Übersichtsarbeiten - OUP 11/2015

Osteoporose im Kontext von Ernährungsfaktoren
Integrale Primär- und holistische Sekundärprävention – Kompensation von systemisch inflammatorischen Prozessen und oxidativem StressIntegrative primary- and holistic secondary-prevention – compensation of systemic inflammatory processes and of oxidative

Die Resorption von Eisen kann verbessert werden durch die gleichzeitige Zufuhr von Vitamin C-reichen Lebensmitteln, z.B. Beeren oder Obstsäfte). Die Ascorbinsäure (Vitamin C) wird als der wichtigste Antagonist gegen die resorptionshemmende Wirkung der Phytate und Polyphenole gesehen.

Phosphat

Entgegen früherer Annahmen zeigte sich in neueren Untersuchungen, dass der Phosphatgehalt der Nahrung eine untergeordnete Rolle für die Calciumverfügbarkeit spielt. Ein negativer Einfluss von Nahrungsmitteln mit einem hohen Phosphatgehalt (Fertigprodukte) oder Getränken (Colagetränke) kann höchstens bei einer gleichzeitigen Unterversorgung mit Calcium gesehen werden; dann addiert sich dies durch die Phosphat-induzierte höhere Calciumausscheidung, doch eine Verbindung zu mehr Osteoporose konnte in Studien nicht belegt werde. Das früher angeratene 1:1 Verhältnis von Calcium zu Phosphat in Lebensmitteln ist daher kein Kriterium mehr.

Proteine

Eine hohe Proteinzufuhr erhöht zwar die Calciumausscheidung über die Niere, andererseits können Nahrungsproteine die Calciumaufnahme im Darm erhöhen. Insgesamt scheint der etwas höhere Konsum von Proteinen die Calciumbilanz in Knochen nicht nachteilig zu beeinflussen [72]. Bei älteren Menschen scheint die höhere Proteinzuhr (> 0,8 g Protein/kg KG) sogar vorteilhaft bezüglich der Calciumbilanz im Knochen [73]. Die moderate Erhöhung der Proteinzufuhr bei älteren Menschen (ca. 80 g Protein/Tag) zeigte eine Verbesserung der Calcium- und Vitamin-D-Effekte [74]; schon eine zusätzliche Proteindosis von 20 g/Tag zeigte im Vergleich zu Placebo eine zusätzliche Verbesserung der Knochendichte bei Patienten (mit im Mittel 80,7-Jährigen) unter Therapie nach Hüftfrakturen. Bei gleichzeitiger Gabe von Vitamin D (200.000 IE einmalig) und 500 mg Calcium/Tag während der Rehabilitation im Krankenhaus resultierte durch die zusätzlichen 20 g Protein eine schnellere Rehabilitationen mit kürzeren Krankenhausaufenthalten [75].

Proteindefizite bei älteren Menschen verstärken zudem die Abnahme des Insulin-like-Growth-Factor 1 (IGF-1), eine adäquate Zufuhr verbessert hingegen die Werte des IGF-1 und den Muskelstoffwechsel sowie die Immunabwehr. Zu hohe IGF-1 Werte werden jedoch auch als Risiko für Krebserkrankungen gesehen [70]. „Die Dosis macht das Gift.“

Bei einer Kohortenstudie in Montreal stellte man bei den Auswertungen von 6510 Patienten fest, dass bei Erwachsenen im Alter von > 50 Jahren beim Vergleich bei einem Protein-Tagesenergieanteil von 12 % bei Frauen und 11 % bei Männern verglichen zu 15% Proteinkonsum die niedrige Dosis mit häufigeren Frakturen korrelierte [76].

Alkohol

Bei mäßigem Alkoholkonsum zeigten Studien eine höhere Knochendichte (Östrogenwirkung?), bei höherem Alkoholkonsum sinkt die Knochendichte [77]; Alkohol reduziert dann die Osteoblastenaktivität und beeinträchtigt den Vitamin-D-Stoffwechsel und erhöht den Parathormonspiegel. Ein erhöhtes PTH steigert proinflammatorische Cytokine (IL-1 und IL-6), die gleichzeitig Osteoklasten steigern. Vitamin D reduziert die Alkohol-Toxizität am Knochen leicht [78].

