Übersichtsarbeiten - OUP 10/2018

Perioperatives Schmerzmanagement aus Sicht des Operateurs

Jörg Jerosch1

Zusammenfassung: Im Rahmen des vorliegenden Beitrags werden die Prinzipien der perioperativen Schmerztherapie insbesondere aus Sicht des Operateurs dargestellt. Neben den theoretischen Grundlagen finden sich praktische Hinweise, vor allem zur intraoperativen Anästhesie, wie dem
Supraskapularisblock, der LIA oder dem Fußblock. Der Artikel soll dem Operateur eine Hilfestellung geben bei der Frage, wie er die perioperative Schmerztherapie des Patienten
positiv beeinflussen kann.

Schlüsselwörter: Operation, Schmerzmanagement, perioperativ, theoretische Grundlagen, praktisches Vorgehen

Zitierweise
Jerosch J: Perioperatives Schmerzmanagement aus Sicht
des Operateurs.
OUP 2018; 7: 496–504 DOI 10.3238/oup.2018.0496–0504

Summary: In the review the principles of perioperative pain therapy are presented, especially from the point of view of the surgeon. In addition to the theoretical basics, there are practical tips, especially for intraoperative anesthesia, such as the suprascapularis block, the LIA or the foot block. The review aims to assist the surgeon in particular in the subject of how to influence positively the patient‘s perioperative pain therapy.

Keywords: surgery, pain management, perioperative, theoretical basics, practical procedure

Citation
Jerosch J: Perioperative pain therapy from the surgeon’s
point of view.
OUP 2018; 7: 496–504 DOI 10.3238/oup.2018.0496–0504

1 Abteilung für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin, Johanna-Etienne-Krankenhaus Neuss

Pathophysiologie
des Schmerzes

Schmerzen sind das Ergebnis

kortikaler Verarbeitung

nozizeptiver Impulse, ...

... dabei ist zwischen dem Hautschmerz, dem somatischen Tiefenschmerz der Muskulatur, den Bändern, Faszien, Sehnen und Gelenken und dem Eingeweideschmerz zu unterscheiden. Spielt der Eingeweideschmerz in der Orthopädie nur bei Operationen am Becken und Wirbelsäuleneingriffen eine Rolle, so ist gerade dem somatischen Tiefenschmerz und dem oberflächlichen Hautschmerz im operativen Alltag besondere Beachtung zu schenken.

Nozizeptive Reize entstehen in der Peripherie durch die Erregung von Nozizeptoren. Hierbei weisen die Nozizeptoren in gesundem Gewebe eine relativ hohe Reizschwelle auf, sodass gewebebedrohliche mechanische Reize erforderlich sind, um zu einer Nozizeptorerregung zu führen. Neben mechanischen Reizen können auch thermische und chemische Reize wie endogen freigesetztes Bradykinin, Prostaglandine oder Serotonin zu einer Nozizeptorerregung und/oder zu einer Sensibilisierung von Nozizeptoren führen (periphere Sensibilisierung) [15, 16, 17, 23]. In entzündlich verändertem Gewebe findet man eine gesteigerte Synthese an Cyclooxygenase II, welche die bei einer Gewebeverletzung freigesetzten Membranphospholipide u.a. zu Prostaglandinen katalysiert, die wiederum zum „Wecken schlafender Nozizeptoren“ und zu einer Erweiterung der Blutkapillaren führen.

Über schnell leitende, markhaltige A? -Fasern (Gruppe III) sowie langsamer leitende, marklose C-Fasern (Gruppe IV) erfolgt die Weiterleitung der Nozizeptorerregung zum Hinterhorn des Rückenmarks. Reagieren in gesundem Gewebe nur 33,5 % der a? -Fasern und 10 % der C-Fasern auf alltägliche Gelenkbewegungen im Tiermodell, so nimmt der Anteil aktivierter a? - und C-Fasern in entzündlichem Gewebe auf 89 % bzw. 72 % zu [41]. Neben den afferenten Funktionen haben die a?- und C-Fasern auch efferente Funktionen, z.B. bei einer neurogenen Entzündung, die durch Neurotransmitterfreisetzung aus freien Nervenendigungen entsteht. Eine solche neurogene Entzündung entsteht z.B. bei einer direkten mechanischen Verletzung von peripheren Nerven durch einen operativen Eingriff.

Auf Rückenmarksebene erfolgt die Verarbeitung der nozizeptiven Afferenzen. Es erfolgt die Umschaltung auf das zweite nozizeptive Neuron. Hier werden präsynaptisch u.a. Glutamat und Substanz P freigesetzt, die postsynaptisch zu einer Modulation der Permeabilität für bestimmte Ionen führen, sodass eine Fortleitung der Erregung zu höher gelegenen nozizeptiven Zentren erfolgt. Die Modulation der Ionenkanäle kann aber auch zu einer Änderung der Erregbarkeit postsynaptischer Zellen führen, sodass es zu einer Sensibilisierung der zentralen nozizeptiven Neurone kommt (zentrale Sensibilisierung). Neben der Impulsweiterleitung zum Thalamus und Kortex sind diese Neurone auch in motorische und vegetative Reflexbahnen eingebunden.

