Originalarbeiten - OUP 12/2012

Injektionsverfahren im Bereich der Lendenwirbelsäule

Furman et al. [34]: Volumenabhängige Selektivität von lumbalen SNRB (30 Patienten). Bei 0,5 ml KM 70 %, bei 1,0 ml KM 33 %, bei 1,5 ml KM 13 % und bei 2,5 ml KM 10%.

Datta et al. [36]: Systematische Literaturbewertung (975 Patienten). Limitierter Beweis für SNRB zur Diagnosestellung bei Wirbelsäulenschmerz. Moderater Beweis für SNRB zur Diagnosestellung bei Wurzelreizsyndromen.

 

Ergebnisse bei transforaminaler epiduraler Steroidinfiltration (TFESI):

DePalma et al. [37]: Systematische Literaturbewertung (377 Patienten); moderater Beweis für Behandlung des lumbosakralen Wurzelreizsyndroms.

Abdi et al. [30]: Systematische Literaturbewertung (922 Patienten); starker Beweis für Kurzzeitwirkung (< 6 Wochen) und moderater Beweis für Langzeitwirkung bei lumbalem radikulären Schmerz.

Injektion Neuroforamen S1

Prinzip:

Injektion eines LA-Kortikoid-Gemisches durch das dorsale S1-Neuroforamen (enthält R. dorsalis S1) direkt an den Spinalnerven bzw. an die Nervenwurzel S1.

Indikation:

S1-Radikulopathie (z.B. NPP LWK5/ SWK1), v.a. bei wirkungsloser ILESI oder CESI

Anterior-posteriorer Zugang: Bauchlage. Je nach Anatomie leichte ipsilaterale Schrägeinstellung (BV nach lateral) um ca. 10–15°, um das ventrale und dorsale Foramen übereinander zu projizieren sowie ggf. leichter kaudozephaler Strahlengang (BV nach kranial geschwenkt mir Neigung nach kaudal). Hauteinstich etwas lateral und kranial des Foramens, welches kranial vom S1-Pedikel begrenzt wird. Vorschieben der Nadel (22– bis 25-G) bis zum Knochenkontakt (11:00-Position links bzw. 01:00-Position rechts). Absenken der Nadel um 2–3 mm nach medio-kaudal. Beim weiteren Vorschieben verspürt man i.d.R. einen leicht nachlassenden Widerstand (Abstand zum Boden des Sakralkanals sollte mindestens 5 mm betragen, Kontrolle in seitlicher Projektion). Injektion von 0,5 ml KM zur Darstellung eines S1-Nervogramms mit Epidurogramm. Zur selektiven Nervenblockade (SNB) werden 1 ml LA, bei therapeutischer TFESI ca. 3–5 ml LA mit z.B. 20–40 mg Triamcinolon injiziert.

Technische Hinweise:

Die Darstellung des S1-Foramen kann erheblich erschwert sein, die „versehentliche“ oder alternativ geplante Injektion in das S2-Foramen sollte dann mit etwas mehr Volumen (6–10 ml) durchgeführt werden.

Schräger Zugang („S1-Scotty dog“): Darstellung des S1-Pedikels in ipsilateraler schräger Projektion (ca. 30–40°) als obere Begrenzung des S1-Foramens. Als Hilfe kann zusätzlich der Abstand zwischen dem LWK4- und LWK5-Pedikel interpoliert werden.

Spezielle Risiken:

Siehe SNB/TFESI, Durchtritt durch das ventrale Neuroforamen ins kleine Becken

Kaudaler Zugang/CESI

Syn.:

a) Sakrale Überflutung, sakrale Blockade, Kaudalanästhesie

b) Mit Steroid: Caudale epidurale
Steroidinfiltration (CESI)

Prinzip:

Medikamenteninjektion (i.d.R. LA-Kortikoid-Gemisch) über den relativ gut zugänglichen Hiatus sacralis in den sakralen und lumbalen Epiduralraum.