Ernährungskomponenten zur Prävention von Osteoporose

Adäquate Calciumzufuhr auf Basis ausgewogener Ernährung

möglichst über mehrere Mahlzeiten über den Tag verteilt

Beachtung möglicher Interaktionen zwischen Lebensmitteln, (Resorptionshemmung, beschleunigte Ausscheidung etc.); z.B. durch Antinutrients (Oxalsäure: Amarant, Tee, Pfefferminze, Spinat, Rhabarber, Mangold, Kakao, Yams), und durch Kaffee, Proteine, Alkohol

Bei Kuhmilch-Verträglichkeit regelmäßig Milchprodukte

Bei Milchunverträglichkeit Pflanzenmilchen mit Calciumzusatz und/oder calciumreiches Wasser (mindestens 150 mg Ca/L)

Regelmäßig calciumreiches Gemüse (Brokkoli, Lauch, Kohlarten, Fenchel), Tomatenkonzentrat etc. und Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Samen und Nüsse, getrocknete Pilze, getrocknete Feigen, etc.

Adäquate Vitamin-D-Versorgung (Sonnenexposition der Haut)

Serumkontrolle Ziel Serumspiegel ? 75 nmol/l; 30 ng/ml)

Supplementierung (800–2000 IE/Tag; 20–50 µg/Tag, bei Bedarf mehr)

Vermeidung von Über- oder Untergewicht,

Reduktion proinflammatorischer Nahrungskomponenten

Reduktion von z.B. Ölen mit hohem Anteil Omega-6-Fettsäuren, bzw. Nahrungsmittel mit Arachidonsäure

Meidung von Transfetten (in Frittiertem, aber auch teils in Gebäck vorkommend)

Reduktion stark verarbeiteter Nahrungsmittel (mit vielen Zusatzstoffen)

Adäquate Versorgung mit Vitaminen (B-Vitaminen wie Folsäure und B12; u.a. Vitaminen)

Konsum von reichlich Sekundären Pflanzenstoffen (Obst, Gemüse, Nüsse, Samen, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte) (5–9 Portionen Obst und Gemüse am Tag, 1 Portion = 1 Hand voll)

besonders Isoflavonoide als Phytoöstrogene (in natürlicher Matrix; z.B. Soja u.a. Hülsenfrüchte)

reichlich potente Antioxidantien aus Obst und Gemüse sowie Samen (Nüsse, Hülsenfrüchte)

reichlich Kohlarten, Kreuzblütler (Brokkoli) u. Salate zur Verbesserung des Östrogenmetabolismus

Meidung von Nikotin

Reduktion von Alkohol

Ferner Beachtung weiterer Faktoren wie Interaktionen durch Medikamenteneinnahme

genügend physische Aktivität

Reduktion von Faktoren für oxidativen Stress

Reduktion der Zufuhr und endogenen Produktion von glykierten Produkten (AGEs durch zu viele schnell verfügbare Zuckerformen, durch zu viel Fleisch und Käse, zu stark Erhitztes)

Reduktion der Kohlenhydrate mit hohem glykämischen Index (aber auch Fructose)

Reduktion von Fleisch (besonders Wurstwaren und rotes Fleisch); Käse

Reduktion starker Erhitzung von Lebensmitteln (Grillen, Frittieren, Braten)

Resümee und Ziel

Die synergistische komplementäre Therapie bzw. Entlastung von Therapien (Reduktion des Medikamentenbedarfs) bei Erkrankungen mit Beteiligung von chronischen Entzündungen, gestörten Stoffwechselprozessen und gesteigertem oxidativen Stress – also auch bei Arthritis und Osteoporose – sollte im integrativen Kontext von systemischen Faktoren gesehen werden. Das bedingt eine Ernährungsanpassung; und das bedeutet nicht nur die Beachtung der Zusammenhänge hinsichtlich des Calciumstoffwechsels.

Die Glykolisierungen von Zellstrukturen (AGEs) sollten reduziert werden (exogene aus der Nahrung und endogen gebildete durch zu viele einfache Kohlenhydrate und nachteilige Verarbeitungsprozesse). NFkB muss als ein Hauptschalter für proinflammatorische Gene und die Aktivierung des enzymatischen Arachidonsäure-Metabolismus verstanden werden, ebenso als ein zusätzlicher Faktor für erhöhten oxidativen Stress sowie Proinflammation. Daher besteht ein Ziel darin, das NFkB zu reduzieren.

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