Durch die zentripetale Impulsweiterleitung über die aszendierenden nozizeptiven Bahnen, hier insbesondere der Tractus spinothalamicus anterior, werden spezifisch thalamische und kortikale Neurone aktiviert. Das Zusammenspiel von Thalamus, limbischem System, Hypothalamus, Medulla, Mesenzephalon und Kortex führt nun zur Impulsverarbeitung und somit zum Schmerzerleben. Dabei wird das jeweilige emotionale Schmerzerleben von Schmerzerinnerungen, Angst und Schmerassoziationen mitgeprägt.

Bis zum Abklingen der akuten postoperativen Schmerzen beeinflussen die Schmerzen den Heilungsverlauf und die Remobilisation des operierten Patienten nachhaltig: Periphere und zentrale Sensibilisierung von Nozizeptoren sowie die Schmerzweiterleitung auf Rückenmark-Ebene führen reflektorisch zur einer Ruhigstellung der operierten Extremität und behindern so die Remobilisation. Verminderte Durchblutung, Immunsupression und eine veränderte Thrombozytenaggregation als Ausdruck des aktivierten sympathikoadrenergen Systems aufgrund akuter Schmerzen spielen bei der Entstehung postoperativer Thrombosen, Wundheilungsstörungen, Myokardinfarkten und Pneumonien eine wesentliche Rolle [6, 13] (Abb. 1).

Bei ausbleibendem Abklingen postoperativer Schmerzen kann es zur Schmerzchronifizierung kommen. Insbesondere nach Amputationen von Extremitäten kommt es in 70 % der Fälle zur Entwicklung chronischer Schmerzen. Bei der Entstehung chronischer Schmerzen nach operativen Eingriffen scheint insbesondere die operative Nähe zum Nerv relevant zu sein. Chronische Schmerzen sind dabei durch eine Schmerzdauer von > 6 Monaten und häufig durch eine fehlende Beziehung zwischen empfundenem Schmerz und der Reizintensität gekennzeichnet (Schmerzverselbstständigung). In diesem Zusammenhang sind auch der Hyperalgesie, also einer gesteigerten Schmerzwahrnehmung, und der Allodynie, die Schmerzangabe bei sonst nicht schmerzhaften Reizen, besondere Beachtung zu schenken.

Präoperative Phase

In der präoperativen Phase werden die Weichen für eine zufriedenstellende Therapie gestellt: Unterstützt durch eine präzise Diagnostik ist die richtige Diagnose einer Erkrankung die Grundvoraussetzung einer erfolgreichen Therapie. Eine fehlerhaft gestellte Diagnose-/OP-Indikation kann auch bei noch so guter OP-Technik nicht zu dem gewünschten Resultat führen und ist für den Patienten oft mit einer langen Schmerzphase verbunden, die gerade in den ersten Wochen post-OP auf den stattgehabten Eingriff und nur selten auf die fehlerhafte OP-Indikation zurückgeführt wird.

Das Schmerzmanagement in der Orthopädie und Unfallchirurgie sollte schon im Vorfeld der stationären Aufnahme oder der Aufnahme zur ambulanten Operation beginnen. Da in der Orthopädie vornehmlich elektive Eingriffe erfolgen, besteht gerade im Vorfeld einer Operation die Möglichkeit, Patienten auf den bevorstehenden Eingriff vorzubereiten: Neben dem Aushändigen der Patientenaufklärung zur Operation, der Teilnahme der Patienten an Patientenschulungen (z.B. Endoprothesenschule, Rapid Recovery Programm, enhancest recovery, FIT-Programm) können den Patienten schon bei der Vorstellung in der Ambulanz oder der Praxis wichtige Informationen über die Operation als solche und deren Nachbehandlung gegeben werden. Gleichzeitig kann bei entsprechender Schmerzanamnese, Allergien gegen einzelne Wirkstoffe, Magenulcera oder Besonderheiten bei stattgehabten Operationen schon im Vorfeld der elektiven Operation die peri- und postoperative Analgesie zusammen mit den Anästhesisten geplant werden.

Viele Verbesserungen im Bereich der perioperativen Therapien in den letzten Jahren fallen in das sog. FIT-Konzept (Funktionelle Interdisziplinäre Therapie, Tab. 1). Dieses beinhaltet ein ganzes Paket unterschiedlicher Leistungen und beginnt bereits früh vor dem eigentlichen operativen Eingriff. Hierzu zählt u.a. die gezielte präoperative Patienteninformation: Sie führt beispielsweise in der Endoprothesenschulung zu einer deutlich reduzierten Schmerzempfindung der Patienten. Gleiches gilt für den Beginn der Physiotherapie bereits vor der Operation.

Neben der Aufklärung der Patienten über den bevorstehenden Eingriff ist auch eine ordnungsgemäße Aufklärung über Möglichkeiten der peri- und postoperativen Schmerztherapie zu fordern. Insbesondere invasive und medikamentöse Schmerztherapieformen sind ärztliche Eingriffe, die z.T. mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden sein können [8, 9]. Diese Aufklärung sollte den Patienten auf mögliche Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, das bestehende Risiko bei invasiven Verfahren, bestehende Therapiealternativen und insbesondere – so fern gegeben – auf eine Einschränkung der Verkehrstüchtigkeit (v.a bei ambulanten Operationen) hinweisen. Hierbei reicht theoretisch eine dokumentierte verbale Aufklärung der Patienten aus; eine schriftliche Aufklärung ist aber besser.

