Übersichtsarbeiten - OUP 09/2016

Vorlieben und Zahlungsbereitschaft von Patienten bei der Behandlung von Kniegelenkarthrose*

John Posnett1, Sanjeev Dixit2, Brooks Oppenheimer2, Sven Kili3, Nazanin Mehin4

Zweck: Überprüfung von Behandlungsmethoden für Patienten mit einer Kniegelenkarthrose in 5 europäischen Ländern und Abfrage der Wahrnehmungen von Patienten bezüglich aktueller Behandlungsmethoden sowie der entsprechenden Zahlungsbereitschaft.

Patienten und Methoden: Eine prospektive und doppelblinde internetbasierte Umfrage unter erwachsenen Patienten mit einer Kniegelenkarthrose wurde in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien durchgeführt. Der Fragebogen enthielt Fragen zur Diagnose, zum Behandlungsverlauf und zu Wahrnehmungen bezüglich der Behandlungsmethoden bei einer Kniegelenkarthrose. Darauf folgte eine separate wahlbasierte Conjoint-Aufgabe zur Identifikation der bevorzugten Merkmale von Behandlungsmethoden bei einer Kniegelenkarthrose anhand der Beurteilung von 14 Sätzen mit je 4 namenlosen Produkten.

Ergebnisse: 2073 Patienten, die nach eigenen Angaben unter einer Kniegelenkarthrose litten, nahmen an der Umfrage teil. 17,4 % der Patienten gaben an, dass ihre Knieschmerzen ihre Fähigkeit zur Ausübung alltäglicher Aktivitäten drastisch einschränkten, und 39,3 % der erwerbstätigen Patienten gaben an, dass sie aufgrund ihrer Kniegelenkarthrose schon bei der Arbeit gefehlt hatten. Die häufigsten Behandlungsmethoden waren Körperübungen (69,7 %), Physiotherapie (68,2 %) und die Einnahme rezeptfreier Schmerztabletten (73,9 %). Die als am wirksamsten wahrgenommenen
Behandlungen waren Injektionen mit Hyaluronsäure (Viscosupplementation; 74,1 %), Betäubungsmittel (67,8 %) und Injektionen mit Steroiden (67,6 %). Die Selbstbeteiligung, die Dauer der Schmerzlinderung und die Art der Therapie wiesen den größten Einfluss auf die Vorlieben von Patienten hinsichtlich der Behandlungsmethoden bei einer Kniegelenkarthrose auf. Die Patienten waren bereit, per Selbstbeteiligung im Durchschnitt 35 € mehr für Steroid-Injektionen und 64 € mehr für eine Viscosupplementation zu bezahlen als frei erhältliche Schmerztabletten gekostet hätten (pro Behandlung und pro Knie) (jeweils p < 0,05).

Schlussfolgerung: Kniegelenkarthrose ist eine belastende Krankheit, die sich negativ auf alltägliche Aktivitäten auswirkt. Generell sind die Behandlungen, die Patienten am häufigsten angeboten werden, nicht jene, die als am wirksamsten wahrgenommen werden. Patienten sind bereit, für Behandlungen, die sie als wirksamer wahrnehmen, die ihnen eine länger anhaltende Schmerzlinderung bieten und die mit weniger Arztbesuchen verbunden sind, einen Zuschlag zu zahlen.

Schlüsselwörter: Arthrose, Behandlung, Umfrage, Viscosupplementation

Purpose: To review treatments for osteoarthritis of the knee (OAK) received by patients across 5 European countries, and to obtain patients’ perceptions and willingness to pay for current treatments.

Patients and methods: A prospective, internet-based, double-blind survey of adults with OAK was conducted in France, Germany, Italy, Spain, and the United Kingdom (UK). The questionnaire included questions about diagnosis, treatment history, and perceptions of OAK treatments, followed by a discrete-choice-based conjoint exercise to identify preferred attributes of OAK treatments, evaluating 14 sets of four unbranded products.

