Übersichtsarbeiten - OUP 12/2015

Monosegmentale, degenerativ erworbene Spinalkanalstenose
Unilaterale Dekompression versus unilaterale Dekompression mit Undercutting der Gegenseite bei beidseitiger Symptomatik Unilateral decompression with contralateral undercutting versus unilateral decompression for symptomatic, bilateral spinal stenosis

Eine Einschränkung der Studie ist, dass die Daten von 26 Patienten (fast 25 %) lediglich über einen postalischen Fragebogen erhoben wurden und in die Studie integriert wurden. Diese Art der Auswertung kann das Gesamtergebnis beeinflussen, ohne dass man es nachvollziehen kann. Im Anbetracht der Tatsache, dass in die endgültige Auswertung hauptsächlich demografische Daten und Ergebnisse von Scores einfließen, setzten wir wenige fehlerhaften Angaben voraus. Uns ist bewusst, dass die Bewertung des Operationserfolgs durch die selbsteingeschätzte Gehstrecke anhand der von uns gewählten 4 Kategorien (0–100 m, 100–500 m, 500–1000 m, > 1000 m) aufgrund einer gewissen Ungenauigkeit nur tendenziell zu bewerten ist. Jedoch ist es unserer Ansicht nach und in Zusammenschau mit der Patientenzufriedenheit ein großer Erfolg, wenn sich der Bewegungsumfang durch eine Operation von wenigen, auf das Haus limitierenden Metern, auf eine alltagstaugliche Strecke von einem Kilometer erweitert. Sicher sind zukünftig Laufbandanalysen in Kombination mit bildgebendem Verfahren zum Nachweis von unterschiedlichem Degenerationsausmaß und Instabilitäten für einen Operationsgruppenvergleich notwendig.

Welche Vorteile bringt die Laminotomie mit Undercutting im Vergleich zu Laminektomie, bilateraler Laminotomie mit Instrumentierung, bilateraler Laminotomie ohne Instrumentierung?

Zu den am häufigsten angewandten Methoden zur operativen Therapie der lumbalen Spinalkanalstenose gehören Laminektomie mit oder ohne Fusion, Laminotomie uni- bzw. bilateral, Laminotomie plus Instrumentierung, Dekompression mittels Endoskop. Wie schon mehrfach erwähnt, bekommt man bei den meisten Operationsverfahren der LSS ein kurzfristig sehr gutes Ergebnis bezogen auf Schmerz, Funktion und Zufriedenheit. In der Literaturrecherche fällt auf, dass das mittelfristige Ergebnis häufig mit einer gewissen Verschlechterung behaftet ist, während das langfristige Ergebnis sich meist auf einem Level über der Ausgangssituation befindet. Betrachtet man die Ergebnisse unserer Studie (Laminotomie mit Undercutting) und die Resultate aus anderen Studien (Laminektomie und bilaterale Laminotomie mit Instrumentierung) zu einem eher kurzfristigen Nachuntersuchungszeitpunkt, so lässt sich diese Beobachtung bestätigen. Im Folgenden werden verschiedene invasive Operationsmethoden anhand Operationszeit, Re-Operationsrate und Komplikationsrate verglichen: die minder-invasive Laminotomie mit Undercutting, die unilaterale Laminotomie, die Dekompression mit Device und die konventionelle Laminektomie.

Das Patientenkollektiv der Studien ist vergleichbar: Das durchschnittliche Alter der teilnehmenden Patienten der Studien erstreckt sich im Mittel von 63–75 Jahre. Der Follow-up-Zeitraum der untersuchten Studien beträgt 12–24 Monate. Die mittlere Operationszeit bei der Dekompression mittels bilateraler Dekompression über einen unilateralen Zugang beträgt in unserer Studie 34 Minuten. Bei den Patienten, die eine unilaterale Laminotomie zur bilateralen Dekompression bekamen, beträgt sie vergleichbare 37 Minuten. In der Studie von Tanaka et al. [26] betrug die Operationszeit 95 Minuten bei der Dekompression nur einer Höhe bzw. 119 Minuten bei Dekompression mehrerer Höhen. Eine vergleichbare Operationszeit hatten die Patienten, die eine Dekompression mit Implantation eines Devices erhielten. In der Studie von Strömqvist et al. [27] dauerte die Dekompression plus Device-Implantation im Mittel 62 Minuten und in der Studie von Moojen et al. [28] bei gleicher Operationsmethode 24 Minuten. Die konventionelle dekomprimierende Laminektomie benötigte eine Operationszeit von 43 bzw. 98 Minuten. [29] Vorteil der von uns untersuchten Operationsmethode gegenüber den anderen Verfahren ist die kurze Operationszeit. In der Literatur beträgt die Operationszeit bei Laminotomie durchschnittlich 55 Minuten, bei mikroendoskopischen Verfahren 85 Minuten und bei Laminektomien 120 Minuten.

Während die Komplikationsrate bei den Patienten mit Laminotomie mit Undercutting in unserer Studie vergleichbar mit denen aus den Vergleichsstudien für minder-invasive Laminotomie plus Implantation eines Device ist (4–5), ist sie bei der Kohorte von Jakola et al. [30], die eine Laminektomie erhielten, mit 18 erheblich höher.

In der Literatur wird diskutiert, dass bei weniger invasivem Vorgehen, wie bei der bilateralen Laminotomie mit beidseitiger Dekompression über einen Zugang, das Schonen der paraspinalen Muskulatur ein entscheidender Vorteil ist. Dies ist wichtig, da ein schlechtes Ergebnis der Dekompression häufig mit Denervation und Muskelatrophie vergesellschaftet ist. Ebenfalls wird verhindert, dass im Operationsfeld große Tot-raumvolumen entstehen, die bei den konventionellen Methoden postoperative Probleme bereiten. Durch diese leeren Räume kann es primär zu einem größeren Blutverlust und sekundär zu einem Ansammeln von Bakterien und dem Entstehen von Infektionen kommen. Der leere Raum wird mit Narbengewebe aufgefüllt, sodass bei einer Re-stenose erneute dekomprimierende Operationen nötig werden.

In der vorliegenden Studie gab es 14 Re-Operationen (Laminotomie mit Undercutting 4; Laminotomie 10). Dies ist vergleichbar mit der Anzahl der Re-Operationen der Studie von Tanaka et al. [26] sowohl bei Dekompression nur einer Höhe als auch bei den Patienten mit Dekompression in mehreren Höhen. In der Kohorte von Jakola et al. [30] war die Re-Operationsanzahl mit 7 Fällen höher. Am höchsten ist sie in den Studien von Strömqvist et al. [27] und Moojen et al. [28] nach Implantation eines Devices (n = 13 bzw. 21). Dies bestätigt sich auch in der Metaanalyse von Wu et al. [31] und Deyo et al. [16]. Die Implantation von Devices ist wenig invasiv. Die hohe Re-Operationsrate ist durch Implantatversagen, Dislokation und Re-Stenose zu erklären. Aufgrund der wenig-invasiven Technik kann dieses Verfahren zur kurzfristigen Besserung bei Patienten mit hohem Operationsrisiko gewählt werden, jedoch sollte die Indikationsstellung insbesondere bei Begleiterkrankungen der Wirbelsäule z.B. Spondylolisthese überdacht werden. Diese Ergebnisse könnten zu dem Schluss führen, dass bei ähnlichen Operationsresultaten von Funktionalität, Schmerz und Zufriedenheit nach unterschiedlichen Operationsmethoden, die am wenigsten invasive Methode gewählt werden sollte, jedoch unter Berücksichtigung der individuellen Patientencharakteristika.

Zusammenfassung

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