Übersichtsarbeiten - OUP 05/2019

Physikalische Therapie bei rheumatischen Krankheitsbildern

Als effektive Thermotherapie haben sich auch Paraffinbäder zur Behandlung der RA, Systemischen Sklerose (Sklerodermie) und Fingerpolyarthrose im täglichen ergotherapeutischen Einsatz etabliert. Hierbei werden die Hände für ca. 5 Minuten in ca. 45–50 °C heiß-flüssiges Paraffin eingetaucht. Das wachsähnliche Paraffin besitzt ebenfalls eine hohe Wärmekapazität. Anschließend werden spezielle Frottee-Handschuhe über das sich erhärtende Paraffin angezogen. Es entsteht eine isolierende Schicht auf der Haut. Die Gewebeelastizität und Fingermobilität nimmt zu. Paraffinbäder eignen sich auch zur Vorbereitung auf krankengymnastische und ergotherapeutische Funktionsübungen. Paraffinbäder haben in Kombination mit Bewegungsübungen einen kurzzeitigen analgetischen und funktionellen Benefit für Patienten mit RA [2]. Greifübungen in Wannen mit warmen Linsen oder Raps weisen ebenfalls positive Effekte auf den Funktionsstatus rheumatischer Hände aus. Ebenso wird häufig übungsvorbereitend, insbesondere von Physiotherapeuten, die „Heiße Rolle“ angewandt. Dabei werden Frotteehandtücher trichterförmig gefaltet und mit heißem Wasser befüllt. Die durchtränkten Handtücher werden anschließend vor allem über verspannten Muskelpartien langsam unter Druck (zusätzlicher Massageeffekt) wieder aufgerollt. Die „Heiße Rolle“ ist eine simple Form der Wärme-Hydro-Therapie und kann auch bei älteren Rheumatikern oder bei subakutem entzündlichem Schub als milde Thermotherapie, insbesondere im Bereich verspannter Muskelgruppen im Rücken- und Schultergürtel-Nackenbereich eingesetzt werden.

Ultraschall

Im Schallkopf werden Schallwellen mit einer Frequenz von 800–1000 kHz erzeugt. Um zwischen Schallkopf und dem menschlichen Körper eine wirksame Ankoppelung zu gewährleisten, ist ein Kontaktmedium (Gel, Salben, Wasser ...) erforderlich. Im Körper wird Schallenergie in therapeutisch wirksame Wärmeenergie umgewandelt. Der Grad der Erwärmung ist vom Gewebe und dessen unterschiedlicher Absorption von Schallwellen abhängig. Gewebe mit hohem Wassergehalt, wie z.B. Muskeln, absorbiert die Energie um ein Vielfaches als z.B. Fettgewebe. Am stärksten ist die Erwärmung an Knochengrenzen. Hier findet zusätzlich eine Reflektion der Ultraschallwellen statt. Dies erklärt die gute Effizienz bei knochennahen Erkrankungsprozessen wie Sehnenansatztendinosen. Ultraschall erzeugt im Gewebe Druckwellen und Vibrationen (Mikromassage) und setzt zudem Reibungswärme frei. Die Eindringtiefe beträgt ca. 1,7–3,5 cm bei 800 kHz. Damit zählt die Ultraschalltherapie zu den wirksamsten gezielten lokalen Tiefenerwärmungsverfahren. Die Wirkungen der Ultraschalltherapie entsprechen denen der oben skizzierten Thermotherapie. Geschätzt werden auch die Zunahme der Dehnbarkeit kollagener Faserstrukturen sowie die Erhöhung der Schmerzschwelle. In der praktischen Anwendung sind kreisende Bewegungen erforderlich, um lokal nicht eine zu hohe Wärmeentwicklung zu generieren. Ideal ist eine Anwendungsdauer von 5–15 Minuten in einer seriellen Anwendung täglich bis 2-täglich für ca. 10 Sitzungen.

Eine Sonderform stellt die Phonophorese dar, bei der zusätzlich ein Medikament (z.B. Diclofenac-Gel) in Salbenform appliziert wird. Ultraschalltherapie kann auch bei Vorliegen von Metallimplantaten oder Endoprothesen durchgeführt werden. Vorsicht ist jedoch geboten aufgrund der verstärkten Wärmeentwicklung an Grenzflächen. Bei Herzschrittmachern sollte ein Abstand von mindestens 15 cm eingehalten werden. Indikationen sind: Insertionstendinosen, Achillodynie, Fersensporn, Tendinitis calcarea, Myotendinosen, Karpaltunnelsyndrom, Handgelenksarthritis, Narbenbehandlung und Arthrosen. In der Rheumatologie findet die Ultraschalltherapie ein breites Einsatzspektrum, insbesondere bei Spondyloarthritiden und der Psoriasis-Arthritis. Bei diesen Krankheitsbildern treten gehäuft Enthesitiden, wie z.B. Achillodynien auf. Bei der Rheumatoiden Arthritis sind neben Handgelenkarthritis [8] und Tendovaginitiden Sekundärarthrosen wie z.B. Gonarthrose oder sekundär-degenerative Rotatorenmanschettenveränderungen sinnvolle Indikationen. Kontraindikationen stellen dar: Ultraschall über parenchymatösen Organen, Augen, Gehirn, Rückenmark, Epiphysen und Geschlechtsorganen, Vaskulitis, Malignome, akute fieberhafte Erkrankungen, Thrombosen, Thrombophlebitis, Varikosis, Schwangerschaft.