Schmerzdokumentation

Spätestens mit der stationären Aufnahme des Patienten sollte die Schmerzdokumentation beginnen. In einzelnen Fällen ist es ratsam, schon vor der stationären Aufnahme die Schmerzen der Patienten zu erfassen, um sie so im Hinblick auf ihre Schmerzwahrnehmung einschätzen zu können. Dabei haben sich zur Schmerzdokumentation numerische Ratingskalen (NRS), verbale Ratingskalen (VRS) oder visuelle Analogskalen (VAS) als brauchbare Instrumente der Schmerzeinschätzung durch den Patienten erwiesen [18, 23, 24, 36, 43]. Kleinere Kinder können ihre Schmerzen anhand von lustigen bis traurigen Gesichtern (Smiley-Skala) einstufen. Diese Angaben sollten im Rahmen der Visiten vom Pflege- und ärztlichem Personal mindestens 3-mal täglich erfragt und dokumentiert werden. Bei akuten Schmerzen ist eine sofortige Schmerzerfassung selbstverständlich. Je nach Schmerzintensität erfolgt dann unmittelbar die Therapie. Durch den Stationsarzt, den Anästhesisten oder den Operateur festgelegte individuelle Bedarfsmedikationen (z.B. Paracetamol i.v. 1 g/100 ml; Piritramid 7,5–15 mg/100 ml als Kurzinfusion) in Abhängigkeit zur Schmerzintensität (VAS-Werte > 30). Bei der Verordnung der Bedarfsmedikation sollten stets die Angaben aus dem Anästhesieprotokoll miteinfließen, da hier der individuelle Analgetikabedarf, eventuelle Unverträglichkeiten, Volumenverlust und weitere intraoperative Besonderheiten ersichtlich sind.

Da die subjektiv empfundenen Schmerzen auch von Ängsten der Patienten beeinflusst werden, ist nach Operationen die Kommunikation zwischen Operateur und Patient essenziell, um eventuelle Ängste möglichst ausräumen zu können. Schmerzen können jedoch auch eine Warnfunktion für Komplikationen sein und sollten somit nicht eine „blinde“ medikamentöse Therapie zur Folge haben. Prothesenluxationen, Gefäß-/Nervenverletzungen, Hämatome, Infektionen und weitere Komplikationen sollten stets ausgeschlossen werden.

Geriatrische Patienten stellen eine besondere Herausforderung an die Schmerzdokumentation und Schmerztherapie dar. Häufig ist hier eine Erhebung der bestehenden Schmerzen durch die Analogskalen unmöglich. Ältere Menschen sehen den Schmerz häufig als einen natürlichen Bestandteil des Alterns an und lehnen Analgetika aus Angst vor Nebenwirkungen oder aus Angst vor weiteren Interventionen ab. Bei Vorliegen renaler, kardialer oder gastrointestinaler Begleiterkrankungen ergibt sich für den behandelnden Arzt die Problematik der Auswahl und Dosierung von Analgetika. Diese Schwierigkeit führt nicht selten aus Angst vor Nebenwirkungen zu einer Minderdosierung der Analgetika und in der Folge zu persistierenden Schmerzen beim Patienten. Gerade bei geriatrischen Patienten ist eine suffiziente Schmerztherapie Grundvoraussetzung für einen komplikationslosen Heilungsverlauf.

Präemptive Analgesie

Während der Operation kann der Operateur das Schmerzgeschehen des Patienten durch verschiedene zusätzliche Anästhesieverfahren, z.B. die Oberflächenanästhesie, aber auch tiefe Anästhesieverfahren wie die OP-Feldinfiltration und Nervenblöcke erheblich beinträchtigen. Die großzügige Verwendung von Lokalanästhetika im Operationsfeld, beispielsweise bei Gelenkeingriffen, stellt einen erheblichen Vorteil für den Patienten dar und reduziert den Verbrauch an Schmerzmitteln in der postoperativen Phase.

Ziel der präemptiven Analgesie ist die Vermeidung einer (intraoperativen) Sensibilisierung der peripheren und zentralen Nozizeptoren. Dafür bedarf es der Prävention abzusehender Nozizeptorerregungen. Hierzu stehen verschiedene Optionen zur Auswahl:

  • 1. NSAIDs
  • 2. Opiate
  • 3. NMDA-Rezeptor-Antagonisten,
    ?2-Rezeptor-Agonisten
  • 4. Regionalanästhesie
  • 5. Lokale Infiltrationsanästhesie (LIA).

1. NSAIDs

Die präoperative Gabe von Nichtsteroidalen Antiphlogistika ist vor allem im Hinblick auf den unmittelbaren postoperativen Schmerz in zahlreichen Studien, z.T. mit widersprüchlichen Ergebnissen, untersucht worden [10, 32, 38, 53]. Neben der analgetischen Komponente ist jedoch auch eine mögliche längerfristige Wirkung zu beachten, z.B. durch eine Hemmung der Prostaglandinsynthese im traumatisierten Gewebe und im Rückenmark [44]. Eine verminderte Prostaglandinsynthese verringert so einerseits im traumatisierten Gewebe die Nozizeptorerregung, andererseits wird die Weiterleitung der nozizeptiven Reize zum Großhirn verringert.

