Übersichtsarbeiten - OUP 10/2018

Perioperatives Schmerzmanagement aus Sicht des Operateurs

Der akute postoperative Schmerz hat sein Schmerzmaximum in der Regel in den ersten 48 h post-OP. Dies bedeutet, dass gerade in diesem Zeitraum ein hoher Analgetikabedarf besteht, der im weiteren komplikationslosen Verlauf abnimmt. Im Gegensatz zur Therapie chronischer oder nichttraumatischer Schmerzen sollte hier mit potenten Analgetika, z.B. Opioiden, begonnen werden und keinesfalls unter Berücksichtigung des WHO-Stufenmodells mit einer alleinigen Gabe von NSAIDs. Neben der medikamentösen Therapie sollten auch physikalische Maßnahmen durchgeführt werden. Die Kryotherapie mit dem Eisbeutel oder moderneren Cryo-Cuffs führt neben der Prophylaxe von Schwellungen zu einer peripheren Vasokonstriktion und somit auch zu einer verringerten Blutungsneigung. Die Lymphdrainage führt zu einer Reduktion von postoperativen Ödemen und verringert somit den Spannungsschmerz der operierten Extremität. Auch adjuvante nicht medikamentöse Verfahren wie Akupunktur oder TENS können zur Linderung postoperativer Schmerzen eingesetzt werden (Abb. 4)

Die Dokumentation der postoperativen Schmerzen als 5. Vitalzeichen im Rahmen der Visiten dient im Verlauf nicht nur der bedarfsorientierten Erhöhung der Analgetikadosierung, sondern bei einem komplikationslosen Verlauf auch als Leitschiene bei der Reduktion der Analgetika. Ab dem 3.–4. Post-OP-Tag kann bei konstant niedrigen Schmerz-Scores mit der Reduktion der Analgetika begonnen werden. Erneut zunehmende Schmerzen ab dem 3. Post-OP-Tag können Hinweise auf Komplikationen sein und sollten entsprechend abgeklärt werden. Bis zur Entlassung des Patienten aus der stationären Therapie sollte eine suffiziente Basismedikation gefunden sein, unter der der Patient bei zunehmender Remobilisation keine erhöhten Schmerzintensitäten mehr angibt. Diese Basismedikation sollte als weiterführende Therapieempfehlung neben den genauen Angaben zur weiteren Remobilisation im Arztbrief enthalten sein, sodass dem niedergelassenen Kollegen und dem weiterbehandelnden Physiotherapeuten schon bei der erstmaligen Vorstellung des Patienten im Anschluss an die stationäre Therapie genaue Angaben zur weiterführenden Therapie vorliegen.

Fazit für die Praxis

Ein optimiertes Schmerzmanagement in der Orthopädie ist gerade im Hinblick auf die Patientenzufriedenheit nach elektiven Operationen von zunehmendem Interesse: Dazu gehören ein schnelles Erreichen des zu erwartenden postoperativen Outcomes, eine immer kürzer werdende Krankenhausverweildauer und die Vermeidung von chronischen Schmerzen. Schon im Vorfeld einer anstehenden Operation gilt es, den Patienten über die Operation, eventuell auftretende Probleme und das postoperative Prozedere zu informieren, um eventuelle Ängste ausräumen zu können. Neben der Ausschöpfung der prä-, intra- und postoperativen Möglichkeiten der Analgesie ist die Kontinuität und Effizienz der weiterführenden Therapie nach der Entlassung aus der Klinik ein wesentlicher Faktor. Dabei sollten die Analgesieverfahren darauf ausgerichtet sein, die Verselbständigung und Chronifizierung von Schmerzen zu verhindern.

Interessenkonflikt: Keine angegeben.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Dr. h. c. Jörg Jerosch

Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie

und Sportmedizin

Johanna-Etienne-Krankenhaus

Am Hasenberg 46

41462 Neuss

j.jerosch@ak-neuss.de

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