV um bis zu 20–25° nach kranial zu kippen. Punktion des dorsalen Recessus in „Tunnel blick“-Technik. Ggf. max. 0,5 ml KM-Gabe (Abb. 3). Bei diagnostischer Blockade Injektion von 1,5–2,0 ml LA, bei therapeutischer Zielsetzung zusätzliche Injektion von z.B. 10–20 mg Triamcinolon.

Spezielle Risiken:

Kontakt mit dem N. ischiadicus, Eintritt ins kleine Becken.

 

Ergebnisse nach diagnostischer /therapeutischer intraartikulärer ISG-Injektion:

 

Insgesamt wenig aussagefähige Daten zur Wirksamkeit von ISG-Injektionen!

Rupert et al. [19]: Deutlicher bis moderater Beweis zur Diagnosestellung bei vergleichenden kontrollierten intraartikulären ISG-Blockaden. Valide Studien hinsichtlich der therapeutischen Wirksamkeit von ISG-Injektionen fehlen (Systematische Literaturbewertung).

Hansen et al. [20]: Moderater Beweis für Aussagekraft diagnostischer ISG-Injektionen, limitierter Beweis für therapeutische ISG-Injektionen, häufig Kurzzeitwirkung von weniger als 6 Wochen (Systematische Literaturbewertung).

Epidurale/perineurale
Injektionstechniken

Historischer Überblick

Die Anfänge der periduralen Schmerztherapie über den Hiatus sacralis liegen am Anfang des letzten Jahrhunderts [1]. Pagés (1921) gilt als Pionier der Periduralanästhesie über einen lumbalen interlaminären Zugang [21] durch Anwendung der „loss of resistance“(LOR)-Methode, die allerdings erst später durch Dogliotti populär gemacht wurde. Wurzelreizsyndrome (WRS) wurden schon seit Anfang der 50er Jahre durch posterolaterale Injektionen in die sog. „foraminoartikuläre Region“ behandelt [4]. 1952 erfolgte von Robecchi bei einer S1-Foramen-Infiltration die erste epidurale Anwendung von Kortison. Inzwischen sind die epiduralen Injektionsverfahren (oft mit LA und Kortison durchgeführt) in der Therapie des lumbalen Wurzelreizsyndroms mit radikulärer Ausstrahlung etabliert [13, 23].

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