2. Opiate

Opioide können im Hinterhorn über Blockierung prä- und postsynaptischer Rezeptoren zu einer verminderten Reizweiterleitung führen. Opioide können präsynaptisch an µ-Rezeptoren binden und verringen so die Freisetzung von Substanz P und Glutamat. Postsynaptische Bindungen an Opiatrezeptoren führen zu einer Aktivierung inhibitorischer Systeme. Peripher führen Opioide durch Bindung an µ-Rezeptoren zu einer verminderten Sensibilisierung von Nozizeptoren durch Prostaglandin E2. Weiterhin wird vermutet, dass über ?- und ?-Rezeptoren die Bradykinin-induzierte Nozizeptorsensibilisierung gehemmt wird [30, 47].

3. NMDA-Rezeptor-Antagonisten

Repetitive Erregungen der terminalen C-Fasern führen zu einer Stimulation der N-Methyl-D-Aspartat-Rezeptoren. Die Stimulation der NMDA-Rezeptoren führt in der Folge zu einer verstärkten Weiterleitung der Nozizeptorafferenzen im 2. Neuron (Wind-up-Phänomen ). Diese Potenzierung der Nozizeptorafferenzen scheint bei der zentralen Sensibilisierung eine wesentliche Rolle zu spielen [19]. NMDA-Antagonisten wie Ketamin oder Amantadin reduzieren die übermäßige Reizweiterleitung im 2. Neuron auf das normale Maß. NMDA-Rezeptor-Antagonisten wirken vor allem synergistisch mit Opiaten. Hierbei wird durch die Opiatbindung an präsynaptische Rezeptoren die Neurotransmitterfreisetzung limitiert und die postsynaptische Weiterleitung der Afferenzen im 2. Neuron durch die NMDA-Rezeptor-Antagonisten auf ein physiologisches Niveau reduziert. Die eingesetzte Ketamin-Dosis liegt dabei im sub-anästhetischen Bereich. Auch Wirkstoffe wie Amitriptylin, Methadon oder Petidin zeigen eine NMDA-antagonistische Wirkung, spielen im Hinblick auf die Prävention einer zentralen Sensibilisierung oder der Therapie des neuropathischen Schmerzes im Vergleich zu Ketamin eine untergeordnete Rolle.

?2-Rezeptor-Agonisten

Clonidin bindet als ?2-Rezeptor-Agonist im Hinterhorn an noradrenerge inhibitorische Transmitter und hemmt so die Übertragung nozizeptiver Afferenzen. Somit können besonders Schmerzzustände mit erhöhtem Sympathikotonus gelindert werden. Gleichsam führt Clonidin bei intravenöser, intramuskulärer oder rückenmarknaher Applikation zu einer Verstärkung der Opioidanalgesie.

4. Regionalanästhesie

Ziel ist es hierbei, die nozizeptiven Afferenzen schon vor dem Hautschnitt zu blockieren. Die Regionalanästhesie umfasst neben den rückenmarknahen Anästhesieformen und den Plexus-Blockaden auch die peripheren Blockaden und die Oberflächenanästhesie. Gerade Letztere sind vom Operateur z.T. ohne größeren Aufwand durchzuführen. Sowohl die Infiltration des geplanten operativen Zugangs als auch eine in Allgemeinanästhesie angelegte periphere Blockade, z.B. durch einen Fußblock, können zu einer deutlichen postoperativen Schmerzreduktion führen [26]. Natürlich sollte der Patient dabei neben der Prämedikation durch die Kollegen der Anästhesie über die zusätzliche Analgesie informiert werden, sodass sich der Patient postoperativ nicht über eine persistierende Dysästhesie sorgt.

Bei Operationen der oberen Extremität haben sich die Plexus-Blockaden gerade im Hinblick auf die postoperative Analgesie als vorteilhaft erwiesen. Anteriore und posteriore interskalinäre Blockaden haben bei der operativen Therapie von Schulter, proximalem Oberarm und lateraler Clavikula genauso ihre Indikation wie auch im Rahmen der postoperativen Analgesie [1, 29]. Singelyn et al. verglichen die Wirksamkeit von intraartikulärer Analgesie sowie supraskapulärer Blockade (SSB) und die interskalinäre Blockade (ISB) (jeweils single shot) nach arthroskopischen Schulteroperationen [45]. Sie konnten dabei eine Überlegenheit der Skalenusblockade in den ersten 24 h postoperativ gegenüber dem Supraskapularis-Block und der intraartikulären Instillation von Lokalanästhetika (LA) aufzeigen. Betrachtet man die der intraartikulären Instillation von LA überlegenen Plexus-Blockaden ISB und SSB, so ist dem Applikationszeitpunkt von ISB und SSB (prä-OP) und der i.a. Instillation von LA (am Ende der OP) besondere Beachtung zu schenken. Zeigte diese Studie keinen Unterschied im Hinblick auf die postoperative Analgesie zwischen der LA-Patientengruppe (20 ml Bupivacaine 0,25 % + Adrenalin 1:200.000) und der Kontrollgruppe, so zeigen andere Studien gegensätzliche Ergebnisse [29, 33, 39]. Barber und Herbert zeigten die Wirksamkeit einer kontinuierlichen 48-stündigen Bupivacain-Applikation (0,5 %, 2 ml/h) über einen intraoperativ positionierten Katheter (subacromial/glenohumeral) nach arthroskopischer Operation (Rotatorenmannschettennaht, subakromiale Dekompression, Slap-lLesion-Refixation und Kapselraffung im Vergleich zu dem Kontrollkollektiv (NACL, 2 ml/h) [7].

