Übersichtsarbeiten - OUP 04/2013

Kurzreferate

Die Gegenwart zu überdenken heißt auch, die Zukunft zu berücksichtigen.

Hände haben sie und tasten nicht. (Psalm 115, 7)

In Österreich findet die Ausbildung von Ärzten/innen in Spitälern statt, wo speziell in der Orthopädie Patienten vorstellig werden, deren Beschwerden aufgrund pathomorphologischer Veränderungen einer anatomischen Rekonstruktion bedürfen. Die Vorstände der entsprechenden Spitäler sind chirurgische Opinion-Leader mit ihrer berechtigten Einflussnahme auf Ausbildungssysteme.

Problematisch wird es aber bei der Niederlassung der Fachärzte, wenn sie plötzlich mit einem Patientengut und deren Beschwerden konfrontiert werden, auf die sie nicht genügend vorbereitet sind. Diagnostische Ausflüchte wie die „Abnützung“ oder die „Psyche“ sind in diesen Fällen nicht auszuschließen. Bedenklich stimmt in Österreich die Tatsache, dass der Arzt oder die Ärztin für Allgemeinmedizin, wo nach Schätzungen jeder 3. Patient mit Problemen des Bewegungsapparates um Hilfe sucht, keine Ausbildung in konservativer Orthopädie hat. Die logische Konsequenz daraus ist, dass sich die Patienten in vermehrtem Maße an nicht-ärztliche Heiler und Hilfsanbieter wenden, um dort in vielen Fällen etwas zu bekommen, was sie sich – und das muss akzeptiert werden – wünschen, nämlich gehört und angegriffen zu werden. Wie heißt es doch: Nur wer einen Menschen angreift, begreift ihn.

Im Laufe der Jahrzehnte wurden die entsprechend gestalteten Kurse für Manuelle Medizin ein Ersatz für Teile der Ausbildung in konservativer Orthopädie. Die konservative Orthopädie beschäftigt sich dabei besonders mit Funktionsstörungen mit schwer zähl- und messbaren Befunden und Therapieeffekten, wodurch potenzielle Habilitanten von diesem Gebiet wenig angezogen werden.

Doch wieder ist es Deutschland, welches hier deutliche Ansätze zeigt, Kurs- und Ausbildungsinhalte genauer zu definieren und zu beschreiben, mit Ausweitung des Wissensangebotes auf andere reflextherapeutische Maßnahmen unter Miteinbeziehung der Prävention. Ein Versuch, ein zunehmendes Problem in unseren Ländern in den – nicht nur manualmedizinisch gesehenen – Griff zu bekommen.

Univ.-Prof. Dr. Hans Tilscher

Österreichische Ärztegesellschaft für
Manuelle Medizin

Neurologisches Zentrum Rosenhügel

Riedelgasse 5

A 1130 Wien

Kurzreferat 3

Konservative Orthopädie in

freiberuflicher Niederlassung

Andreas Zemke

4. Mai, 11.30 Uhr, Auditorium

Wie alles im Leben ist auch die Orthopädie dem Wandel und der Evolution unterworfen. Der Zugewinn an Erkenntnissen und die Fortschritte in den operativen und konservativen Behandlungsmöglichkeiten von angeborenen und erworbenen Störungen des Bewegungsapparates sind wichtige Errungenschaften, die regelmäßig in die Möglichkeiten der Behandlung der Patienten einfließen.

Vor dem Hintergrund wesentlich verbesserter und verfeinerter operativer Möglichkeiten soll und darf jedoch nicht vergessen werden, dass in der Regel der bedeutendste und auch längste Behandlungszeitraum eines Menschen außerhalb der OP-Säle und in der Regel in den Praxen stattfindet.

Das umfangreiche Wissen um die Zusammenhänge sowie die kritische Abwägung und Entscheidung bei jedem einzelnen Patienten in der Auswahl der geeignetsten Behandlungsoptionen erfordert jedoch nach wie vor fundierte Kenntnisse auch und besonders aller nicht operativen Therapieansätze und insbesondere auch Erfahrungswerte und den stets erforderlichen funktionellen Ansatz mit dem steten Blick auch auf die Konsequenz in jeder einzelnen individuellen Entscheidung.

