Übersichtsarbeiten - OUP 04/2013

Kurzreferate

Natürlich kann auch bei einem vorderen Zugang nicht ohne Narbenbildung operiert werden. Allerdings ist es möglich, durch Lage und Länge des Zugangs das kosmetische Ergebnis weiter zu verbessern, die Narbe besser zu kaschieren.

Ein weiterer Vorteil der ventralen Zugehensweise ist die bessere Derotationsmöglichkeit – der Rippenbuckel oder Lendenwulst kann weggedreht werden. In der Summe ist hierdurch auf jeden Fall ein sehr gutes kosmetisches Resultat zu erreichen.

Postthorakotomiesyndrom bei jüngeren Patienten selten

Aus den bis hierin getätigten Äußerungen wäre zu entnehmen, nun alle Skoliosen nur noch von ventral zu operieren. Leider geht dies so nicht. Schwere Skoliosen, kombinierte Krümmungen, können in der Regel nur von dorsal suffizient versorgt werden, oder auch mit einer kombinierten Vorgehensweise.

Weitere Argumente, die gegen eine ventrale Derotationsspondylodese sprechen, sind die Störung der Lungenfunktion und das sogenannte Postthorakotomiesyndrom mit lang anhaltenden oder dauernden Schmerzen im Zugangsbereich. Allerdings wird über eine bleibende Lungenfunktionsstörung, oder das bei älteren Patienten durchaus immer wieder gesehene Postthorakotomiesyndrom, gerade bei den jüngeren Patienten nicht oder nur selten berichtet. Zumindest ist dies die Erfahrung aller größeren Zentren, die sich mit der ventralen Skoliosekorrektur, oder ventralen Zugängen zur Wirbelsäule überhaupt, regelmäßig beschäftigen.

Auch wenn eine direkte Vergleichbarkeit der verschiedenen Gruppen so gar nicht möglich ist, haben wir in unserer Klinik 25 Patienten, welche mit ventraler Derotationsspondylodese versorgt worden waren, und 25 von dorsal operierten Patienten, mit einem Mindest-follow-up von 2 Jahren nachuntersucht.

Zwar war die Korrektur insgesamt bei der ventralen Derotationsspondylodese gegenüber der dorsalen Vorgehensweise besser (80 % gegenüber 70 %), dies wundert aber nicht, da ja das Auswahlkriterium für die ventrale Vorgehensweise die leichteren und weniger starren einbogigen Krümmungen sind. In beiden Gruppen war die Zufriedenheit der Patienten sehr hoch. Auch was die Konturen des Rückens, die Reduktion des Rippenbuckels oder Lendenwulstes anbelangt, konnte eine sehr gute Verbesserung, im Vergleich zum Ausgang, erreicht werden.

In beiden Gruppen war jeweils ein Stabbruch zu verzeichnen, allerdings wurde nur beim dorsalen Stabbruch die Revision erforderlich, da nur dieser symptomatisch war.

Bessere Möglichkeiten durch perioperatives Management

Moderne Skoliosechirurgie bedeutet nicht nur die bestmöglichste 3-dimensionale Korrektur zu erreichen, sondern sich auch den zunehmenden kosmetischen Ansprüchen der Patienten/-innen zu stellen. Dies scheint auch mit den zunehmend verbesserten anästhesiologischen Möglichkeiten und einem entsprechenden perioperativen Management durchaus vertretbar.

Im direkten Vergleich stellt erwartungsgemäß die ventrale Vorgehensweise gegenüber der dorsalen die günstige Alternative dar, dies hinsichtlich Blutverlust, Instrumentationsstrecke, stationärem Aufenthalt etc.

Allerdings lässt sich auch unter rein kosmetischen Aspekten, insbesondere in Kombination mit einer konkavseitigen Thorakoplastik, ebenso mit einer Operation von dorsal ein sehr gutes Ergebnis erzielen. Eine 80 %-ige Reduktion des Rippenbuckels oder Lendenwulstes konnte mit beiden Verfahren erzielt werden, auch wenn die von dorsal operierten Patienten die schwereren Skoliosen hatten.

Mit einer nahezu unsichtbaren und kurzen Schnittführung ist aber grundsätzlich der ventralen Vorgehensweise, auch unter kosmetischen Aspekten, der Vorzug zu geben, sofern die Indikation gegeben ist.

Dr. Stefan Krebs

Leiter des Skoliosezentrums Orthopädische Klinik Markgröningen

Zentrum für Wirbelsäulenchirurgie

Klinik für Neuroorthopädie, Rückenmarkverletzungen und Skoliosen

Kurt-Lindemann-Weg 10

71706 Markgröningen

Kurzreferat 19

Neuerungen in der konservativen Behandlung von Kindern mit Cerebralparese – Botulinumtoxin und Physiotherapie

Richard Placzek

1. Mai, 10.30 Uhr, Kongresssaal II

Die Botulinumtoxin-A-Behandlung von Kindern mit infantiler Cerebralparese (ICP) gilt als sicher und effektiv. Selbst für den Behandlungsbeginn vor Vollendung des 2. Lebensjahrs wird in vergleichenden Untersuchungen ein Nebenwirkungsprofil vergleichbar zu älteren Kindern beschrieben. Eine einheitliche Injektionsstrategie hat sich bisher jedoch nicht durchgesetzt, wobei die Notwendigkeit einer langfristigen Therapieoption unumstritten ist. Es gilt zum einen, der Dauer der motorischen Entwicklung, und zum anderen den Erfordernissen einer suffizienten Kontrakturprophylaxe gerecht zu werden. Die hierfür benötigte Dosierung wird ebenfalls kontrovers diskutiert.

Multimodales Behandlungskonzept mit Nutzung der
noch potenten Neuroplastizität

Ein aktuelles Behandlungskonzept sollte unbedingt Sicherheit und Effektivität der Therapie mit dem Erhalt dieser Behandlungsoption während des gesamten Wachstums vereinen. Unter Berücksichtigung dieser Anforderungen sowie zur bestmöglichen Förderung der motorischen Entwicklung entsprechend der jeweiligen Entwicklungsstufe und unter Einhaltung moderater Dosierungen und eingebettet in ein multimodales Behandlungskonzept wurde das „Key-Muscle-Konzept“ formuliert. Ein wesentlicher Aspekt dieses Konzeptes wie grundsätzlich auch jeder Form moderner Neurorehabilitation ist das frühe Lernen und die vielfache Redundanz, um die Chancen der dann noch potenten Neuroplastizität zu nutzen. Hierbei gilt es mittels einer multimodalen Behandlung, die bestmögliche Förderung der motorischen Entwicklung ebenso wie eine suffiziente Prophylaxe der pathognomonischen Sekundärveränderungen zu erreichen. Hierzu steht dem Behandler ein breites Spektrum konservativer wie operativer Maßnahmen zur Verfügung, welche sich nach ihrer Wirkweise in Bereiche von temporär bis permanent sowie von fokal bis generalisiert untergliedern lassen.

Bezüglich ihres Einsatzes kann eine Gewichtung anhand des Gross Motor Function Classification Systems (GMFCS) erfolgen. Eine weitere wesentliche Rolle kommt dem Alter des Patienten bzw. dem Zeitpunkt des Therapiebeginns und der Therapieintensität zu. Ein besonderer Status kommt hierbei der Physiotherapie zu, da sie als einzige Therapieform muskelkräftigend wirken kann. In Annäherung an die moderne Trainingstherapie Gesunder erfolgt diese zunehmend auch unter Zuhilfenahme von Trainingsgeräten.

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