Bei der konservativen oder postoperativen Therapie der „frozen shoulder“ ist eine Supraskapularis-Blockade (auch in Form einer kontinuierlichen LA-Applikation) eine geeignete Analgesieform. Infraklavikuläre und axilläre Blockaden empfehlen sich bei Operationen des Ellenbogens sowie distal davon.

Wir selber haben mit dem intraoperativ gesetzten N.-supraskapularis-Block bei Schultereingriffen (Abb. 2a–b, Tab. 2) oder auch dem Fußblock bei Eingriffen im Bereich des Fußes gute Erfahrungen gemacht. Beide Leitungsblöcke können vom Operateur gut vor oder nach dem sterilen Abdecken gesetzt werden. Daneben sind verschiedene Kathetertechniken möglich, bei denen die Schmerzkatheter in das OP-Feld gelegt werden. Hierzu bietet der Markt neue Systeme an, welche die Sterilität und die Anwenderfreundlichkeit deutlich erhöhen.

Operationen der unteren Extremitäten werden häufig in Spinal- oder seltener in Epiduralanästhesie durchgeführt. Ein dabei epidural platzierter Katheter kann in den ersten postoperativen Tagen im Rahmen einer Patienten-kontrollierten Analgesie (PCEA) verwendet werden. Bereits 12–24 h prä-OP angelegte PCEA verringern nicht nur den prä-OP zu messenden Schmerz der Patienten, sondern auch den postoperativen Lokalanästhetika-Bedarf durch die PCEA [28].

Gerade bei den minimal invasiven endoprothetischen Verfahren ist eine gute Muskelrelaxation notwendig. Hier gilt es, gemeinsam mit den Anästhesisten zu beachten, dass bei der Intubationsnarkose eine gute Muskelrelaxation möglich ist, hieraus können sich jedoch andere Nachteile ergeben. Bei der Periduralanästhesie gilt zu beachten, dass das sensorische Niveau etwa 1–4 Etagen über dem motorischen Niveau liegt, d.h. für eine gute Relaxation des M. iliopsoas muss beispielsweise eine Periduralanästhesie mindestens bis TH 8 reichen.

Psoas-Blockaden erlauben in Kombination mit einem proximalen Ischiadicusblock operative Eingriffe ab dem distalen Oberschenkel, Gleiches gilt für Femoralis-Blockaden. Bei medialem Knieschmerz kann zusätzlich eine Obturatorius-Blockade hilfreich sein. Saphenus-Blockaden sind in Kombination mit einem distalen Ischiadicusblock bei Operationen des Unterschenkels und Fußes indiziert. Bei operativen Eingriffen an Mittel- und Vorfuß kann der Fußblock gerade in Kombination mit einer Allgemeinanästhesie eine sehr effiziente Analgesieform darstellen und ist vom Operateur selbst ohne großen Aufwand durchzuführen.

Die Wahl der bei peripheren Blockaden eingesetzten Lokalanästhetika sollte sich an der Toxizität und der Wirkdauer orientieren. Bei Katheterverfahren haben sich Kombinationen aus einem niedrig toxischem LA (z.B. Prilocain oder Mepivacain) mit langwirksamen LA (z.B. Ropivacain) bewährt, bei Single-shot-Verfahren sind langwirksame LA zu bervorzugen.

Møiniche et al. untersuchten in einem systematischen Review anhand von 93 Orginalarbeiten (OA), in denen insgesamt 3761 Patienten untersucht wurden, den Zusammenhang zwischen dem Zeitpunkt der Applikation und den postoperativen Schmerzen: NSAID (20 OA), Opioid (8 OA), NMDA-Rezeptor-Antagonist (8 OA), rückenmarknahe Analgesie (24 OA), periphere LA-Analgesie (20 OA) [31]. Bei etwa 50 % der Patienten erfolgte eine präoperative Analgesie.

Hierbei zeigten sich beim Vergleich einer präoperativen und postoperativen NSAID-Applikation jeweils gleicher Wirkstoffkonzentration lediglich in 2 Fällen signifikante Vorteile der präoperativen Applikation (p < 0,05). Betrachtet man die orthopädischen Operationen, so konnte bei i.v.-Gabe von 60 mg Ketorolac vor Hüft-TEP ein signifikanter Unterschied der postoperativen Schmerzen während des Aufenthalts der Patienten im Aufwachraum beobachtet werden. Schmerzintensitäten nach der 6. Stunde post-OP wurden in dieser Arbeit nicht erfasst. Andere Arbeiten fanden bei der präoperativen Gabe von NSAID (Diclofenac 75 mg oral und i.m.; Ketorolac 30 mg i.v.; Naproxen 100 mg oral) bei Kniegelenkarthroskopie und kleineren orthopädischen Eingriffen keinen signifikanten Unterschied der Applikationszeitpunkte. Der Vergleich der präemptiven Opioid oder NMDA-Rezeptor-Antagonisten-Therapie mit einer postinzision begonnenen Therapie ergab keine signifikanten Unterschiede.

