Übersichtsarbeiten - OUP 11/2015

Osteoporose im Kontext von Ernährungsfaktoren
Integrale Primär- und holistische Sekundärprävention – Kompensation von systemisch inflammatorischen Prozessen und oxidativem StressIntegrative primary- and holistic secondary-prevention – compensation of systemic inflammatory processes and of oxidative

Die wichtige Rolle von zahlreichen Hormonen am Knochenstoffwechsel ist gut erforscht, z.B.:

hinsichtlich der Synthese von Osteocalcin in den Osteoblasten über Transkription durch den aktivierten Vitamin D-Rezeptor;

der Östrogene als Regulatoren von RANK-Genen bei der Synthese von Osteoblasten sowie der Hemmung von IL-1, IL-6, TNF-? sowie Osteoklasten. (TNF-? fördert die Reifung der Osteoklasten und deren Resorptionsfähigkeit. IL-1 stimuliert aktiviert Osteoklasten und hemmt die Osteoblasten. TNF-? und IL-1 zusammen erhöhen die Apoptosebereitschaft der Osteoblasten [37]. Durch oxidativen Stress (z.B. durch Rauchen) werden um ein Vielfaches höhere IL-1 Cytokine produziert.);

der Hemmung der Transkription von Kollagen- und Osteocalcin-Genen durch Glucocortikoide;

hinsichtlich der Funktionen des Parathormons (PTH) bei der Freisetzung des Calciums aus den Knochen infolge der Aktivierung der Osteoklasten (durch das PTH erfolgt eine gleichzeitige verstärkte Ausschüttung von Cytokinen wie IL-1 und IL-6, welche die Osteoklastensynthese und gleichzeitig deren Aktivität erhöht.

Auch das Schilddrüsenhormon Trijodthyronin (T3) ebenso wie das Wachstumshormonen (IGF-1), das Insulin und weiterer Hormone sind am Knochenstoffwechsel beteiligt.

All dies ist mit Ernährungsfaktoren gekoppelt. Die Zufuhr verschiedenster Nährstoffe ist essenziell für ein funktionierendes endokrines System; eine unausgewogene Ernährung kann eine wichtige Rolle bei der Pathogenese endokrinologischer Erkrankungen haben. Dabei geht jedoch nicht alleine um ernährungsmedizinische Themen bei Erkrankungen, sondern wesentlich auch um die Prävention. Beispielsweise kann die Art der Ernährung auch den Östrogenstoffwechsel und die „Entgiftung“ des Östrogens über einen risikoärmeren Weg steuern. Das hat sicherlich auch Bedeutung bei der Verstoffwechselung in der Hormonersatztherapie bei Wechseljahrbeschwerden, die hinsichtlich Brustkrebs Risiken hat. Dazu braucht es weitere Untersuchungen, doch es ist bereits plausibel, dass man über die Phytoöstrogene aus der Nahrung (nicht in isolierter Form zu Therapien!) über den natürlichen Weg den Östrogenstoffwechsel verbessern kann. Das Östrogen kann über sekundäre Pflanzenstoffe – z.B. aus Brokkoli, Kohlgewächsen und grünem Blattgemüse besser und sicherer verstoffwechselt werden [38–40]. Der Phase-I-Metabolismus von Östradiol und Östron erfolgt über eine Hydroxylierung an verschiedenen Positionen. Der „sichere Weg“ geht über den 2-Hydroxy-Pfad. Der Phase-II-Metabolismus von 2– und 4-Hydroxy-Katechol-Östrogen besteht in einer Methylierung. Diese wird bewerkstelligt durch die Katechol-OMethyltranferase (COMT), welche bzgl. der Methylgruppe von S-Adenosyl-Methionin (SAM) abhängig ist.

Die Hauptdeterminante für den sicheren Östrogenmetabolismus (2-Hydroxy-Pfad gegenüber dem 16-Hydroxy-Pfad) wird durch z.B- Brokkoli und sämtliche Kohlarten, mitbestimmt.

