Originalarbeiten - OUP 12/2012

Injektionsverfahren im Bereich der Lendenwirbelsäule

Die selektive Nervenblockade (SNB) mit max. 0,5 ml LA hat zum Ziel, den Ort der Schmerzentstehung zu bestimmen (epidurale Ausbreitung zu segmentbenachbarten Nervenwurzeln muss vermieden werden). Je nach Platzierungstiefe im Foramen besteht zumindest theoretisch die Möglichkeit einen extraforaminalen selektiven ventral ramus block“ (SVRB, [31]) oder innerhalb des Foramens einen „selective spinal nerve block“ (SSNB, Spinalnerv) oder „selective nerve root block“ (SNRB, Nervenwurzeln inklusive Spinalganglion) durchzuführen.

Der Zugang der therapeutischen transforaminalen epiduralen Steroidinfiltration (TFESI) ist der gleiche wie bei der selektiven Spinalnerven-Blockade. Bei nicht erforderlicher Selektivität betragen die injizierten Volumina 3–5 ml, um die Pathologie im ventrolateralen Epiduralraum [23] in Höhe der Nervenwurzelaffektion (Bandscheibe, knöcherne Enge etc.) sicher zu erreichen, wodurch der Entzündungsprozess kausal beeinflusst wird.

Bei der therapeutischen Spinalnervenanalgesie, die auch mit einem Kortikoid durchgeführt werden kann, erfolgt eine partielle Analgesie und Desensibilisierung des hyperergen Spinalnerven und der hyperergen Spinalnervenwurzeln. Der Anteil des Injektats (i.d.R. 10 ml), der sich durch das Foramen intervertebrale epidural im Bereich der segmentalen sensiblen und motorischen Spinalnervenwurzel bis zum Ort der Pathologie verteilt, hängt von der Nadelposition ab. Diese wird in der Regel aber nicht röntgenologisch kontrolliert.

Selektive Nervenblockade (SNB)/Transforaminale
Epidurale Kortikoidinjektion (TFESI)

Prinzip:

Zielpunkt der diagnostischen und therapeutischen Injektion in das Zwischenwirbelloch ist der obere äußere Quadrant im Bereich des sog. „safe triangle“, um einen Nervenwurzelkontakt sowie eine Duraverletzung zu vermeiden. Das rechtwinklige Dreieck wird in der a.p.-Projektion aus der horizontalen Tangente an der Pedikelunterkante, der vertikalen lateralen Wirbelkörperbegrenzung und der schräg verlaufenden (Hypotenuse) duralen Nervenwurzelscheide gebildet. Aufgrund der Pathologie des WRS ist es üblich, den näher zum ventrolateralen Epiduralraum liegenden vorderen Anteil des Quadranten zu wählen (subpedikulärer anteriorer Zugang; Syn.: „konventioneller“ oder “rostraler“ Zugang).

Indikation:

Diagnostisch (SNB):

– Evaluierung des Schmerzgenerators bei Multisegmenterkrankung

Therapeutisch (TFESI):

– Akutes und chronisches monoradikuläres WRS

– Intraforaminaler bzw. lateraler Vorfall

– Misserfolg der interlaminären oder sakralen Infiltration

– Postnukleotomie-Syndrom

Technik:

TFESI über subpedikulären Zugang [13, 17]: In Bauchlage Einstellung der Endplattenparallelität des Ziel-Segmentes in der a.p.-Projektion. Rotation des BV über dem Patienten nach ipsilateral (ca. 25–40°) bis die Senkrechte durch den kaudalen Processus articularis superior (Ohr des „scotty dog“) den kranialen Wirbelkörper in etwa drittelt. Die 22– bis 25-G-Nadel wird im „Tunnelblick“ (Nadel nur als Punkt erkennbar) etwa 6–8 cm paramedian eingestochen und dabei oberhalb der Spitze des PAS und ca. 2 mm unterhalb der Pedikelunterkante positioniert. Vorschieben der Nadel zunächst in schräger BV-Stellung. Anschließend Kontrolle der Einstichtiefe in der seitlichen Projektion (Ziel: oberer vorderer Quadrant) und Nähe zum Spinalkanal in der a.p.-Projektion (Ziel: subpedikuläre Lage, rechts ca. 5:30, links ca. 6:30 in Projektion auf den Pedikelquerschnitt). Ausschluss einer intravasalen oder intrathekalen (z. B. Wurzeltasche) Nadellage durch Injektion von 0,2–0,5 ml KM. Im Idealfall zeigt sich bei Injektion in die Zirkumneuralscheide (setzt sich intraspinal in die Periduralmembran fort) ein epiduraler KM-Abfluss nach medial (z.B. sichelförmig um den medialseitigen Pedikel, Epidurographie, Abb. 4) und ggf. auch ein distaler Abfluss zum Spinalnerven bzw. R. ventralis (Nervographie, Abb. 4). Injektion von max. 0,5 ml LA (SNB) bzw. ca. 3–5 ml LA-Kortikoid-Lsg. (z.B. 0,375%iges Ropivacain mit 10 mg Triamcinolon, TFESI).

Technische Hinweise:

Bei diagnostischem selektivem Block dürfen nicht mehr als 0,5 ml LA verwendet werden [34]. Eine Schmerzverbesserung von mindestens 80% wird als positiver Block gewertet [13].

Segment LWK5/SWK1: In der schrägen Projektion bildet sich ein kleiner dreieckiger Zugang zum Foramen, der durch den Darmbeinkamm, den Proc. transversus des LWK 5 und den Proc. articularis superior des SWK 1 gebildet wird.

Modifizierter retroneuraler (dorsaler) Zugang: Die Nadelspitze wird in der a.p.-Projektion ca. 3 mm subpedikulär in 6:00-Position und in der lateralen Ansicht des Foramens im kranio-dorsalen Drittel positioniert [13]. Eine Affektion der Nervenwurzel sowie versorgenden Gefäße ist dabei sehr unwahrscheinlich.

Spezielle Risiken:

Siehe interlaminäre Injektion, Schädigung des Spinalnerven und des arteriellen R. spinalis, intrathekale Injektion in die Wurzeltasche

Lumbale Spinalnervenanalgesie (LSPA)

Prinzip:

Posterolaterale Injektion eines Lokalanästhetikums in die foraminoartikuläre Region zur Schmerzreduktion durch Analgesie und Desensibilisierung des lumbalen Spinalnerven, der Nervenwurzeln sowie des Spinalganglions.

Indikation:

Wie TFESI

Technik:

In sitzender Position direkt über dem Darmbeinkamm ca. 8 cm paravertebraler Hauteinstich mit einer 10–15 cm langen 21-G-Nadel. Einstichwinkel in der Horizontalebene zur Sagittalebene von ca. 60°. Die Nadel wird in der Frontalebene horizontal geführt (Foramen LWK3/4 mit Spinalnerv L3) oder abgesenkt (30° LWK4/5; 50–60° LWK5 /SWK1). Ca. 5 ml LA (0,5–1,0%) werden im Bereich der Muskulatur und des dorsalen Wirbelgelenkes und weitere 5 ml direkt in die foraminoartikuläre Region infiltriert. Zusätzlich eventuell periradikulär nochmals Injizieren von 2–5 ml eines länger anhaltenden Lokalanästhetikums (z.B. Ropivacain) und eines Glukokortikoids (z.B. 10–20 mg Triamcinolon).

Spezielle Risiken:

Siehe SNB/TFESI

 

Ergebnisse bei diagnostischer „Wurzel“infiltration (selective nerve root block, SNRB):

Castro et Akkerveeken [35]: Sensitivität (24 Patienten) bei diskogenem WRS 100 % positiver Vorher-

 

sagewert (30 Patienten), bei degenerativem WRS (Spinalkanalstenose) 70–80 %.

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