Epidurale Analgesie als single shot zeigt bei der präemptiven Applikation von 3 mg Morphin bei lumbaler Laminektomie signifikant geringere post-OP-Schmerzen, eine längere Zeitspanne bis zur ersten post-OP-Analgetikagabe und insgesamt verringerten Analgetikabedarf in den ersten 24 h nach der Operation. Andere Arbeiten zeigen bei Operationen anderer Fachrichtungen uneinheitliche Ergebnisse. Eine kontinuierliche, epidurale Analgesie zeigt im Hinblick auf einsetzende Schmerzen ebenfalls unterschiedliche Ergebnisse. Auffällig ist hierbei, dass die kontinuierliche Applikation von Morphin und Ketamin als synergistische präemptive Analgesie signifikant geringere Post-OP-Schmerzen, einen signifikant geringeren Analgetika-Bedarf und ein längeres schmerzfreies Intervall post-OP zeigt als die post-OP begonnene Therapieform. Im Gegensatz dazu scheint die präoperative epidurale Infiltration von Bupivacain und Morphin, gefolgt von einer kontinuierlichen epiduralen Applikation, keine Vorteile gegenüber der post-OP begonnen Applikation nach einer Knie-TEP-Implantation zu bieten. Die Kombination eines epiduralen Opioids mit einem NMDA-Rezeptor-Antagonisten scheint also bei der präemptiven Analgesie Vorteile zu bieten. Der Zeitpunkt einer Wundrandinfiltration mit Lokalanästhetika scheint ebenfalls keinen Einfluss auf die Schmerzen in den ersten 24 h post-OP zu haben.

Aussagen über die längerfristige Effizienz einer bereits präoperativ begonnenen Analgesie lassen sich jedoch aufgrund der vorliegenden Daten – auch jenseits des Reviews – aufgrund der limitierten Studiendauer nicht treffen. So zeigt z.B. eine präoperativ begonnene, kontinuierliche epidurale Analgesie mit einem Lokalanästhetikum bei Thorakotomie nach 3 und 6 Monaten deutliche Vorteile im Hinblick auf ein Post-Thorakotomie-Syndrom und der Anzahl beschwerdefreier Patienten gegenüber der erst postoperativ begonnenen Analgesie [33]. Gerade im Hinblick auf eine mögliche Chronifizierung postoperativer Schmerzen sind weitere Studien nötig, um den Einfluss bereits präoperativ begonnener Maßnahmen erfassen zu können. Sofern kein erhöhtes Risiko für eine bereits präoperativ beginnende Analgesie besteht, sollte diese durchgeführt werden. Denn im Umkehrschluss hat keine der aufgeführten Arbeiten gezeigt, dass die präoperative Therapie zu schlechteren Post-OP-Ergebnissen führt als die post-OP begonnene Analgesie.

5. Lokale Infiltrationsanästhesie (LIA)

Zurzeit gilt als optimale Form der postoperativen Schmerztherapie nach wie vor die Epiduralanästhesie oder die kontinuierliche Peripher-Regionalanästhesie über mehrere Tage. Verschiedene Studien und auch die klinische Erfahrung zeigen jedoch, dass diese Verfahren technisch anspruchsvoll sind und z.T. erhebliche Risiken bergen. In diesem Umfeld hat sich die lokale Infiltrationsanästhesie (LIA) insbesondere im Bereich des Kniegelenks einen Namen gemacht. Sie ist sicher, preisgünstig und erfordert einen deutlich geringeren technischen Aufwand und Fertigkeiten als die oben genannten Verfahren.

Die ersten klinischen Studien hierzu zeigen sehr vielversprechende Ergebnisse [37, 52, 11]. Die lokale Infiltrationsanästhesie erfolgt durch den Operateur selbst. Er infiltriert verschiedene sukzessive Bereiche (dorsale Kapsel, Seitenbänder, Ligamentum patellä und das Subkutangewebe) in 3 verschiedenen Portionen. Ein Katheter wird intraartikulär positioniert, der am Abend und am nächsten Tag mit einer weiteren Gabe des o.g. Schmerzcocktails bestückt wird. Nach der morgendlichen Gabe wird der Katheter entfernt. Ein Kompressionsverband mit großflächiger Kühlung mit Kühlelementen für 4–6 Stunden verlängert die Analgesiedauer.

Ziel ist es, den Patienten früh zu mobilisieren. Nicht immer gelingt das, wie in der Literatur dargestellt, schon nach 3–5 Stunden. Generell zeigt jedoch auch unsere eigene Erfahrung, dass die Mobilisation viel zügiger erfolgen kann als mit anderen Formen der Anästhesie. Die Motorik ist nicht beeinträchtigt, sodass der Patient auch rasch das Knie aktiv belasten kann. In anderen Ländern erfolgt dann auch eine sehr frühe Entlassung, teilweise schon am 2. postoperativen Tag [40]. Dieses ist für das deutsche Versorgungssystem so eigentlich nicht umsetzbar.

Für die Knieendoprothetik liegt bereits eine umfangreiche Studienlage vor. Es finden sich prospektive epidemiologische Erhebungen [35, 27, 4]. Daneben sind auch verschiedene randomisierte kontrollierte Studien publiziert. Hierzu zählen 5 Studien im Vergleich zu einer Kontrollgruppe mit systemischer Analgesie [52, 11, 5, 21, 20], 3 Studienvergleiche zu einer Nervus-
femoralis-Blockade [34, 49, 12] sowie 2 Studienvergleiche zu einer Epiduralanalgesie [2, 46].