Results: 2073 patients with self-reported OAK completed the survey. 17.4% of patients rated their knee pain as drastically affecting their ability to perform normal daily activities, and 39.3% of employed patients reported that they had lost work time because of OAK. The most common treatments were exercise (69.7%), physical therapy (68.2%), and non-prescription oral pain medication (73.9%). Treatments perceived as most effective were: viscosupplement (VS) injections (74.1%), narcotics (67.8%), and steroid injection (67.6%). Patient co-pay, duration of pain relief, and type of therapy exhibited the largest impact on patient preference for OAK treatments. The average patient was willing to pay 35 Euro and 64 Euro more in copay for steroid and VS injections, respectively, over the cost of oral over-the-counter (OTC) painkillers (per treatment course, per knee) (each p < 0.05).

Conclusion: OAK is a debilitating condition that affects normal daily activities. In general, treatments most commonly offered to patients are not those perceived as being the most effective. Patients are willing to pay a premium for treatments that they perceive as being more effective and result in longer-lasting pain relief, and those that can be administered with fewer visits to a physician.

Keywords: osteoarthritis, treatment, survey, viscosupplementation

Einleitung

Kniegelenkarthrose ist die häufigste Form der Arthrose, einer belastenden Erkrankung, die in Europa häufig vorkommt [1, 2]. Es handelt sich dabei um eine multifaktorielle Erkrankung mit biochemischen, mechanischen und verhaltensbedingten Komponenten [1]. Die Prävalenz ist europaweit unterschiedlich: Eine symptomatische Kniegelenkarthrose weist in Frankreich eine Prävalenz von 5,2 % auf, in Italien 5,4 %, in Großbritannien 10,2 % und in Spanien ebenfalls 10,2 % [3–6]. Alter und Geschlecht sind bedeutende Risikofaktoren für eine Kniegelenkarthrose, wobei eine höhere Prävalenz bei weiblichen und älteren Patientengruppen gemeldet wird [7–11]. Der Body-Mass-Index ist ein weiterer bedeutender Risikofaktor, wobei das Risiko mit zunehmendem BMI exponentiell ansteigt [12].

Die Kniegelenkarthrose wirkt sich negativ auf die Lebensqualität aus, was sich mit fortschreitender Krankheit weiter verstärkt [13]. Aus früheren Studien geht hervor, dass die Kniegelenkarthrose verschiedene nachteilige Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit im Alltag hat, darunter Schmerzen sowie Beeinträchtigungen der körperlichen Funktionsfähigkeit und der körperlichen Rolle [14–16]. Zusätzlich zum angestrebten klinischen Nutzen bei der Behandlung einer chronischen Erkrankung gibt es eine Reihe von Faktoren mit Einfluss auf die Behandlungswahl der Patienten, darunter die Behandlung von Komorbiditäten, die Risiken und Vorteile neuer Behandlungsmethoden, Kenntnisse der Erkrankung sowie Kenntnisse von anderen Patienten in ähnlichen Situationen [17–20]. Aus einer neueren Studie geht hervor, dass Behandlungen wie eine totale Kniegelenkarthroplastik bei etwa der Hälfte der Patienten infolge anhaltender Schmerzen zu Unzufriedenheit führen kann, die sich über ein Jahrzehnt nach dem Eingriff hinziehen kann [21]. So kam eine Studie zur Zahlungsbereitschaft für Schmerzlinderung bei körperlichen Behinderungen zu dem Schluss, dass Patienten eher bereit sind, für schmerzlindernde Maßnahmen zu bezahlen als für Verbesserungen der Funktionsfähigkeit: Patienten waren bereit, dafür monatlich einen Betrag von 1.428,22 $ auszugeben [22]. Solche Studien zeigen, dass es wichtig ist, Patienten mit einer Kniegelenkarthrose Zugang zu wirksamen Behandlungen zu verschaffen, die maximale Wirkung und Zufriedenheit bieten [23].

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