Insbesondere vor dem Hintergrund der anstehenden Harmonisierung der Versorgungsstrukturen im Rahmen der Europäisierung der Gesundheitssysteme ist es wesentlich, den Stellenwert der orthopädisch-konservativen Behandlung sowohl seitens der gesundheitsökonomischen Bedeutung klar darzustellen, als auch die Inhalte zu bewahren und zu pflegen und ihrer Bedeutung gemäß, nach außen zu tragen.

Dr. Andreas Zemke

Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie

Hermannstraße 154

12051 Berlin

 

Kurzreferat 4

Schmerz und FMRI, was wissen wir?

Welche Konsequenzen können wir ziehen?

Herta Flor

3. Mai, 10.30 Uhr, Auditorium

Die neurowissenschaftliche Forschung hat eine erstaunliche Plastizität des Gehirns nachgewiesen. Verletzung oder auch Stimulation und Lernen führen zu einem Umbau der Karten in den sensorischen und motorischen Kortexarealen. Bildgebende Verfahren, wie z.B. die (funktionelle) Magnetresonanztomografie ((f)MRT) wurden in den letzten Jahren auch in der Schmerzforschung in großem Umfang eingesetzt. Die zentrale Verarbeitung nozizeptiver Reize und die Netzwerke, die die Schmerzerfahrung prägen und modulieren, sowie die Wirkweise von emotionalen oder kognitiven Zuständen wie Angst, Erwartung oder Katastrophendenken wurden so näher untersucht. Es gelingt zunehmend, pathogenetische Mechanismen chronischer Schmerzen aufzudecken.

Neuroplastizität als therapeutischer Angriffspunkt

Forschungsergebnisse zeigen, dass chronischer Schmerz mit maladaptiven Veränderungen in verschiedenen Gehirnregionen (beispielsweise einer verstärkten zentralen Schmerzverarbeitung und einer gestörten deszendierenden Hemmung)
assoziiert ist. Diese Ergebnisse leisten einen zentralen Beitrag für die Entwicklung von neuen therapeutischen Ansätzen, wie z.B. Diskriminationstraining, oder Spiegeltherapie bei Phantomschmerz oder Vorstellungstraining bei neuropathischen Schmerzen, durch die zentrale Reorganisationsprozesse rückgängig gemacht werden sollen. Darüber hinaus können weitere innovative Interventionen wie Neurofeedback entwickelt werden, die gezielt in diese neuroplastischen Veränderungen eingreifen sollen. Schließlich bieten Verfahren wie das fMRT die Möglichkeit, die funktionellen Veränderungen infolge effektiver Therapien „mechanistisch“ zu überprüfen und so mehr Aufschlüsse über Wirkweise und Wirkort dieser Therapien zu erhalten.

Prof. Dr. Herta Flor

Medizinische Fakultät Mannheim/

Universität Heidelberg

Institut für Neuropsychologie und

Klinische Psychologie

Zentralinstitut für seelische Gesundheit

J5

68159 Mannheim

 

Kurzreferat 5

Präventiver Einsatz von Lumbalorthesen bei wirbelsäulen-belastenden Tätigkeiten

Uwe Schwokowski

3. Mai, 8.00 Uhr, Sitzungsraum 7/8

In der täglichen orthopädischen Praxis versorgen wir ca. 1/3 unserer Patienten mit Rückenschmerzen verschiedener Genese. Neben der Diagnosestellung ist die Therapie von besonderer Bedeutung. Die Primärprävention, die Erhaltung von Gesundheit bei (noch) Gesunden, wird eher eine Aufgabe von Arbeitsmedizinern und Betriebsärzten sein. Die Sekundärprävention, die Intervention bei Krankheiten im frühen Stadium sollte eine der Primäraufgaben des konservativen Orthopäden in seiner Praxis sein.

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