Die LIA zeigt in allen Studien eine signifikant verbesserte Analgesiequalität, welche sich in einer höheren Patientenzufriedenheit und insbesondere in einer besseren Funktionalität des Gelenks auswirkt. Dieser Effekt ist in den ersten Tagen bis zu etwa 3 Monaten nachweisbar. Nach 6 Monaten findet sich jedoch kein Unterschied mehr zwischen den Gruppen. In den Studien, in denen die Liegedauer ein besonderes Qualitätsmerkmal darstellt, scheint es auch so zu sein, dass die LIA die Liegedauer verkürzt. Wundheilungsstörungen oder systemische Toxität bzw. potenziell toxische Plasmakonzentration, bedingt durch die hohe Dosis Lokalanästhetika, wurde in keinem Fall beobachtet.

Die Studien, die LIA versus Femoralis-Blockade vergleichen, zeigen, dass die LIA sowohl die Schmerzen als auch die Rescue-Medikation und die Funktionalität in den ersten Tagen deutlich verbessert [34, 49]. Im Vergleich von LIA und Epiduralanästhesie [2, 46] zeigen sich in der LIA-Gruppe bessere Schmerz-Scores, Rescue-Medikation und Krankenhausliegedauer.

Auch bei ganz aktuellen Studien zeigt sich die multimodale Medikamenten-Injektion in der Knieendoporthetik als sehr effektiv [48]. Weiterhin ist es durchaus sinnvoll, eine LIA mit einer epiduralen Anästhesie zu kombinieren [50].

Operative Phase

Die beste Möglichkeit, postoperativen Schmerzen vorzubeugen, ist eine Reduktion des operativen (Weichteil-)Traumas auf das Nötigste, ohne Abstriche bei der Qualität der operativen Versorgung machen zu müssen. Mit der Etablierung der arthroskopischen Gelenkoperationen, zunächst am Kniegelenk und später an vielen weiteren Gelenken, war plötzlich die Möglichkeit gegeben, Operationen wie die Mensikektomie bei gleichbleibender Qualität der operativen Kausalversorgung ohne großes Weichteil- und Kapseltrauma durchzuführen. Hierdurch konnte dem Patienten in der Folge eine langwierige, z.T. immobilisierende Nachbehandlung erspart werden und eine frühfunktionelle Nachbehandlung erfolgen.

Eine vergleichbare Entwicklung ist auch bei anderen orthopädischen Standardoperationen zu erkennen: minimalinvasive Techniken bei der endoprothetischen Versorgung von Hüfte und Knie, minimalinvasive, z.T. endoskopische Verfahren in der Wirbelsäulenchirurgie und nicht zuletzt neue Implantate, die eine verbesserte Versorgung unserer Patienten ermöglichen.

Gerade im Hinblick auf die immer kürzer werdende durchschnittliche Krankenhausverweildauer und die stetige Erweiterung der ambulant durchzuführenden Operationen ist diese Entwicklung sicher noch nicht abgeschlossen. Es bleibt dabei jedoch zu beachten, dass der Trend zur minimalinvasiven Operation nicht zulasten der operativen Qualität geht. Minimalinvasiv muss nicht immer gleichbedeutend mit einem möglichst kleinen Hautschnitt sein, sondern sollte für eine schonende, die funktionellen Strukturen erhaltende, komplikationsarme Operationsmethode stehen, die es dem Patienten ermöglichen soll, den zu erwartenden operativen Outcome möglichst früh zu erreichen.

Mit einer Verringerung des Weichteilschadens kommt es auch zu einer verminderten mechanischen Nozizeptorerregung, verminderter Freisetzung von Bradykininen, Prostaglandinen und Serotonin und somit auch zu einer verminderten peripheren Sensibilisierung der Nozizeptoren. Eine Reduktion der Nozizeptorafferenzen führt natürlich auch auf Rückenmarksebene und den höher gelegenen Zentren zu einer verminderten Reizweiterleitung und somit zu einer Verringerung der subjektiv wahrgenommenen Schmerzen.

Intraoperativ sollten möglichst atraumatische Operationstechniken gewählt werden. Bei der Einlage von Redondrainagen ist stets die Notwendigkeit zu prüfen. Gleiches gilt für die Wahl des Nahtmaterials: Resorbierbares Nahtmaterial scheint postoperative Schmerzen positiv zu beeinflussen, während Hautklammern im Vergleich zu nichtresorbierbarem Nahtmaterial zu einem geringfügig höherem Schmerzniveau führen [53]. Auch die Lagerung des Patienten auf dem OP-Tisch sollte sorgsam geprüft werden, um Druckläsionen von Haut und Nerven zu vermeiden.