Hochfrequenztherapie (Kurz-/Dezimeter-/Mikrowelle)

Sie gehört zur Elektrotherapie und ist eine Sonderform der Thermotherapie Hier wird elektromagnetische Energie im Gewebe direkt in Wärme umgewandelt. Die Wärmeentwicklung hängt von den elektrischen Eigenschaften des Gewebes ab. Es können größere Volumina in der Tiefe erwärmt werden. Die Kurz- und Dezimeterwelle wird wegen der Tiefenwirkung primär bei muskuloskelettalen Indikationen eingesetzt, wohingegen die Mikrowelle eine Präferenz im HNO-Bereich (oberflächlichere Wirkung) hat. Bei der Hochfrequenztherapie dringt die Wärme im Vergleich zu den Peloidpackungen tiefer ein. Als Nebenwirkung kann durch Streustrahlen bedingte Verbrennungsgefahr auftreten. Vorsicht ist bei Schweißbildung, feuchten Kleidungsstücken oder Salbenverbänden geboten. Ein Sicherheitsabstand von mindestens 5 Metern zu elektrischen Geräten sollte eingehalten werden, um deren Funktion nicht zu beeinträchtigen. Metallgegenstände wie Schmuck, Uhren, Piercing, Knöpfe oder Münzgeld sind zu entfernen. Kontraindikationen stellen u.a. Metallimplantate, Schrittmacher, Pumpen, Defibrillatoren, IUP, akute Entzündungen, heterotope Ossifikationen, Nähe zu Augen (Linsentrübung), offene Wachstumsfugen, CRPS, lokale Ischämie, Sensibilitätsstörungen im Behandlungsareal und Schwangerschaft dar. Die Indikationen decken sich weitgehend mit denen der Thermotherapie.

Phototherapie

Sie ist die therapeutische Anwendung elektromagnetischer Strahlenenergie des sichtbaren Lichtes sowie des angrenzenden längerwelligen Infrarot- und des kurzwelligen Ultraviolettspektrums. Zur Behandlung der Haut wird bei der Psoriasis-Arthritis eine UV-Strahlentherapie eingesetzt (nähere Erläuterung siehe Kapitel Hydrotherapie). Als Lichttherapie wird auch das Infrarotstrahlenspektrum therapeutisch genutzt. Die Infrarottherapie basiert auf elektromagnetischer Energie, die erst im Gewebe direkt in Wärme umgewandelt wird. Die Wellenbereiche der Infrarottherapie liegen zwischen 780 bis > 3000 nm. Die Absorption und der thermische Effekt umfassen nur die oberflächlichen Hautschichten (Strahlungswärme). Die Wirkung des natürlichen Lichts auf den Vitamin-D-Stoffwechsel in der Behandlung der Osteoporose sollte hinlänglich bekannt sein. Bei Kollagenosen, insbesondere dem Systemischen Lupus erythematodes, ist Phototherapie nicht indiziert.

Lasertherapie

Bei dieser Form der Phototherapie wird stark gebündeltes, monochromatisches Licht von hoher Intensität eingesetzt. Es kommt der sogenannte Low-level-Laser (LLL) zur lokalen Bestrahlung mit Laserlicht niedriger Energie zum Einsatz. Dieser hat allerdings nur wenig thermische Effekte, wirkt aber vor allem durch Aktivierung intrazellulärer photochemischer Prozesse. Eine antiinflammatorische Wirkung wird postuliert sowie eine verstärkte synoviale Proteinsynthese und Mikrozirkulation. Der LLL hat durch seine Wirkung auf periphere Nerven analgetische Effekte. Bei der Rheumatoiden Arthritis besteht eine positive Studienlage bezüglich Schmerzlinderung und Verbesserung der Morgensteifigkeit bei einer Dauer von 4 Wochen mit einer Frequenz von 2–3x pro Woche [10]. Der LLL findet vor allem bei myofascialen Schmerzen z.B. im Schultergürtel-Nacken-Bereich und bei Sehnenansatzbeschwerden seinen Einsatz.

Kältetherapie

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