Indikationen:

NPP mit L4- bis S1-Symptomatik (hauptsächlich bei Pathologie im Segment LWK 4/5 und LWK5/SWK1)

Multisegmentale LWS-Degeneration

Mono-/multisegmentale Spinalkanalstenose (SKS)

Kokzygodynie

 

Technik:

Kaudalanästhesie ohne BV [33]: Bauchlage oder Knie-Ellenbogen-Lage. Orientierung am gleichschenkligen Dreieck zwischen beiden Spinae iliacae posteriores superiores (SIPS) und Hiatus sacralis. Palpation der beiden Cornua sacralia mit Daumen und Zeigefinger. Sparsame Stichkanalanästhesie. Einführen einer 8–10 cm langen 21– bis 22-G-Nadel in einem nach kaudal spitzen Winkel von ca. 70° bis zum Knochenkontakt. Nach Rückziehen der Nadel um ca. 5 mm Senkungsmanöver (bei Männern auf ca. 10–20°, bei Frauen auf ca. 20–30°). Weiteres Vorschieben in den Sakralkanal um max. 3–4 cm, um eine Punktion des Thekalsackes zu vermeiden. Sorgfältige Aspiration zum Ausschluss einer intravasalen oder intrathekalen Lage.

Bei korrekter Nadellage Gabe einer Testdosis von ca. 3–4 ml. Nach weiteren 5 min. mit unauffälligem Verlauf fraktionierte Gabe des Restvolumens (Gesamtvolumen von z.B. 10–30 ml 0,375%iges Ropivacain mit 40–80 mg Triamcinolon).

Kaudalanästhesie mit BV: Technik wie o.b. unter BV-Kontrolle im seitlichen Strahlengang. Nach Ausschluss einer Blut- oder Liquoraspiration ggf. Injektion von 1–2 ml KM zum Nachweis des epiduralen Abflusses. Weitere Injektion wie oben beschrieben.

Technische Hinweise:

Bei 20 ml Injektionsvolumen erreicht man häufig das Segment LWK2/3 [38].

Versagerrate von 25–45% bei „blinder“ Nadelpositionierung [39].

Spezielle Risiken:

Rektumperforation, sehr selten intrathekale Injektion

Lumbale perkutane epidurale Neurolyse nach Racz

1989 publizierte Prof. Gabor Racz die Technik der epiduralen Adhäsiolyse durch einen direktionierbaren Epiduralkatheter. Die Methode kann im Bereich der gesamten Wirbelsäule (bevorzugt lumbal) angewendet werden. Der Wirksamkeitsnachweis ist immer noch umstritten, weswegen die Behandlung nach wie vor von der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung als experimentelles Behandlungsverfahren eingestuft wird [40], obwohl mehrere Untersuchungen zeigen konnten, dass sich bandscheibenbedingte chronische Radikulopathien günstig beeinflussen lassen [41].

Prinzip [12, 42]:

Kausale Therapie lokaler Veränderungen wie Inflammation, venöse Stase, perineurale Fibrose und Ödeme durch:

KM-Applikation Nachweis pathologischer Veränderungen im Epiduralraum

Hyaluronidase-Injektion in Narbengewebe zur Adhäsiolyse

Epidurographie zur Kontrolle des Behandlungsergebnisses

Gezielte Injektion von Medikamenten (LA, Steroide, hypertone NaCl-Lsg., Hyaluronidase)

Beträchtlicher Spüleffekt bei Volumina bis 70 ml.

Indikation [42]:

Postlaminektomie-Syndrom

Bandscheibenvorfall

Spinalkanalstenose

Multilevel-Arthritis der Facettengelenke

Facettensyndrom

Technik [42]:

Standardzugang ist der Hiatus sacralis. Einführen des Katheters über eine 16-G-Coudé-Kanüle. Vollständige Epidurographie der LWS („christbaumartig“) durch Injektion von 10 ml KM zum Nachweis von epiduralen Füllungsdefekten (epidurale Narbe, Adhäsionen, NPP). Einbringen des Sprungfeder-Epiduralkatheters (z.B. TUN-L-XL, Epimed) durch die „Coudé“-Kanüle in die Region des Füllungsdefektes zur Adhäsiolyse. Ggf. mehrfache Katheterkorrektur. KM-Kontrolle des Behandlungserfolges (Verringerung oder Beseitigung des Füllungsdefekts). Injektion von 10 ml physiologischer NaCl-Lsg. (fakultativ mit 1500 IE Hyaluronidase). Anschließend fraktionierte Gabe von 10 ml LA-Kortikoid-Gemisch (Testdosis 3 ml, z.B. 0,2%iges Ropivacain mit 40 mg Triamcinolon). Lagerung zur betroffenen Seite für 30 min und anschließende Injektion von 10 ml einer 10%igen NaCl-Lösung (antiödematöse Wirkung an zuvor entzündeten bzw. vernarbten Nervenwurzeln) über weitere 30 min. Katheterspülung mit 2 ml physiologischer NaCl-Lsg.. Folgebehandlung unter Antibiotikaprophylaxe über sicher fixierten Katheter für 3 Tage.

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