Postoperative Analgesie

Die postoperative Schmerztherapie richtet sich nach dem Patientenprofil (Schmerzintensität, Grunderkrankungen, Alter, Risikofaktoren) (Abb. 3), dem stattgehabten Eingriff und den gegebenen Möglichkeiten der Klinik. Hierbei sind nicht immer PCA-Pumpen, ein etablierter „acut pain service“ oder eine computergestützte Schmerzdokumentation und Überwachung nötig: In Abhängigkeit zum Eingriff und der zu erwartenden Schmerzintensität sollte eine basale Schmerzmedikation individuell für den Patienten verordnet werden. Ergänzend hierzu sollte bei persistierenden Schmerzen oder einzelnen Schmerzspitzen eine rasch wirkende Bedarfsmedikation angeordnet sein. Bei häufig in Anspruch genommener Bedarfsmedikation oder erhöhten Schmerzwerten, die sich aus der Schmerzdokumentation ergeben, sollte die Basismedikation entsprechend erhöht werden (dynamische Analgesie). Hierzu sind in gewissem Umfang Dosissteigerungen des eingesetzten Wirkstoffs geeignet, z.T. ist aber das Präparat selbst zu wechseln. Die Basismedikation sollte hierbei in Form von kontinuierlich intravenös applizierten Präparaten bestehen oder, wenn eine orale Medikation indiziert ist, aus retardierten Präparaten, um ein ständiges Ab- und Anfluten der Wirkstoffkonzentration zu vermeiden. Eine Kombination verschiedener Substanzklassen z.B. NSAIDs und Opioide, haben sich hierbei als günstig erwiesen. Bei der Verordnung der Bedarfsmedikation ist primär auf einen raschen Wirkungseintritt zu achten. Die Patienten-kontrollierte Analgesie in Form von Bolusinjektionen hat hier ihre wesentliche Indikation. Moderne mechanische PCA-Pumpen können vom Patienten an einem Schlüsselband um den Hals getragen werden und geben „auf Knopfdruck“ im Bedarfsfalle eine durch die eingesetzte Wirkstoffdosierung zuvor errechnete Menge an Wirkstoff ab, ohne die Mobilität des Patienten einzuschränken. Andere Möglichkeiten sind Kurzinfusionen, am besten über einen Tropfenzähler, oder die orale Medikation in Form von „Schmerztropfen“. Hierbei sind jedoch entsprechend dem Risikoprofil des Patienten Nebenwirkungen wie Atemdepression, orthostatische Reaktionen, Unverträglichkeiten oder Nausea zu beachten.

Der akute postoperative Schmerz hat sein Schmerzmaximum in der Regel in den ersten 48 h post-OP. Dies bedeutet, dass gerade in diesem Zeitraum ein hoher Analgetikabedarf besteht, der im weiteren komplikationslosen Verlauf abnimmt. Im Gegensatz zur Therapie chronischer oder nichttraumatischer Schmerzen sollte hier mit potenten Analgetika, z.B. Opioiden, begonnen werden und keinesfalls unter Berücksichtigung des WHO-Stufenmodells mit einer alleinigen Gabe von NSAIDs. Neben der medikamentösen Therapie sollten auch physikalische Maßnahmen durchgeführt werden. Die Kryotherapie mit dem Eisbeutel oder moderneren Cryo-Cuffs führt neben der Prophylaxe von Schwellungen zu einer peripheren Vasokonstriktion und somit auch zu einer verringerten Blutungsneigung. Die Lymphdrainage führt zu einer Reduktion von postoperativen Ödemen und verringert somit den Spannungsschmerz der operierten Extremität. Auch adjuvante nicht medikamentöse Verfahren wie Akupunktur oder TENS können zur Linderung postoperativer Schmerzen eingesetzt werden (Abb. 4)

Die Dokumentation der postoperativen Schmerzen als 5. Vitalzeichen im Rahmen der Visiten dient im Verlauf nicht nur der bedarfsorientierten Erhöhung der Analgetikadosierung, sondern bei einem komplikationslosen Verlauf auch als Leitschiene bei der Reduktion der Analgetika. Ab dem 3.–4. Post-OP-Tag kann bei konstant niedrigen Schmerz-Scores mit der Reduktion der Analgetika begonnen werden. Erneut zunehmende Schmerzen ab dem 3. Post-OP-Tag können Hinweise auf Komplikationen sein und sollten entsprechend abgeklärt werden. Bis zur Entlassung des Patienten aus der stationären Therapie sollte eine suffiziente Basismedikation gefunden sein, unter der der Patient bei zunehmender Remobilisation keine erhöhten Schmerzintensitäten mehr angibt. Diese Basismedikation sollte als weiterführende Therapieempfehlung neben den genauen Angaben zur weiteren Remobilisation im Arztbrief enthalten sein, sodass dem niedergelassenen Kollegen und dem weiterbehandelnden Physiotherapeuten schon bei der erstmaligen Vorstellung des Patienten im Anschluss an die stationäre Therapie genaue Angaben zur weiterführenden Therapie vorliegen.

Fazit für die Praxis

Ein optimiertes Schmerzmanagement in der Orthopädie ist gerade im Hinblick auf die Patientenzufriedenheit nach elektiven Operationen von zunehmendem Interesse: Dazu gehören ein schnelles Erreichen des zu erwartenden postoperativen Outcomes, eine immer kürzer werdende Krankenhausverweildauer und die Vermeidung von chronischen Schmerzen. Schon im Vorfeld einer anstehenden Operation gilt es, den Patienten über die Operation, eventuell auftretende Probleme und das postoperative Prozedere zu informieren, um eventuelle Ängste ausräumen zu können. Neben der Ausschöpfung der prä-, intra- und postoperativen Möglichkeiten der Analgesie ist die Kontinuität und Effizienz der weiterführenden Therapie nach der Entlassung aus der Klinik ein wesentlicher Faktor. Dabei sollten die Analgesieverfahren darauf ausgerichtet sein, die Verselbständigung und Chronifizierung von Schmerzen zu verhindern.

Interessenkonflikt: Keine angegeben.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Dr. h. c. Jörg Jerosch

Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie

und Sportmedizin

Johanna-Etienne-Krankenhaus

Am Hasenberg 46

41462 Neuss

j.jerosch@ak-neuss.de

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