Die Produktion von SAM wird von grünem Blattgemüse mitbestimmt, und je mehr produziert wird, desto besser ist es. Wenn SAM und COMT die Katechol-Östrogene nur langsam entgiften, werden diese zu Östrogen-Chinonen oxidiert und können karzinogene Wirkungen entfalten. COMT ist zusätzlich für die Produktion mehrerer Neurotransmitter (Katecholamine) wie Dopamin, Epinephrin, Norepinephrin und Serotonin verantwortlich. Darüber werden dann Zusammenhänge mit Symptomen des prämenstruellen Syndroms (PMS) vermutet. Während der Tage 18–25 im Menstruationszyklus (in der Lutealphase) wird durch den plötzlichen Anstieg von Östrogen vermehrt COMT verbraucht, wodurch sich die Menge der Neurotransmitter verändern kann, und Symptome des PMS entstehen.

Eine Studie mit 10.786 Frauen zeigte über den 2-Hydroxy-Pfad eine Senkung des Brustkrebs-Risikos um 40 %. Eine weitere Langzeitstudie ergab, dass an Brustkrebs erkrankte postmenopausale Frauen im ausgeschiedenen Urin eine um 15 % niedrigere 2-/16-Hydroxy-Ratio aufwiesen als die Frauen der Kontrollgruppe, und die Frauen mit der höchsten Ratio wiesen ein 30 % geringeres Brustkrebs-Risiko auf.

Die Botschaft: Der Verzehr von Brokkoli und Kohlarten verbessert auch den Östrogenstoffwechsel und reduziert somit Krebsrisiken. Die Orientierung an der Primärprävention über die Natur unserer Nahrung ist der beste Weg, und wenn bereits Defizite bzw. Erkrankungen vorliegen, kann es erforderlich sein, weitere Vorsichtsmaßnahmen zu treffen sowie andere Maßstäbe anzulegen.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Art der Östrogen-Substitution und der Östrogen-Stoffwechsel ebenfalls entscheidende Faktoren für eine Risikoerhöhung sind oder umgekehrt einen Schutz bieten. Wichtige Erkenntnisse gibt es nun hinsichtlich der Ernährung und weiterer Lebensstilfaktoren, die entscheidenden Einfluss nehmen. Der Konsum von verschiedenem Gemüse und Salaten sowie allgemein von an Antioxidantien reichen Lebensmitteln, wie Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten (Soja) und grünem Tee, verbessern diverse Stoffwechselsituationen, die auch dem Hormonstoffwechsel zu Gute kommen.

Ferner haben die Darmkeime, deren Zusammensetzung wiederum von der Ernährungsform abhängig ist, einen Einfluss auf die Verstoffwechselung z.B. auch der Phytonutrients (wie Phytoöstrogene) [55]. Das Thema ist sehr komplex und wird an anderer Stelle behandelt.

Weitestgehend sollte eine unausgewogene Ernährung vermieden werden. Unausgewogen heißt: in der Bilanz zu viele einfache Zucker, zu viele Fette [besonders Transfette, gesättigte Fette und Arachidonsäurebildner], zu viel Salz, zu viele Schadstoffe und umgekehrt zu wenige Mikronährstoffe bzw. Bioaktivstoffe (insbesondere sekundäre Pflanzenstoffe)

Die Funktionen der Phytoöstrogene aus der Gruppe der Isoflavone (sekundäre Pflanzenstoffe die gut in Soja vorkommen) machen es plausibel, dass sie auch Auswirkungen auf die Knochengesundheit haben. Die Daten aus Studien sind inhomogen und schwer verwertbar, da die Studien zu diesem Bereich viel zu kurze Laufzeiten hatten. Die Korrelation des Sojakonsums in Asien mit dort wesentlich weniger Osteoporose oder Brustkrebs kann sicherlich nicht alleine einfach durch das Soja erklärt werden. Es gibt zwar diverse Nachweise von positiven Effekten hinsichtlich Knochendichte und Knochenstoffwechsel im Zusammenhang mit den Isoflavonen, doch dürften sie nicht alleine verantwortlich sein, denn ihre isolierte Supplementierung zeigte, wie in anderen Bereichen bei Supplementierung mit isolierten Vitaminen (s. Thema Homocystein, etc.), oft keinen ausreichenden Benefit.

SEITE: 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10